Kapitel 14.2 - Ein überfälliges Gespräch

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Gerade wollte ich vorschlagen, dass wir vielleicht doch wieder untertauchen sollten, als der Gesang mit einem Mal abbrach. Zumindest hoffte ich das. Der blonde Mann vor mir, schien den gleichen Gedanken zu haben. „Es hat aufgehört, oder?"

Ich nickte. „Ich höre nichts mehr."

„Gut", murmelte er. „Gut." Dann sah er sich um. „Warum hast du mich hierher gebracht?"

Sofort schnitten mir die Gewissensbisse wieder ins Herz und all die Dinge, die ich ihm hatte sagen wollen, purzelten in meinem Kopf wieder durcheinander. Trotzdem musste ich irgendwo anfangen. „Erst einmal: Danke, dass du mitgekommen bist."

Trell sah mich lange mit seinen dunklen Augen an, ehe er schließlich nickte, wobei er genau wie ich immer darauf achtete, dass seine Kiemen unter Wasser blieben. „Und weiter? Wolltest du es dir mit mir hier bequem machen und die Sonne genießen? Es ist ja ein schönes Plätzchen."

„Ich finde schon, dass du dir den Sarkasmus sparen könntest", grummelte ich meinen ersten Gedanken laut aus – obwohl Trells Worte ehrlicherweise nicht ganz unberechtigt war. Aber ich konnte das so nicht auf mir sitzen lassen „Denn ja. Genau deshalb sind wir hier. Um die Sonne zu genießen – und weil ich mit dir reden wollte." Jetzt zögerte ich doch. „Ohne eine Gedankenverbindung. Ich weiß noch, als ich hier neu-", intuitiv unterbrach ich mich und schüttelte den Kopf, in der unbegründeten Hoffnung, dass es mir helfen würde und die Worte an ihren richtigen Platz fallen würden. „Falsch. Als mich Zac hierhin verschleppt hat."

Ich sollte lernen, die Dinge beim Namen zu nennen. Es wurde nicht besser oder schlechter, wenn ich klar aussprach, wie es war. „Damals war mir jede Form der Gedankenverbindung zuwider, weil ich noch nicht gelernt hatte – oder nicht lernen wollte – wie man seine Gedanken von einem Gespräch abtrennt."

Trells Blick war ernster geworden. „Das ist sehr aufmerksam von dir. Tatsächlich bin ich aber schon recht gut darin."

Völlig verblüfft starrte ich ihn an. Ich hatte ewig gebraucht, das zu lernen – selbst dann, als ich es wirklich lernen wollte. Und Trell schaffte das in ein paar Tagen? „Beeindruckend", murmelte ich leise und schwankte zwischen Bewunderung und Neid. Dabei plantschte ich abwesend mit der flachen Hand aufs Wasser, sodass es in alle Richtungen spritzte. Gerade fühlte ich mich dumm. Wieder einmal.

„Ja. Lucien ist ziemlich gut darin, wohl ein Naturtalent. Er konnte es mir echt gut beibringen. Aber wir haben auch viel geübt in den letzten Tagen und jetzt geht es halbwegs."

Ich stockte. Etwas war seltsam an der Aussage. Es dauerte einen Moment, ehe ich darauf kam: Konnte man wirklich ein Naturtalent in Gedankensprache sein? Irgendwie klang das falsch. Blinzelnd schob ich den Gedanken beiseite und konzentrierte mich wieder auf das Gespräch mit Trell.

„Trotzdem ist es sehr nett, dass du daran gedacht hast. Und es ist wirklich schön hier. Den Platz werde ich mir merken." Mit einem matten Lächeln schaute er sich auf der flachen Sandbank um, ehe sich seine Augen wieder an mich wendeten. „Und jetzt? Was wolltest du besprechen?"

Einmal mehr musste ich tief einatmen. Jetzt kam der schwierige Teil. Dabei sollte es nicht schwer sein. Eine Entschuldigung sollte leicht fallen, noch dazu, wenn ich definitiv die Verantwortung trug. Doch ich bekam die Worte einfach nicht heraus. Schrecklich. Ich wurde schon wie alle hier. Der Gedanke half. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen, Trell. Es tut mir leid, dass ich den Schwarm gerufen habe. Es tut mir leid, dass Sina dich mitgenommen hat. Es tut mir leid, dass du und Lucien jetzt hier sein müsst. Wegen mir. Ich wollte euch – dir – nie etwas Böses, sondern, sondern...."

