6 - Das Ende der Götter

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Es begann damit, dass die Erde bröckelte und bebte. Estas hatte das Gefühl, dass ein Unwetter herbeizog, dass es dunkler und kälter wurde, bis er fröstelte, aber es konnte nicht an Bartholomy liegen, der mit letzter Macht versuchte, ihn irgendwie noch aufzuhalten. Nein. Der andere Magier war vom Blitz so ausgelaugt, dass er gar nichts mehr unternehmen konnte, und war er so voller Schock, Angst und Unglauben, dass er sich kaum noch bewegte.

Der Boden öffnete sich. Ramos brach aus der Unterwelt hervor. Die Gestalt des Gottes war so gewaltig und angsteinflößend, dass Estas das Weite suchen wollte. Eine laue Panik überfiel ihn im Angesicht des Ungetüms. War es wirklich eine gute Idee gewesen? Plötzlich war er sich bei dem, was er getan und geglaubt hatte, nicht mehr so sicher. Zitternd und mit großen Augen wich er zurück. Der Gott strahlte solche Kraft aus, dass es nicht in Worte zu fassen war, lediglich die unglaublichen Wellen an Wut und Hass, die von ihm ausgingen, waren so gewaltig, dass Estas sie wie eine Aura spüren konnte.

Ramos grollte, als die Ketten, die sich über seinen mächtigen Körper spannten, Glied für Glied rissen. Seine Augen leuchteten so rot wie die des Adlers, unmenschlich und unnatürlich. Er war ein Riese.

Estas wich noch ein Stück zurück, der Mut und die Zuversicht verflogen mit jeder Sekunde.

Der Gott hatte die letzten Jahrhunderte eingesperrt und allein, seiner Kräfte beraubt, in der Unterwelt verbracht. Natürlich wollte er Rache.

Selbst wenn er immer geglaubt hatte, dass Ramos der Bessere von beiden Göttern war, der den Kampf damals hätte gewinnen sollen, hätte Estas bedenken sollen, dass sich alles ändern könnte. Damals, vor tausenden von Jahren, war Ramos vielleicht gut gewesen. Estas taumelte und starrte mit großen Augen zu der meterhohen Gestalt, die sich langsam und genüsslich aufrichtete.

Jetzt war er sich nicht mehr so sicher.

Ramos war unglaublich groß, seine Gestalt erhob sich wie ein Berg inmitten des Nebels, der nun auf natürliche Weise aufgezogen war. Er wirkte wie ein Schatten, dunkel und grausam. Der Gott reckte die muskulösen Arme zur Seite und brüllte, dass Estas die Knochen bebten. Dann steckte er den Arm und riss den Stab mit dem Adlerkopf so leichtfertig aus der Säule, als wäre es ein Ast. Die Steine bröckelten, die Säule fiel zusammen und begrub das gesamte Konstrukt staubend unter grauem Gestein.

Es blitzte und donnerte, Wind heulte über die Ebenen, die Welt ging unter. Der Boden bebte immer noch, als Ramos sich gänzlich aufrichtete und zum Himmel blickte.

Estas drehte ängstlich den Kopf, der Genuss wich anderen Empfindungen. Dort oben war nichts zu erkennen, aber er würde nicht daran zweifeln, dass Ramos nach etwas Überirdischem sah, das für menschliche Augen nicht bestimmt war.

Er fühlte sich ganz klein neben diesem gewaltigen, mächtigen und wütenden Gott. Ja, er hatte eine neue Ära eingeleitet, aber der eigene Stolz währte nur kurz, denn die Dimensionen der Angst, die ihn überkamen, waren größer als gedacht.

In dem Moment kam eine zweite riesige Gestalt dazu. Baa sprang vom Lärm gelockt vom Himmel, ungeachtet der kleinen Menschengestalten, die sich irgendwo im Tal aufhielten. Der Boden erzitterte wieder unter der Gewalt seiner Kraft, als er auf einem Knie landete, die Faust in den Boden gerammt, eine lange Waffe auf dem Rücken.

