Last Summer (•1•)

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Es war heiß.

Es war unglaublich heiß.

Es war so heiß, dass mein Eis schon zu schmelzen begann, als ich es in die Schüssel schaufelte.

Kaum berührte es den porzellanen Boden, begann es, flüssig zu werden.

Es war einfach frustrierend.

Eigentlich war alles gerade frustrierend.
Das heiße Wetter machte mich träge, meine Motivation war ans Meer gefahren und ich konnte nicht mit, da ich noch eine letzte verdammte Schulwoche vor den großen Sommerferien hatte.

Schon jetzt schien uns die Sonne rösten zu wollen, gefühlt die ganze Stadt war am Meer und ich musste noch eine Woche die Schulbank drücken.

Es war zum verzweifeln.
Und es war frustrierend.

Träge nahm ich meine Eisschüssel, nachdem ich Boxen wieder ins Tiefkühlfach geräumt hatte, und schlurfte auf unseren Balkon.
Der große, weiße Sonnenschirm war aufgespannt (so wie schon die ganze Woche) und spendete uns somit ein bisschen Schatten.

Doch den Großteil der schattigen Fläche bedeckte schon mein Bruder, der sich schön mittig auf den dunklen Fleck hingepflanzt hatte und dort lag, als wäre alle Energie aus seinem Körper in die Sonne geflossen.

Ich rollte mit den Augen.

"Ey", beschwerte ich mich und stieß ihm leicht mit meinem Fuß in die Seite, sodass er kurz zusammenzuckte und die zuvor geschlossenen Augen öffnete, "Mach mal Platz."

Doch anstatt irgendwie zu reagieren, zur Seite zu rutschen oder so, schloss Junghyung einfach wieder die Augen und döste weiter.

Ich stöhnte genervt auf und trat ihm, nachdem ich mir einen Löffel Eis in den Mund geschoben hatte, diesmal etwas fester in die Rippen, sodass er einen Ton der Überraschung und des Schmerzes ausstieß.

"Steh auf du Faulpelz!", maulte ich, doch mein großer Bruder grunzte nur etwas und rührte sich kein Stück.

Langsam wurde es mir etwas zu bunt.
Das war, verdammt nochmal, frustrierend!

"Wenn ich du wäre würde ich jetzt auf der Stelle meinen Hintern bewegen und meinem Bruder Platz machen.", sagte ich also in drohendem Ton, doch er grunzte nur und meinte, "Wenn du ich wärst, würdest du das gleiche machen.", ganz, als wäre ihm meine Situation völlig egal.

"Willst du vielleicht deine Männlichkeit verlieren?", begann ich angriffslustig und schob mir danach noch einen Löffel Eis in den Mund.

Das Eis war fast schon Suppe, ich hätte die Schüssel anheben und dieses Zeug einfach trinken können.

"Das würdest du nicht wagen.", blieb er jedoch immer noch cool, doch ich begann, gemein zu grinsen.

"Oh, du weißt gar nicht, wozu ich gerade in der Lage bin.", meinte ich und trat ihn nochmal leicht- einfach, weil er gerade so schön da lag und mich nervte.

Junghyung gab ein kleines, genervtes Zischen von sich, doch bewegte sich endlich vom Fleck.

"Mehr", befahl ich, woraufhin er stöhnte, doch noch ein kleines Stückchen rutschte.

Anscheinend fand er auch alles gerade frustrierend, da er genervt herum grummelte.

Doch seine Männlichkeit schien er behalten zu wollen.

"Danke.", bedankte ich mich siegessicher, hockte mich auf die frei gewordene Stelle und verspeiste die kläglichen Überreste von meinem Eis.

"Du Ratte.", tönte es von der Seite meines Bruders, doch ich grinste nur.

"Pass auf, ein Jahr noch, dann bin ich volljährig. Dann kannst du sowas nicht mehr sagen.", belehrte ich ihn allwissend.

"Du Ratte.", wiederholte er sich jedoch nur- anscheinend hatte die Hitze den Großteil seines Wortschatzes verbrannt.