Während ich sprach, wurden meine Worte immer schneller und hektischer, bis ich verwirrt abbrach und Trells dunklen Augen nicht länger standhalten konnte. Eine stumme Leere breitete sich zwischen uns aus.

Schließlich räusperte sich mein Gegenüber. „Du hast mich niemals heiraten wollen. Nicht wahr? Wenn du zu Zac zurück gewollt-"

„Nein!", unterbrach ich Trell ebenso hastig wie resolut. „Also ja... ich meine-"

Gestresst fuhr ich mir durch die Haare und versuchte wieder meine Gedanken zu ordnen. „Es stimmt. Ich wollte dich nicht heiraten. Aber ich wollte auch nicht zurück zu Zacery. Definitiv nicht. Aber – Trell! - Papa hat gedroht, dem Schwarm etwas anzutun. Und niemand von euch wollte mit mir reden! Was hätte ich tun sollen? Das sind auch nur Leute, die ihr Leben leben wollen!"

Ich holte tief Luft, zwang mich zur Ruhe und wartete, ob Trell etwas sagen würde.

Doch er blieb mir die Antwort schuldig. So fuhr ich ruhiger fort: „Ich konnte nicht zulassen, dass meinem Schwarm – ja, es ist mein Schwarm! – etwas passiert. Das haben die Leute, die Menschen hier unten nicht verdient. Und selbst wenn euer Plan irgendwie geglückt wäre: Ich will mir gar nicht ausmalen, was geschehen wäre, wenn einem der Kinder etwas zugestoßen wäre."

Wieder lange Stille, in der Trell nur stumm in den Himmel starrte. Dann nickte er. „Ich verstehe. Und jetzt? Willst du hier bleiben? Trotz allem?"

Ich blinzelte ihn völlig überrascht an, klappte den Mund auf und wieder zu. Er fragte nach meiner Meinung. Er fragte... bei den Göttern – das überforderte mich. Ich konnte mich nicht erinnern, ob ich in den letzten Zyklen überhaupt irgendwann einmal so direkt nach meiner Meinung gefragt worden war, wenn es um den Schwarm ging. Oder um mich. „Ich-", setzte ich langsam an. „Ich denke- Nein. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es: Ich möchte nicht hierbleiben. Sie sind mein Schwarm, weißt du? Fast wie eine Familie. Aber ich bräuchte trotzdem dringend Abstand. Von allem und jedem."

Noch immer sah Trell mich nicht an, sah nur hinauf in den weiten, blauen Himmel. „Weißt du, ich habe dich damals wirklich gemocht und-"

„Du hast mir Angst gemacht", platze es plötzlich aus mir heraus.

„Bitte was?!"

„Du meinst zu Hause? Trell – also abgesehen davon, dass du beim Frühlingsquell viel, viel, sehr viel zu weit gegangen bist. Auch die Zyklen davor hast du mir einfach Angst gemacht!"

Fassungslos sah er mich an. „Aber – warum?!"

„Warum?", fragte ich ebenso fassungslos wie er. War das nicht offensichtlich? „Weil, weil... oh man, können wir das nicht ein anderes mal besprechen?"

Trell sah mich wieder einen Moment lang stumm an und schien ernsthaft nachzudenken. „Na gut."

Zum zweiten Mal war ich komplett verblüfft. „Na gut?"

Er zuckte mit den Achseln. „Du sagst, du brauchst Abstand. Zu allem. Ich kann nicht alle von dir fernhalten. Aber wenn das jetzt zu viel für dich ist, dann besprechen wir das später. Im Moment hab ich ja Zeit." Dennoch konnte er ein schelmisches Augenzwinkern nicht lassen: „Aber denk daran: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben."

Ich lächelte schwach und nickte. „Danke. Wirklich. Danke. Ich werde versuchen, mit Sina und Varona zu sprechen. Das wollte ich dir eigentlich sagen. Vielleicht kann ich sie überzeugen, euch gehen zu lassen. Leider kann ich da aber nichts versprechen."

Wieder legte Trell den Kopf schief und musterte mich sehr genau aus seinen dunklen Augen. „Du hast dich wirklich verändert, Senga. Und ich glaube, zum Besseren."

Ich schnaubte in einer Mischung aus Geschmeichelt sein und Abfälligkeit. „Danke Trell. Du dich auch. Wir sehen uns."

Damit drehte ich mich um und tauchte unter. So seltsam diese ganze Situation auch gewesen war. Ich fühlte mich jetzt ein bisschen besser. Als hätte ich in einem völlig verwüsteten Zimmer, wenigstens eine Ecke aufgeräumt.


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