Zwei Götter an einem Fleck. Beide wütend. Beide bereit zu kämpfen. Ramos würde Baa vernichten, so wie er es damals schon gewollt und nicht geschafft hatte. Baa würde es verhindern wollen.

Estas überlegte, ob er sich verziehen sollte und wie weit er wohl laufen konnte, bevor hier alles eskalieren würde. Denn egal wer von beiden gewinnen würde, er wollte nicht in ihrer Nähe sein. Die Anwesenheit zweier Götter, die Macht die sie ausstrahlen, die Gefahr, dass ihr Aufeinandertreffen grausam enden würde - es war so überwältigend und angsteinflößend, dass er sich gleichzeitig kaum vom Fleck rühren konnte. Er spürte das nasse Gras unter seinen Händen, den dreckverseuchten Wind auf seiner Stirn ... Und wünschte sich plötzlich, dass es nur ein Traum wäre und dass er auf Bartholomy gehört hätte. Weil es eben doch wahnsinnig war, einen wütenden und sich nach Rache verzehrenden Gott zu wecken.

Die Erkenntnis wirkte wie ein Sturz kaltes Wasser ins Gesicht und Estas schnaubte. Nein! - es war richtig gewesen, beharrt er innerlich. Er würde sich doch nicht der Akademie unterwerfen. Nicht mehr. Die Zeiten waren vorbei. Und Ramos konnte immer noch gewinnen, dann hatte er richtig gehandelt.

Bloß die Angst, die sich wie eisige Finger um seine Kehle schlang und ihm die Luft zum Atmen raubte, ließ ihn an dieser Einstellung zweifeln.

Baa ging direkt zum Angriff über und stürzte sich auf seinen Bruder. Wellen von Macht strömten über das Tal, Estas konnte nicht hinsehen. Einer der Götter musste sterben.

Was hatte er nur getan?

Der Boden bebte, der Himmel grollte und Schläge donnerten. Estas wusste nicht, was er tun sollte, lediglich der verhasste Blick, den Baa kurz in seine Richtung warf, brannte sich in sein Gehirn wie Feuer. Er schluckte schwer. Hatte er ihm gegolten? Bestimmt hatte er ihm gegolten. Allein der Blick reichte, um ihm das Gefühl zu geben, unter der Macht zu zerbröseln.

Plötzlich wurde ihm eines klar: Sollte Baa gewinnen, wäre es sein Ende. Der Gott würde keine Gnade walten lassen, denn sein Fehler wäre unverzeihlich. Er würde ihn umbringen - oder gar schlimmeres.

Wer war mächtiger?

Die Götter stürmten aufeinander zu, Baa mit gezückter Waffe, Ramos mit dem Stab in der Hand. Die Gewalt ihrer Stöße ließ die Erde beben. Reste der von ihm gemixten Tränke schwappten über das Gras. Sie brannten sich durch den Boden. Estas wurde von einer Explosion niedergedrückt, die ihm die Luft nahm, und er Staub verhüllte die Sicht. Er konnte Bartholomy nirgends sehen, auch die anderen Magier waren außer Sicht. Es war ein Krieg. Ein Krieg der Götter, wie ein Mensch ihn nie erleben wollen sollte, und wie er ihn nie hatte provozieren dürfen.

Estas rang nach Luft. Schützend hob er die Hände und machte sich so klein wie möglich. In seinem Kopf herrschte ein unheilvolles Hin und Her, ein Ja und Nein, was denn nun richtig war. Ramos? Baa? Rache? Macht? Leben?

Er wollte leben, er wollte nicht sterben.

Auf keinen Fall.

Ein Donnern ließ abermals die Erde erzittern. Estas wagte einen kurzen Blick auf das Schlachtfeld. Die Götter standen sich gegenüber, lodernde Wut in den Augen. Sie wirkten mitgenommen, beide verletzt, doch das hinderte nicht Ramos Rache. Er hatte Jahrzehnte auf diesen Moment gewartet. Er war wie ein explodierender Vulkan in dunkelster Nacht. Ein Albtraum in Personifikation.

Ramos war ihr Untergang.