"Als ob du jemals als Erwachsener durchgehen könntest.", schob er dann noch nach und schnaubte. Anscheinend hatte sie Sonne nur noch den gemeinen Teil übrig gelassen.

"Ja, das frag ich mich bei dir auch.", seufzte ich und kratzte den Rest Eis vom Schüsselrand.

"Ey, treib's nicht zu weit, hörst du?", warnte Junghyung mich, "Ich bin immer noch älter als du!"

"Aber wirklich wie ein Erwachsener verhalten tust du dich nicht, ne?", stichelte ich weiter, da diese Provokation bis jetzt das einzig wirklich interessante an diesem Tag gewesen war.

"Du-", begann der Ältere schon, nun richtig sauer (er hatte sich sogar zu mir gedreht), als Mama, die an die Balkontür getreten war, ihn unterbrach:

"Ihr seid beide noch genauso weit entfernt vom erwachsen sein, wie damals, als ihr den Sand am Strand für das beste Mittagessen auf Erden gehalten habt. Also hört auf zu zanken! Die Pubertät kann bei Jungs eh noch bis Mitte zwanzig gehen..."

"Und bei manchen hört sie nie auf.", murmelte Junghyung und ich lächelte gequält.

Mama seufzte, wie immer, wenn das Thema aufkam, und verschwand wieder in der stickigen Wohnung.

Mit seiner Aussage spielte mein älterer Bruder auf Papa an, der...
Milde ausgedrückt, sein Leben so lebte, wie vor 20 Jahren, bevor er Mama kennengelernt hatte und sie Junghyung bekommen hatten.

Und wenn man es nicht milde ausdrücken wollte, konnte man einfach sagen, dass er Omas und Opas Erbschaft dafür verwendete, durch die gesamte Welt zu reisen, überall die besten alkoholischen Spezialitäten im Übermaß zu probieren, sich danach mit den besten einzudecken, Nächte durch zu tanzen, eine Frau nach der anderen aufzureißen und uns hier hinten alleine verrecken zu lassen.

Ich hatte grundsätzlich nichts dagegen, wenn man bestimmte Dinge nicht aufgeben wollte, bloß weil man älter wurde, doch Papa übertreibt es einfach.

Einmal hatte er meinem Bruder und mir seine Welt zeigen wollen, doch das hatte mit einem betrunkenen Junghyung, einem verstörten mir und einem Hausverbot für unseren Vater geendet.

Noch Nächte danach hatte ich von halbnackten Frauen geträumt, die anzügliche Bewegungen machten und mir hierher liefen.

Für mein damals neuneinhalbjähriges Ich war dieses Erlebnis sehr verstörend und...prägend...gewesen.

Dieses Ereignis und die Folgen für meinen Bruder und mich hatten auch zu der endgültigen Trennung meiner Eltern geführt, die zwar sehr erwartet aber dennoch hart gewesen war.

Seit dem hatten Junghyung und ich unseren Vater nur noch selten gesehen.

Meistens machten wir uns darüber lustig oder es war uns peinlich.

Im Endeffekt wusste jedoch keiner von uns, was er von Papa halten sollte.

Doch viel hatte sich auch ohne ihn nicht geändert. Mama war immer noch die selbe, wir waren, abgesehen von diesen Erinnerungen die selben, Papa war Papa und ja.
Zwar fehlten manchmal seine Witze beim Essen oder der Anblick von ihm, wie er stolz seinen Alkoholvorrat betrachtete, den er sich über all die Jahre angelegt hatte, und uns sagte, dass das "ganz wertvolle Tropfen" seien. Ich wollte immer noch nicht wissen, wie viel das ganze Zeug wert war.

Es war auch nicht mehr so, dass er uns durch die Wohnung jagte, während wir giggelnd vor ihm weg liefen, doch ich bezweifelte, dass das einer von uns jetzt noch mitmachen würde.

Zudem kannte Papa uns so gut wie gar nicht mehr. Wir waren älter geworden, hatten unsere Vorlieben entwickelt und waren teilweise unseren vorherigen Versionen nicht mehr wirklich ähnlich.

Ich überlegte kurz, doch stupste meinen Bruder dann kurz an, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.

Er brummte.

