18 | Lagerfeuer

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Als ich am Abend an den Strand kam, konnte ich schon von Weitem das Lagerfeuer sehen, dass die Gruppenleiter schon gestern vor dem Unwetter aufgeschichtet hatten. Ich musste mich den ganzen Tag ausruhen und hatte beschlossen, zumindest den Abend noch zu genießen, da die Ärztin gesagt hatte, ich müsse mich nur ein wenig schonen.

Die Nacht war sternenklar und etwas frisch, da der Wind von der See zu uns herüber wehte. Mir war ein wenig kalt, als ich mit den Händen in den Hosentaschen auf die gut gelaunte Menge zuging. Die unfreiwillige Gesangseinlage am Morgen und der Unfall, inklusive Übergebens, hatten ein wenig an meinem Selbstbewusstsein gekratzt. Ich wollte eigentlich nicht in Erinnerung bleiben als der Junge, der dem Surflehrer vor die Füße gespuckt hatte.

Hauke und Sascha saßen bereits auf einem großen Baumstamm am Feuer und erzählten die Geschichten der letzten Tage. Vanessa und Bianca saßen zu ihren Füßen und lachten an den passenden Stellen. Als ich näherkam und sie mich bemerkten winkten sie mir fröhlich zu. Ich winkte zurück und suchte nach einem freien Platz. Ich hatte jetzt grade keine große Lust mich gleich wieder ins Getümmel zu stürzen.

Daher war ich froh, als Micha mich kommen sah und ein Stück auf seiner Decke, die er auf der anderen Seite des Lagerfeuers ausgebreitet hatte, für mich freihielt. Dankend nahm ich neben ihm platz. „Wie schön, dass du doch noch kommen konntest. Möchtest du auch einen Marshmallow oder lieber Stockbrot?", fragte er liebevoll grinsend und hielt mir beides vor die Nase.

„Danke", sagte ich und entschied mich für das Stockbrot. Plötzlich meldete sich bei mir der Hunger zurück und ich hielt den Stock in die Flammen.

„Geht's dir wieder besser?", erkundigte sich Micha und legte liebevoll eine Hand auf meine Schulter. "Wir haben uns Sorgen gemacht!"

„Ja danke, alles gut", antwortete ich knapp, denn ich wollte jetzt nicht über meinen Unfall sprechen. Allein bei dem Gedanken an das Geschehene, fing mein Herz an zu rasen und ich bekam das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Gedankenverloren blickte ich ins Feuer und drehte mein Brot.

„Ich wollte dich ja besuchen, aber Sascha meinte, dass du Ruhe bräuchtest", erklärte er.

„Schon okay", erwiderte ich. „Ich habe eh die meiste Zeit geschlafen."

Du warst an dem Abend sehr cool und ich habe nicht mal gemerkt, wie nah dir die ganze Sache gegangen ist. Erst viel später habe ich erfahren, dass du wie ein nervöser Dackel (Saschas Worte, nicht meine) vor dem Krankenraum auf und ab gewandert bist, um zu erfahren, ob es mir gut gehe.

Irgendwann hat Sascha dich beiseite genommen und gemeint, dass ich Ruhe bräuchte und du dir keine Sorgen machen solltest. Beim Abendbrot hast du keinen Bissen runter bekommen. Wenn man Sascha Glauben schenken darf, hat er da bereits geahnt, wie wichtig ich dir war.

Ein lautes Lachen wehte von der anderen Seite an mein Ohr und ich sah Sascha und Vanessa an, die sich köstlich über einen Witz von Hauke amüsierten.

Die Tatsache, dass Sascha mich aus dem Wasser gerettet hatte, löste ihn mir ein eigenartiges Verlangen nach ihm aus. Er war quasi mein Held, der mich gefunden und dann auf seinen starken Armen an den Strand getragen hatte. Zumindest stellte ich mir das vor.

Verträumt blieb ich an Saschas blonden Locken hängen und an seinem vollen Mund. Seine blauen Augen umspielte ein Lächeln und bildete kleine Fältchen auf seinen rosigen Wangen. Er fing nun auch an einen Witz zu erzählen und ich beobachtete ihn lächelnd, wie er wild gestikulierend alle Blicke auf sich zog.

„Vergiss es", flüsterte Micha und ich zuckte zusammen.

„Was meinst du?", frage ich unschuldig.

„Vergeude nicht deine Zeit mit ihm", erklärte er mit bitterem Unterton.

„Warum sagst du das?", fragte ich irritiert. Ich war mir nicht sicher, ob er eifersüchtig war, oder mich beschützen wollte.

„Ich will dich nur warnen", antwortete er fast flüsternd. „Er macht sich jedes Jahr hier Freunde und sobald du weg bist, hat er dich wieder vergessen. Es lohnt also den Aufwand nicht, sich mit ihm anzufreunden", verriet er und ich vermutete, dass ich endlich den Grund erfahren hatte, warum Micha und Sascha sich aus dem Weg gingen. Anscheinend hatte Micha sich versucht mit Sascha anzufreunden und er hatte ihn nach dem Kurs einfach abblitzen lassen.

