044 - Tauwetter - Fr. 12.1.1571

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Am Freitag Morgen wird es noch wärmer. Der Himmel ist klar, und stete Tropfen fallen von den Eiszapfen an unseren Dachtraufen. Alles glitzert draußen. Kaum ist die Sonne über den Horizont, steht Klaas in unserer Tür.
„Hannes, wollen wir? Ich denke, heute haben wir gute Chancen, alles zu schaffen."
Hannes zögert nicht lange. Er zieht sich sehr warm an, greift alle Decken und Mäntel, knuddelt alle drei Kinder und verabschiedet sich von mir.

„Frau Adam, wünscht uns Glück. Wir wollen zusehen, dass wir heute Abend wieder hier sind. Wenn nicht, dann sind wir beim Wirt in Gieboldehusen oder bei dem Bauern in Rhumaspring eingekehrt. Macht Euch bitte keine Sorgen."
Und schon ist er mit Klaas zur Tür hinaus.

Die beiden haben vor ein paar Tagen verabredet, dass sie doch endlich den Schlitten gegen die Kutsche und die beiden Pferde zurücktauschen wollen. Der Schlitten muss zurückbewegt werden, solange Schnee liegt. Die Besitzer sollen ihre Habseligkeiten zurückhaben. Außerdem ist es sicher sinnvoll, wieder alles am richtigen Platz zu haben, wenn der Steuereintreiber demnächst kommen wird. Sonst müssten der Wirt in Gieboldehusen, der Bauer in Rhumaspring und unser Vogt Drebber bei uns eine ganze Menge erklären. Und das, ohne sich absprechen zu können. Klaas hat Recht - das Wetter ist ideal. Sorgen mache ich mir trotzdem. Also koche ich noch einen Tee und packe etwas zu essen ein. Freudestrahlend flitzt Jakob damit zu Klaas und kann den beiden Männern auf dem Schlitten dann noch hinterherwinken.

Müde und unruhig schleppe ich mich durch den Tag. Als die Dämmerung hereinbricht, halte ich es kaum noch aus. Aber bevor ich vor lauter Ungeduld verrückt werden kann, poltert es an der Hintertür, und ein durchgefrorener, aber breit grinsender Hannes steht im Stallgang.
„Der Schneemann ist zurück, Frau Adam. Gibt es hier was Warmes zu trinken, damit er wieder auftauen kann?"
Ich hindere mich daran, Hannes entgegenzueilen. Aber ich bin unendlich froh, ihn sicher wieder hier zu wissen.
„Hannes! Wie schön, dass du wieder heil hier bist! Tee und Suppe stehen schon lange bereit. Ich habe ein paar Steine angewärmt. Kommt, wärmt Euch auf!"

Auweia - immernoch möchte ich ihn am liebsten ehrerbietig ansprechen. Aber vor den Kindern und dem Dorf muss ich ihn duzen, und das gibt eigentlich dauernd ein richtiges Durcheinander.

Auch die Kinder begrüßen ihn strahlend. Zum Glück haben sie wohl nicht darauf geachtet, dass mir eben die falsche Anrede rausgerutscht ist. Bald schon sitzen wir gemeinsam um unseren Tisch, löffeln die heiße Suppe und kauen das frische Brot, das Hannes aus Gieboldehusen mitgebracht hat. Als alle satt sind, bestürmen die Kinder ihn, von dem Ausflug zu erzählen. Schnell nimmt Hannes noch einmal einen großen Schluck von dem heißen Kräutertee, zieht Susanna und Jakob auf seinen Schoß und berichtet dann sehr launig, fröhlich und zufrieden von seinem Ausflug mit Klaas.

„Die Hinfahrt ging ganz, ganz schnell. Der Friese war ausgeruht und hatte Lust auf Bewegung, der Schnee auf den Wegen war fest. Und so waren wir schon sehr bald in Rhumaspring. Da haben wir als erstes bei dem freundlichen Bauern angehalten. Als er den Hufschlag in seinem Hof hörte, kam er gleich aus der Türe. Und ich konnte an seinem Gesicht sehen, dass er erleichtert war. Wir haben ihn doch eine ganze Weile warten lassen. Aber das erste, was er sagte, war:'Ihr habt das Höllenwetter überlebt. Was bin ich froh! Und wie geht es der Bäuerin und den Kindern?' Auch seine Frau kam raus und fragte gleich nach euch. Beide waren sehr erschrocken, als ich ihnen erzählt habe, wie krank du warst, Susanna. Und sie haben sich sehr, sehr gefreut, dass du wieder ganz gesund bist. Und dann hat der Bauer gemeint, dass wir ruhig noch den Friesen nutzen sollen für den Kutschentausch. Wir sollten dann auf dem Rückweg erst die Pferde tauschen. Und so sind wir gleich weiter gezogen nach Gieboldehusen."

„Gieboldehusen hat kein A."
Hannes sieht Jakob mit großen Augen an, und ich lache mich schief über sein Gesicht.
„Du ahnst es nicht, Hannes. Das ging heute den ganzen Tag so. Jedes Wort, das irgendjemand sagt, wird sofort auf seinen Gehalt an A's untersucht. Jakob ist grade wie ein sprechender Vogel und zwitschert dauernd A's in die Gegend."
„Und Vogel hat auch kein A."
Wir lachen uns kringelig.
„Aber, Mutter. Warum haben so viele Wörter kein A? Das ist doch ungerecht!"
Hannes schüttelt breit grinsend den Kopf.
„Jetzt stell dir doch mal vor, alle Wörter hätten ein A. Dann wäre Hase das selbe wie Hose, weil die plötzlich auch Hase wäre. Dann wüsste niemand mehr, wovon die Rede ist. Hast du schonmal versucht, einen Hasen anzuziehen?"
Susanna kichert, und Jakob schaut so irritiert aus der Wäsche, dass wir schon wieder loslachen müssen.

