Kapitel 27

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Auch dieses Mal begegnete wir keinen Wachen und Mal erklärte, dass diese vermutlich ausgesendet worden waren, um die Anarchisten aufzuscheuchen. „Es ist unwahrscheinlich, dass die Anarchisten tatsächlich dahinterstecken. Aber mir hört ja sowieso nie jemand zu."

Ich schwieg. Ich bezweifelte ebenfalls, dass der Brief echt war, wollte aber nicht voreilig wirken.

Als wir in dem oktogonalen Raum standen, hob Alyn eine Augenbraue. „Wo ist denn jetzt die Tür?"

Ich bat sie, sich einen Moment zu gedulden und löste die Tapete, die ich gestern, nachdem die Frauen gegangen waren, schnell wieder angebracht hatte. Dann öffnete ich die Tür.

Die Fußspuren waren noch da, es schienen sogar neue dazugekommen zu sein. Mal beugte sich hinab. „Die meisten Abdrücke vermischen sich zu sehr, aber es war auf jeden Fall ein nicht sehr großer Mann darunter. Hier ist eindeutig das Profil eines Männerschuhes zu sehen, aber die Größe..."

„Das ist doch jetzt egal. Lass uns gehen", erklärte Alyn unternehmungslustig.

Wir marschierten hintereinander den Gang entlang. Mal und Alyn drängten sich dicht hinter mir. „Ich muss unbedingt nochmal hierherkommen. Diese Möbel sind wahre Antiquitäten. Wenn ich mich nicht irre, gelangt man, wenn man hier links abbiegt, zur Brandstelle. Das Feuer konnte damals recht schnell eingedämmt werden und betraf nur das mittlere Geschoss. Allerdings ist die Decke zum oberen Stockwerk eingestürzt, was Leon - das war der Zweitgeborene - das Leben gekostet hat. Der Junge wurde erschlagen. Der König starb an einer Rauchvergiftung, als er versuchte, seine Kinder vor den Flammen zu retten. Konrad, den Einzigen, den er aus den brennenden Räumen hat befreien können, erlitt dasselbe Schicksal. Sophie, die Jüngste lag damals noch in der Wiege und ist dort verbrannt."

Alle schwiegen betreten. Jetzt, bei besseren Lichtverhältnissen, konnte ich auch erkennen, dass die Wand an dieser Stelle leicht geschwärzt war und der Gobelin davor sich aufgelöst hatte. Tatsächlich war der ganze Gang etwas verkohlt. Die Möbel waren nur noch schwarze Ruinen oder gänzlich zu Asche geworden.

Mal schien unschlüssig, ob sie weiter den Fußspuren folgen, oder nicht doch dem zerstörten Teil des Palasts ihre Aufmerksamkeit widmen sollte. Schlussendlich folgte sie uns.

Als wir am Ende im Keller landeten, runzelte sie die Stirn. Mir war aufgefallen, dass sie das nur dann tat, wenn die Informationen, die sie aus ihrer Umwelt zog, nicht miteinander korrelierten.

„Aber dieser Gang führt zur Kanalisation. Ich bin mir sicher."

„Das ist interessant", meinte ich langsam.

„Kanalisation?" Rosena erklang erstaunt.

„Auch die älteren seylschen Städte haben eine Kanalisation. Offenbar vergaß man aber irgendwann, dass auch diese gewartet gehört und so ist sie am Ende verdreckt und verstopft. Man sollte sie nach einigen Reparaturen eigentlich wieder in Betrieb nehmen können. So wie in Agba."

Rosena nickte. „Ich habe mich schon gewundert, dass Agba so sauber ist."

Sphen, der den Namen seiner Heimatstadt herausgehört hatte, drängte sich nach vorne. „Agba ist sehr sauber", erklärte er in gebrochenem Akrid und ich musste grinsen.

Als wir aber in der Kanalisation standen, verging unsere heitere Stimmung. „Herrje, stinkt das", meldete sich Alyn zu Wort, während sie sich die Nase zuhielt. „Ich wünschte, du hättest nie diese Schlösser geknackt, die uns hierher führten. Das hält ja niemand aus."

„Es ist ziemlich dreckig", bemerkte Rosena leise. Sie hielt ihren langen Rock hoch, sodass dieser so weit wie möglich vom Boden entfernt war.

