Kapitel 7: Leben wie im zweiten Weltkrieg

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(erzählt von Luisa)


Einige Tage später sollte es also mit Historytia weitergehen. Es war Freitag- wie immer-, nach der Schule reisten wir, ohne dass wir gesehen wurden, nach Fantasytia, meldeten uns bei der Königin und trafen zum Glück auch Xenia und Atanasia. Schon witzig, das Schicksal wollte anscheinend, dass ich Briefe mit diesem komischen Ding schrieb.

„Meine Adresse?", fragte Xenia verdutzt, als ich sie fragte. „Warum willst du meine Adresse haben? Willst du mich mal besuchen?"

„Äh, das auch, aber eigentlich wollte ich Ihnen mal einen Brief schreiben mit meinem neuen Briefsendegerät, das mir Moritz in Kreatitia gekauft hat" Ich grinste ihn an. „Natürlich nur, wenn Sie überhaupt Post von mir bekommen wollen"

„Oh ja, sicher, ich bekomme so selten Post"

Da musste ich wie ein verblödetes Honigkuchenpferd strahlen. Dann wandte ich mich meiner Tante zu: „Deine brauche ich auch noch, wenn du willst"

Atanasia zuckte zusammen, zog von irgendwo her einen Zettel und einen Stift heraus und schrieb: „Lichterplatz 11, Lichtermeer" Dann grinste sie mich breit an. „Bitteschön. Ich hoffe, ich höre bald von dir"

„Natürlich" Ich musste lachen.

Dann reichte mir Xenia auch endlich einen Zettel mit ihrer Adresse drauf: „Straße des Friedens 5"

„Danke", sagte ich fröhlich.

Warum war ich nur so gut drauf? Vielleicht, weil in Historytia die Möglichkeit bestand, dass ich meinen Vater in der Vergangenheit kennen lernte.

„Oh, super! Ich hoffe, ich kann mich bald schon nicht mehr vor Post retten", kicherte Atanasia und ich lachte mit.

„Oh man, warum schreibst du Briefe?", murmelte Lorenz. „Wozu gibt es E-Mails? Ist doch viel einfacher"

„Ich steh auf Briefe schreiben", sagte ich wahrheitsgemäß. Dazu stöhnte er nur.

Die Königin klatschte in die Hände. „So, fliegt jetzt los zu Zarina und helft Historytia"

Klasse, klang nach ner Menge Arbeit.

Wir nickten nur gehorsam und machten uns auf zu Zarina, die uns freudestrahlend bereits erwartete. Meine Güte, was war heute nur los? Alle schienen verdammt gut drauf zu sein. Vielleicht war ich es deswegen auch. Vielleicht übertrug sich die gute Laune der Anderen auf mich.

„Hallo Leute. Und kannst losgehen?", fragte uns die Mächtigste aller Meerjungfrauenfeen.

„Aber so was von!", sagte ich.

„Super. Dann ruf ich euch mal das Tor" Mit diesen Worten drehte sie sich wieder weg von uns und sprach wieder mal j-fantasytisch. Mittlerweile fand ich die Sprache immer noch sehr interessant, aber die Art, wie Zarina sie sprach, nicht mehr so spektakulär. „Alles klar, ihr könnt durch"

„Warum haben es heute alle nur so eilig?", fragte Lorenz Schulter zuckend.

„Ja, wird zu Ehren von uns ein Fest organisiert und da müssen wir weg sein, oder was?", ergänzte Nicole. Wow, beeindruckend! Die beiden ergänzten sogar schon die Sätze des Anderen!

Da lachte Zarina nur. „Ne ne, und wenn, würde ich es euch niiemals sagen. Kommt schon, geht endlich durch"

„Sehr verdächtig", meinte Nicole grinsend und ging in Richtung Tor.

„Nichts da verdächtig, ich hab nur noch ein bisschen was zu tun"

„Noch verdächtiger!", bemerkten Nicole und Lorenz gleichzeitig, sahen sich dann verdutzt an und mussten lachen. Dann gingen beide durch das schwarz-weiße Tor, gefolgt von Alexandra, Michael, Jasmin, Felix, mir und Moritz. Auch wenn es eigentlich überhaupt nicht mehr besonders war, dass Moritz bei uns abhing- sozusagen- war ich den anderen trotzdem sehr dankbar für ihre Toleranz.