„Jakob, mein Sohn. Ich glaube, dass alle Buchstaben gleich wichtig sind, damit man alle Wörter bilden kann. Ohne O gäb es keine Hosen, und wir würden furchtbar frieren. Und ohne O wärst du ein Jakb. Oder ein Jakab. Und das wäre nun wirklich komisch. Das kann man auch gar nicht aussprechen!"
Empört plustert er die Backen auf.
„Ich hab aber ein O. Und das gehört mir! Ich will nicht Jakb heißen."
Hannes wird nun albern vor lauter guter Laune.
„Na, auch der Frosch hat ein O. Aber er macht 'Quaaaaak' mit ganz vielen A's."

Jetzt endlich ist Jakob wieder in der Lage, Hannes weiter zuzuhören.
„Schon vor dem Mittag waren wir in Gieboldehusen. Wir sind erst in die Stadt gefahren, haben mehrere Säcke Heu und Stroh gekauft für Zick, Zack, Hurtig und Frech, denn der Esel muss ja sein Futter nun schon eine ganze Weile mit Hurtig teilen.

Dann haben wir Brot und Käse besorgt. Und schließlich habe ich eine Schiefertafel bekommen, damit Jakob fleißig schreiben üben kann. Mit diesen Worten zieht er aus seinem Bündel, das noch am Ende der Bank liegt, eine kleine Tafel heraus und einen Griffel, mit dem Jakob das Schreiben üben kann. Der will sich sofort drauf stürzen.
„Laaaangsam, junger Mann. Erst erzähle ich zu Ende. Dann darfst du A's und O's schreiben."
Glücklich strahlend presst Jakob die Tafel an sich.

„Einen Sack Heu habe ich übrigens für den Wirt gekauft. Der hat sich sehr gefreut, seinen Schlitten wieder zu sehen. Wir bekamen ein kräftiges Mittagsmahl und viele gute Wünsche für die Rückfahrt. Die Frau Wirtin lässt Euch schön grüßen, Frau Adam. Sie freut sich mit Euch, dass alles gut gegangen ist und Susanna wohlauf ist."
Wieder bin ich so sehr dankbar für die vielen herzensguten und vertrauensvollen Menschen, die unsere glückliche Heimkehr an Heilig Abend überhaupt möglich gemacht haben.

„Die Rückfahrt ging nicht ganz so flott wegen der Räder, aber der Friese hatte noch Kraft. Und der feste Schnee auf den Wegen war doch annehmbar für die Kutsche. Schließlich hat der brave Bauer in Rhumaspring seinen Friesen wiederbekommen, dazu als Dank auch einen Sack Heu. Und wir haben noch ein warmes Bier getrunken und uns etwas aufgewärmt, bevor wir mit dem ursprünglichen Gespann vom Drebber das letzte Stück des Weges bewältigt haben. Ach, und wir wissen jetzt endlich auch, wie unser Bauer heißt - das ist der Bauer Freese. Aber weiter geht's mit unserer Fahrt. Auch der Elias war ja nun ausgeruht, und die Kutsche war mit den paar Säcken Heu und Stroh nicht so schwer. Nun hat der Drebber für Elias frisches Heu, Ihr habt Heu für Zick und Zack und frisches Brot. Und Hurtig und Frech kauen jetzt bestimmt auch schon genüsslich an ihrem Heu."

Mein Blick fällt auf Susanna, die grade dabei ist, auf Hannes Schoß einzuschlafen.
„Und ihr werdet jetzt genüsslich ins Bett gehen!"
Jakob will noch nicht. Aber Susanna kriegt kaum noch mit, wie wir sie in ihre Decken wickeln und auf der Pritsche zur Ruhe bringen. Jakob muss also auch. Und nach einem Schlaflied wird dann auch er endlich ruhiger und kann bald einschlafen.

Hannes ist nun aufgewärmt und steigt schonmal auf seinen Boden, während ich das Peterle nähre und zur Nacht wickele. Bald schläft auch er. Ich steige also wieder die Leiter hinauf und geselle mich noch ein wenig zu Hannes. Der kann mir nun auch noch berichten, dass in der Herberge darüber geredet wurde, dass der Steuereintreiber Hauser morgen losziehen würde. Dort saßen ein paar der Knechte, die mitfahren sollen und die überhaupt keine Lust darauf hatten, einen ganzen Tag lang über die Dörfer zu fahren und die Steuern einzutreiben und sich dabei halb tot zu frieren.
„Hannes, das muss dann aber der Drebber sofort wissen!"
Hannes nickt.
„Das wird inzwischen der Klaas erledigt haben. Er wollte, dass ich gleich nach Haus gehe, damit Ihr nicht so lange auf Nachricht warten müsst. Und ich muss mich seelisch drauf einstellen, dass es morgen eine ziemliche Sauerei geben wird."
Der Schalk springt ihm aus den Augen. Dennoch wissen wir beide, dass die Lage durchaus ernst ist.

Das bange Warten hat mich müde gemacht. Und da wir morgen all unsere Geistesgegenwart und Gelassenheit brauchen werden, um den Steuersturm zu überstehen, gehen auch wir bald danach schlafen.

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13.2.2020

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