Mal schien den Gestank nicht zu bemerken, abwesend sah sie sich um. „Seht ihr diese gewölbeartige Struktur? Ursprünglich war das einmal eine Krypta für die verstorbenen Herrscher Erzas. Als jedoch der Kanal gebaut wurde, stellte man fest, dass diese - gelinde gesagt - im Weg war. Weil aber auch der Palast nicht im Dreck versinken wollte, einigte man sich recht schnell darauf, die Toten zu verlegen."

„Das ist ja nicht mehr auszuhalten", polterte Sphen plötzlich und eine Brise kam auf, die den Geruch erträglicher machte.

„Hier sind keine Fußspuren mehr", meldete Lapislazuli zuerst das Offensichtliche. Sie hatte sich nach unten gebeugt und untersuchte den Boden. Der Dreck schien sie nicht zu stören. Als Alyn sie darauf ansprach, zuckte sie nur mit den Schultern.

„Das ist doch alles dasselbe. Ob jetzt gesunder grüner Rasen auf frischer Erde wächst oder ob wir hier durch Schlamm und Schlick marschieren, macht keinen Unterschied."

„Also ich finde schon", murmelte Rosena leise.

„Niemand muss mich begleiten", erklärte ich.

Rosena wirkte merkwürdig ertappt, dann straffte sie sich. „Ich komme auf jeden Fall mit", erklärte sie mit entschlossener Miene. Auch sonst schien niemand bereit zurückzubleiben.

Also marschierten wir schweigend im Gänsemarsch weiter. Der Gang war teilweise sehr schmal, sodass wir nur hintereinander gehen konnten. Ich hielt die Lampe höher, die wir am Eingang gefunden hatten und die Alyn mit konzentriertem Blick und der Zungenspitze zwischen den Lippen zu brennen gebracht hatte.

Vor uns lag eine Abzweigung. Ich spähte nach links und nach rechts sowie geradeaus, aber nichts verriet mir, in welche Richtung ich jetzt gehen sollte.

„Wohin?", fragte ich.

„Senn weiß einmal nicht weiter?", meinte Alyn amüsiert. „Das ist etwas Neues."

Ich zuckte mit den Schultern.

Mal schien zu überlegen. „Ich kenne leider nicht die gesamten Pläne auswendig und das hier ist ein dichtes Netz mit dutzenden Abzweigungen. Wir müssten alle systematisch durchprobieren oder auf einen Glückstreffer hoffen."

„Das dauert zu lange", entschied ich. Langsam ließ ich die Lampe wieder sinken, sodass sie nur einen kleinen Kreis zu meinen Füßen erhellte. „Ich fürchte, wir müssen umkehren."

Auch die anderen schienen enttäuscht.

„Ich mag keine ungelösten Rätsel", erklärte Mal grimmig.

„Ich weiß nicht, ob es von Bedeutung ist, aber vor Kurzem ist jemand in den Kanal gefallen", ließ Lapislazuli verlauten. Sie kauerte am Rande des dreckigen Stroms und hatte eine Hand hineingetaucht.

Rosena verzog das Gesicht, aber Lapislazuli schien sich an den Fäkalien nicht zu stören.

„Es besteht die Möglichkeit, dass es sich dabei um einen Kanalarbeiter handelt", merkte Mal an. Falls sie überrascht von Lapislazulis Worten war, zeigte sie es nicht.

„Ich fürchte, wenn wir nicht umkehren wollen, müssen wir dieses Risiko eingehen."

Also gingen wir weiter, nun in veränderter Marschordnung: Lapislazuli voran, die Lampe hoch erhoben, der Rest folgte.

Wir bogen einige Male ab und drangen so tiefer in das Gewirr aus niedrigen Gängen und Dreck. Schließlich blieb Lapislazuli stehen und deutete auf eine Stelle im brackigen Wasser, die genauso aussah, wie die übrigen.

Ich starrte in die Finsternis hinter dem Lichtschein der Lampe, tiefer in den Gang hinein. „Mal sehen, wie weit wir kommen."

Dieses Mal kam uns der Zufall zur Hilfe. Wer auch immer in den Kanal gefallen war, hatte eine Spur aus Wasser hinterlassen, die man leicht von den übrigen Pfützen unterscheiden konnte.

Das half uns bei einer weiteren Kreuzung, dann verlor sich die Spur allmählich. Wir folgten dem Gang so weit wir konnten, an der nächsten Abzweigung blieb ich stehen.

„Hier ist Schluss", stellte Alyn das Offensichtliche fest.

„Weiß irgendjemand, wo wir sind?", fragte ich, insbesondere an Mal gewandt.

