* Kapitel 4 *

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Als Zuna verschwunden war senkte Vera ihren Pfeil.

Jedoch nicht, um die Wache aus ihrer Todesstellung zu befreien, nein. Vera senkte ihren Pfeil von dem Punkt zwischen den Augen der Wache hinab auf seine Brust.

Sie ging langsame Schritte zurück. Drängte Sia hinter ihr mit sich, ein lebendiger Schutzschild vor ihrer Mutter.

Vera besah sich ihr Ziel, wägte seine Überlebenschancen ab.

Aus dieser Entfernung würde ihr Pfeil vermutlich nicht einmal mehr im Körper stecken bleiben, er würde glatt durchschlagen. Sie sollte es tun, verdient hatten es diese Menschen, die das letzte bisschen Unschuld brechen wollten.

Zum schwarzen Mond und in die ewige Dunkelheit mit ihnen allen.

Sie nahm ihren letzten Atemzug in Freiheit.

Als ihr rechtes Ohr zuckte und sie mit Entsetzen, das letzte Geräusch hörte, dass sie hinter sich hören wollte.

Schritte kleiner Füße stapften hastig im Schnee.

Zuna hatte den Hasen in der Höhle abgelegt, den Vogel jedoch anscheinend vergessen, denn ihre Aufmerksamkeit galt dem kleinen schwarzen Gegenstand, den sie in ihrer kleinen Hand umklammert hielt.

Ihre bleichen Fingerkuppen gruben sich durch die losen Nähte und Löcher in ihren Handschuhen, so fest hielt sie das unbekannte Objekt gepackt.

„Vera schieß!", Heron hatte sich im Chaos der Situation mit dem Kopf freiringen können.

Seine Worte musste er bitter büßen.

Der nächste Schlag des Wächters ließ ihn nicht bei Bewusstsein. Sein sehniger starker Körper sank schlaff in den Schnee. Blut rann aus seiner Nase und färbte den Frost rot.

Blut auf bleicher weißer Haut. Das gab den Ausschlag.

Veras Pfeil flog.

Und traf sein Ziel. Leider zu präzise.

Ein zweiter Körper traf dumpf auf den Boden, aber dieser atmete nicht mehr.

In ihrem Kopf wurde es still, nur noch das Rauschen des Sturmes existierte. Nie vorher hatte sie einen Menschen getötet und auch, wenn sie der Meinung war, dass jedes Leben grundsätzlich ebenbürtig und schützenswert war, war es anders ein Mitglied der eigenen Spezies zu töten.

Zu töten, ohne in konkreter Lebensgefahr zu sein und das Fleisch nicht zum Essen zu gebrauchen. Töten um des Tötenswillens war ihr zuwider.

Es sah falsch aus, wie der Körper des Wächters dort im Schnee lag, auch nicht mehr mehr als ein Haufen Fleisch.

Der Pfeil war bis zu den Federn eingesunken und stach grotesk heraus. Das Blut gefror bereits im Schnee neben ihm.

Mörderin.

Das Wort hallte in ihren Gedanken wider und befeuerte diese zu neuem Leben.

In diesem Moment, in dem ihr ihre Tat in ihrer Tragweite bewusst wurde, in der sie real wurde, war Veralia Ristossorio sich selbst zu wider.

Aber sie hatte keine Zeit zu zerbrechen, denn der zweite Wächter existierte immer noch und wenn überhaupt hatte sie die Gefahr für ihre Familie gerate vergrößert.

Du solltest ihn auch erschießen, es ist sowieso schon egal.

Aber das war es nicht, es war nie egal oder zu spät. Vera fasste einen Entschluss. Der zweite Wächter würde leben und soweit sie es verhindern konnte, würde sie kein weiteres Leben mehr gezielt nehmen, ohne in akuter Lebensgefahr zu schweben.

Ihr Herz aus Eis krampfte sich zusammen, unsicher ob sie sich derartige Moralvorstellungen in der Wildnis leisten konnte.

Hinter ihr hörte sie Zunas ersticktes Einatmen, die trotz dem Versuch ihrer Mutter ihr die Sicht zu versperren, einen Blick auf die Leiche des Wächters hatte werfen können.

Vera drehte sich um und sank vor ihr in die Knie, der Schnee durchweichte ihre Lederkluft, doch die Kälte spürte sie schon lange nicht mehr. Mit zitternden Fingern, an denen nun in ihren Augen Blut klebte, obwohl sie den toten Wächter nicht angefasst hatte, fuhr sie Zuna über die Wangen.

„Schhhh, schhhh. Ist schon gut Zuna, alles ist gut. Sie werden dich nicht mitnehmen. Niemals hörst du, das lasse ich nicht zu."

Behutsam legte sie ihre Stirn an die ihrer Schwester und sah ihr in die Augen, versuchte ihr etwas von der Überzeugung zu geben, die Vera selbst fehlte.

Doch Zuna schluchzte nicht wegen des von ihr mit angesehenen Mordes.

Zuna schluchzte aus Schuld.

Bibbernd versuchte sie Vera das raue Etwas in die Hand zu drücken.

„Ich habe es doch für dich getauscht, um es dir zu deiner Aufnahmefeier als vollwertiger Erwachsener in ein paar Monden zu schenken. Der Händler meinte es sei ein Klangstein, wenn du ihn anschlägst und an dein Ohr hälst kannst du ihn singen hören."

Oh Zuna. Veras Herz sank ins Bodenlose.

Eine Träne lief ihr über die Wange und kristallisierte an ihrem Kinn. Natürlich hatte die gutgläubige Kleine die haarsträubende Geschichte geglaubt.

