Kapitel 2

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„Das ist jetzt nicht euer Ernst, oder?" War das erste was Fem dazu sagen konnte, entsetzt sah sie in die Runde und hoffte, das ihr jemand sagte, dass das alles nur ein schlechter Scherz war, doch keiner widersprach ihr, V legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.

„Der erste Name ist quasi Gesetz, aber mach dir nichts draus, es gibt weitaus schlimmere Namen und Fem ist doch eigentlich ganz cool, du wurdest immerhin nach dem benannt, was du liebst. Weißt du warum ich V heiße? Weil ich, als ich jünger war, das Wort ‚Value' nicht aussprechen konnte, das ist echt übel, okay?" Sie lachte kurz ein bisschen und entlockte Fem ein leichtes Lächeln.

„Außerdem bist du jetzt nicht mehr ‚New Girl', das ist doch auch was, oder nicht?" Warf Painting schnell ein und Fem nickte, das stimmte natürlich.

„Ich hätte nicht erwartet, dass das so schnell geht, ich dachte das dauert länger." Erklärte sie den anderen schnell und Painting zuckte mit den Schultern.

„Das ist mal so mal so, hätte sich Cherry nicht zu uns gesetzt, wäre das vermutlich nicht passiert."

Cherry. Fem konnte sie jetzt schon nicht leiden, sie war zwar nicht wie die Mädchen die sie früher in der Schule schikaniert hatten, aber sie war etwas anderes: Schlimmer als diese Mädchen. Sie war wie der Teufel in Menschengestalt und irgendetwas sagte ihr, dass das erst der Anfang war.

„Nur damit du es weißt, Cherry sollte man hier besser nicht in die Quere kommen, sie ist so eine Art Bandenanführerin und wenn du dich mit ihr anlegst, hast du auch all ihre Freunde am Hals. Das Gleiche gilt übrigens auch für Diva und Ice Cube, mach mit denen bloß keinen Stress." V sah sie vielsagend an und grinste etwas gequält, offenbar hatte sie da Erfahrungen.

„Wer ist Diva?" Fem ließ ihren Blick über den mittlerweile brechend vollen Saal gleiten, Painting streckte ihre Hand aus und deutete auf einen zentral stehenden Tisch, der voll besetzt war mit den schönsten Mädchen, die Fem je gesehen hatte. Unter ihnen konnte sie ihre Mitbewohnerin Red Lipstick erkennen, doch Painting meinte ganz offensichtlich das blonde Mädchen in ihrer Mitte. Sie war wie eine Barbie und wenn Fem sie nicht grade vor sich sehen würde, würde sie denken, dass dieses Mädchen aus Plastik war. Das blonde Haar fiel ihr in seichten Wellen über die Schultern, ihr Körper hatte die perfekte Größe und war wohl geformt, ihr Gesicht glich dem eines Engels und ihre Augen strahlten wie der Himmel an einem eiskalten, sonnenklaren Januartag, Fem stieß anerkennend die Luft aus.

„Wow."

„Ja, wow, aber nur von weitem, sobald du dichter kommst überschattet ihre grauenhafte Persönlichkeit ihr Aussehen, das kann ich dir versprechen." Die drei konnten sie offenbar noch weniger leiden als Cherry, was sie wunderte, denn diese war schon schlimm genug.

„Wo ist eigentlich Rose?" Fragte Painting mit gerunzelter Stirn und Grey meldete sich auch mal wieder zu Wort. „Die hat sich in den Kopf gesetzt einen Hungerstreik durchzuziehen."

Painting stöhnte laut auf und verdrehte ihre Augen. „Schon wieder? Wofür streikt sie denn diesmal?"

„Jeff lässt sie nicht zu diesem Konzert in Seattle gehen, deshalb. Du weißt doch wie sie ist wenn es um ihre komischen Bands geht."

Fem sah vom einen zum anderen. „Wer ist Rose?"

„Rose Rock ist unsere Mitbewohnerin und eine durchgeknallte Irre, ohne Witz. Wenn dein Aufmacher Feminismus ist, ist ihrer Anarchismus. Sie streikt mehr als das sie schläft und terrorisiert ständig die hohen Tiere, wenn ihr etwas nicht passt."

Fem nickte langsam und sah auf ihren Teller, die Reste ihres Brötchens lagen da und warteten darauf gegessen zu werden, doch der Appetit war ihr vergangen.

