12 - Eine kleine Wunde

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Es ging alles zu schnell, als dass Sara die genauen Abläufe begriffen hätte. Sie hörte nur den gequälten, ohrenbetäubenden Schrei des Hippogreifs. Plötzlich hatte er ihr Blut an seinem Schnabel, sie spürte, wie es warm über ihr Bein floss und hatte das undeutliche Bild von Stofffetzen vor Augen. Blut rauschte in ihren Ohren und es war, als stünde sie völlig neben sich.

Sie dachte nicht mehr, sie funktionierte nur noch.

Mit der zitternden Linken kramte sie eine kleine Phiole aus ihrem Umhang, zupfte einige grobe Fetzen aus dem Fleisch ihres Arms und goss den gesamten, milchig weißen Inhalt der Phiole darauf. Diesen Schmerz spürte sie, sie spürte ihn nur allzu deutlich. Um nicht zu schreien, biss sie die Zähne zusammen. Schließlich wollte sie den armen Kerl nicht noch mehr verunsichern.

Sie hatte Schlimmeres überstanden.

Der Krankenflügel. Sie musste zum Krankenflügel. Wankend stand sie auf, den Blick auf Silberschwinge geheftet, der schwer atmend am Boden lag und aussah, als wäre sein Schmerz genauso groß wie ihrer.

Ebenso wankend ging sie durch den Wald, fand den Pfad nicht, wusste nur die Richtung, stapfte einfach durch die Büsche. Zweige schlugen ihr ins Gesicht, immer wieder knallte sie gegen Bäume, suchte ihr Gleichgewicht, fand es meist schnell wieder und schleppte sich weiter.

Zumindest die Blutung wurde besser.

Ihr Kopf war schon wieder etwas klarer, als sie aus dem Wald stolperte, nicht weit entfernt von Hagrids erster Schulklasse. Ihn konnte sie jedoch nirgends entdecken, er war wohl noch in der Hütte.

Sie wollte ihn auch überhaupt nicht stören.

Als sie über die Wiese ging, hatte sie den Eindruck, als käme sie überhaupt nicht wirklich voran. Die Kinder starrten sie an, tuschelten, setzten besorgte Mienen auf.

Sara lächelte, um sie zu beruhigen. „Keine Sorge", sagte sie, so laut sie konnte, und der Klang der eigenen Stimme kam ihr fremd vor. „Das ist gar nichts, eine kleine Wunde."

Sie sahen nicht aus, als würden sie ihr glauben.

Die Tür der Hütte wurde aufgestoßen und Hagrid kam herausgestürmt, genau auf Sara zu. „Was is denn mit dir passiert?", fragte er und wandte sich zu den Schülern um, ohne eine Antwort abzuwarten. „Hermine! Sei doch bitte so gut und bring Sara zu Madam Pomfrey!"

Sara sah an ihm vorbei zu dem Mädchen hin, das ihren Blick besorgt und ein bisschen ängstlich erwiderte. „Nicht, Hagrid, ich werd schon allein zum Krankenflügel finden. So schlimm ist es nicht."

Er schaute sie über die Schulter an und seinem Blick entnahm sie selbst in ihrem Zustand mit Leichtigkeit, dass es ihm sehr ernst war. Sie ergab sich und wartete auf Hermine, die nun hastig zu ihr kam und ihr einen Arm anbot.

Sara hielt sich an ihr fest. Sie brauchte keine Stütze, nur ein wenig Hilfe dabei, auch tatsächlich geradeaus zu gehen. Mit Hermines Hilfe erreichte sie das Schloss tatsächlich schneller, und als sie vor der Treppe in der Eingangshalle standen, war Sara froh, nicht allein zu sein.

Dennoch fühlte sie sich nicht gut damit, das Mädchen für sich zu beanspruchen.

„Du musst mich nicht den ganzen Weg begleiten", sagte sie in der Mitte einer Treppe, die gerade durch den Raum schwang. In die richtige Richtung, glücklicherweise. „Sicher möchtest du zurück zum Unterricht."

Das Mädchen zögerte, schüttelte aber schließlich mit dem Kopf. „Ich kann Sie nicht allein gehen lassen."

Sara lächelte schwach. Sie fand das rührend. „Na schön, ganz wie du meinst. Aber du verpasst wirklich etwas."