Und die Hälfte des Ersparten, der gesamten Familie dafür ausgegeben. Etwas, für das sieben Menschen einen Mond gebraucht hatten, um es zu verdienen. Und wofür? Für Musik.

Für sie.

Schwermütig nahm sie den Gegenstand entgegen. Weitere Tränen bildeten sich an ihren Wimpernkränzen, doch sie hielt sie zurück.

„Danke", hauchte sie Zuna zu. Zu mehr war sie nicht mehr fähig.

Dafür hatte sie einen Wächter des Palastes erschossen? Für einen Stein, der vermutlich nicht einmal konnte, wofür er verkauft worden war?

Nein, du hast es für Zuna getan.

Vera schluckte und steckte den Stein in die Innentasche ihres Lederumhangs, zumindest diese letzte Freude konnte sie der Kleinen machen.

Der zweite verbliebene Wächter löste sich aus seiner Schockstarre und unterband sein ungläubiges Blinzeln. Wand seinen Blick von seinem toten Kollegen ab und Vera zu.

„Du weißt was du gerade getan hast?"

Sie konnte nur nicken. Stand nicht einmal aus ihrer knieenden Position auf. Resignation machte sich in ihr breit.

Ja, sie wusste es und sie wusste auch, was es hieß.

Sie würde sterben.

21 mal 13 Monde hatte sie gehabt, 21 mal 13 Monde und ein paar Tage, in Freiheit. Es war es wert.

Es war genug.

Schwer schluckend versuchte sie sich mit ihrem Schicksal abzufinden. Sia begann zu weinen.

„Du weißt was das für dich heißt. Bekennst du dich zu deiner Tat?"

„Ja", ihre Stimme würde nie wieder wie ihre eigene klingen.

„Dann werde ich dich nun zum Eispalast bringen, wo du vor das Sternengericht treten wirst."

Moment, keine Todesstrafe? Vera sah auf.

In ihrer Verwirrung entzog sich noch eine Träne ihrer Kontrolle und floss über ihr Gesicht. Sie gefror noch an ihrer Wange.

Der Wächter sah ihren Blick und entgegnete: „So sehr es mir missfällt, aber Taten, die in der Nacht des schwarzen Mondes begangen werden, müssen sich noch einmal offiziell vor den Sternengeistern verantworten, da diese", er deutete gen schwarzen Himmel, „zum Zeitpunkt der Tat kein Urteil fällen konnten, da sie nicht anwesend waren."

Eine Lücke im Gesetz, eine, wenn auch geringe Chance, darauf zu überleben. Eine Rettungsleine direkt vor ihren Füßen.

Hieß das in der Nacht des schwarzen Mondes war Gesetzlosigkeit geduldet? War das der Grund warum ausgerechnet diese Nacht dazu auserkoren worden war, den Friedensbeitrag zu zahlen und unzählige Wächter das Land patrouillierten und durchquerten, um von Provinz zu Provinz zu reisen?

Eins stand jedenfalls fest: Es hatte ihr zumindesteinige Tage ihres Lebens gerettet.

Sie stand auf, sich zu wehren hätte sie vermutlich ihre zweite Chance gekostet und ging mit erhobenen Händen auf den Wächter zu. Den Bogen reichte sie ihrer Mutter, den Köcher zog sie sich über den Kopf und warf ihn zu Boden.

Niemals hätte sie die Pfeile behalten dürfen nicht, nachdem der Wächter gesehen hatte, dass sie sie benutzen konnte.

Der Wächter begann ihre Handgelenke mit einem Steifen Leder zusammenzubinden, da trat Zuna vor.

Und Zuna ausgerechnet Zuna, die sich immer hatte umdrehen müssen, wenn Vera Tiere häutete, riss dem Eisvogel mit einer Entschlossenheit, als täte sie es täglich, die farbenprächtigste und längste Feder aus und steckte sie Vera in die vordere Innentasche ihres Umhangs, zu ihrem Klangstein.

Ein Geschenk.

Ihr letztes Geschenk.

Das letzte Überbleibsel ihrer Familie, denn so oder so würde Vera sie vermutlich nicht wieder sehen. Sie brachte kein Wort heraus, sah ihre kleine Schwester nur aus Augen an, die all ihre Kälte verloren hatten.

„Damit du dich daran erinnerst wer du bist und wo du herkommst", flüsterte Zuna ihr zu. Vera war nicht klar, dass das ihre Abschiedsworte sein würden. Sie schluckte gegen ihre zugeschnürte Kehle an, scheiterte jedoch kläglich.

Nur ein raues Glucksen kam heraus.

Sie wollte schreien, sie wollte sprechen, sie wollte Zuna erklären, wie sie jagen und wie alles gut werden würde. Aber ihre Stimme versagte ihr den Dienst.

All das hatte Zuna getan, innerhalb eines Wimpernschlags an Unaufmerksamkeit des Wächters. Dieser war nun jedoch wieder her der Situation.

„Einen Abschied verdienst du nicht. Mörderin", damit zerrte er sie an ihren, hinter ihrem schlanken Rücken, verbundenen Händen, in die neblige Dunkelheit hinein.

Diese verschluckte sowohl sie als auch ihren letzten Blick auf ihre Familie.

Zuna, Heron, Sia, ich liebe euch passt auf euch auf, lasst nicht zu, dass man euch bricht. Wir werden uns wieder sehen, das schwöre ich. Erklärt Knut und den anderen alles.

Danke, dass ihr wolltet, dass ich lebe, als es kein anderer wollte.

Ihre eigenen Abschiedsworte waren nur in ihrem Kopf gefallen.


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