Dann betraten wir eine komplett andere Welt: Ich weiß nicht, die Stimmung war irgendwie traurig. Wir trafen keine Feen, keine Tiere (okay, wir waren hier nicht in Kreatitia), rein gar nichts und das fand ich dann sehr verdächtig.

„Wow", kommentierte Lorenz sarkastisch.

„Ja, total, hier scheint ja einiges falsch zu laufen", ergänzte Nicole.

Da! Sie taten es schon wieder.

„So sieht es hier schon seit Langem aus", erzählte Moritz. Alle außer mir sahen in verdutzt an. „Oh ja, ich war sehr häufig in Historytia, um jemanden zu besuchen"

„Warum sagst du >jemanden<, wenn du auch einfach >meinen Vater< sagen könntest?", fragte ich sofort und Alexandra nickte zustimmend. Moritz lief rot an und ich wuschelte ihm durch die Haare. „Komm schon, mein kleiner Trottel, gehen wir die Welt retten"

Jasmin warf mir, so wie ich es eigentlich erwartet hätte, mal keinen bösen Blick zu, da ich ja mit Moritz vor Felix geflirtet hatte. Doch in Felix' Augen sah ich, dass es doch ein Fehler war. So ein Mist! Na ja, ich konnte Felix nicht immer in Watte packen, nur um ihn nicht zu verletzen. Das wäre irgendwie blöd. Und ich war mir auch relativ sicher, dass Felix und vielleicht auch Jasmin nicht wollen würden, dass ich dies tat.

Wir kamen in eine Art Stadt, die allerdings so verfallen aussah, dass ich am liebsten wieder nach Hause gegangen wäre. Ich meine, es sah sehr stark nach Krieg aus.

„Oh mein Gott", entfuhr es Jasmin und drehte sich zu Moritz. „was ist hier passiert?" Ihre Stimme hatte einen leicht hysterischen Unterton.

„Ausnahmsweise kann ich dir diese Frage beantworten", erklärte Moritz sachlich. „Das Problem ist eigentlich weniger verwirrend wie in Kreatitia. Nun ja, manche Leute würden sogar das Problem in Japanitia als verwirrend bezeichnen, aber lassen wir das" Er seufzte und zuerst sah er mich traurig an, dann Jasmin und dann wieder mich, während er sagte: „Das Problem ist, dass es hier einen Krieg gibt"

„Einen Krieg? Gegen wen?", fragte Felix.

Bitte sag nicht gegen die Herrscher, bitte nicht gegen die Herrscher!

Mein Freund seufzte erneut und sah mich wieder so traurig an, wie damals, als er uns alles erzählt hatte, was er wusste. „Gegen den König und die Königin"

„Wer ist denn König und Königin?" Meine Stimme versagte mir.

„Deine... Eltern"

Ich starrte ihn an. Ohne jegliche Emotion. Ohne irgendetwas zu zeigen, was ich dachte oder fühlte. Ich starrte ihn einfach nur an.

Doch trotzdem sah ich, wie sich alle anderen weiblichen Wesen die Hand vor den Mund schlugen und mich ansahen.

„Ach, du Scheiße, Lui", sagte Nicole.

„Nein", wimmerte Jasmin.

Und Michael kaute auf seiner Unterlippe.

„Äh" Das war das Einzige, wozu ich im Stande war, zu sagen.

Moritz packte mich mit beiden Händen an der Schulter und sah mich an. „Sieh mich an, Luisa, sieh mich an" Jetzt sah ich ihn an. „Diesen Krieg hat es vor fünfzehn Jahren nicht gegeben. Er existiert nur, weil meine Mutter doch da ein bisschen... na ja, ein bisschen gepfuscht hat"

„Ein bisschen?", hakte Nicole schnippisch nach.

„Okay, ein zu großes bisschen, aber ihr wisst was ich meine", korrigierte Moritz sich selbst.

„Und das bedeutet?", fragte Felix.

Sonderbarerweise verstand Moritz auf was Felix mit seiner Frage hinauswollte. „Das bedeutet, dass wir gegen das Volk kämpfen müssen"

Ich wackelte wie eine nörgelnde Mutter mit meinem Zeigefinger von links nach rechts. „Nein, nein, nein. Wir werden ganz sicher nicht gegen das Volk kämpfen! Denn wir sind viel stärker, als die und könnten sie verletzen!" Fragt mich nicht wieso ich schrie, ich tat es auf alle Fälle. Alter, was war mein Problem?

