24. Kapitel: "Verdammt, Mann, du hast mir nie gut getan."

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Bei offener Balkontür und trotzdem nur in Boxershorts liege ich auf meinem Bett. Die Kälte zieht in die Wohnung ... Ich hätte schon vor zehn Minuten aufstehen und alles schließen sollen, aber nachdem ich aus dem schönsten Traum seit Ewigkeiten aufgewacht bin, starre ich an die Decke und denke nach. Das Treffen mit Pari hat mich daran erinnert, dass ich glücklich sein darf, nichts spricht dagegen. Wenn ich mir nicht selbst im Weg stehe, hindert mich auch niemand sonst daran. Die Frage ist, ob ich mein Glück noch mit ihr teilen möchte, trotz allem, und ich glaube, die Antwort auf diese Frage ist ein klares ... Vielleicht.

Das leise Klopfen an meiner Wohnungstür lässt mich aufhorchen, es ist mehr ein Kratzen, und es ist rhythmisch. Ich erkenne die Abfolge der Schläge. Automatisch stehe ich auf, wie hypnotisiert, und öffne Alexa die Tür, die wie erwartet vor mir steht. Sie schiebt mich in den Flur, ich gehe einige Schritte rückwärts und sie schließt die Tür hinter sich, ehe sie sich wieder zu mir umdreht und mich küsst. Diesmal geht mir alles zu schnell. Ich löse mich von ihr, halte sie entschieden zurück und sehe ihr in die Augen.

„Was ist mit dir?", frage ich sie leise.
Alexa erwidert meinen Blick und legt den Kopf leicht schief.
„Mit mir?", gibt sie zurück und lacht klingelnd. „Du hast doch aufgemacht. Das Signal – Du weißt, wieso ich hier bin."
„Lexi", sage ich hilflos, lasse sie los und sehe sie eine halbe Sekunde schweigend an. Ihre Augen sind so schwarz wie die Nacht, die uns vor dem Rest der Welt versteckt. „Das ist ein Klopfsignal, das wir mit siebzehn vereinbart haben. Und zwar um sicherzustellen, dass uns deine Eltern uns nicht in die Quere kommen, wenn wir bei dir waren. Es war dazu gedacht, denjenigen auf der anderen Seite der Tür zu informieren, dass sie gerade anderweitig beschäftigt sind", fasse ich die Bedeutung des Codes zusammen. „Ich wohne allein hier, natürlich ist keiner außer mir da. Wieso sollte ich verstecken in meiner eigenen Wohnung mit dir spielen? Du kannst das nicht mehr verwenden", äußere ich schließlich meine Meinung.

„Dag", haucht Alexa mit flehender Stimme und geht einen Schritt auf mich zu. „Hör auf so viel zu reden." Sie schmiegt sich an mich, ich verziehe das Gesicht.
„Bitte lass das", krächze ich heiser, als sie mich am Hals küsst und ich höre sie kichern.
„Nein, du magst das", stellt sie treffsicher fest. Meine Bedenken gehen in Flammen auf, als sie mich ein weiteres Mal küsst, sich gegen mich drückt und ich wieder die Kontrolle verliere, nach der ich süchtig bin, sodass ich sie von ihr zurückwill. Ich drücke Alexa gegen die Kommode, versuche verzweifelt jeden Gedanken an Pari aus meinem Kopf zu verbannen. Ich sollte das nicht tun, nicht nochmal ...

