ZWEI

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„Ich frage mich echt, wie es so weit kommen konnte", murmelt Jace. Wir sitzen immer noch ziemlich ratlos bei unseren Körpern und haben es eine Weile vorgezogen, zu schweigen. Wahrscheinlich ist es auch besser so, das erst mal sacken zu lassen.

Ein Mädchen wird für mich sterben. Aus irgendeinem Grund hat sie bereits versucht sich umzubringen und sie wird es nochmal versuchen.

Ich muss dafür Sorgen, dass sie diesmal erfolgreich sein wird.

„Ich meine, wie haben die das überhaupt gemacht, dass wir alle in einem Zimmer liegen?", überlegt Jace weiter, weil weder Harper noch ich auf seine letzte Aussage reagiert haben.

Das quittiert sie mal wieder mit einem freudlosen Lachen. „Ist das dein Ernst? Ich glaube, dass das die kleinste Hürde war."

Stimmt, das war das geringste Problem. Und jetzt hat Amy sich aus dem Staub gemacht, wo die eigentlichen Wellen auf uns zu donnern.

Jace rutscht von der Fensterbank und tigert durch' s Zimmer, auf und ab. Irgendwann springt er sogar auf wie ein bockiges Kind los, fängt sich wieder und marschiert weiter.

„Jace, Mann, setz dich auf deinen kleinen Hintern. Du gehst einem mit deinem Gerenne echt auf den Geist", stöhne ich genervt.

Er schnaubt auf. „Ich kann seit acht Jahren endlich mal wieder laufen, also lass mich!"

Harper zieht unbeeindruckt die Augenbrauen in die Höhe. „Ich hab Scheißkrebs seit ich denken kann, also hör auf zu heulen!"

Wow, wir sind echt 'ne super Truppe. Die Chemie stimmt.

„Du bist zum Kotzen, Harper", murmele ich.

„Fick dich doch", faucht sie.

Sie hat es wirklich innerhalb weniger Minuten geschafft, sich komplett unsympathisch zu machen. Aber vielleicht wird man so, wenn man immer krank ist. Vielleicht hasst man dann einfach irgendwann jeden. Und am meisten wohl sich selbst, weil man in seinem eigenen Körper gefangen ist. Aber das ist Jace offenbar auch, also hat sie kein recht, ihn so fertig zu machen. Sie ist älter als er, vielleicht noch etwas jünger als ich, aber sie müsste reif genug sein, sich in bestimmten Momenten einen dummen Kommentar zu verkneifen.

„Vielleicht sollten wir uns alle mal von hier verziehen", schlage ich vor. Dem hat nicht mal Harper etwas entgegenzusetzen.

„Was? Wohin? Zu unseren Opf-...ich meine zu unseren Rettern?" Er spricht das Wort fast schon ehrfürchtig aus. Dabei sind sie keine Retter, sondern das, was er als erstes sagen wollte. Wir könnten sie retten, aber das werden wir nicht tun.

Wir werden sie von der Klippe stoßen, auf der sie mit einem letzten Funken Hoffnung stehen, dass jemand sie zurück ziehen könnte.

„Gott, Jace, du musst echt schnell heraus finden, wie der Typ heißt, sonst machst du dir noch in die Hosen, weil du nicht weißt, wie du ihn bezeichnen sollst", bemerkt Harper bissig.

Da ich keine Lust mehr auf diese unsinnige Diskussion habe, richte ich mich auf und stelle überrascht fest, dass mir die kleine Sitzpause ganz gut getan hat. Ich fühle mich nicht mehr komplett wie durchgekaut und ausgespuckt.

„Also ich gehe jetzt. Wir sehen uns", verkünde ich. Noch ehe Jace protestieren kann, weil ich ihn mit Harper und vor allem mit sich selbst alleine lasse, bin ich weg. Und ich lande tatsächlich direkt auf einem hell gestrichenen Flur, auf dem Krankenschwestern herum wuseln. Es ist wohl gerade Essenszeit, was dafür spricht, dass ich in einer anderen Zeitzone gelandet bin. Die Damen und auch einige Pfleger schieben Wagen mit Tabletts umher, schließen einzeln Türen auf und trällern freundliche „Guten Morgen", „Hallo Simon, du glaubst nicht, was heute für ein schöner Tag ist" und andere, hoch motivierende Sachen, wenn man in einer Irrenanstalt sitzt und den Sinn des Lebens nicht mehr sehen kann.