Er packte mich am Hinterkopf und drückte mich beruhigend an sich. „Luisa, alles ist gut"

„Nein!", rief ich und fügte ruhig hinzu: „Okay, wenn du das sagst"

Dann entfernte ich mich wieder etwas von ihm und er sah mich immer noch traurig an. „Ist wieder alles in Ordnung?"

„Ja, nein, ja, ich denke schon"

„Das hier könnte man auch als künstlichen Krieg bezeichnen. Er existiert nicht wirklich. Verstehst du, Luisa-Engel?"

„Ja... sicher"

„Gut" Dann hörte er auf zu flüstern und wandte sich an die Anderen: „Wir müssen aufpassen, dass niemand etwas über die Gegenwart erfährt. Es könnte Konsequenzen haben. Wenn ihr etwas über die Gegenwart gefragt werden solltet, sagt einfach, ihr dürft nichts sagen, was auch stimmt. Und noch was. Wir müssen darauf achten, dass niemand erfährt, wer Luisa ist. Nicht, dass sie auch noch in Gefahr gerät"

„Alles klar", zischte Michael und nickte ernst.

„Was ist los mit dir, Lui?", fragte mich Jasmin und sah mich so traurig an, dass ich befürchten musste, sie würde gleich anfangen zu schluchzen und so ich auch gleich mit ihr.

Ich fasste mir an den Kopf. „Nichts. Ich spinn nur langsam"

„Es ist, weil hier irgendwo der König ist, oder?", kombinierte meine beste Freundin verdammt scharf.

„Ja, aber auch deswegen, weil... weil es einen Krieg gegen meine Eltern gibt" Dann wandte ich mich an Moritz. „und trotzdem dürfen wir einfach nicht gegen das Volk kämpfen. Was wären wir dann für Götter?"

„Ja, ich finde das leuchtet ein", kommentierte Lorenz.

„Alles was Lui sagt, leuchtet ein", entgegnete Jasmin stolz.

„Na ja, nicht alles", gegenargumentierte ich. Ich war ja schließlich nicht allwissend. Zum Glück.

„Vielleicht müssen wir es aber doch tun", kehrte Moritz wieder zum eigentlichen Thema zurück.

„Was?", fragte Nina.

„Gegen das Volk kämpfen"

„Das meinst du doch nicht im Ernst?", fragte nun Lorenz. Moritz sah den Jungen, der ihm früher am wenigsten vertraut hatte, vollkommen ernst an. „Okay, okay, du meinst es total ernst. Ich habe verstanden. Aber irgendwie recht cool finde ich das nicht"

„Ich weiß" Moritz sah mich dabei intensiv an.

Ich schniefte. „Ja ja, okay. Aber nur im äußersten Notfall", beharrte ich.

„Und der wäre wann?"

„Wenn es nicht mehr mit Worten funktioniert", sagte ich ohne groß zu überlegen.

Worte waren immer besser als Gewalt; das wurde einem doch schon von Geburt an erklärt.

„Lasst uns erstmal diese Stadt begutachten", bestimmte Felix und ging voran.

Jetzt kam ich mir irgendwie blöd vor. War es wirklich so schlimm für mich gegen ein unschuldiges Volk zu kämpfen? Konnte ich es überhaupt? Machte es überhaupt Sinn? Wollten die Anderen überhaupt gegen das Volk kämpfen?

Die Antworten waren: Ja, nein, nein und wahrscheinlich nicht.

Denn wie Moritz bereits sagte, konnten diese Leute nichts dafür, dass es einen Krieg gab. Den gab es einfach nur, weil Illona eine blöde Kuh war. Es machte überhaupt keinen Sinn einen Krieg noch weiter an die Spitze zu treiben. Nun gut, Kriege waren meistens ziemlich unlogisch. Man musste ja nur gut in Geschichte, wenn's um den ersten und den zweiten Weltkrieg geht, aufpassen und schon durfte man diese Tatsache feststellen. Dazu konnte ich nur leicht männerfeindlich sagen: Tja, daran sieht man, dass damals Männer(oder eben Hitler) die Macht hatten. Ne anständige Frau hätte nicht so bescheuert gehandelt.