Hermine hielt sie noch etwas fester. „Das ist in Ordnung, wirklich. Sagen Sie, was für ein Tierwesen hat das getan?"

„Einer der Hippogreife", antwortete Sara und atmete tief ein, als sie den Treppenabsatz erreicht hatten. Zum Glück war das die letzte gewesen.

Die Schülerin sah sie bestürzt an. „Ein Hippogreif?", wiederholte sie.

Sara nickte. „Ja, das ist die Überraschung für eure erste Stunde. Oh, natürlich werden die, die ihr zu sehen bekommt, das hier nicht veranstalten, aber der arme Kerl ist verletzt und es ist meine Schuld, er kann wirklich nichts dafür und so schlimm ist es auch gar nicht."

Ihre Worte schienen das Mädchen nicht zu beruhigen.

Sara lehnte sich an die Wand, als eine Hitzewelle sie überkam. „Du musst wirklich nicht bleiben, es ist in Ordnung. So weit hab ich es nicht mehr."

Wieder wollte Hermine protestieren, doch sie fuhr zusammen.

„Ab hier übernehme ich, Miss Granger, Sie sollten sich zurück zum Unterricht begeben." Severus war hinter Sara aufgetaucht und packte ihren Arm. Sie warf Hermine noch ein Lächeln zum Dank zu, bevor sie förmlich durch den Gang gezerrt wurde, als hätte sie etwas angestellt.

„Du bist nicht einmal auf die Idee gekommen, ihn zu betäuben, oder?", fragte er scharf, bevor sie Gelegenheit hatte, irgendetwas zu sagen.

„Du weißt, dass ich meine Patienten nur sehr ungern betäube, wenn es nicht unbedingt sein muss. Und es musste nicht sein", antwortete sie und versuchte, dieselbe Schärfe in ihre Stimme zu legen. Wahrscheinlich wäre es ihr nicht einmal gelungen, wenn sie nicht verletzt gewesen wäre.

Die Wucht, mit der er die Tür zum Krankenflügel aufstieß, war ihr Antwort genug. Er schob sie hinein und sofort kam Madam Pomfrey aus einem Nebenraum und lotste Sara aufgeregt, aber doch wesentlich rücksichtsvoller, zu einem Bett, auf dem sie Platz nahm.

„Was haben Sie nur angestellt, Miss Crowfield?", fragte sie, zog die Vorhänge zu drei Seiten des Betts zu und ließ mit einem Schlenker ihres Zauberstabs einen Stuhl herbei schweben. „Aber keine Sorge, wir kriegen Sie wieder hin. Severus, setzen Sie sich doch bitte und achten Sie darauf, dass sie keine Dummheiten macht."

„Das kann er gut", nuschelte Sara und ließ sich auf ein Kissen sinken, mied seinen Blick tunlichst.

„Ziehen Sie sich bitte die blutigen Sachen aus, das kann man ja nicht mit ansehen", sagte sie noch, während sie durch den Raum hastete, und schon verschwand sie wieder durch die Tür.

„Und wie stellt sie sich das vor?", fragte Sara sich halblaut selbst, als sie beim Aufsetzen feststellte, dass sie den Arm keinen Millimeter bewegen konnte, ohne fürchterliche Schmerzen zu haben. Der rechte auch noch, den sie eigentlich für alles brauchte. „Würdest du mir bitte helfen?" Mit dem Daumen deutete sie über ihre Schulter auf das Band an ihrem Rücken.

„Wie kannst du nach allem, was dir passiert ist, immer noch so unvorsichtig sein?", fragte er und öffnete ihr Kleid, half dabei, es über die Schultern zu streifen. Am Ende blieb sein Blick an einer bestimmten Narbe an ihrem Bauch hängen.

„Ich bin hier und ich lebe noch, oder nicht?", erwiderte sie. „Bis ich ihn einmal zu fest angefasst hab, war alles in Ordnung. Es ist doch auch nur halb so wild."

„Halb so wild nennst du das." Er hob die Brauen. „Du hast dir deinen Arm nicht näher angesehen."

Da hatte er recht, und darum holte Sara es in diesem Augenblick nach. „Tatsächlich, das sieht übel aus", bemerkte sie ruhig. Das Fleisch hing in Fetzen, er musste mehrere Male zugebissen haben. Mit spitzen Fingern klaubte sie mehr Stoffreste aus den Wunden. „Nichts, was sich nicht überstehen ließe."