"Sei froh,", informierte ich ihn, "ich geh mich jetzt mit Tae treffen, du hast somit wieder das ganze Terrain für dich allein."

Als Antwort bekam ich nur ein unglaublich begeistertes "Wow".

Ich verdrehte leicht die Augen, doch beließ es dabei, stand stattdessen auf und lief leicht schlurfend in die Wohnung zurück, in der ich mein Geschirr wegräumte.

Schnell schnappte ich mir noch mein Portemonnaie und mein Handy, die ich beide in meinen Hosentaschen verschwinden ließ und schlüpfte in meine Flip-Flops.

"Ich bin weg!", rief ich Mama, die schon Bescheid wusste, noch schnell zu, die eine Anweisung zurückgab, wann ich wieder zu Hause sein sollte.

Doch bevor sie zu Ende gesprochen hatte, war die Tür schon hinter mir zu gefallen und ich hatte sie in meiner Eile leider nicht mehr gehört.

So ein Mist aber auch, jetzt wusste ich nicht, wann ich wieder da sein sollte.

Leise pfeifend lief ich die Treppen ins Erdgeschoss hinunter, von dem aus ich auf die Straße trat, die in der Hitze fast schon zu glühen schien.

"Jungkook! Mama sagt, du sollst um zehn spätestens wieder da sein!", brüllte in ebendiesem Moment Junghyung von unserem Balkon aus.

Mist.

Jetzt hatte ich es hundert pro gehört.

Leise seufzend stopfte ich meine Hände in die Hosentaschen, wandte mich nach links und lief die Straße entlang, überlegend, dass es ja immer noch die Aussrede "ich hab nicht auf die Uhr geschaut" gab.

Lange würde ich nicht brauchen, bis ich zu Taes und meinem Treffpunkt kommen würde, also könnte ich ein zu spätes Erscheinen nicht auf Verspätungen bei der U-Bahn oder so schieben.

Leider.

Taehyung und ich kannten uns schon seit Ewigkeiten.

Seine Eltern besaßen den kleinen Laden am Ende der Straße, der alles zu haben schien, wenn es um Lebensmittel, Drogerieartikel oder Schreibwaren ging, wodurch er perfekt für uns war und Mama oft dort einkaufen ging.

Junghyung war schon damals oft zu faul gewesen, um mitzukommen, doch ich hatte sie meistens begleitet und so Taehyung kennen gelernt.

Zuerst war er immer nur der kleine Junge gewesen, der auf der Kühltruhe gesessen, mit den Beinen gebaumelt und die Kunden mit Fragen bombardiert hatte. Oder mit seinem Nintendo gespielt hatte. Oder einfach wie paralysiert ins Leere gestarrt hatte.

Ich weiß noch, dass ich ihn vor allem dann äußerst komisch, ja schon angsteinflößend gefunden hatte.

Er hatte jedes mal ausgesehen, als wäre er besessen oder so.

"Starr doch nicht so!", hatte Mama mich mal ermahnt, als ich ihn wie gebannt mit meinem Blick fixiert und beobachtet hatte, wie er wieder eine höhere Ebene des Bewusstseins betreten hatte.

"Aber er starrt doch auch!", hatte ich mich empört und auf den damals achtjährigen Tae gedeutet, der stumpf ins Nichts gestiert hatte.

Daraufhin hatte meine Mutter nur geseufzt.

Das erste Mal richtig angesprochen hatte ich den anderen, als er mit seinem Nintendo gespielt und auf der Kühltruhe gesessen hatte. Damals war es Winter gewesen und ich hatte eine dicke Jacke, in der ich fast verschwunden war, und warme Schuhe angehabt.

"Was ist, wenn jemand Eis will?", hatte ich ihn damals schüchtern gefragt und ihn damit aus seinem Spiel gerissen.

Verwundert hatte er mich angesehen, als käme ich vom Mars oder so, doch dann mit den Schultern gezuckt.

"Wenn es so wäre, könnte mich dieser jemand ganz freundlich fragen, ob ich von der Truhe runter gehen könnte.", hatte er geantwortet, " Aber die Wahrscheinlichkeit, dass jemand Eis im Winter möchte, ist sehr gering."