Nach dem Sex mit Alexa ist mir schlecht. Ich starre an die Decke, mir fehlt der Mut, irgendetwas zu sagen.
„Es war 'ne beschissene Idee von mir, zu dir raufzukommen", befindet meine Ex-Freundin. Ich halte den Blick weiter nach oben gerichtet.
„War es. Würdest du mir bitte mal verraten, warum du das jetzt auf einmal auch denkst?" Ich klinge schrecklich bissig.
„Weil ich doch merke, was mit dir los ist. Dass du mich doch überhaupt nicht willst; dass du in Gedanken bei ihr bist und nicht bei mir", murmelt sie. Sie richtet sich auf, sucht ihre Sachen zusammen. Ich beobachte sie dabei, wie sie sich anzieht. Ihr Gesichtsausdruck wirkt gequält. „Es macht mich wütend, wirklich rasend, weißt du das eigentlich?", fährt sie mich unvermittelt an, bevor sie auf die Bettkante sinkt und sichtlich angestrengt versucht, die Tränen zurückzuhalten. „Du wolltest mich immer und dann habe ich unsere Beziehung beendet und seitdem hat sich alles geändert –", sprudelt es aus ihr heraus, ehe ich sie unterbreche.
„Natürlich hat sich alles geändert. Was hast du denn erwartet? Du und ich, das war ja wohl offensichtlich nie für die Ewigkeit bestimmt. Tu doch nicht so, als wäre es inzwischen total irrelevant geworden, was du mir angetan hast. Du hast mir nichts von deinem Freund erzählt." Ich setze mich aufrecht hin und beginne auf sie einzureden. „Du hast mich in dem Glauben gelassen, zwischen dir und mir könnte nochmal sowas Echtes, Unverfälschtes entstehen wie damals, als wir sechzehn waren."
„Ich habe auch daran geglaubt", sagt sie und funkelt mich aus ihren dunklen Augen an, bevor sie sich von ihrem angetrauten Platz erhebt. Sie geht ein paar Schritte in den Flur hinein und bleibt erst stehen, als ich ihr nachrufe: „Dieser Wunsch war doch aber nie real. Du warst vergeben, ich hätte mich nie auf dich eingelassen, wenn ich gewusst hätte, dass du einen Freund hast. Nie und nimmer, ich mache sowas nicht."
Alexa schnalzt genervt mit der Zunge und dreht sich zu mir um. Ich habe mir meine Unterhose wieder angezogen. Kaum habe ich den Lichtschalter betätigt, blinzelt Alexa, reibt sich die Augen. Sie wirkt fast unschuldig. In Momenten wie diesen bin ich völlig aufgeschmissen. Dann weiß ich nicht, wen ich vor mir habe. Ob es die Alexa ist, die mir Trost spendet, oder die, die mich verletzen wird.

„Ich wusste, dass dich das abgeschreckt hätte. Deswegen habe ich dir nichts von Oskar erzählt", erklärt sie und ich atme fassungslos aus.
„Du hast mich absichtlich so hinters Licht geführt und jetzt kommst du angekrochen?", frage ich sie. „Wofür? Für den Sex? Damit ich die nächsten zehn Jahre weiter auf ein Kind aufpassen kann, das nicht von mir ist?" Alexa nähert sich mir.
„Fass mich nicht an", fauche ich. Um überzeugend zu wirken, umfasse ihre Taille, schiebe sie entschieden weg von mir. Dabei verändert sich Alexas Körperhaltung. Sie ballt die Hände zu Fäusten und sieht mich einige Sekunde lang stumm an.

„Deine Bindung zu Linus ist väterlich genug, ich habe es dir angeboten, du könntest etwas an deiner Situation ändern, also frage ich dich: Wieso tust du nichts?! Wieso jammerst du tagein-tagaus? Ich kenne dich schon ewig und ich kenne dich gut, aber ich werde wohl nie verstehen, wieso du so bist. Du hättest mich aus deinem Leben rauswerfen können, du hättest mehr als einmal den Kontakt zu mir zu kappen können. Ich dachte immer der Tag würde kommen, ich habe dauernd damit gerechnet, dass du dich von mir abwendest, aber nie ist irgendwas passiert." Ihr aggressiver Tonfall bewirkt, dass ich in die Defensive gehe. Mit vor der Brust verschränkten Armen gestehe ich möglichst ruhig: „Ich habe das Gefühl, dir zu gehören." Ich hoffe, sie liest in meinen Augen, wie ich das gemeint habe. Alexa kapiert es anscheinend. Seufzend schüttelt sie ihre Finger aus.
„Weil ich dir das ständig vermittelt habe; dass wir zusammengehören", bestätigt sie meinen Verdacht. „Aber wie hätte ich denn ahnen sollen, dass du das nicht ein einziges Mal hinterfragen würdest?", schiebt sie noch voll Reue hinterher. „Ich wollte nur, dass du dich aus eigener Kraft daraus befreist", flüstert sie, „aber in Wahrheit, bist du genauso schwach wie ich. Ich kann doch nur nicht von dir lassen, weil du nicht von mir lassen kannst."
In mir zerspringt etwas fürchterlich klirrend.
„Wieso schiebst du mir die Schuld dafür zu?", frage ich sie düster. „Findest du das etwa fair?!", werde ich lauter. „Hör auf, mich auf diese emotionale Art zu missbrauchen, Alexa. Du gibst mir nicht einmal die Chance, mich aus diesem elenden Zustand zu befreien!"

„Weil ich dich liebe!"

Für ein paar endlose Sekunden steht die Welt um uns herum still. Ich starre sie mit offenem Mund an.

„Weil ich dich verdammt nochmal liebe, Dag", wiederholt Alexa ihre Worte. „Nach wie vor. Es hat nie aufgehört. Und es kann nicht aufhören, weil du noch immer all diese Sachen tust, die mir vermitteln, dass du mich auch liebst." Durch meinen Kopf geistert die Erinnerung an das letzte Mal, als sie mir dasselbe wie gerade eben gebeichtet hat. Es war im Frühling vor unserer Trennung, wir waren Teenager. Danach hat sie diese Worte nie wieder so direkt ausgesprochen, nicht einmal während unserer Affäre. In der Zeit hatte ich zwar die vage Ahnung, sie könnte mich noch lieben, aber so explizit ins Gesicht gesagt hat mir die erwachsene Alexa das noch nie. Noch bevor ich den Schock ganz verdaut habe, reißt mich ihre Stimme bereits unsanft zurück in die Gegenwart. „Du passt auf meinen Sohn auf, du kannst mir keine Bitte abschlagen, du küsst mich, und wir schlafen miteinander und dann sagst du mir, du liebst eine andere? Ich kann dir kein einziges Wort mehr glauben. Mindestens schon so lange, wie du mir nicht mehr vertraust. Du lügst mich an und ich lüge dich an, aber damit ist jetzt Schluss. Ich liebe dich, das ist die Wahrheit – Ich liebe dich, weil du mich liebst."

Wahrscheinlich ist es ihre Erläuterung, die dafür sorgt, dass sich in mir ein Schalter umlegt.

„Aber ich liebe dich nicht."

Alexa sieht mich verständnislos an.
„Was?"
„Ich liebe dich nicht mehr", spreche ich es erneut aus, und diesmal geht es mir noch leichter über die Lippen. „Natürlich gehört dir ein Stück von mir und ich muss akzeptieren, dass ich dieses Stück nie von dir zurückbekommen werde. Aber ich will mir nicht länger davon mein gesamtes Leben diktieren lassen. Ich zeige dir einen Teil von mir, der nur ein winziger Ausschnitt meiner gesamten Persönlichkeit ist, denn der Rest interessiert dich auch einfach nicht mehr. Du hast es doch gerade selbst zugegeben. Du liebst nur diesen Teil von mir, der dich immer lieben wird. Den Teil von mir, der dir dankbar ist, für jedes erste Mal. Hör auf diese Dinge beiseite zu schieben und zu ignorieren, die ich niemals ignorieren könnte. Ich sehe dir in die Augen und ich sehe uns, aber ich sehe auch Linus – und ich sehe seinen Vater. Das gehört alles zu dir. Mit einigen Facetten deiner Persönlichkeit kann ich umgehen, Alexa. Andere wiederum machen mir Angst. Ich bin nicht schwach, du machst mich nur schwach. Wir schwächen uns gegenseitig, das war nicht immer so, aber so ist es jetzt."

„Es könnte sich doch aber ändern", widerspricht sie mir kleinlaut, sie greift nach dem dünnsten Strohhalm.
„Begreifst du nicht, dass das schon wieder gelogen ist?", halte ich dagegen. „Es wird sich nie mehr ändern, es gibt keinen Weg zurück." Ich wische mit dem Daumen eine Träne weg, die einsam über ihre Wange kullert. „Wenn ich einen Tunnel in die Vergangenheit buddeln könnte, zurück zu uns – Ich würde es tun, ohne zu zögern; ich würde mich wieder und wieder für dich entscheiden", sage ich. „Das funktioniert nur so nicht, verstehst du? Ich bin deine Vergangenheit, du bist meine. Jetzt lass uns in die Zukunft schauen, weil das hier –" Ich gestikuliere an meinem fast nackten Körper herunter. „Das macht uns nicht zu besseren Menschen. Ich bin nicht glücklich, ich bin nicht zufrieden – und du bist es auch nicht. Das ist keine Liebe, Alexa. Wollen wir einander bis ans Ende unserer Tage so kränken?" Ich nehme ihr Gesicht in beide Hände, küsse sie auf die Wange, schmecke eine weitere Träne.
„Ich will nur bei dir sein", haucht sie kraftlos.
„Und ich will, dass du glücklich wirst. Ich wünsche dir das von ganzem Herzen." Ich lächle melancholisch, doch Alexas Mimik verändert sich nicht ein müdes Bisschen. „Siehst du? Wir werden uns ja doch nie einig", stelle ich fest.

Alexa zieht die Nase hoch.
„Das ist grausam von dir, weißt du das?", klagt sie mich erstickt an.
„Ja", antworte ich, lasse sie los und sie weicht sofort zurück. „Ich muss das gerade tun, es fühlt sich grausam an, weil es gerecht ist", meine ich. „Lass los", flehe ich. „Du brauchst meine Anerkennung nicht, du bist schon ein bewundernswerter Mensch, aber ich bin nicht derjenige, der dich das länger fühlen lassen kann. Der Druck, der dadurch auf mir lastet, ist zu groß. Bitte versuch dieses Bedürfnis zu überwinden. Keiner wird dich retten. Du musst das allein hinkriegen und du hast keine Wahl, weil du einen kleinen Sohn hast, der dich dringend braucht." Mir fällt zu spät auf, dass ich klinge wie ein verschrobener Pastor. Alexa schnaubt, vermutlich genau darüber.
„Ich hasse deine Scheinheiligkeit."
„Meine Scheinheiligkeit?", hake ich irritiert nach.
„Du predigst doch dauernd, wie wichtig es ist, Verantwortung zu übernehmen, trotzdem bist du keine Sekunde lang bereit dazu. Du rennst lieber davor weg."
„Verstehst du nicht, dass ich weder für dich noch für Linus verantwortlich bin?", erwidere ich postwendend. „Ich kann nicht die Verantwortung für die gesamte Welt auf meinen Schultern tragen."
„Darum geht's auch nicht. Du bist in erster Linie für dich selbst verantwortlich, das ist das, was ich eigentlich meine. Vor dieser Verantwortung läufst du davon. Ständig. Wieso bin ich ein fester Bestandteil deines Lebens, wenn ich dich kränke? Warum kannst du nicht auf dich selbst aufpassen und musst jeder Versuchung nachgeben? Dein Bauchgefühl wird dir eben nicht immer das Richtige sagen." Sie reckt das Kinn vor und schaut zu mir hoch. „Übrigens zieht man Kinder auf die Art auch nicht groß. Nach Bauchgefühl." Sie spuckt die Sätze beinah aus. „Du handelst prinzipiell danach, und das ohne dir der möglichen Konsequenzen vorher ausreichend bewusst zu sein. Ich bin in der Vergangenheit so häufig dem Trugschluss aufgesessen, dass du irgendwann dein gesamtes Potential ausschöpfen wirst. Du wärst ein guter Vater, wenn du nur endlich lernen würdest, deine Seele zu pflegen. Wer von uns beiden tut denn hier wirklich so, als wäre ihm alles egal? Bin das nur ich, die in dir und mir als Einheit gegen den Rest der Welt die ultimative Herausforderung sieht; oder bist du das, der diese Herausforderung von vornherein negiert, und so tut, als gäbe es kein Wir? Wir haben ein Problem auf zwischenmenschlicher Ebene, Dag, und ich würde es ja angehen, aber du verschließt die Augen davor. Nichts daran, wie ich mich dir gegenüber nach unserer Trennung und bei meinem Einzug hier verhalten habe, war okay. Absolut gar nichts. Ich weiß das, aber du versuchst das alles anders darzustellen. Wir können beide nie vergessen, was passiert ist, aber ich bin gewillt, wenigstens etwas zu kreieren, was besser ist als das."

„Aber du redest über eine Utopie. Wie kann das ernsthaft dein erklärtes Ziel sein?", versperre ich mich ihrer Argumentation. Ich atme tief durch. „Wir haben keine gemeinsame Zukunft. Du hast eine Zukunft. Ich habe eine Zukunft. Aber du bist nicht meine Zukunft. Und ich bin nicht deine. Wir sind Vergangenheit." Alexa schaut mich an und schüttelt verärgert den Kopf.
„Wie willst du deine verbleibende Zeit auf dieser Erde nutzen?", fragt sie schnippisch. „Willst du sie wirklich mit diesem Mädchen verbringen, das dir den Laufpass gegeben hat?"
„Die Beschreibung würde auch auf dich passen", schieße ich umgehend zurück. „Mit dem klitzekleinen Unterschied, dass ich sie liebe. Und dich eben nicht mehr."

Dieses Statement versetzt meiner Ex den Gnadenstoß. Alexa hält sich die Hand vor den Mund, damit sie nicht unabsichtlich ein Schluchzen von sich gibt. Ihr Schmerz spiegelt sich in ihrem Antlitz.
„Danke für deine Ehrlichkeit", krächzt sie irgendwann, vielleicht ist eine ganze Minute vergangen, in der keiner von uns irgendwas gesagt hat. Ich sehe ihr nach, will sie rufen – aber ich höre nicht auf meinen Bauch und schweige; befolge den klugen Ratschlag, den sie mir gegeben hat.

Waffenschein

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