„Seit wann hat sie nichts gegessen?" Fragte Painting besorgt und Grey zuckte abermals mit den Schultern.

„Gestern früh." Erwiderte V und widmete sich wieder ihrem Frühstück.

„Gestern früh?! Gestern früh und ihr sagt mir nichts? Sie muss essen!" Entrüstet sprang die Blondine auf, ihre blauen Augen blitzten wütend auf.

V und Grey saßen weiterhin seelenruhig am Tisch.

„Nein, Painting, sie muss erwachsen werden. Wenn sie so weiter macht, wird sie sich noch ihre gesamte Zukunft zerstören, da hilft essen dann auch nicht mehr." V klang ebenfalls wütend, sie sah Painting über den Rand ihrer Brille streng an.

„Ihr seid mir ja tolle Freundinnen." Murrte Painting und eilte zum Buffet, vermutlich um dieser Rose ein paar Brötchen zu holen.

V seufzte laut auf, Grey sah ihrer Freundin hinterher. „Also Fem, wenn du noch ein bisschen länger als drei Tage mit uns rumhängst, wird sie sich genauso um dich sorgen und alles tun, damit es dir gut geht, wenn du keinen Bock hast dich bemuttern zu lassen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt um abzuhauen." Fem runzelte die Stirn und bedachte V mit einem traurigen Blick.

„Ich hab echt viel Scheiße hinter mir, für eine echte Freundin würde ich grade alles tun." Und das meinte sie auch so, es machte Fem richtig wütend, das Grey und V ihre Freundin offenbar gar nicht zu schätzen wussten, wie lange waren sie wohl schon hier, dass sie vergessen hatten wie es war allein zu sein?

„Dann hast du in Painting den perfekten Menschen gefunden. Sie wird dich lieben und beschützen und verteidigen, bis aufs Blut. Hab noch nie einen so loyalen Menschen getroffen." Sagte Grey und die Blicke der anderen beiden Mädchen gingen überrascht zu ihr.

„Na siehst du. Das will man doch, oder nicht?" Fem sah wieder V an die verlegen den Teig von ihrem Brötchen zerfledderte.

„Ja schon, aber ... Aber weißt du, sie neigt zur Extremen."

„Besser als Freunde, denen du völlig egal bist." Fems Stimme klang eine Spur zu scharf und sie wollte sich grade entschuldigen, als Painting mit fünf Brötchen im Arm zurück kam, ihre Wangen waren gerötet, doch sie war wieder gut drauf,

„Okay, helft mir die zu schmieren." Sie ließ ihre Ausbeute auf den Tisch fallen und stellte einen Teller mit allerhand Aufschnitt daneben. V warf Fem einen gequälten Blick zu, doch diese hatte sich bereits ein Messer geschnappt und schnitt das erste Brötchen auf.

Gemeinsam mit Grey Tear, V und Painting lief Fem durch die Flure, um Rose Rock dazu zu überreden etwas zu essen und ihren Hungerstreik zu beenden. Beim Laufen fragte sie sich, wie das alles so schnell hatte passieren können. Gestern Abend war sie hier angekommen, heute Morgen hatte sie einen Namen erhalten, mit einer Geisteskranken geredet und wollte jetzt mit drei fast fremden Mädchen den Streik eines anderen absolut fremden Mädchens beenden, so hatte sie sich das Heim nicht vorgestellt, doch zu ihrer Überraschung fand sie Gefallen daran.

„Und was mache wir, wenn sie nichts isst?" Fragte V, sie war wenig überzeugt von dieser Aktion, ihre Stimme klang zaghaft.

„Dann essen wir sie halt selbst." Grey zuckte wie so oft mit den Schultern und sah auf die fertig geschmierten Brötchen in ihrer Hand.

„Die sind nicht für euch, ihr Aasgeier! Die sind für Rose und ich lasse sie erst in Ruhe, wenn sie sie gegessen hat." Painting sah ihre Freundin missbilligend an und eilte weiter, V stöhnte genervt auf. Fem wusste nicht genau welche Rolle sie in dieser Gruppe spielte oder wieso sie überhaupt dazu eingeladen wurde mitzukommen, aber sie hatte nicht viel dagegen einzuwenden.