"Nein, ich will eins!", hatte ich ihm darauf, ohne nachzudenken, widersprochen, einfach, um ihm zu zeigen, dass er mit seiner Annahme nicht ganz so richtig lag.

Oder vielleicht wollte ich genauso merkwürdig wie er sein.

Verwundert hatte der ältere eine Augenbraue gehoben, doch war dann erfreut von der Kühltruhe runter gesprungen.

"Ich mag auch Eis im Winter!", hatte er verkündet, "Dann ist es doch erst so richtig Eis, nicht? Im Sommer schmilzt es so schnell, da kannst du es eigentlich nur farbigen Matsch nennen!"

Dann hatte er seine Mutter, die an der Kasse gesessen hatte, gefragt, ob es okay wäre, wenn wir uns einfach Eis aus der Truhe holen würden.

Und so war ich zum ersten Mal auf ein Eis eingeladen worden, ohne, dass die Sonne auf mich runtergeprallt oder meine Begleitung auch nur ein wenig Geld hatte bezahlen müssen.

Und seit dem Tag waren Taehyung und ich Freunde gewesen.

Zumindest sagten wir das immer.

Wenn man ganz realistisch war, konnte eine Freundschaft natürlich nicht aus dem Nichts anfangen, doch waren Tae und ich alles andere aber keine Realisten, weshalb wir uns auf diesen Tag als den Beginn unserer Freundschaft geeignet hatten.

Ich wechselte die Straßenseite und bog nach rechts ab, um den schmalen Weg am Rand des Kanals entlang zu gehen.

Am Ende lief er in ein offenes Feld hinaus, welches nur durch den fortwährenden Kanal unterbrochen wurde. Etwas abgelegen, weiter hinten auf der großen Fläche, war ein kleiner Spielplatz, der jedoch so gut wie leer war, da die Mittagssonne unerbittlich runter knallte und kein einziger Baum in der Nähe war.

Die kleinen Kinder, die sich sonst auf der großen Fläche tummelten, wären sicher geröstet worden, wie Spieße auf einem Grill.

Zumindest hatte ich den Eindruck, dass mir das gerade passierte.

Das einzige, was auf dem Spielplatz war, war ein großer limettengrüner Sonnenschirm, der mir schon aus der Entfernung ins Auge stach und mitten im Sandkasten aufgestellt worden war.

Leicht schmunzelnd beschleunigte ich meine Schritte und kam auch schon bald an meinem Ziel an, wo ich mir am Sandkasten die Flip-Flops auszog und barfuß auf Tae zulief, der mir unter dem Monsterschirm hervor entgegen grinste.

"Hey.", begrüßte ich ihn, als ich mich in den Sand fallen ließ, der im Schatten des Schirms abgekühlt und unglaublich angenehm war.

"Yo.", antwortete mein bester Freund und hielt mir eine Box hin, in der sich unglaublich lecker aussehende Stückchen Wassermelone befanden.

"Aus'm Laden.", erläuterte Tae als ich mir schon mit leuchtenden Augen ein Stück schnappte und hinein biss, "Hat Ma mir mitgegeben."

Ich hatte nie ganz verstanden, warum Tae seine Eltern Ma und Pa und nicht Mama und Papa nannte.

Wahrscheinlich war es ein weiterer Punkt seiner Merkwürdigkeit gewesen, die ich so anziehend und bewundernswert gefunden hatte.

Als ich ihn mal nach dem Grund gefragt hatte, hatte er geantwortet, es sei eine Art Spitzname.

Dabei hatte ich es gelassen.

Vielleicht fühlte Taehyung sich auch erwachsener, wenn er seine Eltern nicht Mama und Papa nannte- ich war jedenfalls bis heute nicht ganz dahinter gekommen.

Taehyung war zwei Jahre älter als ich, und hatte damit schon seinen 18. und 19. Geburtstag als auch seinen Schulabschluss hinter sich, den er ziemlich gut gemeistert hatte.

Und, obwohl man vielleicht an der Feste unserer Freundschaft zweifeln könnte, da wir nicht im selben Jahrgang waren, klappte es ziemlich gut.