Recht lange waren wir noch nicht durch die düstere und staubige Welt von Historytia gewandert, als uns plötzlich ein junges Paar auffiel.

„Hey seht mal!", rief Nina, blieb stehen und zeigte auf dieses Paar. „Sieht die Frau nicht aus, wie die Königin?"

Ich fühlte mich, als würde man mir ein Messer ins Herz rammen.

„Fragen wir doch mal", schlug Alexandra vor und war schon in Begriff zu ihnen hinzugehen. Doch zum Glück hielt Michael sie auf: „Hast du schon vergessen was Moritz gesagt hat? Die Bewohner dürfen nicht erfahren, was in der Gegenwart passiert und genauso zeigst du es ihnen"

„Oh, stimmt. Sorry"

„Aber wir können doch trotzdem zu ihnen hingehen und so tun, als würden wir sie nach dem Weg fragen", schlug Lorenz vor.

Das Messer stach erneut zu.

Ich starrte den jungen Mann mit den stechend eisblauen Augen neben der Königin an.

„Muss das denn sein?", fragte Jasmin skeptisch mit einem Blick auf mich. Danke, das wollte ich auch gerade fragen.

„Meint ihr nicht, wir haben Besseres und Wichtigeres zu tun?", half Felix dazu.

„Vielleicht, aber wir haben doch auch nichts zu verlieren", beharrte Lorenz ehrgeizig.

Jasmins Blick blieb an mir haften, das spürte ich. „Vielleicht aber auch doch"

Lorenz folgte ihren Blick und hielt inne.

„Wir wissen doch nicht mal, ob es die Königin ist", meinte Alexandra und sah erneut zu dem Paar. Man sah ihr an, dass sie die beiden unbedingt kennen lernen wollte. Ich ja auch. So war es nicht.

Ich seufzte. Jetzt musste ich was sagen. „Wisst ihr, so schlimm wird es schon nicht werden. Einer meiner größten Wünsche ist es, mit meinem leiblichen Vater zu sprechen und ihn ein paar Dinge zu fragen, die mich für die Zukunft stärker machen würden"

„Meinst du, schaffst du das?" Jasmin umarmte mich und als ich ihr antwortete, sah ich ihr selbstbewusst in die Augen. „Ich muss es schaffen. Wenn ich es jetzt nicht tue, werde ich niemals mit ihm reden können und dann müsste ich für immer damit leben, dass ich's vergeigt hab mit ihm zu sprechen"

Ja, das klang ein bisschen verwirrend.

„Okay, du musst es wissen", wisperte sie.

„Dann können wir gehen?", fragte Alexandra sensibler als vorhin.

Jasmin sah mich fragend an und ich antwortete: „Ja"

„Ja", wiederholte Jasmin.

Dann gingen wir tatsächlich zu ihnen rüber und das Messer stach schon wieder zu. Es hörte einfach nicht auf.

Das junge Paar sah uns verdutzt an, als neun Jugendliche und scheinbare Götter auf ihnen zukamen. Dass, das wir Götter und Prinzen waren, konnten wir nicht verschweigen, da wir ja diese Ketten trugen, die uns jedes Mal verratenen.

„Hi", begrüßte Alexandra sie.

Ich konnte es nicht glauben.

„Hallo", grüßten die Beiden zurück.

Ich sah ihn an. Meinen Vater. Diese Augen. Das waren eindeutig meine. Er war es. Und schwanger war die Frau auch noch. Vor genau fünfzehn Jahren. Am liebsten wäre ich ihm um den Hals gefallen und hätte mich erstmal bei ihm ausgeheult, doch das wäre genau das gewesen, vor das uns Moritz vorgewarnt hat. Mir reichte es auch, ihn einfach nur anzustarren. Ich ahnte, dass es das einzige Mal sein würde, wo ich ihn sah. Und auf einmal fragte ich mich, ob es ein Grab von ihm gäbe. Wahrscheinlich, nur spielt es eigentlich keine Rolle für mich. So sollte man meinen.

„Wie können wir euch helfen?", fragte mein Vater.

Oh mein Gott, er war so toll.