„Offenbar fehlt dort ein Stück Fleisch", stellte Severus fest. „Man sollte doch meinen, du wüsstest, wie wichtig Vorsicht im Umgang mit gefährlichen Monströsitäten ist."

Über diesen Ton musste Sara lächeln. „Ja, das sagt mir der Mann, der sich von Fluffy hat ins Bein beißen lassen", erinnerte sie ihn. Natürlich hatte Hagrid ihr davon berichtet, nachdem Samantha von der Verletzung geschrieben hatte. Sie hatte jedoch bis heute nicht erfahren, was genau geschehen war.

Zweifellos wollte Severus etwas dazu sagen, doch er kam nicht dazu, denn die Tür wurde ein weiteres Mal aufgestoßen und anhand der schweren Schritte erkannte Sara sofort, dass es Hagrid sein musste.

Er hatte einen jammernden Jungen dabei.

Severus' Blick änderte sich von dem zornigen über ihre Bemerkung zu einem zornigen über etwas anderes, das sie nicht verstand.

Madam Pomfrey kam wieder in den Raum. „Mr Malfoy!", rief sie. „Hagrid, legen Sie ihn bitte auf dieses Bett. So schlimm ist es nicht, nun beruhigen Sie sich doch! Das bekommen wir gleich wieder hin." Ihre Schritte verschwanden.

Freilich glaubte Sara ihren Worten, schließlich kannte sie sich aus. Doch der Junge, war das Lucius Malfoys Sohn?, jammerte, als fehlte ihm ein Stück seines Arms.

Auch Hagrid ging und kaum, dass die Tür wieder geschlossen war, fuhr Severus aus seinem Stuhl hoch, riss den Vorhang zur Seite und bedachte den Jungen mit einem prüfenden Blick. Nun konnte auch Sara ihn da liegen sehen, er sah seinem Vater sehr ähnlich, mit bleichem Gesicht und einem langen Kratzer am Arm. Es sah nicht sonderlich ernst aus, weswegen Sara nun noch weniger verstand, warum er so fürchterlich jammerte.

„Dieses Vieh hat mir fast den Arm abgerissen!", rief er. Ein Hippogreif? Das konnte Sara sich nicht vorstellen, er musste etwas angestellt, ihn provoziert haben. Bei dem Gedanken, dass irgendjemand so etwas tun würde, wurde ihr ganz flau im Magen. Ginge es ihr nicht so schlecht, hätte sie ihm allein für das Wort Vieh am liebsten noch viel schlimmere Schmerzen zugefügt.

„Sie werden nicht daran sterben, Malfoy", sagte Severus scharf und zog den Vorhang mit einem kräftigen Ruck wieder zu.

„Stellt der sich immer so an?", fragte Sara und ihr war egal, ob er sie hören konnte. „Da hab ich schlimmere Verletzungen im Zaubertrankunterricht gesehen. Der simuliert nur, glaub mir."

Severus sagte dazu überhaupt nichts. Er machte allerdings auch nicht den Eindruck, als wollte er ihr widersprechen.

Madam Pomfrey kam zurück, verabreichte dem jammernden Malfoy einen Trank und brachte Sara einen Becher mit einem anderen, grünlichen Trank. Sie trank es in einem Zug leer, auch wenn es dickflüssig war und sie sich am liebsten übergeben hätte.

Sofort begann ihr Arm, zu jucken, als läge er in einem Ameisenhaufen. Ihre Gedanken wurden wieder schwerer, dafür löste sich allerdings ihre Zunge. „Weißt du, Severus", begann sie leise, als sie wieder allein waren, „Weißt du, wer hier ist?"

„Ich will es nicht wissen", sagte er scharf. Den Blick senkte er wieder auf ihre Narbe und unter dem Einfluss des Tranks war ihr, als läge darin etwas wie Mitleid.

Langsam wurden ihre Lider schwer und sie tastete mit der gesunden Hand über den Rand des Betts, bis sie schließlich sein Knie fand und seine Hand, die darauf lag. „Vielen Dank, Severus", sagte sie leise, als sie die langen, kalten Finger zu fassen bekam. „Ich weiß wirklich nicht, wo ich ohne dich stünde. Du hast mir das Leben gerettet."

Er antwortete nicht, doch sie musste ihn nicht sehen, um zu wissen, dass er gerade das Gesicht verzog.