Taehyung und ich sagten immer, dass wir geistig gleich alt wären- was ihn von seiner geistigen Entwicklung ein Jahr jünger und mich eines älter machen würde.

So konnten Außenstehende schnell den Eindruck bekommen, Tae sei etwas dümmer und ich etwas schlauer, wenn doch eigentlich genau das Gegenteil vorlag: wenn es um schulische Angelegenheiten ging, war Tae mir bei weitem voraus.

Notentechnisch her, bewegte er sich immer im guten Bereich, wohingegen ich teilweise damit zu kämpfen hatte, das Jahr zu überleben.

"Und? Was geht so bei dir?", wollte Taehyung von mir wissen, als er sich ebenfalls aus der Box bediente, und überging einfach die Tatsache, dass wir uns gestern das letzte Mal gesehen hatten.

"Passt. Junghyung nimmt den ganzen Balkon ein. Sonst alles im Lot "

"Errichtet er ein Empire?"

"So ist es."

Wir grinsten.

"Und bei dir?", fragte ich dann auch und mein Freund zuckte mit den Achseln.

"Passt auch. Ne Kundin wollte nicht den Laden betreten, da wir ein paar Wespen an den Honigmelonen hatten, die mit dem anderen Obst draußen vor dem Eingang stehen. Die Viecher sind schlecht für's Geschäft."

Ich nickte.

Einmal hatte ich den Älteren gefragt, ob er den Laden seiner Eltern übernehmen wollen würde, doch der hatte mich nur entsetzt angesehen.

"Um Gottes Willen, nein!", hatte er gesagt.

Auf meine Frage, was er denn dann werden wolle, hatte er mir seinen großen Traum vom Friseur-Sein eröffnet. An diesem hielt er noch heute fest.

Ich konnte ihn mir auch gut vorstellen, in so einem Friseursalon.

Taehyung war offen und freundlich.
Er hatte keine Scheu vor Menschen und schien auch auf viele sympatisch zu wirken.

Doch bis jetzt ist nicht viel in diese Richtung geschehen.

"Was is'n jetzt mit deiner großen Karriere?", fragte ich also und nahm mir ein weiteres Stück Melone, welches ich mir auf der Zunge zergehen ließ.

"Ja, stell dir vor, sobald du anfängst, ordentlich für deinen Abschluss zu pauken, werde ich meine Ausbildung beginnen.", grinste er.

"Echt jetzt?", ich zog erstaunt eine Augenbraue hoch, um sicher zu gehen, dass er mich nicht auf den Arm nahm, bloß um zu vertuschen, dass er noch nichts getan hatte.

"Ja.", meine Tae und lächelte leicht ins Sonnenlicht. Er schien wirklich was gefunden zu haben.

"Cool."

"Ne?", Taehyung war sichtlich zufrieden.

"An deinem letzten ersten Schultag geht's auch bei mir los.", erzählte er, "Somit bleiben uns noch ganze sechs Wochen, bis alle sernst wird."

Ich nickte leicht und stützte mich auf meine Hände, um in den wolkenlos blauen Himmel zu sehen.

"Ist das der Grund, warum du mich jetzt schon sehen wolltest und nicht, wie wir es ausgemacht hatten, morgen erst?", fragte ich, da Tae heute morgen ziemlich spontan mit dem Treffen gekommen war.
Eigentlich hatten wir uns erst für morgen wieder verabredet.

"Du hast es erfasst.", bestätigte er grinsend und begann ebenfalls, in das blaue Nichts über uns zu blicken.

"Also, wie steht's?", fragte er nach ein paar Augenblicken des gemeinsamen Schweigens, "Lust, was zusammen zu unternehmen?"

"An was denkst du denn da zum Beispiel?", erwiderte ich, anstatt wirklich eine Antwort zu geben.

"Hm, wie wäre es mit...einer USA-Rundreise?", fragte der andere zurück, so unschuldig, dass ich wusste, dass er etwas vorhaben musste.

"Dein Ernst?", wollte ich ungläubig wissen und drehte mich zu ihm, um ja keine Gesichtsregung zu verpassen.

"Mein Ernst."

