Der Schwur

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Für einen Moment bin ich sprachlos. Allein durch mein Blinzeln lasse ich mir meine Überraschung anmerken. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber bestimmt nicht das. Außerhalb Schattenreichs. Der Prinz will mich außerhalb Schattenreichs mitnehmen, damit ich ihm helfe, die Mörder seiner Handelskarawane zu finden und zu bestrafen. Soweit ich weiß, wurde bisher keinem Gladiatoren ein solches Angebot gemacht. Wobei es ja vielmehr ein Befehl als ein Angebot ist. Und dennoch...das eröffnet mir gänzlich neue Möglichkeiten.

Nachdem ich mich wieder ein wenig gefasst habe, stelle ich mir vor, wie einfach es wäre, abzuhauen. Als Gladiatorin hatte ich nie wirklich eine Chance. Aber wenn ich schon außerhalb des Königreiches wäre...in meiner Heimat….nur in Begleitung dieser zwei Männer...ich muss an mich halten, um nicht siegesgewiss zu lächeln. Sieht so aus, als würde ich bald mein eigenes Königreich wieder sehen. Meine Freunde. Meine Familie.
Doch ich lasse mir nichts anmerken. Der Prinz mag seine Entscheidung schon getroffen haben, aber das bedeutet nicht, dass er sie nicht noch ändern kann. Ich muss aufpassen. Er darf nicht erkennen, dass ich mehr als freudig dieser Mission entgegensehe.

Also ziehe ich die Augenbrauen hoch und verschränke abwehrend die Arme.
"Aha. Und mal angenommen, ich helfe Euch...was bekomme ich als Gegenleistung?"
Der Prinz mustert mich wieder und lächelt kühl.
"Du erwartest eine Gegenleistung? Ich glaube, dir ist nicht klar, in welcher Position du dich befindest. Falls du es also wirklich vergessen hast: du bist eine Sklavin. Du wirst tun, was ich dir sage, auch ohne jede Gegenleistung."

Er hat Recht. Und doch bin ich niemand, der so einfach nachgibt. Das wäre nicht realistisch und würde noch auffallen. Also sage ich:

"Natürlich,"

Die Augenbrauen des Prinzen zucken nach oben, überrascht, dass ich so leicht nachgebe.
Freundlich, wie ich bin, belehre ich ihn natürlich sofort eines Besseren:

"Zweifellos bleibt mir keine andere Wahl, als Eurem Befehl Folge zu leisten. Aber ich kann Euch ehrgeizig und mit aller Kraft helfen oder aber ohne wirklich von Nutzen zu sein. Das bleibt Euch überlassen."

Seine Lippen verziehen sich zu einem grimmigen Lächeln. Mit verschränkten Armen lehnt er sich zurück und mustert mich von Neuem, wie ein unvollständiges Puzzle, das immer mehr Teile hinzubekommt. Ich kann nicht verhindern, ihm allein durch mein Verhalten Dinge über mich zu verraten. Aber ich kann falsche Fährten legen und verhindern, dass er jenes Puzzleteil entdeckt, das mir am wichtigsten ist. Das, was mich wirklich ausmacht.

"Du hast Mut, so mit mir zu reden", beginnt er langsam, während sich seine dunklen Augen tief in mich bohren und ich der abgrundtiefen Kälte darin gewahr werde. Der skrupellosen Entschlossenheit, alles zu tun, was nötig ist, um zu bekommen, was er will. Unwillkürlich bekomme ich eine Gänsehaut. Aber ich ignoriere dieses Gefühl. Dennoch bleibe ich wachsam. So langsam bekomme ich den Eindruck, dass sich hinter diesem Prinzen mehr versteckt als angenommen. Es scheint, als sei ich nicht das einzige Rätsel hier in diesem Raum. Mal sehen, wer schneller hinter die Geheimnisse des anderen kommt. Angesichts dieser Herausforderung macht sich kalte Freude in mir breit. Lasset die Spiele beginnen.

"Oder vielleicht ist es Dummheit?", fragt er leicht, ohne dass allerdings die Kälte aus seinem Blick weicht.
"Denn du scheinst dir immer noch nicht ganz deiner Position bewusst zu sein. Ich kenne Mittel und Wege, deinen Ehrgeiz für unsere Mission zu gewinnen."

Seine Stimme ist ruhig. Gefährlich ruhig. Es besteht kein Zweifel, dass er jemand ist, der seine Drohungen ernst meint. Dass er auch bereit ist, sich selbst die Hände schmutzig zu machen. Wie oft er wohl bereits Leute zusammengeschlagen hat? Gefoltert hat? Im Grunde spielt die Zahl keine Rolle. Wichtig ist, dass er nicht zögern wird, mich zu verletzen, falls es erforderlich sein sollte. Und ich kann nicht zulassen, ihnen zu zeigen, dass meine Wunden schneller heilen als normal. Selbst wenn ich mich wie immer selbst um meine Wunden kümmere, sprich sie verbinde und das lange genug, bevor ich den Verband abnehme, wird es auffallen. Da mache ich mir nichts vor. Dem Prinzen wird nichts entgehen.