Abrupt blieben sie vor einer Tür, nicht unweit von 2.11 entfernt stehen, Painting riss sie ohne Anklopfen auf und marschierte gefolgt vom Rest der Mädchen ins Zimmer dahinter. Sofort fühlte Fem sich wohler als in ihrem eigenen Zimmer, es war gemütlicher, freundlicher und sah einfach mehr nach einem Zuhause aus. Es gab nur drei Betten und die Zimmerdrittel von Grey und V waren einigermaßen gleich – Helle Farben, Dekokissen und Fotos an der Wand, während der Teil der streikenden Tante eher aussah wie die Zimmer von den rebellierenden Teenagern in den Filmen die Fem früher so gern gesehen hatte. Alles hing voll mit Bandpostern von irgendwelchen Heavy Metal Bands, die Bettwäsche war schwarz und überall war das Zeichen für Anarchie zu sehen oder Sprüche auf Postkarten die alle aussagten, dass Rose Rock nicht sonderlich viel auf die Regierung gab. In mitten dieses Rebellentraums saß ein Mädchen einem rosa Bob, sie saß blass und eingesunken auf ihrem ungemachten Bett und starrte vor sich, auf eine komische Art und Weise erinnerte sie sie an Grey Tear, wie sie heute Morgen beim Frühstück am Tisch gesessen hatte.

„Hey Rose." Sagte Painting zur Begrüßung, sämtliche Wut oder Aufregung waren aus ihrer Stimme gewichen, sie klang sanft und einfühlend. Wenn Fem so darüber nachdachte, klang sie genau wie die nette Frau.

„Hallo." Erwiderte das ausgemergelte Mädchen ohne den Blick zu heben, Painting ließ sich neben ihre Freundin fallen.

„Wir haben dir was zu essen gebracht, ich dachte du hast vielleicht Hunger." Vorsichtig legte sie eines der Brötchen auf das Bett und schob es ihr zu, doch sie schüttelte heftig und schob es wieder zurück.

„Ich esse nicht, bis Jeff mich auf das Konzert gehen lässt." Ihre Stimme klang brüchig und kratzig, V seufzte auf und ließ sich auf das Bett neben der Tür fallen, Grey ging zu ihrem Teil des Zimmers und Fem blieb unschlüssig mitten im Raum stehen, das fühlte sich allerdings komisch an, also setzte sie sich schüchtern mit zu V, die ihr mit einem leichten Lächeln Platz machte, erleichtert lächelte Fem zurück.

„War Jeff denn schon mal hier und hat gesehen, dass du nichts isst? Weiß er überhaupt davon?" Fragte Painting grade und Rose lief dunkelrot an.

„Nein, aber ..." Begann sie, doch V unterbrach sie mit einem genervten Kopfschütteln. „Er wird es merken, wenn wir dich wegen Magersucht in die Geschlossene stecken und glaub mir, seine Reaktion wird nicht sein ‚Oh Gott! Das ist alles meine Schuld! Hätte ich sie bloß auf dieses Konzert gehen lassen!'" Rose bedachte ihre Mitbewohnerin mit einem giftigen Blick.

„Ich bin nicht magersüchtig!" Sie verschränkte die Arme und V nickte, während sie ihre Fingernägel inspizierte. „Stimmt, aber geisteskrank."

Rose stöhnte auf und wollte grade etwas erwidern, da kam Painting ihr zuvor. „Also ich finde, dass du jetzt was essen solltest und dann was Schönes mit uns und unserer neuen Freundin unternimmst, sie ist erst seit gestern hier und alles was sie bisher gesehen hat ist die Kantine, unser deprimierendes Zimmer, Cherry und dich und deine Verrücktheit, reiß dich jetzt zusammen, es ist nur ein Konzert."

„Nein, es ist meine Lieblingsband, okay? Die kommen nicht so oft nach Seattle, die sind ..." V verdrehte schon wieder die Augen. „Ja, die sind atemberaubend, wissen wir. Und ist dir schon mal aufgefallen, dass du über jede dieser schrecklichen Bands sagst, sie wäre deine Lieblingsband? Mit diesem Argument ist es kein Wunder, dass Jeff dich nicht gehen lässt. Ich bitte dich, es grenzte schon an Zauberei, dass Jeff da zweimal drauf reinfällt, aber ein drittes Mal? Komm schon Rose." Sie legte ihren Kopf schief und rückte ihre Brille zurecht, die aber direkt wieder auf ihre Nasenspitze rutschte.