Ich fühlte mich wie ein hysterischer, weiblicher Fan beim Justin Bieber-Konzert. Und das war ein beleidigender Vergleich... für mich.

Und da war es wieder: Das Messer. Wie oft denn noch?

„Wir wollten Sie nur nach dem Weg zum..." Alexandra dachte kurz nach und fuhr fort: „zum Rathaus fragen"

„Nun, da gibt es ein Problem", gestand mein Vater. „das Rathaus ist... explodiert"

„Oh mein Gott", entfuhr es Jasmin schon wieder. „Entschuldigung"

„Ihr seid die Götter aus der Gegenwart, richtig?", fragte meine Mutter freundlich.

Ich starrte sie an.

„Ja, die sind wir", antwortete Alexandra und lächelte mindestens genauso freundlich zurück.

Mein Vater sah mich an. „Du bist eine doppelte Göttin, nicht wahr?"

Er sprach mit mir. Doch ich starrte ihn wieder an und erst einige Sekunden später, fiel mir auf, dass er mit mir sprach. „Äh, ja die bin ich"

„Sie hat die gleichen Augen wie du", stellte die Königin fest. „Wie seltsam" Dann lachte sie. Es war dasselbe Lachen.

„Ja, stimmt"

„Beeindruckend"

„Ich hoffe, unsere Tochter wird auch mal so hübsch wie du", sagte da mein Vater.

Ich erschrak und zuckte zusammen. Wie bitte? Das hatte ich ja noch nie gehört! Warum sagte er das ausgerechnet zu mir? Alexandra und Nicole waren auch hübsch!!

„Äh, vielen Dank"

„Du siehst mich immer so an. Stimmt etwas nicht an mir?", fragte er wieder.

„Nein, es ist... alles bestens" Ich senkte den Kopf. Ich bemerkte, wie meine Stimme wieder abkackte. So ein Mist!

„Okay" Er lächelte mich an und mir dummen Pute stiegen die Tränen in die Augen.

„Entschuldigen Sie mich, bitte", sagte ich und rannte um die nächste Ecke, wo ich erstmal zu Boden sank und so sehr schluchzte, dass ich dachte, ich schluchzte gleich meine ganzen Organe heraus.

Moritz und Jasmin kamen mir nach, setzten sich neben mich und umarmten mich.

„Es geht doch nicht, oder?", fragte Jasmin sofort auf den Punkt.

„Diese Augen... dieses Lachen... ich bin ihm so verdammt ähnlich" Ich schluchzte erneut.

„Dann ist es also wahr"

„Was?", fragte ich und sah Moritz an.

„Ich hab schon oft gehört, dass du dem König sehr ähnlich bist. Vom Charakter her. Vom Äußeren her siehst du, bis auf die Augen, aus wie die Königin"

Das brachte mich wieder zum Heulen.

„Ich starre ihn die ganze Zeit an! Ich würde ihn gerne so viel fragen, aber ich weiß, dass er hier auch bald sterben wird... und das ist schrecklich! Ich will ihn von dir erzählen, aber..." Ich sah Moritz an. „Hast du gehört? Er findet mich hübsch! Er wünscht sich, dass seine Tochter auch so hübsch wird! Dabei bin ich seine Tochter! Ich! Und er weiß es nicht mal. Er wird nie wissen, ob ich hübsch war oder nicht"

„Du wirst ihn im Himmel wieder sehen"

„Was? Du glaubst an den Himmel"

„Ja"

Ich schluckte. „Warum hat er ausgerechnet zu mir gesagt, dass ich hübsch bin?"

„Vielleicht spürt er, wer du bist", murmelte Jasmin traurig.

„Ich würde ihm am liebsten in den Arm fallen und ihm sagen, wie sehr ich ihn liebe, aber das darf ich nicht, oder Moritz?"

„Nein, es tut mir leid"

„Schon okay. Was wird er jetzt nur von mir denken? Seh ich stark verheult aus?" Ich redete wie ein Wasserfall.

„Er wird nichts Schlechtes von dir denken. Bestimmt nicht. Und wenn, ist es auch egal", sagte Jasmin und kuschelte sich an mich. Dann strich sie mir die Haare aus dem Gesicht und richtete sie hin. „Du siehst toll aus, Lui, so wie immer"

„Danke", sagte ich verheulter, als ich wollte. Dann lachte ich über meine eigene Dummheit. „Moritz, jetzt siehst du mich schon wieder heulen"

„Ist doch egal"

„Wenn du meinst"

„Und wie ich das meine" Er zog mich hoch.