"Aber-aber-hä? Wie sollen wir uns denn da fortbewegen?"

"Auf unseren Beinen? Und, wenn der Weg etwas weiter ist...", meine Taehyung strahlend, gramte in seiner Tasche, die hinter ihm lag, und hielt mir dann einen waschechten Führerschein unter die Nase.

"Wooahh, nicht dein Ernst?!"- ich war ganz aus dem Häuschen.

"Mein Ernst.", grinste der ältere.

"Cool..."

Ich betrachtete den Führerschein mit großen Augen, doch bevor ich ihn ehrfürchtig anfassen konnte, packte Tae ihn schon wieder weg und sah mich auffordernd und fragend an.

Jetzt musste ich ihm seine Antwort auf die Frage geben.

"Ich- ich weiß es nicht.", meinte ich niedergeschlagen und wandte mich wieder dem Himmel zu.

Wie ein großes hellblaues Dach spannte er sich über alles und für einen Augenblick wünschte ich mir, auch dort oben sein und auf die Welt hinab blicken zu können.

"Weißt du,", begann ich vorsichtig in dem Versuch, dem Älteren meine Situation zu erklären, "Das sind meine Sommerferien vor den Abschlussprüfungen. Ich sollte zu Hause sein und so viel lernen, wie möglich. Du weißt, dass meine Chancen, durch zu kommen nicht sehr hoch sind."

Taehyung nickte langsam, schwieg jedoch, da er zu wissen schien, dass ich noch nicht fertig war.

"Außerdem kostet so eine Reise Geld. Geld, das ich nicht habe. Denn wir müssen schließlich hinfliegen, zurück fliegen und dort dann auch noch überleben. Geschweige denn der Kosten für Touristenattraktionen.", fuhr ich also fort, während mein bester Freund begann, mit seinen Fingern Sand auf seine ebenfalls nackten Füße zu schütten.

Er gab ein leises Geräusch des Verständnisses von sich, auch, wenn ich nicht ganz den Eindruck hatte, dass er von meinen Argumenten überzeugt war.

"Und ich glaube nicht, dass meine Eltern mich einfach so mit dir nach Amerika fliegen lassen.", schloss ich leise seufzend und ließ die Schultern hängen.

"Ich glaube, dass ist noch unser geringstes Problem.", hielt Tae jedoch dagegen, "Ich bin schon volljährig, heißt, ich kann die Verantwortung für dich übernehmen. Dass ich schon 19 bin heißt auch, dass ich nicht mehr viel Mist anstellen kann. Und, dass ich einen Führerschein habe, kann ja nur heißen, dass ich fahren kann, nicht?"

Ich zögerte immer noch.

"Schau mal: deine Eltern vertrauen mir, sie mögen mich. Und du musst zugeben, dass du von uns zwein den größeren Mist anstellst."

Hierzu musste ich leider nicken.

Taehyung hatte Recht, meistens war ich derjenige von uns, der Ärger anzettelte oder auf krumme Ideen kam.

"Was das Lernen anbelangt,", fuhr er fort und besah sich seine Füße, die nun komplett im Sand verschwunden waren, "Du hast Englisch als Prüfungsfach belegt, nicht?"

Wieder nickte ich, schon ahnend, worauf das alles hinauslaufen würde.

"Und wo kann man sein Englisch besser verbessern, als in einem englischsprachigen Land selbst? Siehst du? Viel wird deine Mutter da nicht mehr sagen können!"

Taehyung schien zufrieden mit sich, klopfte seine Hände an seiner Hose ab, um sie von übriggebliebenen Sandkörnern zu befreien, und nahm sich noch ein Stück Melone.

"Aber was ist mit den anderen Fächern?", fragte ich, auch, wenn ich große Lust hatte, einfach auf die Prüfungen zu pfeifen und mit in die USA zu gehen.