Mein Blick wanderte wieder Richtung Sascha, der grade seine Jacke ausgezogen hatte, um sie Vanessa liebevoll um die Schultern zu legen. Wie gern ich jetzt zu seinen Füßen gesessen hätte. In Gedanken spürte ich seine Beine an meinem Rücken und seine großen starken Hände auf meinen Schultern. Ich stellte mir vor, wie er mich von hinten umarmte und mir liebevolle Dinge ins Ohr flüsterte. „Jamie! Dein Brot brennt", hörte ich Micha plötzlich neben mir rufen.

Schlagartig erwachte ich aus meiner Schwärmerei und sah, wie Micha sich über mich beugte, nach meinem Stock griff und das brennende Brot im Sand erstickte. Ich spürte, wie alle Blicke plötzlich auf uns gerichtet waren und hörte die anderen Jugendlichen kurz danach in Gelächter ausbrechen. Betreten wanderte mein Blick zu Sascha, der mich anlachte. „Ist wohl nicht dein Tag heute, Jamie", scherzte er und zwinkerte mir zu. Mein Herz machte einen kleinen Satz und ich lächelte zurück.

„Irgendwer muss ja auf dieser Seite für die Unterhaltung sorgen", rief ich, fühlte jedoch auch wie die Scham über mein Unglück einen kalten, kribbeligen Schauer über meinen Rücken jagte. Nachdem sich das Lachen wieder beruhigt hatte und die Gespräche wieder ihren gewohnten Gang nahmen, sah ich Micha neben mir die verkohlen Stücke des Brots und den Sand von dem Rest des Teiges entfernen. Er ging dabei sehr akribisch vor und schaffte es, dass das Brot danach wieder essbar aussah.

„Also, wenn du noch willst?", bot er es mir an und lächelte mir zu. Auch wenn ich fast schon keinen Hunger mehr hatte, nahm ich das Brot, das er so fürsorglich gesäubert hatte, aus seiner Hand entgegen. „Das wäre doch nicht nötig gewesen", bedankte ich mich und brach ein Stückchen für ihn ab. „Dein Anteil, für die Rettung", witzelte ich und hielt ihm das Stück Brot hin. Er grinste mich an und griff danach. Mit zarten Fingern zerpflückte er es und ließ es in seinem Mund verschwinden. Ich tat es ihm gleich und musste zugeben, dass Micha seine Arbeit gut gemacht hatte.

Nach dem Essen lehnten wir uns zeitgleich zurück und legten unsere Füße ans Feuer. Micha sah mich an. „Zwei Dumme, ein Gedanke." Ich sah zurück und bemerkte ein weiteres Mal, das Leuchten in seinen Augen. Als er bemerkte, dass ich ihn musterte, lächelte er verlegen.

„Ist dir kalt? Ich habe noch eine Jacke mit." Obwohl ich tatsächlich etwas fröstelte, wollte ich es mir nicht anmerken lassen. Sascha sollte nicht denken, dass ich eine Frostbeule war. Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu der Clique hinüber, als Sascha sich zu Vanessa hinunter beugte, die immer noch seine Jacke trug, und sie zärtlich auf ihr Ohr küsste. Sie lächelte und gab sich der Berührung hin, während mein Herz vor Eifersucht klopfte. Ich wusste natürlich, dass Sascha auf Frauen stand, aber ich hatte die Hoffnung auf ihn noch nicht ganz aufgegeben.

Micha musste meinen Blick bemerkt haben, hielt sich aber mit seinem Kommentar diesmal zurück. Stattdessen griff er nach seiner Gitarre, die im Sand neben ihm lag und begann sie zu stimmen. Sascha und Vanessa waren auf der anderen Seite inzwischen in einen tiefen Kuss versunken und auch Hauke und Bianca bändelten langsam an. Auf einmal hatte ich das Gefühl, dass um uns herum immer mehr Pärchen zueinander fanden.

Ich versuchte mich auf Michas Gitarrenspiel zu konzentrieren, das er grade angestimmt hatte, aber es gelang mir nicht. Suchend blickte ich in den Himmel und wartete auf eine Sternschnuppe. Ich wollte mir etwas wünschen. Vielleicht, dass mich Sascha doch küsste. Vielleicht, dass ich seinen beinahe makellosen Körper berühren durfte. Vielleicht, dass er mich leidenschaftlich umarmte und Dinge mit mir anstellte wie...

Vor meinem inneren Auge tauchte plötzlich Carsten auf. Der große starke Carsten, der mich mühelos auf mein Bett warf und mit zärtlichen Küssen über mich herfiel und der immer genau gewusst hatte, wie er mich mit seinen Berührungen beinahe in den Wahnsinn trieb, bis wir beide, völlig erschöpft und zufrieden in die Kissen sanken.