„Soll ich echt wieder dorthin gehen?"

„Natürlich. Er wäre sicher enttäuscht"

„Er kennt mich doch nicht" Mir fiel augenblicklich wieder auf, wie traurig dieser Satz eigentlich war.

„Ist doch egal", wiederholte er und fasste mir durchs Haar. „Komm schon"

Ich sagte nichts. Ich überlegte mir nur eine Ausrede.

Alle sahen mich traurig an, als wir zurückkamen.

„Geht's dir wieder besser?", fragte er.

Gott, hör endlich bitte auf so nett zu mir zu sein! Umso netter du bist, desto mehr werde ich heulen!

„Ja, mir war nur kurz schlecht", log ich. Klappte ja ganz gut.

„Passiert dir das öfter?"

„Na ja, nicht so" Mist, da hätte ich auch wieder lügen sollen, aber irgendwie wollte ich ihn, in der kurzen Zeit, in der ich mit ihm reden konnte, nicht anlügen.

Dann hörten wir Stimmen, die riefen: „Hey! Da sind sie!" „Auf sie!" „Ja!"

„Oh nein, wir müssen weg", stellte die Königin fest.

Nein!

„Nein!", rief ich wirklich. Oh, peinlich. „Warten Sie kurz. Ich habe noch eine wichtige Frage an Sie, König" Er sah mich mit großen Augen an. „Wenn Sie ihre Tochter in fünfzehn Jahren sehen könnten, was würden Sie ihr sagen?"

„Nun, wenn sie so hübsch ist wie du würde ich ihr sagen" Er sah verträumt in den Himmel. „wie stolz ich auf sie bin, wie hübsch sie ist, wie sehr ich sie liebe und wie sehr ich ihr alles Gute dieser Welt wünsche" Erneut stach das Messer in meinem Herzen zu, schnürte mir die Kehle zu und brachte nur neue Tränen in meine Augen. „Aber warum fragst du so was?"

„Weil... ich Ihre Tochter kenne" Ich schluchzte es schon wieder.

„Und? Magst du sie?"

„Manchmal nicht, aber größtenteils schon. Sie ist ein sehr ehrlicher Mensch, äh ich meine eine sehr ehrliche Fee"

Das stimmte sogar. Ich mochte mich. Aber manchmal auch nicht. Meistens dann, wenn meine Ehrlichkeit sich wieder in meinem Mund breit machte. Dann hasste ich es, ich zu sein.

„Oh, das ist schön"

Ich bin es. Ich bin diese Tochter. Erkennst du mich nicht?

Dann sah er mich so an, als hätte er wirklich meine Gedanken gehört und blickte noch einmal stolz auf den dicken Bauch seiner Frau und sagte: „Das freut mich wirklich, dass du sie magst, doppelte Göttin"

„Wissen Sie schon wie ihre Tochter heißen soll?", fragte ich vorsichtig.

„Ich bin für Luisa", meinte er.

„Ja, aber ich bin eher für Sophie", meinte die Königin.

Sophie... Luisa?

Die Tränen drohten mir hinunter zukullern.

„Du bist wirklich sehr neugierig, doppelte Göttin", lachte der König. Jetzt kullerten sie. „Ist dir wieder schlecht?"

Ich schüttelte dämlich den Kopf und wischte meine Tränen weg.

Er drehte sich ängstlich um. „Wir müssen gehen. Bitte sagt niemanden wo ihr uns gesehen habt, okay?"

Wir nickten nur stumm.

Dann flohen sie in eine Seitengasse und mein Vater war für immer aus meinem Leben verschwunden. Er war leider nur ein paar Minuten in der Vergangenheit teil meines Lebens gewesen, doch nun wusste ich wirklich alles was ich wissen wollte und auch musste. Ich fühlte mich zwar elend, aber ich hatte mit ihm gesprochen! Ich wusste endlich, dass er mich wirklich geliebt hatte, auch, als ich noch nicht auf der Welt war. Ich wusste, dass er stolz auf mich war und dass er mir alles Gute dieser Welt wünschte. Aber fühlte ich mich jetzt wirklich besser? Na ja, nicht viel besser, aber ein bisschen besser.

