06 - Zusammen alt werden

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Gedankenverloren rührte ich in meinem Kakao herum. Meine Gedanken waren mal hier mal dort, gefangen in meinem Kopf.
Ich nahm wahr, wie jemand den Raum betrat, aber ich nahm nicht wahr wer es war, bis ich ihre Stimme vernahm.
„Alex, so kann es nicht weiter gehen. Dir die letzten zwei Tage zuzuschauen war schon schlimm genug, jetzt mach was. Egal was."
Es war die Stimme von Amelie.

Langsam hob ich den Blick von meinem Kakao und schaute zu ihr hoch. Sie stand im Türrahmen des Wohnzimmers und lächelte leicht.
„Auf geht's!"
Ich konnte ihre Motivation nicht teilen.
„Amelie, mein Kopf ist so leer und gleichzeitig sind so viele Gedanken in ihm gefangen. Ich bekomme keinen vernünftigen Satz auf die Reihe. Wenn ich jetzt zu ihr gehe kommt sowieso nur Mist aus mir raus."

Sie lächelte weiterhin.
„Gerade hast du sogar drei richtige Sätze aneinandergereiht und ich habe dir gestern auch gesagt, dass sie vielleicht genau das hören muss. Das was du sagst, wenn du einfach du selbst bist und deine Gefühle für dich sprechen lässt."

Ich hatte Amelie gestern alles erzählt. Ich war ihr eine Entschuldigung schuldig gewesen nachdem sie von der Party nachhause kam und ich nicht zuhause war. Ich hatte bis kurz nach vier im Regen draußen an einer Straße gesessen. Die Zeit hatte mir gutgetan, aber ich konnte meine Schwester verstehen, dass sie sich um mich sorgte, als sie mich nicht angefunden hatte.
Sie hatte mich gestärkt und es hatte gut getan mit ihr darüber zu sprechen.

Amelie teilte meine Meinung, dass ich Vivienne alles erzählen sollte.
Ich musste ihr meine Gefühle gestehen, sonst würden sie mich immer weiter innerlich zerfressen. Außerdem hatte ich so Gewissheit. Der Optimalfall wäre, wenn natürlich, wenn sie die Gefühle erwidern würde, aber falls es so war, hatte ich zumindest Gewissheit.
Falls dieser Fall eintreten würde, hatte ich den Beschluss gefasst mein Studium abzubrechen und irgendwohin ziehen, wo ich sie nie mehr sehen könnte.
Irgendwo, wo ich einfach ein neues Leben starten könnte.
Ein neues Land, neue Menschen, ein neuer Start.

Wahrscheinlich waren diese Konsequenzen, das was mich doch davon abhielt direkt zu ihr zu fahren. Ich hatte Angst vor ihrer Reaktion und Angst davor, dass es womöglich wirklich das letzte Mal sein könnte, dass ich in ihre wunderschönen braunen Augen schauen konnte.
Dieser Schritt war nicht leicht, aber es war der einzig richtige.

„Ich habe Angst, Angst sie zu verlieren."
Ich schaute Hilfe suchend den Augenkontakt zu meiner großen Schwester.
„So hart es klingen mag, aber wenn du ihr nicht erzählst, was du mir erzählt hast, dann wirst du sie auch verlieren."
Ich schluckte. Sie hatte Recht. Wie immer.
Amelie lächelte weiterhin ermutigend. Sie kam auf mich zu und schloss mich dann in eine Umarmung.
„Ich bin für dich da kleiner Bruder. Egal was passiert."
Ich nickte.
„Danke."

Dann löste sie sich aus der Umarmung.
„Und jetzt nimm all deinen Mut zusammen und fahr zu ihr und schütte ihr dein Herz aus."

Ich tauschte meine Jogginghose und mein T-Shirt durch eine blaue Jeans und einen Pullover.
Bevor ich meine Jacke anzog ging ich noch kurz in unser Badezimmer und warf einen schnellen Blick in den Spiegel. Ich sah mein Spiegelbild. Egal was gleich passieren würde, wahrscheinlich wäre mein Leben nie wieder so, wie es gerade noch war.

Als ich aus dem Badezimmer kam stand Amelie mit meiner Jacke vor der Haustür.
Ich nahm ihr die Jacke ab und zog sie mir drüber.
„Viel Glück, ich drücke dir die Daumen."
Ich lächelte und schloss sie dann in eine Umarmung.
„Danke."
Ich öffnete die Tür und machte einen Schritt hinaus. Hinter mir fiel die Tür ins Schloss. Amelie hatte sie zugezogen sobald ich draußen war, sodass es unmöglich für mich war einen Rückzieher zu machen.

Draußen schien die Sonne, aber ein kalter Wind pfiff um die Häuser. Ich ging nicht auf direktem Weg zu Vivienne, denn ich machte einen kleinen Umweg zur Tankstelle. Unglücklicherweise war es Sonntag und alle Läden waren zu, aber ich wollte Vivienne etwas mitbringen. Und wenn es die überteuerten Pralinen von der Tanke waren.

Anschließend ging ich dann zur Wohngemeinschaft von Vivienne. Mit jedem Schritt mit dem ich dem Haus näher kam beschleunigte sich mein Puls. Auf den letzten hundert Metern merkte ich wie meine Hände anfingen zu zittern.
Sobald ich vor der Tür stand drückte ich die Klingel mit ihrem Nachnamen. Kaum darauf knackte die Lautsprechanlage und ich hörte Viviennes Stimme.
„Hallo, wer ist da?"

Ich schluckte.
„Heyy, hier Alexander."
Nach einer kurzen Pause fuhr ich fort.
„Ich weiß, du wolltest Ruhe von mir, aber ich möchte gerne mit dir reden. Kann ich hochkommen?"

Vivienne antwortet nicht.
Gefühlt stand ich eine halbe Ewigkeit unten vor der Tür und ich wollte gerade umdrehen und gehen, als die Tür sich öffnete und ich Vivienne hinter dieser hervortreten sah.
„Komm rein!"

Ich folgte Vivienne durch das Treppenhaus bis in die Wohnung der drei, jedoch schien außer Vivienne keiner zuhause zu sein, was mir durchaus recht war.
In ihrem Zimmer setzten wir uns auf die Couch, auf der wir auch schon die Partynacht verbracht hatten. Aber dieses Mal saßen wir nicht in einer tiefen Umarmung hier. Vivienne saß an einem Ende und ich am anderen.

„Du wolltest reden?"
Ihre braunen Augen funkelten.
„Ja."
Dann brach meine Stimme ab. Mein Kopf war wie leergefegt, kein einziger Gedanke flog durch meinen Kopf und zwischen mir und Vivienne baute sich eine Stille auf.

Um die Stille nicht noch unbehaglicher zu machen räusperte ich mich und legte mir die Worte auf der Zunge zurecht.
„Vivienne... Ich weiß nicht wo ich anfangen soll."
Sie lächelte vorsichtig."

„Ich hatte nicht damit gerechnet dich jemals wieder zu sehen und irgendwie steht meine gesamte Welt seitdem wieder auf dem Kopf.
Weißt du, die meisten Menschen gehen einfach an dir vorbei und du nimmst sie nicht mal richtig wahr, aber bei dir war es schon immer anders. Schon seit dem ersten Blick."

Und nach und nach flogen mir die Gedanken wieder zu. Ich kam in einen Redefluss und erzählte ihr alles, wirklich alles, was mir einfiel.
Es war so viel mehr, als ich zuvor mit Amelie besprochen hatte, aber ich ließ meinen Gedanken und Gefühlen einfach freien Lauf.
Sie sollte alles wissen. Jetzt wo ich mich schon getraut hatte ihr meine Gefühle zu beichten, da konnte ich auch einfach alles erzählen was mir in den Sinn kam.
Ich ließ alles raus was sich die letzten Jahre bei mir angestaut hatte und was schon längst überfällig war es auszusprechen.
Ich sprach über meine Gefühle, ich erzählte ihr von meinen liebsten Erinnerungen, die wir beide teilten und wie ich mich in jener Situation damals gefühlt hatte.

Ich erzählte ihr auch davon, wie ich das erste Mal wirklich verstanden hatte, dass ich so viel mehr für sie empfand als eine normale Freundschaft und wie sehr ich mich dafür schämte ihr Andeutung nicht verstanden zu haben.

Alles unterbewusst gedacht und Gefühlte kam aus mir heraus. Ich dachte nicht mal mehr drüber nach was ich sagte, ich sagte es einfach frei heraus. Über das eine oder andere was ich los wurde war selbst ich ein wenig verwundert.

Vivienne saß mir einfach nur gegenüber und hörte mir zu.
Als mir irgendwann anfingen die Tränen über die Wangen zu rollen, legte sie ihre Hand auf mein Knie und streichelte es sanft.
Anfangs hatte ich gar nicht bemerkt, wie sich die eine oder andere Träne löste. So sehr war ich darin vertieft Vivienne von all meinen Gefühlen zu erzählen.

„Ich weiß nicht ob es Zufall war, dass wir uns nochmal getroffen haben, aber vielleicht wurde uns noch eine Chance gegeben. Eine Chance die ich so gerne nutzen würde um endlich das mit dir teilen zu können, was ich schon immer so gerne mit dir geteilt hätte.
Ich wollte diese Chance nutzen um dir endlich zu sagen, was schon so lange tief in mir drinnen passiert ist, denn zurückbleibend war jeder Moment, den wir nicht zusammen verbracht haben für mich ein Moment der Leere."

Irgendwann fand ich einen Schlusssatz. Als ich kein Wort mehr zu reden hatte schaute ich Vivienne erwartungsvoll an, doch sie blieb stumm. Kein Wunder, ich hatte sie gerade wahrscheinlich totgeredet.

Langsam kam ich in die Realität zurück. Während ich im Redefluss war, stand die Zeit für mich still. Ich hatte nichts mehr um mich herum wahrgenommen und war irgendwo tief in meinen Gedanken verschwunden.
Erst jetzt fielen mir Viviennes glasigen Augen auf. Hatte sie geweint?
Wäre es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, wenn sie geweint hätte.

„Alex... Pale... Ich weiß nicht ganz wie ich dir antworten soll..."
Vivienne wirkte verunsichert.
Ich wollte, dass sie irgendwie auf meinen Bewusstseinsstrom antwortete.
„Sag irgendwas. Wenn du mich rausschmeißen willst, dann mach das, aber sag bitte irgendwas."
Meine Stimme brach ab. Nun würde sich entscheiden was aus uns werden würde.

Vivienne schaute zu mir und schüttelte ganz leicht den Kopf. Sie nahm meine Hände und schaute mir tief in die Augen.
„Du hast mir gerade aus dem Herzen gesprochen Pale. Alles was du gerade gesagt hast, war genau das was ich auch immer gefühlt hatte."
Sie unterbrach ihren Satz und ich sah wie eine kleine Träne ihre Wange hinunterrollte.
„Weißt du, wie unglaublich wichtig du mir bist? Es gibt keinen Menschen für den ich annähernd so fühle wie für dich. Als ich dich hier wiedergesehen hatte, ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, aber irgendetwas in mir ist passiert."

Ich nickte.
„Ich weiß was du meinst. Mir ging es ganz genauso."

Vivienne lächelte vorsichtig.
„In den letzten Jahren habe ich so viel Mist gemacht. Ich habe versucht mich abzulenken mit anderen Jungs, vielen anderen Jungs, aber es hatte nie funktioniert, eigentlich wurde es sogar schlechter.
Es gab kaum einen Tag an dem ich nicht an dich gedacht hatte."

Daraufhin erzählte ich ihr davon, dass es für mich immer nur sie gab und ich keine einzige Freundin in der Zwischenzeit hatte, weil sie schon immer den Platz in meinem Herzen hatte.
„Du hattest also noch nie eine Freundin? Die müssen dir doch hinterhergerannt sein?"

Ich lachte etwas.
„Das war mir sowas von egal, es gab immer nur ein Mädchen von dem ich etwas wollte und das sitzt gerade vor mir.
Ich schaute Vivienne an und unsere Blicke trafen sich. Vivienne wurde ein wenig rot und versuchte ein Lächeln zu unterdrücken, was ihr misslang.

„Weißt du, was alles war, was ich je wollte?"
Vivienne pausierte kurz bevor sie die Frage selber beantwortet.
„Mit dir zusammen alt werden und glücklich sein. Dich jeden Tag an meiner Seite spüren und jeden Moment mit dir teilen."

Ich lächelte.
„Zusammen alt werden klingt gut. Keinen Tag mehr an dem ich mich leer fühle, weil ich ohne dich durchs Leben gehen muss."
Ich schaute sie an und sie lächelte ebenfalls. Also ergänzte ich meinen Satz.
„Vivienne, Nani, ich möchte, dass du weißt, dass wir schon so viel zusammen durchgemacht haben, wenn wir zu zweit durchs Leben gehen, stehe ich jeden Tag bei dir und ich bin jeden Tag für ich da. Dann kann uns nichts mehr niederhauen."

Ihr Lächeln verbreiterte sich.
„Okay."

„Okay?"
Sie nickte.
„Zu zweit durch Leben gehen klingt gut."

Vivienne lehnte sich zu mir und ich verstand ihre Aufforderung. Ich lehnte mich ebenfalls zu ihr hinüber bis sich unsere Lippen berührten und in einen Kuss verschmolzen.
Und als wir uns vom Kuss lösten, verblieben nur noch vier unausgesprochene Wörter in meinem Kopf zurück, die schon Jahre darauf warteten ausgesprochen zu werden.
„Ich liebe dich Nani."

Sie lächelte.
„Ich liebe dich auch ‚Pale!"

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