„Sie sind nun mal alle meine Lieblingsbands!" Jammerte Rose und Painting hielt ihr das Brötchen unter die Nase. „Iss." Rose sah erst sie an, dann die anderen und dann das Brötchen, dann stöhnte sie auf und riss es ihr aus der Hand.

Die drei Mädchen sahen ihr dabei zu, wie sie drei der fünf Brötchen aß, Painting musste sich ein Lachen verkneifen und Grey wirkte wie immer gelangweilt und fürchterlich deprimiert.

Nach einer Weile ergriff Rose das Wort, sie zeigte mit einem mit Butter verschmierten Finger auf Fem. „Wer hat dich so übel zugerichtet?" Anders als bei Cherry klang das hier nicht wie ein Test oder eine Drohung, in ihrer Stimme schwang lediglich Neugier mit. Fem fand es zwar etwas komisch, dass sie nicht zuerst nach ihrem Namen oder so fragte, doch andererseits war es auch mal gut, jemanden zu haben, der nicht um den heißen Brei herumredete.

„Mein Vater." Antwortete sie also und Rose sah sie mitleidig an. „Scheiße man. Tut mir echt leid, bist du deshalb hier?" Fem nickte und Rose seufzte und schüttelte wütend den Kopf, ein bisschen so, als ob sie das persönlich betraf.

„Gott ich hasse diese Welt, wer schlägt bitte seine Kinder zusammen? Ich mein ... Kommt schon Leute, muss das sein? Wozu gibt es Boxsäcke und sowas?"

„Sei nicht so unsensibel, Rose." Sagte Painting scharf, doch Fem schüttelte lächelnd den Kopf, Rose Reaktion auf ihre Vergangenheit war die ehrlichste die sie je erlebt hatte und sie war ihr so dankbar dafür, dass sie nicht einfach nur mitleidig guckte, sondern ihre Wut teilte, das sie verstand, warum das alles so beschissen ist.

„Nein, alles gut. Ich schätze Ehrlichkeit und du hast Recht. Es ist scheiße und es muss nicht sein. Aber es passiert, jeden Tag. Ich hatte nur das Glück daraus gekommen zu sein." Rose nickte grimmig und es trat erneutes Schweigen ein.

Eine Frage geisterte Fem im Kopf herum, doch sie traute sich nicht zu fragen, jedenfalls bis eben. Sie hatte sich nicht bei Painting getraut und bei Grey und V erst recht nicht, aber Rose? Rose strahlte etwas aus, das Fem das Gefühl gab, sie könnte alles sagen, also räusperte sie sich, ihr Herz pochte rasend schnell. „Wieso seid ihr hier?"

Alle Blicke schnellten zu ihr und plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher, sie wollte schon sagen, dass es auch nicht so wichtig sei, als Grey das Wort erhob, überrascht sah Fem sie an.

„Ich bin in Casinos, Stripclubs und zwielichtigen Hinterhöfen großgeworden. Meine Mutter ist eine Prostituierte. Als ich neun war, wurde unser gesamter Block hochgenommen, es war das Safe House, alle Prostituierten aus dem Bordell lebten dort, viele Kinder auch. Sie wurden alle verhaftet und wir Kinder wurden auseinander gerissen. Ich kam für drei Jahre in ein Heim in Las Vegas, aber dort ..." Sie brach ab, ihr Blick war aus dem Fenster gerichtet, ihre Augen ließen Fem in ihr Innerstes sehen, wo sie eine gebrochene Seele vorfand, sie bekam eine Gänsehaut.

„Dort wurde ich gemobbt, sie beschimpften mich, nahmen meine Sachen, schlugen mich ... Es war die Hölle und die Aufseher machten die Augen zu. Ich wollte sterben, hab es nicht mehr ausgehalten. Und dann kam eine neue Psychologin ins Heim, die mein Problem sofort erkannt hat und mich dann an Folster übergeben hat. So bin ich herkommen." Als sie geendet hatte sagte niemand etwas, Rosa starrte wieder auf den Boden, Paintings Augen waren mit Tränen gefüllt und Vs Hände zitterten. „Ich hasse diese Geschichte." Hauchte Painting etwas erstickt und wischte sich schnell über die Augen. Fem hasste sie auch, aber sie war froh sie gehört zu haben, sehr froh.