Eine Begrüßung lässt mich instinktiv aufhorchen. „Guten Morgen, Charlie, ich hoffe, du hast dein Abendessen von gestern ausnahmsweise-", beginnt eine Schwester, bevor ihre Stimme durch die sich schließende Tür verstummt.

Charlie. Das ist sie. Keine Ahnung, woher ich das weiß, aber ich weiß es.

Sollte ich warten, bis sie wieder alleine ist? Am Ende quatscht sie mich noch an und die Schwester denkt, dass sie nun vollkommen hinüber ist, weil sie mich nicht sehen kann.

Ich warte lieber, das wird das Beste sein.

Nach nur ein paar Minuten schwingt die Tür erneut auf. Die Schwester kommt mit einem vollen Tablett wieder heraus, das sie zum Wagen bringt. In der Zeit, schiebe ich mich ins Zimmer. Sie sieht mich nicht sofort, weil sie abwesend Richtung Fensterfront starrt. Gelogen haben die hier nicht – draußen scheint wirklich die Sonne. Fast so schön wie Zuhause.

Unsicher, was ich sonst machen soll, räuspere ich mich, als hinter mir die Tür zugefallen und abgeschlossen wurde und sie immer noch nicht reagiert hat.

Stirnrunzelnd dreht sie ihr Gesicht in meine Richtung. Ihre blonden Augenbrauen ziehen sich zusammen und ihre Augen sind so grün, dass ich ihre Farbe bis hier hin erkennen kann. Sie sieht wirklich gut aus, aber da ist dieser Ausdruck in ihrem Gesicht, der einem sofort verrät, dass irgendwas in ihr zerbrochen ist.

Verdammt, wie soll ich bloß überhaupt ein Gespräch mit ihr anfangen. Sie sieht nicht so aus, als würde sie gerne mit mir quatschen.

Eine Weile starrt sie mich einfach nur an, ich starre zurück und ringe mir ein Lächeln ab. Meine Mom hat früher immer gesagt, dass Nates und mein Lächeln ihren Tag, egal wie schlecht er war, immer etwas besser machen können.

Da ist sie wohl die einzige, der es so geht, denn Charlie hat genug gesehen und dreht ihren Kopf wieder Richtung Fenster.

Toll gemacht, Rhys.

Obwohl ich bei jemandem, der sich versucht hat umzubringen, nicht erwartet habe, dass er mir freudestrahlend um den Hals fällt, bin ich schon ein bisschen vor den Kopf gestoßen. Wie soll ich denn damit umgehen? Nervös fahre ich mir durch die Haare und kratze mich am Hinterkopf. Sie würdigt mich keines weiteren Blickes, weswegen ich langsam in die Richtung schlendere, in die sie schaut. Ich stelle mich nicht direkt in ihr Blickfeld, aber so, dass sie mich wahrnimmt. Jetzt verengt sie die Augen.

„Was willst du?", fragt sie, ohne mich anzusehen. Ihre Stimme ist erstaunlich fest. Ich hätte eher etwas Zerbrechliches erwartet, vielleicht sogar Tränen.

„Ich...äh ich bin Rhys", antworte ich.

„Das habe ich nicht gefragt."

Warum auch immer sie dafür in Frage kommt meine Seele zu heilen – es kann nicht daran liegen, dass ich ihr so sympathisch bin.

„Ich wollte..." Ja, was will ich eigentlich? Es scheint mir nicht so klug, ihr zu erzählen, was Sache ist. Nicht, weil sie dann vielleicht doch weinen könnte, sondern weil ich nicht denke, dass meine Probleme sie interessieren.

„Lass mich alleine."

Immerhin gibt sie mir klare Anweisungen.

„Ich...kann ich wieder kommen?", frage ich. Blöde Frage – ich muss wieder kommen. Warum bitte ich sie überhaupt um Erlaubnis?

Vielleicht, weil sie es verdient hat, dass mal wieder jemand nett zu ihr ist. Wen hat sie hier schon? Ärzte, die sie vermutlich mit Medikamenten voll pumpen, Schwestern, die ihr vorhalten, wie toll draußen doch alles ist und vielleicht eine Familie. Eine Familie, die für sie nicht Grund genug war, weiter am Leben zu bleiben.

Sie hat niemanden.