In dem Moment traf ihn der Schmerz wie ein Blitz: Ramos war tatsächlich ein guter Gott gewesen, er hatte es nicht verdient, weggesperrt zu werden. Genauso wenig wie er es verdient hatte, die letzten Jahrhunderte seiner Macht beraubt sein Dasein zu fristen. Aber in der Unterwelt hatte er sich an seiner Wut und dem Hass genährt, bis er sich selbst verzehrt hatte. Nun war Ramos ein anderer. So wie er selbst durch den Hass ein anderer geworden war.

Man hatte ihm damals Unrecht getan. Nun hatte er der Welt Unrecht getan. Estas hätte er ihn nie wecken dürfen.

Er hatte einen gewaltigen Fehler begangen.

Baa kämpfte mit Ramos, bis er selbst zu Tode verwundet war. Die Geschehnisse zogen nur noch wie Nebel an Estas vorbei, er konnte alles nur noch wie durch einen verzerrten Schleier sehen. Er war Schuld daran. Die Schläge liefen wie in Zeitlupe ab. Die Welt würde untergehen, wenn Ramos siegen würde. Weil Ramos nicht mehr der war, der er einst war.

Ramos rang seinen Bruder zu Boden. Die Welt wurde dem Erdboden gleich. Estas griff mit zitternden Finger nach dem Dolch. Es musste ein Ende geben. Er wollte das nicht. Ramos holte zum alles entscheidenden Schlag aus. Estas schloss in schrecklicher Verzweiflung die Augen.

Dann brüllte ein Gott vor Schmerz auf. Estas wurde von einer Machtexplosion zu Boden gepresst. Es wurde still in den heiligen Ebenen von Balanté.

Als der Nebelmagier die Augen blinzelnd öffnete, musste er sie gegen das gleißende Licht abschirmen. Baa hatte seine Waffe hervorgezogen und Ramos in dem Moment getötet, als dieser ihn hatte töten wollen. Der Gott lag am Boden, verwundet, und starrte mit leeren Augen auf seinen Bruder nieder. Den Gott, den er nie hatte töten wollen, den er nun aber hatte töten müssen, weil Estas ihn geweckt hatte.

Baas Blick wanderte fahrig über die Grasebene, bis er an Estas zusammengekauerten Gestalt hängenblieb. Der Gott hob zitternd eine Hand, er wirkte, als wäre er selbst am Ende.

Sein Blick sagte alles.

Estas sah sich verzweifelt um, aber er wusste, dass er Baas Entscheidung hilflos ausgeliefert war. Und er hatte es auch nicht anders verdient. Die Welt wäre unter Ramos Herrschaft zerbrochen, so wie Bartholomy es gesagt hatte. Alle hatten es gewusst. Bloß er selbst hatte sich stur gegen alle Grundsätze gestellt, in dem egoistischen Glauben, eine neue Ära der Gerechtigkeit einzuleiten.

Baa ballte die Hand zur Faust.

Und Estas Torentia ging in Nebel auf. 

★★★★★

TA-DA! Das war's ;)

Estas hat seinen Fehler wohl doch noch eingesehen, und wenigstens konnte Baa die Welt rechtzeitig retten.

Was meint ihr? Hat Estas dieses Ende verdient? Hat Ramos dieses Ende verdient? Oder wird es im Land der Magier Zeit für eine riesige Veränderung?

Ich hoffe, euch hat die kleine Geschichte gefallen und ihr konntet ein bisschen mitfiebern. Natürlich weiß ich, dass eine Kurzgeschichte nicht ganz so viel Potenzial für Weltenbau und Spannung bietet. Dennoch freut es mich, wenn ihr die Geschichte ein wenig genossen habt und mir vielleicht sogar ein Feedback dalasst!

(Und solltet ihr irgendwo einen Rechtschreibfehler gefunden haben, immer her damit - auch wenn ich alle hoffentlich bereits ausgemerzt habe! 😉)

An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich bei dir für's Lesen, Kommentieren und Voten bedanken, das freut mich sehr und bringt mich unglaublich voran! ❤️

Ich wünsche dir einen wundervollen Tag. Vielleicht ließt man sich nochmal.

LG Isabell

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