Aber ich kann bei der Androhung von Verletzungen auch nicht klein beigeben. Das würde mich schwach erscheinen lassen, als wäre ich leicht zu kontrollieren.
Ich muss wohl etwas riskieren.
Also lasse ich ein messerscharfes Lächeln aufblitzen.

"Versucht Euer Bestes, Prinz. Ihr werdet Euch noch so sehr anstrengen können, aber ohne meine freiwillige Einwilligung werde ich Euch nicht so gut helfen wie ich es kann."
Er hebt langsam eine Augenbraue. Als ob er am Wahrheitsgehalt meiner Worte zweifeln würde. Ich zucke leicht mit den Schultern.

"Vielleicht bluffe ich ja. Aber wollt Ihr dieses Risiko wirklich eingehen? Ihr könnt meinen bedingungslosen Ehrgeiz haben….oder aber nicht, vielleicht sogar das Gegenteil. Es bleibt Euch überlassen. Wählt klug."
Einen Moment lang breitet sich Stille im Zimmer aus. Mein Körper ist angespannt, bereit, sich schnell zu bewegen, wenn eine der Wachen mich fassen will. Aber das geschieht nicht.

Stattdessen fragt der Prinz: "Und was willst du haben?"
Ich weiß, das ist noch kein Zeichen, dass er auf meinen Vorschlag eingehen wird. Er will nur seine Möglichkeiten kennenlernen und gegeneinander abwägen.
Wieder zucke ich leicht mit den Schultern, blicke ihm geradewegs in die dunklen Augen.

"Einen Gefallen. Ich will einen Gefallen bei Euch haben."
Wieder einen Moment Stille. Sein Gesicht gibt keinen seiner Gedanken preis.
"Ein Gefallen welcher Art?", fragt er ausdruckslos.

"Das werde ich mir dann überlegen", erwidere ich nur.
Ich bin gespannt, ob er auf dieses Risiko eingehen wird.
Schließlich setzt er sich gerade auf und legt die Arme auf den Tisch. Tief schaut er mich an.
"Schwöre es auf deine Heimat und deine Götter. Dann haben wir einen Deal."

Überrascht blinzle ich. Nur wenige in den Königreichen kennen noch die alten Bräuche. Nichts ging früher über einen Schwur. Und auch heute noch werden in manchen Stämmen so Verträge geschlossen. Allerdings ist das schon vergessen, zumindest bei den Königreichen, die Verträge nun auf Papier schließen. Dieser Prinz wird immer interessanter.

"Schwören wir gemeinsam", schlage ich vor. "Schwört auf Euer Königreich, Euer Leben und das Eurer Untertanen, dass Ihr mir diesen Gefallen, egal welcher Art, gewähren werdet."
Er nickt, versichert mir seine Zustimmung. Zeitgleich legen wir unsere Hände auf unsere Herzen. Ich fange an zu sprechen:

"Ich schwöre auf meine Heimat und meine Götter, dass ich Euch mit Ehrgeiz bei der Mission helfen werde, solange Ihr mich nicht dazu zwingt und mir einen Gefallen gewährt."
Seine dunklen Augen halten meinen Blick fest, während auch er anfängt zu sprechen:

"Ich schwöre auf mein Königreich, mein Leben und das meiner Untertanen, dass ich dir diesen Gefallen, egal welcher Art, gewähren werde."
Einen Moment lang sehen wir uns noch fest in die Augen, dann nimmt er die Hand von der Brust und wendet sich an eine der Wachen hinter mir.

"Kardin, hole Proviant für unsere Reise und mach die Pferde bereit. Wir werden sofort aufbrechen."
Eine Wache hinter mir geht aus der Tür.
Dann wendet sich der Prinz an eine andere Wache.

"Cerox, bring Jaguar zu den Dienerinnen, sie sollen sie baden und ihr andere Kleidung geben. Wir treffen uns dann in den Ställen."
Nun fiel dieser dunkle Blick wieder auf mich.

"Gib dein Bestes bei dieser Mission, Jaguar, oder du wirst es bereuen."
Kalter Tod scheint in seiner Stimme zu liegen und selbst die Schatten im Raum scheinen sich ängstlich zurückzuziehen.

Doch ich halte seinem Blick stand und lächele ihn süffisant an.
"Alles andere würde mich auch enttäuschen."
Ich spüre jemanden von hinten an mich herantreten und drehe mich um.
Eine Wache sieht mich an und nickt zur Tür. Scheint ganz so, als hätte ich Eindruck geschindet, als ich der anderen Wache die Hand gebrochen habe. Ich lächle und gehe hinaus, um mich für die Mission vorzubereiten.

Dabei frage ich mich, ob der Prinz wohl irgendwann erkennen wird, dass mein Schwur nichts bedeutet. Denn ich habe keine Heimat. Meine Heimat ist überall und nirgendwo, da mein Königreich und ich als Nomaden umherziehen. Und Götter? Ich glaube nur an mich selbst, an niemanden sonst.
Ob der Prinz das wohl erkennen wird, wo er doch so klug zu sein scheint? Nun, ich hoffe, dass seine Erkenntnis zu spät kommen wird. Denn haben wird er sie auf jeden Fall, da mache ich mir nichts vor.

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