„Ich denke nicht, dass ich das will."

Natürlich will sie das nicht. Sie will ja nicht mal wissen, wer ich bin.

„Dann gehe ich jetzt wohl lieber."

„Ja."

Ich stehe schon vor der Tür und will nach dem Griff fassen, drehe mich dann aber doch spontan um.

„Ich weiß, dass ich dir nicht helfen kann und dass du auch keine Hilfe willst. Ich weiß, dass du nicht mit mir reden möchtest und ich habe nicht den blassesten Schimmer, was du durchgemacht hast. Und ich kann nichts tun, um das alles wieder ungeschehen zu machen, denn vermutlich ist das etwas, worüber du nur mit deinen Ärzten reden willst und die können die Zeit auch nicht zurück drehen. Aber..." Was, aber? Es gibt kein aber. Ich habe die Lage ganz gut zusammengefasst. Wahrscheinlich sollte ich wirklich einfach nur warten, bis sie...bis sie es wieder tut und diesmal jede Hilfe zu spät kommt.

„Ich rede mit niemandem darüber", murmelt sie plötzlich. Ihr Gesicht dreht sich wieder zu mir. Eindringlich mustert sie mich. „Du bist nicht echt, oder? Du bist da, weil ich zu neunundneunzig Prozent aus Psychopharmaka bestehe."

„Wieso denkst du das?"

Sie legt den Kopf schief. „Weil niemand hier rein darf. Und du siehst nicht wie ein Arzt oder ein Pfleger aus."

Gut kombiniert. In meinen normalen Klamotten wirke ich nicht so, als würde ich hier arbeiten. Vielleicht hätte ich mir einen Kittel besorgen sollen, um ihr vorzugaukeln, ich wäre ihr neuer Psychiater.

„Es liegt nicht an den Medikamenten, die du bekommst. Ich...also mein Körper liegt im Koma."

Weil sie nichts sagt oder belustigt lacht, fahre ich fort. „Ich bin einfach hier, weil du was Besseres als das hier verdient hast. Keine Ahnung, wie ich dir dabei helfen soll, deine Situation zu ändern, aber du bist nicht allein. Und wenn dir irgendwas einfällt, dann sag es mir!"

Jetzt habe ich ihr gleichzeitig die Wahrheit gesagt und sie angelogen.

„Hilf mir, es zu beenden."

Sie meint es absolut ernst. Daran habe ich keinen Zweifel.

Und eigentlich ist das genau das, was auch für mich richtig wäre.

Aber ich bin kein Mörder.

„Ich brauche jemanden, der alles für mich klärt, wenn ich tot bin. Meine Eltern will ich nicht mehr sehen und meine Freunde hassen mich. Ich...ich brauche jemanden, der davor und danach Sachen für mich erledigt."

Das bringt mich zum Schlucken. Nicht, dass sie weder Kontakt zu ihrer Familie noch zu ihren Freunden hat, sondern, dass sie in mir die einzige Person überhaupt sieht, die alles für sie klärt, wenn sie tot ist.

„Du sollst niemandem für mich auf die Fresse hauen, keine Sorge. Ich hätte einfach gerne eine schöne Beerdigung und so was", sagt sie. Fast hätte sie dabei gelächelt.

„Wirst du mir erzählen, was passiert ist?"

Sie schüttelt den Kopf. „Das habe ich so tief in mir eingeschlossen, dass ich es unmöglich aussprechen kann."

Verständnisvoll nicke ich.

„Es gibt nur eine Bedingung", kündigt sie an. „Halt mich nicht davon ab. Versuch nicht, mich zu überreden. Denk nicht mal dran, irgendeine Aktion zu starten, um Charlie Brooks wieder zum Leben zu erwecken, denn ich bin schon längst tot. Versprich mir das! Ich hab schon genug Leute, die denken, sie können alles wieder gut machen. Egal ob du eine Halluzination bist oder tatsächlich so etwas wie ein Geist – du bist der einzige, der dieses Versprechen halten könnte. Weil du in beiden Fällen kein Interesse daran haben dürftest, dass ich weiter lebe."

Ich muss es sogar halten, Charlie.

„In Ordnung, ich verspreche es."

Sie nickt, wendet den Blick wieder ab und lehnt sich in ihr Kissen, den Rücken zu mir gerichtet. Mein Zeichen, dass ich gehen soll.

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