War ich denn immer noch nicht über ihn hinweg? Es waren jetzt fast 3 Monate, in denen er sich nicht bei mir gemeldet hatte, ja in denen wir uns nicht einmal über den Weg gelaufen waren, obwohl unsere Häuser direkt nebeneinanderstanden.

‚Wenn ich wenigstens Sascha für eine Nacht haben könnte', dachte ich. ‚Vielleicht käme ich dann endlich über Carsten hinweg.'

Ich merkte, wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals breit machte und schlang meine Arme um meine Beine. Unbeteiligt beobachtete ich Micha, wie er sauber die Seiten anschlug. Dazu summte er eine vertraute Melodie, doch ich vermochte nicht zu erraten, woher ich das Stück kannte.

Auf einmal öffnete er die Augen und sah mich an. „Willst du auch mal", bot er mir an und ich löste mich aus meiner Umklammerung. „Du kannst doch spielen, oder?", fragte er unsicher. „Naja", murmelte ich verlegen. „Spielen würde ich das nicht nennen. Ich kenne nur ein paar Akkorde", gab ich zu, als Micha mir die Gitarre in die Hand drückte. „Es hört ja eh kaum jemand zu", sagte er ein wenig bitter bei einem Blick in die Runde. „Die sind ja alle beschäftigt."

Um mich von meinen Gedanken abzulenken, nahm ich vorsichtig die Gitarre und legte sie mir auf mein Bein. Unsicher setzte ich meine Finger auf den E-Akkord. Emilio hatte mir im Urlaub ein paar Griffe gezeigt. Und als ich wieder zuhause gewesen war, hatte ich mir die alte Klampfe meines Vaters vom Dachboden geholt und ein paar Mal darauf geübt. Allerdings hatte ich sie nie richtig gestimmt bekommen und mein Talent für die Musik im Allgemeinen war überschaubar.

Langsam ließ ich meinen Daumen über die Saiten fahren. „Fast", grinste Micha und griff nach meiner linken Hand. „Der Zeigefinger ist nicht ganz drauf", erklärte er und schob meinen Finger ein kleines Stück nach oben. „Okay, versuch's nochmal", spornte er mich an. Ich versuchte es erneut und es klang gleich ein bisschen besser.

„Jetzt versuch mal das A", schlug Micha vor und ich musste kurz überlegen. Unsicher legte ich meine Finger auf die Saiten. „Das ist das C", grinste Micha und griff nach meiner Hand. Als er sie berührte, sah ich aus dem Augenwinkel Sascha zu uns herüberblicken und die Szene beobachten. Da ich mir über die neu entflammten Gefühle für Sascha noch nicht sicher war, war es mir unangenehm, Micha so nah bei mir zu wissen.

Also nahm ich meine Hand weg und sah zu Micha. „Zeig es mir doch einfach", sagte ich eilig. Micha sah mich irritiert an. Dann sah er in Saschas Richtung, der sich aber gleich wieder mit Vanessa beschäftigte. Enttäuscht und tadelnd sah Micha mich an und schüttelte den Kopf. Ich sah noch einmal zu Sascha und beobachtete, wie er Vanessa zärtlich küsste.

Etwas unsanft riss Micha mir die Gitarre aus der Hand und stand auf. „Ich gehe jetzt ins Bett", verkündete er leicht säuerlich und stapfte in Richtung Zeltplatz davon. Mich ließ er allein auf seiner Decke zurück. Kurz überlegte ich, ob ich ihm nachlaufen sollte. Aber ich hatte mich so auf das Lagerfeuer gefreut, dass ich es jetzt nicht so schnell wieder verlassen wollte. Micha würde sicherlich gleich wieder kommen, wenn er sich etwas beruhigt hatte. Er war sauer, dass ich mich mit Sascha und den anderen angefreundet hatte und wollte wahrscheinlich nicht, dass ich ihn deshalb fallen ließ. Aber das hatte ich auch gar nicht vor. Ich hatte Micha gern. Sehr sogar. Das musste er doch spüren.

Andererseits wollte ich auch nicht exklusiv nur für Micha da sein. Zumal ich zu Sascha eine gewisse andere Zuneigung spürte. Seufzend ließ ich mich auf der Decke nieder und starrte gen Himmel. Ein paar Wolken verdeckten die Sterne und den Mond und ich gab meine Hoffnung, vielleicht doch noch eine Sternschnuppe zu sehen, auf.

An dem besagten Tag muss mein armer Kopf wirklich schlimm gelitten haben, dass ich nicht bemerkt habe, dass Du nicht ohne Grund meine Nähe gesucht hast. Ich war so blind.

Während ich so schreibe, habe ich ein schlechtes Gewissen, obwohl ich mich mehrfach im Nachhinein bei dir dafür entschuldigt habe, wie ich mich benommen habe.

Und obwohl ich weiß, dass Du mir längst verziehen hast, bitte ich dich noch ein letztes Mal:

Verzeih mir, dass ich so ein Idiot gewesen bin.

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