* Kapitel 8 *

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Ihre Stirn berührte den kalten Boden. Sie bemerkte, wie das Eis Abdrücke in ihrer Haut hinterließ, so sehr drückte sie ihren Kopf dagegen. Seth neben ihr fluchte leise und gab kurze ruckartige Signale an ihrer Lederleine, doch sie ignorierte ihn. Er war unwichtig. Sie begriff jetzt, warum niemand außerhalb des Palastes die Prinzessin je gesehen hatte.

Prinzessin Seriolia von Musashia war die menschgewordene Macht.

Und diese Macht fraß sie auf.

„Steh auf", hallte dunkel und arrogant, die Stimme des Königs durch den Raum. Doch er war nicht ihr Befehlshaber, vor ihm verneigte sie sich nicht, auch wenn er das mit Sicherheit glaubte.

Sie wartete. Ihre Haltung war für sie keine Darbietung der Unterwürfigkeit, sondern der Ehrerbietung.

Ehre, wem Ehre gebührt und der kleine blasse Mensch, nicht mehr als Haut und Knochen auf dem dritten Thron, die bereitwillig als Gefäß der Macht fungierte, dieser Person gebührte Ehrfurcht.

„Steh auf." Die Stimme der Prinzessin widersprach ihrem Äußeren und war klar und stark, jedoch mit mehr Mitgefühl gefüllt als es, Veras Vermutung nach, erlaubt war. Sogar etwas Wärme schwang darin mit.

Vera erhob sich. Den Kopf zuerst sah sie mit den Augen auf, den Herrschaften direkt in die Gesichter. Ihre Beine streckten sich durch und ihre Schultern sanken nach hinten unten. Sie würde mit erhobenem Haupt sterben.

Die Augen der Königin verengten sich als sie sich ihr zuwandte. Vera starrte unverhohlen zurück. Eine steile Falte bildete sich zwischen den schmalen Augenbrauen der eleganten Person, die ihre Nase rümpfte, über die ganzen Felle, die Vera wild um den Körper und den Großteil ihres Gesichts gewickelt waren. Gut, dass ihre Haare bedeckt waren. Weiße Haare an einer Mörderin, das wäre mit Sicherheit ein Aufschrei sondergleichen für den Adel und seine Anhänger in diesem Raum.

Nun sprach der König zu ihr und sie wandte sich ihm zu, legte den Kopf schief, während sie überlegte, ob sie noch genug Zeit hätte ein weiteres Leben mit sich zu nehmen. Denn vor ihr saß der Mann, der das Land aushungerte, der sich von seinem Volk bezahlen ließ für ein Frieden, der nicht mehr als ein bloßes Gerücht war. Ein Grund, den er sich ausgedacht hatte, um seine Untertanten in eine konstante Einnahmequelle zu verwandeln. Der Mann, der sich seit Monden in seinem Schloss aus Eis verschanzt hatte aus Angst vor den umherstreifenden Rebellentruppen, die kein Gerücht waren und zu denen Tam bald gehören würde. Besonders, wenn er erfuhr, was mit ihr geschehen war.

Oh, bitte Tam, stell nichts Dummes an. Versuche nicht mich zu retten, wo ich doch schon verloren bin, sprach sie zu den Sternengeistern. Die ganze Reise über hatte sie nur an ihre Familie gedacht, doch ausgerechnet jetzt fiel ihr ihr Jagdfreund ein.

Vielleicht wäre es auch nicht schlecht, wenn Tam zum Schloss käme und dem vor ihr sitzenden Feigling, der sich in Luxus und Pracht kleidete, während sein Volk erfror. Vor ihr saß der Mensch, dem Zuna hätte dienen sollen.

Vera rümpfte die Nase hinter ihrem Schal.

Seriolia blinzelte, ihre Nasenspitze zuckte, doch sie sprach nicht mehr.

Stattdessen wiederholte der König: „Wie heißt du angeklagte und was ist dein Vergehen?" Die Worte verklangten mit einem Nachhall, der deutlich machte, dass es sich um einen Ritus handelte, der in jeder Sitzung vor dem Sternengericht aufgesagt wurde.

„Veralia Ristossorio. Mord", ihre Antwort fiel kurz und knapp aus, doch Vera bemerkte, wie sich die Augen der Königin noch mehr zu Schlitzen verengten und sie leicht ruckartig einatmete. Die Frau schien auf ihrem Stuhl zurück zu rutschen und sich gerader aufzusetzen, sie betrachtete sie nun noch mehr von oben herab, aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein.