"Ja, wer glaubst du, bin ich denn?", entgegnete Tae, halb entrüstet, halb spaßig, "Ich habe sehr solide meine Prüfungen letztes Jahr bestanden und, mit dem vorausschauenden Gedanken an dich, mein Zeug noch nicht verbrannt. Wir nehmen beide unsere Unterlagen mit und lernen auf den Flügen und Fahrten. Und sicherlich werden wir auch nicht jeden Tag irgendwo unterwegs sein. Da kannst du dann auch lernen. Und ich werde dir dabei helfen, schließlich kann man sich den Stoff besser merken, wenn man ihn anderen erklärt. Und wenn du willst können wir unsere Ausflugsziele auch an deinen Prüfungsstoff anpassen, wenn sich da was finden lässt."

Ich nickte abermals leicht.
Das klang schlüssig, da würde auch meine Mutter nichts mehr dagegen sagen können.

"Und du kannst ja auch als Argument anbringen, dass es deine letzten Ferien sind, bevor der Ernst des Lebens anfängt.", fügte der ältere noch hin zu und bewegte seine Füße leicht, sodass der Sand begann, vom Berg hinunter zu rieseln und kurz darauf seine Zehen zwischen den Körnern hervor lugten.

"Bleibt noch das Problem mit dem Geld.", seufzte ich und sah hilfesuchend zu meinem Freund hinüber, in der Hoffnung, er würde auch eine Lösung für dieses Problem aus dem Hut hervor zaubern.

Der überlegte.

"Was ist mit deinem Vater?", fragte er dann und ich begann, zu lachen.

"Der zahlt mir das nie!", prustete ich, doch Tae wiegte leicht seinen Kopf.

"Du könntest ihm sagen, dass du es dir wünschst und er dir einen großen Gefallen damit tun würde. Und du kannst ihm ein schlechtes Gewissen machen und ihm sagen, dass er es dir nach allem schuldig ist.", meinte er, "Ich könnte mir vorstellen, dass er darauf anspringen würde."

"Du bist ja richtig skrupellos,", grinste ich, "doch was, wenn es nicht klappt? Wir können nicht alles auf meinen Vater setzen."

Ich hatte so langsam das Gefühl, das Taehyung schon seit langem an dieser Idee saß und alles bis ins kleinste Detail durchdacht hatte.

"Wir könnten die Reise von sechs auf vier Wochen verkürzen.", begann dieser, ohne lange nachzudenken und bewies mir damit, dass ich tatsächlich mit meiner Vermutung richtig gelegen hatte, "Ich könnte dir bei uns im Laden einen Job besorgen. Wenn du nächste Woche und die zwei Ferienwochen arbeitest, meine Eltern dir eine Woche im voraus zahlen, die du nach den Ferien nachholst, dann könntest du einen Teil der Reise zahlen.
Vielleicht zahlt dir deine Mutter noch etwas oder du könntest Junghyung fragen.
So als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk zum 18..
Den Rest, der aufkommt, kann ich dir erst mal zahlen und du gibst ihn mir danach über die Jahre zurück."

Ich blies die Backen auf und lies langsam die Luft durch meine gespitzten Lippen wieder entweichen.

Das wäre natürlich eine Möglichkeit.

"Und, was ist, wenn ich kurz nach dem Anfang vom neuen Schuljahr von einem Auto überfahren werde und sterbe? Dann konnte ich dir ja dein Geld nicht zurück zahlen?", fragte ich Tae, da mein Hirn mal wieder begann, merkwürdige Dinge zu produzieren und sich alle möglichen Situationen auszumalen.

Dieser lachte leicht auf und meinte dann:

"In diesem Fall habe ich dir alles geschenkt, um dir ein letztes wunderschönes Erlebnis vor dem Tod ermöglichen zu können. Zufrieden?"

Ich nickte und grinste.

"Okay,", sagte ich also und schnappte mir noch ein Stück Melone, die ich kurz vergessen hatte. Die USA hatten alles andere aus meinem Kopf gelöscht. "Heißt, ich werde meine Eltern heute schon fragen müssen, oder?"

Taehyung nickte und streckte seine langen Beine aus, die nun in der Sonne lagen, die sich wahrscheinlich freute, wieder ein Bratopfer zu haben.

"Das wird schon.", meinte er- ein Versuch, uns beiden mehr Hoffnung zu geben, dass es klappte.

Es war also beschlossen.

Taehyung und ich wollten in die USA.

Ich konnte es kaum glauben.

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