„Das ist nicht das erste Mal, nur bin ich diesmal hier und kann mich sofort bedanken."

Und sie schlief ein.

Als sie aufwachte, war sie nicht allein mit Draco Malfoy, der noch immer nicht aufgehört hatte, zu jammern. Samantha und Hagrid saßen neben dem Bett und blickten sie erleichtert an.

„Endlich bist du wach!", rief Hagrid und lockte damit auf der Stelle Madam Pomfrey an. Kaum, dass Sara hörte, wie die Heilerin den Raum betrat, wurde Malfoys Stöhnen lauter.

„Miss Crowfield! Wie fühlen Sie sich?", fragte Madam Pomfrey und trat neben Samantha, legte Sara den Handrücken auf die Stirn und strich sanft mit der Hand über Saras Arm. Es fühlte sich sehr seltsam an, als trüge sie einen Gummihandschuh.

„Besser", antwortete Sara und lächelte. Sie sah ihren Arm an, der nun von noch mehr Narben übersät war, doch anscheinend war alles wieder am rechten Fleck und vollständig. Damit ließ sich leben.

„Am besten bleiben Sie noch etwas hier", sagte Madam Pomfrey und wirkte zufrieden. „Den Arm können Sie allerdings noch eine Weile vergessen." Schon trat sie wieder zurück und wuselte aus dem Raum.

Sara bemerkte selbst, dass sie noch nicht wieder voll auf dem Damm war, denn als sie den Arm heben wollte, passierte gar nichts, außer dass er anfing, zu kribbeln. Sie entspannte sich wieder und sank tiefer in ihr Kissen. „Was ist mit dem Jungen?", fragte sie, als weder Samantha noch Hagrid zu sprechen begannen.

Hagrid machte einen nervösen Eindruck und schaute sich über die Schulter, bevor er antwortete. „Hat Seidenschnabel beleidigt", flüsterte er. „Der hat dann zugebissen, aber nicht sehr, wirklich nicht. Und ich hab es ihnen doch vorher gesagt, sie sollen die Hippogreife mit Respekt behandeln, hab ich ihnen wirklich gesagt. Aber er hat ihn Scheusal genannt."

Plötzlich fühlte Sara sich viel munterer. „Sammy, Schätzchen, hilf mir doch bitte auf, damit ich dem jungen Mr Malfoy einmal zeigen kann, was wirkliche Gründe sind, um hier zu liegen und zu jammern." Gerade Seidenschnabel, dabei wusste sie doch, dass er Hagrids Liebling war, ein überaus freundliches Tier, das niemals grundlos jemandem Leid zufügen würde.

Ihre Nichte lächelte, schüttelte aber den Kopf und Hagrids Blick war angsterfüllt. „Bitte nicht, Tante Sara", sagte sie ruhig und hielt Saras Hand. „Ich verstehe dich ehrlich, aber wir brauchen jetzt wirklich nicht solchen Ärger."

„Schon gut." Sie lächelte und versuchte, sich etwas aufrechter hinzusetzen. Samantha half ihr und schüttelte das Kissen auf. „Etwas Anderes ... Wer war denn alles hier?"

„Professor Lupin", antwortete Samantha und tippte auf ein Stück Schokolade auf dem Beistelltisch. „Außerdem Harry, Hermine und Ron Weasley. Professor Snape, er ist gerade eben gegangen, bevor du aufgewacht bist."

Sara lächelte und nahm sich ein Stück Schokolade. Sie schmeckte wunderbar und half sofort, die letzten Reste Müdigkeit zu vertreiben. „Sammy, Schätzchen, würdest du mir bitte deinen Umhang leihen? Ich ertrage diesen Jungen nicht mehr, auf diese Weise kann ich unmöglich gesund werden."

„Meinst du, dass du in Ordnung bist?", fragte Samantha und tat doch, worum Sara sie gebeten hatte. „Es ist immer besser geworden, aber vorhin sah es echt noch böse aus."

Sara winkte ab und legte sich mit der linken Hand den rechten Arm auf die Oberschenkel. Es würde nicht einfach werden, aber nichts, womit sie nicht fertig würde. „Das ist doch nichts, meine Liebe, nur ein Kratzer."

Samantha nickte und lachte aus irgendeinem Grund, als sie den Krankenflügel zu dritt verließen und den jammernden Draco Malfoy endlich los waren.

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