Der König schien weiterhin unbeeindruckt.

Die Prinzessin beäugte sie jedoch interessiert, ihre Eisvogelaugen bargen die selbe Tücke und Intelligenz, die Vera auch bei den prächtigen Tieren beobachtet hatte. Seriolia hatte ihre Namensendung wiedererkannt, da war sich Vera sicher.

„Vom-Eis-geküsste, wen hast du getötet und mit welchem Motiv", klar und deutlich hallte die junge Stimme durch den Raum. Sie mit der Übersetzung ihres Namens anzusprechen, ließ keinen Zweifel mehr an ihren Verbindungen zum Adel. Der König sah zu seiner Tochter hinüber, offensichtlich überrascht, dass diese sich beteiligte, nun wurde auch ihm die Bedeutung klar.

Die Prinzessin hatte es offensichtlich gemacht. Nur warum, das war Vera noch unklar.

„Ich habe einen Wächter des Palastes erschossen. Er bedrohte meine Familie. Ich tat es vorsätzlich und in vollem Bewusstsein meiner Handlungen."

„Dann Veralia Ristossorio können wir nichts mehr für dich tun. Die Sternengeister werden über dich richten." Damit sank die junge Frau in ihren Thron zurück und wurde wieder zu der unbeteiligten Begleiterscheinung, die sie zu Anfang portraitiert hatte. Bildete sie es sich ein oder schien, die Prinzessin enttäuscht. Nur ihre Augen blitzten noch immer wach.

Ein Berglöwe in der Haut eines Hasen, der es gewohnt war, übersehen zu werden.

Der König nutzte die Gunst der Stunde und zog die Gesprächsführung, sowie die Aufmerksamkeit wieder an sich.

„Dann haben wir noch eine letzte Frage vor deiner Verurteilung", es bestand kein Zweifel, dass alle in der Annahme standen, dass es genau das werden würde. Eine Verurteilung.

Zum Tode.

Vera hatte die gesamte Zeit aus den unterschiedlichsten Gründen keine Angst verspürt. Zuerst war es die Ablenkung und Freude über die Sicht auf das Meer, dann der überwältigende Palast, dann die junge Frau vor ihr, die kaum jünger war als sie selbst und die sie bereits aufgegeben hatte. Doch jetzt, wo sie nichts mehr hatte als ein paar Atemzüge schnürte es ihr die Kehle zu.

Denn es ist so, man kann sich zwar sagen, man wäre bereit zu sterben, denn genau das hatte sie getan, aber sie war es nicht. So ganz und gar nicht, doch Veralia Ristossorio unterdrückte das in ihr hochsteigende Muskelzittern und spannte sich statt dessen an. Sie suchte die Räumlichkeiten nach einer Fluchtmöglichkeit ab. Durch die Tür auf keinen Fall, die Seitengänge waren auch unmöglich.

Blieb nur: die Decke.

Falls sie an zwei, dieser Lanzen gelangte, wäre es ihr möglich mit den Spitzen als Eispickel an einer der Säulen hochzuklettern. Alles unter der Bedingung, dass niemand ernsthaft versuchte sie aufzuhalten verstand sich. Auf ihren Jagdausflügen war sie schon in so manche Eisspalte und an so manchem Berghang geklettert. Ihre Arme und Beine waren stark und sehnig. Sie könnte das schaffen, sie musste.

Eins wusste Vera, sie würde nicht einfach so abdanken. Veralia Ristossorio würde nicht ohne einen Kampf zu den Sternengeistern gehen. Mit dieser Gewissheit schlich sich wieder Ruhe in ihren Atem und sie lauschte aufmerksam den nächsten Worten des Königs.

„Sprich Mörderin, wem hast du am meisten geschadet. Wer darf das Schwert, im Falle eines Urteils, gegen dich erheben?"

Nenne irgendjemanden, der nicht hier ist, der anreisen muss, der dir Zeit verschafft, doch das Licht der noch unsichtbaren Sternengeister wärmte ihren Nacken und sie wusste sie würde nicht lügen können. Sie traute ihren Ohren kaum und seinem Ausdruck in den Augen nach zu urteilen, als sie zum ihm aufsah, er ebenfalls nicht.