Sie schloss die Augen und presste eine Hand an die steinerne Wand. „Ich kann es nicht genau sagen," meinte sie schließlich. „Irgendwo, wo wesentlich mehr private Kutschen als große Fuhrwerke fahren und es viele Gärten gibt. Daraus schließe ich, dass wir uns unter einem der reicheren Viertel befinden."

Ich kratzte mir das Kinn, das schon wieder stoppelig wurde. Alle starrten mich erwartungsvoll an.

„Was meinst du dazu?", fragte Alyn schließlich.

„Ich?" Ich zögerte. „Wir können nichts machen. Wir werden wohl umkehren müssen. Oder wir teilen uns auf. Somit können wir zumindest noch die nähere Umgebung erkunden. Vielleicht findet jemand ja einen Hinweis."

„Ich möchte nicht umkehren", erklärte Mal entschlossen. „Ich möchte dieses Rätsel lösen."

Auch die anderen stimmten zu. Als ich Sphen die Frage übersetzte, nickte auch er. „Solche Dinge habe ich vermisst. Ich bin nicht dafür geschaffen, nur herumzusitzen und nichts zu tun."

Nach einigen Diskussionen trennten wir uns. Mal, die durch ihre Fähigkeit eine ungefähre Ahnung hatte, wo wir uns befanden, wurde von Alyn und Sphen begleitet. Dieser murrte zwar, weil er mit Frauen in einer Gruppe arbeiten sollte, aber nachdem ich ihm freigestellt hatte, wieder umzukehren, fügte er sich. Mit Lapislazuli vertrug er sich immer noch nicht, aber seitdem er sich mit Alyn ausgesprochen hatte, wirkte sein Verhalten teils nur noch halbherzig. Die Herzogstochter würde als Übersetzerin fungieren.

Ich machte mir keine Sorgen, dass den dreien etwas passieren konnte. Jeder von ihnen verfügte über starke Magie, mit denen er sich problemlos verteidigen konnte. Ich kannte Mal zwar nicht so gut wie die beiden anderen, aber ich glaubte nicht, dass sie ihnen in irgendeiner Hinsicht nachstand.

Zudem war Sphen durch die harte Schule der Assassinen gegangen, sodass ich eher Mitleid mit potenziellen Angreifern bekam. Es fiel mir zwar schwer einzugestehen, aber hätte ich sie begleitet, wäre ich das schwache Glied gewesen.

So ging ich mit Lapislazuli, die einen Stock aus dem Abwasser gefischt, mit ihrer Magie getrocknet und dann an der Lampe angezündet hatte. Um sie machte ich mir keine Sorgen, aber Rosena zögerte immer noch beim Anwenden ihrer Magie und Wladi war noch ein Kind.

Ich machte mir keine Illusionen, dass wir insgesamt wesentlich schwächer und ohne Lapislazuli ein leichtes Opfer waren, sollten uns mehrere Gegner gegenüberstehen. Zumal ich meine Waffen noch immer nicht von Lars zurückbekommen hatte. Jetzt, wo ich genauer darüber nachdachte, war offensichtlich, dass ich Mal und Sphen anstelle von Alyn hätte begleiten sollen. Denn dann wäre es ausgewogener gewesen. Aber nun war es zu spät.

Da Lapislazuli das Licht hatte, lief sie voraus, während ich als Letzter ging, immer auf ungewöhnliche Geräusche horchend. Doch außer dem Verkehr an der Oberfläche, unseren Schritten und dem Rauschen des Wassers hörte ich nichts.

Bei der nächsten Abzweigung blieb Lapislazuli stehen. „Wir haben kein Licht mehr", erklärte sie.

Ich runzelte die Stirn. „Dieser Gang führt anscheinend an einer Straße entlang. Dort oben sind immer wieder Gitter angebracht, durch die Licht fällt. Ich denke, es reicht aus, um nicht versehentlich in den Kanal zu stürzen."

„Dann teilen wir uns auf?"

Kurz zögerte ich. Sollte sich hier tatsächlich jemand herumtreiben, war es mir lieber, wenn wir zusammenblieben, andererseits - wir befanden uns in Erza, nicht in Seyl.

„Ja."

Da Lapislazuli kein Acerianisch sprach, Wladi Akrid noch nicht ausreichend beherrschte und ich Rosena und Wladi nicht allein losschicken wollte, begleitete mich der ehemalige Sklave. Die beiden Frauen wählten den Hauptweg, während Wladi und ich in die Abzweigung hineingingen.

Ich hielt die provisorische Fackel fest in der Hand, während Wladi sich dicht hinter mich drängte.

Wir wanderten schweigend.

Ich hielt den Kopf gesenkt, da ich Ausschau nach Spuren hielt, aber ich konnte nichts entdecken. Schließlich standen wir an einer großen Kreuzung. Ich seufzte. „Hier ist unsere Suche wohl vorbei", erklärte ich auf Skarsch und versuchte es dann noch auf Acerianisch, was Wladi ein Kichern entlockte.

Ich hielt einen Finger an die Lippen und er verstummte sofort. Angestrengt lauschte ich.

„...gehört! Das war nicht von oben!" Eine erregte Stimme drang von rechts an unser Ohr.

Die Antwort konnte ich nicht hören, aber schließlich redete der erste Sprecher weiter. „Ich pack das nicht mehr! Ich steige aus! Wenn uns die Wachen erwischen..."

„...auf!" Zum Ende hin war nun auch der Gesprächspartner lauter geworden.

Ich bedeutete Wladi, mir zu folgen. Wir übersprangen den Kanal an dieser Stelle, dann löschte ich die Fackel und legte sie genau an die Ecke der zwei Gänge. So würden die anderen wissen, wohin wir gegangen waren und wir würden leichter zurückfinden.

Wir schlichen in Richtung der Stimmen, die offenbar immer noch stritten.

An der nächsten Abzweigung spähte ich vorsichtig um die Ecke.

Zwei Männer standen vor in die Wand gehauenen Stufen und zankten sich. Einer von ihnen war in die Uniform der Palastwachen gekleidet, der andere trug Zivilkleidung.

„... dich. Niemand wird uns erwischen", erklärte gerade der Uniformierte. „Sie werden nicht nachgeben und dann ist unser Ziel erreicht."

„Und dann? Ich kann niemanden umbringen! Hätte ich gewusst, dass es so läuft, hätte ich gar nicht mitgemacht."

„Mach dir nicht in die Hose. Wir werden sie schon nicht töten. Wir bringen sie irgendwo hin, vielleicht nach Westen. In den verlorenen Landen herrscht Krieg und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie versehentlich getötet wird."
So wie die Palastwache das Wort versehentlich aussprach, ließ darauf schließen, dass es keineswegs auf diese Weise geschehen würde.

„Jetzt komm, gehen wir wieder hoch. Hier unten stinkt's. Aber ich warne dich, kein Wort zu den anderen."

Die beiden Männer begannen die Stufen zu erklimmen und verschwanden in einer Luke.

Ich drehte mich zu Wladi. „Ich glaube, wir haben die Entführer der Königin gefunden", erklärte ich.

„Was wir machen?", fragte der Junge angespannt. „Machen wir sie retten?"

Wäre die Situation nicht so ernst, hätte ich gelacht. „Wir tun gar nichts. Wir kehren um und holen die anderen. Wenn wir dort hinaufgehen, werden uns die Entführer auslachen. Wir beide sind zu schwach."

Wladi verzog das Gesicht zu einem Grinsen. „Aber unsere Freunde sind stark."

Ich nickte bloß und machte mich auf den Rückweg. Dann jedoch hörte ich Schritte, die sich langsam näherten. Ich erstarrte und blickte mich hektisch um. Nirgends gab es ein Versteck, die einzige Möglichkeit war sich kopflos ins Labyrinth der Gänge zu stürzen.

Vielleicht handelte es sich um einen unserer Gefährten, vielleicht aber auch um einen Teil der Entführer und eine Begegnung mit diesen wollte ich auf jeden Fall vermeiden.

„Los", zischte ich. „Weg hier!"

Wladi nickte und drehte um. Er rannte zwei Schritte, bis er zu der Ecke kam, an der wir zuvor gelauscht hatten. Stocksteif blieb er stehen und ich tat es ihm nach.

Nur zu deutlich konnte ich hören, wie jemand die Stufen nach unten ging. „...zurück, sonst fällt meine Abwesenheit auf. Ich weiß nicht, wo die anderen bleiben. Sie müssten aber bald hier sein."

Der Junge an meiner Seite sackte entmutigt zusammen. Wir saßen in der Falle.

Mein Blick fiel auf den Kanal, dessen braunes Wasser im wenigen Licht glitzerte. Ich schluckte, aber jetzt war nicht der Moment für falschen Stolz.

Wladi schien zu begreifen und obwohl er den Mund verzog, zögerte er nicht. Gerade, als er sich abstoßen wollte, ertönte eine Stimme.

„Eine Bewegung und ihr seid tot!"


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