Jetzt kullerten die Tränen unberechenbar über meine Wangen und langsam taten mir auch die Augen weh von dem vielen Weinen.

Moritz hatte Recht. Es war egal. Es war alles egal. Ich hatte mit IHM geredet. Ich war ihm also ähnlich. Diese Erkenntnis war so wunderschön und so fragte ich mich, warum ich überhaupt weinte. Ich hatte das, was ich schon lange wollte, seit mir Moritz von ihm erzählt hatte. Auch, wenn das das einzige Gespräch zwischen uns war, liebte ich ihn. Ich glaube, ich liebe ihm mehr als meine Eltern auf der Erde, die ich auch total liebte, aber ihn... er war nun mal mein leiblicher Dad. Er hatte mich gezeugt. Er war stolz auf mich. Er liebte mich. Das war das einzige, was ich wissen musste.

Jetzt konnte ich gegen Illona kämpfen und auch sterben. Ich würde glücklich sterben.

Jetzt konnte sie mir nicht mehr vorwerfen, dass ich nichts über das Leben wusste. Ich hatte gerade gelernt, dass man mit dem zufrieden sein sollte, was man bekam. Manchmal. So wie in diesem Fall. Mehr konnte ich nicht verlangen, weil er sonst früher sterben würde. Getötet vom eigenen Volk.

Wir mussten Historytia und meinen Dad retten. Klar, er würde sowieso bald sterben, aber vielleicht konnte ich davor noch mal mit ihm reden. Nur noch einmal. Okay, ich hatte doch nichts gelernt. Oder doch? Doch, hatte ich. Ich würde alles tun, um noch einmal mit ihm reden zu können und wenn es mir nicht gelingen sollte, dann war es eben so. Ich war sowieso schon glücklich. Vielleicht sogar glücklicher als je zuvor.

Selbst wenn Illona es doch schaffen sollte, mich zu töten, war es egal. Jetzt war alles egal. Ich hatte meinen leiblichen Vater kennen gelernt. Wenn sie mich töten sollte, würde ich zwar viele Menschen und Feen, die ich liebte zurücklassen, doch ich würde glücklich sterben; oh ja.

Wenn ich sterbe, hatte ich zwei Familien. Eine auf der Erde und eine in Fantasytia.

Wenn ich sterbe, hatte ich einen Freund. Einen, den ich mehr liebe als mein Leben.

Wenn ich sterbe, hatte ich mit meinem Erzeuger gesprochen, der eigentlich schon tot war.

Wenn ich sterbe, war ich eine doppelte Göttin.

Wenn ich sterbe, hatte ich so viele coole und einzigartige Menschen kennen gelernt und hatte mich mit ihnen angefreundet.

Und wenn ich sterbe, hatte ich meine ehemalige beste Freundin, die Meerjungfrauenfee Zarina, endlich wieder gesehen. Nach so vielen Jahren.

Ich hatte wirklich nichts zu verlieren. Rein gar nichts.

Mittlerweile tat es mir sogar Leid, dass die Anderen keine Chance gehabt hatten, mit den Beiden zu sprechen.

Diesen Gedanken wurde ich sogleich los, doch alle winkten nur ab. Ich umarmte sie alle. Es war schon seltsam, wie wichtig und nahe sie mir in diesen Monaten geworden waren. In diesen Monaten voller Anfänge, Liebe, Zusammenhalt, Tränen und Rettungsaktionen. Mein Leben hatte endlich einen Sinn. Ich hatte eine Aufgabe und dieser Gedanke wieder rum war so unfassbar befreiend, dass ich sogar das äußerst egoistische und masochistische Gefühl hatte, ich könnte Illona allein besiegen. Doch das würde ich nie wollen. Zusammen machte alles doch mehr Spaß. Auch das dumme-Leute-töten. Vielleicht.

Ich schluckte die letzten Tränen hinunter und freute mich nur noch auf unsere nächsten gemeinsamen Abendteuer. Wow, ich glaube, so zuversichtlich war ich noch nie!

Ich sah in die Seitengasse, in der er verschwunden war. Und flüsterte in Gedanken:

Ich liebe dich, Dad.

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