„Seth." Seinen Nachnamen kannte sie nicht. Vermutlich war es auch nicht wichtig, den dieser richtete sich zu seiner vollen Größe auf, spannte die Arme an und demonstrierte damit ganz deutlich wer gemeint war. Dennoch nickte er ihr zu, in stummer Anerkennung davor, dass sie die Wahrheit gesprochen hatte.

Er musste wirklich das Schlechteste von ihr denken, wenn es ihn so überraschte.

Der König nickte und erkannte die Nominierung ihres Henkers an. Er hob die Arme und lies sie gebieterisch auf sie zeigend und in großer Geste sinken.

„Wie ist ihr Urteil Sternengeister, verkündet es."

Ihre Finger begannen unangenehm zu prickeln in stummer Erwartung und voll nervöser Energie. Sie presste die behandschuhten Hände ineinander, ballte die Fäuste. Ihr Rücken knackte so sehr spannte sie ihn an.

Jeden Atemzug nun, würde das Mal der Todgeweihten erscheinen. Über ihren Hals würden sich drei klare rote Striemen ziehen, wie von einer Pranke erhalten. Sie würde von den Sternengeistern gezeichnet werden.

Veralia stand ganz still, atmete tief und gleichmäßig, in Erwartung der Schmerzen. Ein solches Mal erhielt man mit Sicherheit nicht schmerzfrei. Nicht, dass ein Betroffener lange genug überlebt hätte, um davon zu berichten, der Gedanke machte für sie Sinn.

Als mehrere Atemzüge nichts geschah wurde sie noch unruhiger. Was war los, war es schon geschehen?

Ihre Hände begannen nun doch leicht zu zittern und kalter Schweiß lief ihr wie Eisperlen über die Handrücken in Richtung Gelenk.

„Entfernt ihren Schal, damit wir das Zeichen sehen können", befahl die Königen, sie sich anscheinend nun in der Pflicht sah, das Ganze voran zu treiben.

Seth zog unwirsch, am Fell um ihren Kopf. Jemand war sehr daran interessiert ihren Kopf nicht mehr auf ihren Schultern zu wissen.

Das Fell rutschte und kratzte ihr beim Entfernen durchs Gesicht, um jedes Haar daran hatte sich eine Eisschicht gebildet, die nun in ihre Haut stach. Es stank nach Bär. Seth warf es angeekelt zu Boden und sah sie an.

Seine Pupillen weiteten sich kaum merklich.

Ein Raunen ging durch den Raum, als ihr ihre Haare um die Schultern fielen. Schwer legte sich deren Gewicht auf ihren Rücken. Yackdung.

Die Pinzessin schien aus ihrer Lethargie zu erwachen und betrachtete sie nun mit neuem Interesse. Vera senkte unangenehm berührt den Blick und hob die gefesselten Hände mit dem Lederband, um das Mal auf der Seite ihres Nackens zu spüren.

Doch sie spürte nichts. Ihre Hände glitten über glatte Haut.

Sie prüfte die linke Seite. Auch dort war nichts zu spüren.

Vielleicht ist es ja nur eine Farbe, dachte sie.

Doch der gesamte Raum schien angespannt. Niemand wusste was gerade passiert war.

Das Sternengericht hatte nicht funktioniert.

Der Schweiß von Veras Händen tropfte zwischen Handschuh und Mantel hindurch auf den Boden. Ihre Augen wanderten mit dem Topfen hinab und beobachteten, wie er aufschlug. Da wurde ihr klar es war kein Schweiß.

Es war Blut.

Das musste eine andere Art Zeichen sein, vermutlich speziell für Mörder. Wer Blut vergießt wird selbst Bluten oder so. Die Geister hatten manchmal unergründliche wirre Wege.

„Zieht ihr die Handschuhe aus." Die Prinzessin deutete mit einem dürren Finger auf sie. Ihr Fingernagel schien fast gläsern, so dünn war er und, so wurde es Vera klar, mit einer Eisschicht bedeckt.

Seth begann hastig das Leder um ihre Hände zu entfernen und riss ihr die Handschuhe von den Händen.

Vera streckte und flexte die Finger durch, begeistert davon sie nicht mehr abgeschnürt zu bekommen.

Dabei sah sie es.

Das Mal der Diener war auf ihren Händen erschiehnen. Ineinander verschlungene Bergkämme, wie Gitterstäbe, die bis in die Spitzen ihrer Finger ausliefen.

Das Mal der Diener, nicht der Todgeweihten.

Veralia Ristossorio war zur Dienerin berufen worden.


Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro