Kapitel 34

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Tage vergingen, Wochen, vielleicht sogar Monate. Ich machte mir nicht die Mühe, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich tat das einzige, was ich konnte, um meiner täglichen Qual zu ergehen. Ich versuchte, zu verdrängen, was tausende Kilometer von mir geschah. Wer auch immer ich gewesen war, als ich die Fähre betreten hatte, hatte ich in Deutschland zurück gelassen.

Viktor bestand drauf, dass ich mit ihm und Trym auf Spaziergänge kam. Zuerst streubte mich, doch irgendwann merkte ich, dass ich den kleinen, blonden Jungen und seinen Hund mochte. Unsere langen Spaziergänge brachten nicht nur frische Luft, sie waren auch eine gute Möglichkeit, ein wenig Bewegung in meinen Alltag zu bringen, etwas, was meinem Körper merklich gut tat.

Viktor erzählte zwar nicht viel über sich und war auch sonst recht schweigsam, aber das kam mir gerade recht. Über meine Vergangenheit wollte ich ihm auch nichts erzählen und was meine Zukunft hier betraf wollte ich mich nicht dazu hinreißen lassen, allzu viel Hoffnung zu hegen.

Eines Morgens, als ich mit Viktor gerade zur morgendlichen Runde aufbrechen wollte, zog Navarro mich beiseite. Er erklärte mir, dass er ein paar Tage weg musste und mich mit Viktor alleine ließ, doch ich hörte nur halbherzig zu. Auch wenn er hier war, bekam ich nicht viel von Navarro mit, also würde es wohl kaum einen unterschied machen, wenn er ein paar Tage weg war.

Und genau so war es. Das einzige, was sich änderte, war, dass Viktor nun auch noch für uns beide kochte. Heute war es eine Gemüsesuppe.

Als wir fertig gegessen hatten und ich gerade den Fernseher anschalten wollte, sah er mich ernst an. "Setz dich."

"Ist was los?", fragte ich besorgt.

Viktor zuckte mit den Schultern. "Setz dich. Ich will dir was zeigen."

Nachdem ich mich auf das Sofa gesetzt hatte, zog Viktor etwas aus seiner Hosentasche. Als ich erkanne, um was es sich handelte, weiteten sich meine Augen.

"Mein Handy", flüsterte ich ungläubig. "Woher hast du das?"

Viktor schaltete mein Handy an und entsperrte es. Nach all dem wunderte es mich nicht einmal, dass er meinen Code kannte.

"Ich hab es aus Gustavs Büro geklaut. Ich war neugierig."

Fast schon sehnsüchtig sah ich mein Handy an. Es waren Monate vergangen, seit ich es das letzte Mal benutzt hatte. Doch schnell legte sich dieses Gefühl und ich schüttelte den Kopf.

"Leg das wieder zurück. Ich darf das nicht benutzen. Meine Familie denkt, ich wär tot und das muss auch so bleiben."

Doch Viktor ließ sich nicht beirren. Konzentriert tippte er auf dem Display herum, dann sah er hoch.

"Ich muss dir etwas zeigen."

"Ich will es nicht sehen", wehrte ich ab. "Dieser Teil meines Lebens ist abgeschlossen."

Viktor drehte das Handy um und drückte es in meine Hand. Ich wollte wegsehen, das Gerät einfach auf den Boden werfen und wegrennen, doch ich konnte nicht. Wie von einem Geist besessen zog ich es näher. Viktor hatte meine SMS geöffnet. Ich blinzelte wild um all die Gefühle, die gerade hoch stiegen, wieder wegzudrücken.

Zwölf ungelesene Nachrichten von meinem Bruder:

12. November

7:34  

Wo bist du? Ich hab dich gestern nicht gehört. Hast du bei Maria übernachtet?

12:47 

Hey, bin noch in der Schule. Bist du gut angekommen?

16:21 

Pass auf wenn du kommst, Mama ist echt sauer

23:39 

Bitte melde dich bei ihr, sonst ist sie wieder die ganze Woche stinkig

13. November

7:15 

Arin?

10:11 

Komm schon. Sag was

12:36 

Arin antworte bitte!

14. November

18:12 

Ben hatte mir eine Sprachnachricht geschickt. Ich tippte sie an.

Hey, Arin. Ich hoffe, du kannst dir das hier anhören. Wo bist du? Die Schule hat gestern angerufen, dass du nicht da warst. Ich mach mir echt Sorgen um dich. Wir alle tun das. Papa hat dich sogar als vermisst gemeldet. Eben sind dann zwei Polizisten zu uns gekommen und haben uns voll viele Fragen über dich gestellt. Also über deine Hobbys, Freunde, einfach alles. Sie glauben Papa, dass du weggerannt bist, aber sie wollen nichts machen, weil du häufiger mal ein paar Tage weg warst. Bitte melde dich, wenn du das hörst. Wir vermissen dich.

15.November

17:56 

Hey. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich die ganze Zeit darüber nachgedacht habe, wo du bist. Die Nachbarn haben heute geklingelt und wollten wissen, was mit dir ist, aber ich hab sie weggeschickt und gesagt, dass es nur Werbung war. Papa hat schon genug Stress mit der Polizei und Mama ist für die Arbeit nach Paris geflogen und kann nicht helfen. Weißt du, Papa hat gesagt, dass du dein Handy bestimmt nicht mehr hast, weil du es verloren hast oder es kaputt gegangen ist. Aber ich weiß nicht wie ich dich sonst erreichen soll. Bitte komm zurück, okay? Ich bin sicher, Mama und Papa werden auch nicht wütend sein. Bitte Arin. Papa geht es nicht gut.

29. November

15:19

Hey. Ich hoffe, dir geht es gut. Beim Mittagessen sind heute zwei Polizisten bei uns aufgetaucht. Mama ist wieder da übrigens. Ihr letztes Meeting ist irgendwie ausgefallen. Keine Ahnung. Die Polizisten waren andere als letztes Mal. Ich fand sie netter. Sie meinten, sie haben deinen Rucksack gefunden. Ich durfte nicht unten bleiben, aber ich hab oben an der Treppe gelauscht, als sie sich im Flur verabschiedet haben. Die Polizistin hat Papa gesagt, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie dich lebend finden, weil das bei den Fällen von ihnen meistens so ist. Aber sie kennen dich nicht. Ich weiß, wie stark du bist. Bitte komm zurück. Ich brauch dich.

24.Dezember

16:28 

Frohe Weihnachten!

3.Januar

19:32 

Ich hab dich lieb Arin.


Die letzte Nachricht konnte ich zwischen den Tränen kaum noch lesen.

"Du musst zurück, siehst du nicht? Deine Familie braucht dich", sagte Viktor, kramte erneut in seinem Pullover und legte mir einen Umschlag auf den Schoß.

"Was ist das?", schluchzte ich.

"Das ist genug, um mit der Fähre über die Grenze zu kommen. Weiter kommst du damit sowieso nicht."

"Was soll das?", fragte ich verwirrt.

"Hör mir zu. In genau einer Woche kommt Gustav zurück. Ab dem Zeitpunkt kann ich dir dann auch nicht mehr helfen. Aber jetzt- das ist die letzte Chance, die du bekommen wirst. Jetzt oder nie"

"Aber-"

"Du hast gesagt, du musst etwas gerade biegen. Was auch immer es ist, länger wird es nicht auf dich warten können."

"Ich kann dich doch nicht einfach hier alleine lassen", widersprach ich. "Weißt du, was er alles mit dir macht, wenn er das rausfindet?"

Viktor zuckte mit den Schultern. "Gustav wird mir schon nichts tun. Er ist kein Unmensch. Er lässt mit sich reden. Außerdem hat er mir schon viel schlimmere Dinge verziehen."


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