„Ich ... Ich bin von Zuhause weggelaufen." Sagte V plötzlich und Fem sah sie von der Seite an. „Meine Eltern sind aus Japan, ich bin auch dort geboren. Als ich zwei war, sind wir nach Seattle gezogen. Meine Eltern sind beide total kultiviert und mega gebildet und so. Mein Vater ist ein renommierter Unfallchirurg und meine Mom schreibt Bestseller. Meine Geschwister sind auch so. Meine große Schwester studiert in Harvard, mein großer Bruder ist hochbegabt und spricht um die 15 Sprachen und meine kleine Schwester spielt zehn verschiedene Instrumente mit verbundenen Augen. Nur ich bin ein Durchschnittskind. Ich hatte Probleme in der Schule, meine Noten waren schlecht, ich habe auch keine besonderen Talente. Ich bin nicht hochbegabt oder musikalisch oder sonst irgendetwas, ich bin ich und das hat meiner Familie nie gereicht. Sie schlossen mich aus, bei Feierlichkeiten wurde ich immer in mein Zimmer gesperrt, mein Vater hat sogar mal bestritten, dass es mich gibt. Ich habe zu Weihnachten immer einen Brief bekommen, in dem mir lang und breit erklärt wurde, wieso ich auch dieses Jahr keine Geschenke verdient habe. An meinem Geburtstag wurde darüber gescherzt wie schön eine Abtreibung gewesen wäre. Ich hielt es irgendwann nicht mehr aus. Als ich zehn war bin ich abgehauen, bin einfach während alle unten im Haus irgendeine kultivierte Gesellschaft empfingen aus dem Fenster gestiegen und bin gerannt. Ich weiß nicht mehr wie lang, aber irgendwann kam ich an eine viel befahrene Kreuzung. Ich hatte rot, aber ich bin trotzdem gegangen."  V hielt kurz inne und Fem war kurz davor ihr einen Arm um die Schulter zu legen, doch dann erinnerte sie sich wieder daran, dass sie dieses Mädchen ja eigentlich erst seit ein paar Stunden kannte und ließ es bleiben.

„Ich wurde heftig angefahren, die Ärzte sagten, es wäre ein Wunder, dass ich überlebt habe, aber nach einer Notoperation und einigen Tagen Koma bin ich wieder aufgewacht und alles was mich damals erwartete waren ein paar traurige Schwestern und eine Fremde, die mir sagte, dass meine Eltern beteuerten mich nicht zu kennen und nicht kommen würden um mich abzuholen. So kam ich nach Folster." Als sie fertig war, wünschte Fem sich schon fast, sie hätte nie gefragt. Sie hatte ihr Leben in Dallas immer als Hölle auf Erden empfunden, doch allmählich verschwammen ihre Erinnerungen zu einem erträglichen Leben und ihr wurde bewusst, dass sie es gar nicht so schlecht gehabt hatte. Ihr Vater hatte sie geschlagen, ihr Angst gemacht, doch in seinen klaren Momenten hatte er sich immer entschuldigt und ihr gesagt, dass er sie liebe. Und sie glaubte es ihm sogar irgendwie. Er liebte sie, doch seit dem Tod ihrer Mutter war er nicht mehr derselbe gewesen und kam aus dem Loch, das ihr Tod hinterlassen hatte nicht wieder raus. Fem schluckte heftig.

Keiner hatte etwas zu Vs Schilderung gesagt, doch Fem spürte, dass das nicht nötig war, sie alle dachten dasselbe und das reichte aus um zu zeigen, dass es einem schrecklich weh tat das zu hören.

„Ich wurde in New York geboren, Hell's Kitchen. Meine Mom ist schwer depressiv und hat den Großteil meiner Kindheit in der Klapse verbracht, ich kannte sie nicht besonders gut und wenn ich ganz ehrlich bin, wollte ich sie auch gar nicht kennenlernen, habe sie nie besucht. Ich habe sie irgendwie dafür gehasst, dass sie so schwach war, dabei konnte sie ja gar nichts dafür. Ich weiß, dass sie gekämpft hat, aber es war nun mal die Art Kampf, die man in seinem Kopf austragen muss, deswegen habe ich ihn nicht gesehen. Auf mich hat sie immer so gewirkt, als wäre es ihr egal. Aber ich weiß, es war ihr nicht egal. Sie ist immer noch in der Klapse, glaube ich, keine Ahnung. Ich weiß nicht mal, ob sie weiß wo ich grade bin. Mein Dad hat versucht was er konnte um mich durchzukriegen und die teuren Rechnungen von der Anstalt zu bezahlen. Da hat er zum Drogenhandel gegriffen. Nichts großes, er war nur ein kleiner Dealer, der sich in dunklen Seitengassen rumdrückt um seine Familie zu ernähren. Er ist ein guter Dad gewesen, hat immer versucht mir Mut zu machen. Und den hatte ich auch. Aber dann sind die Bullen eines Tages in unsere Wohnung gestürmt und haben ihn mir weggenommen. Er ist jetzt in irgendeinem Drecksloch von Gefängnis und schmort vor sich hin, während ich in diesem Scheißheim festsitze. Das Leben ist so verdammt unfair, ich schwör's euch, Leute. Ich würde alles tun um meinen Dad nochmal zu sehen, aber ich weiß nicht mal in welchem Knast er sitzt. Es ist als ob er tot ist, er ist einfach weg." Rose schlug mit vor Wut verzerrtem Gesicht auf ihre Matratze. Langsam begann Fem zu begreifen, warum Rose so rebellisch und aufsässig war, wie die anderen es ihr erzählt hatten. Sie hatte alles ans Gesetz verloren.

„Kannst du nicht irgendwie herausfinden wo er ist?" Fragte sie Rose, doch diese schüttelte den Kopf. „Sie wollen es mir nicht sagen, zu meiner Sicherheit sagen sie, doch sie wollen einfach nur nicht, dass ich ihn sehe, sie wollen das ich zu einem braven Mädchen werde und denken, dass mein Dad das mit seinen Drogendealervibes kaputt macht, diese verdammten Arschlöcher." Wieder boxte sie ihre Matratze und Fem nickte langsam, Rose hatte Recht, es war unfair, das alles. Alle Blicken gingen zu Painting, die mit Tränen in den Augen da saß und verzweifelt mit den Schultern zuckte. Fems Herz zog sich zusammen.

„Dann fehle wohl nur noch ich. Ich bin in New Orleans geboren, mein Leben war toll, ehrlich. Ich hatte alles was ein kleines Mädchen braucht um glücklich zu sein. Mein Dad ist ein großer Künstler, hatte ständig Ausstellungen, seine Bilder sind immer für ungefähr eine Million über den Tisch gegangen, unser Leben war voller Luxus. Wir lebten in einer riesigen Stadtvilla, ich hatte sogar ein Kindermädchen. Doch alles kippte, als meine Mutter krank wurde. Leukämie. Sie wurde schwach und gebrechlich. Mein Dad begann Drogen zu nehmen und sie zu betrügen und sie bekam es nicht mal mit, wisst ihr? Sie war so krank und ich war noch viel zu klein um das alles zu verstehen. Mein Vater hörte auf zu malen und verprasste unser ganzes Geld für Drogen und Partys und Prostituierte. Ich sah ihn kaum noch, genauso wie meine Mutter. Mein Dad hatte eine Menge Geld bezahlt um sie in einer renommierten Privatklinik in einem einsamen Zimmer zu versenken. Er erlaubte mir nicht sie zu sehen. Dann starb sie, ich war grade mal acht und konnte mich nicht von ihr verabschieden. Zwei Jahre später wurde mein Dad wegen Steuerhinterziehung und Drogenbesitz festgenommen und ich wurde hier her gebracht." Sie klang resigniert während sie ihre Geschichte erzählte, ein bisschen so, als ob sie die Geschichte einer anderen Painting erzählen würde.

Deprimiert fuhr Fem sich mit den Händen durchs Gesicht und seufzte auf.

„Und was ist mit dir? Also klar, dein Dad hat dich geschlagen, aber was genau ist passiert?" Fragte Rose plötzlich und Fem zuckte zusammen. Ihr hätte eigentlich klar sein sollen, dass die vier ihre Geschichte auch hören wollen würden, doch sie schüttelte den Kopf, es war zu früh.

„Ich kann nicht. Noch nicht. Irgendwann erzähleich es euch."

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