27 - Tanzen bis zum Umfallen

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Am Samstag sagt Duke extra seine Schicht im Heaven ab, um sich der ersten Tanzstunde mit mir stellen zu können.

Mein Herz pulsiert wie ein Maschinengewehr in meinem Brustkorb, als es um 14 Uhr an der Haustür klingelt.

Am liebsten würde ich sofort aufspringen und so schnell wie der Wind zur Tür sprinten, aber da ich Duke nicht zeigen möchte, dass ich den ganzen Tag sehnsüchtig auf ihn gewartet habe, lasse ich mir extra ein bisschen Zeit, um in den Flur zu schlurfen.

Nach ungefähr zwei Minuten öffne ich die Tür und werde direkt von einer schwanzwedelnden Frisbee begrüßt, der ich strahlend durch das schwarz-weiße Fell wuschele. Duke steht ungefähr einen halben Meter hinter ihr und lächelt mich an.

„Hey Harlow", flötet er, nachdem ich meine Streicheleinheit beendet habe. „Alles klar im BH?"

Irritiert von seiner guten Laune hebe ich die Augenbrauen. Hat Duke etwa einen Clown gefrühstückt? Oder vielleicht noch Restalkohol im Blut?

„H-Hey", erwidere ich zögerlich. „Bei mir ist alles klar und bei dir?"

„Bei mir nicht", seufzt Duke. Noch bevor ich nachhaken kann, was ihn bedrückt, fügt er grinsend hinzu: „Ich trage nämlich keinen BH."

Oh Gott ... Hoffentlich nervt er mich jetzt nicht den ganzen Tag mit solchen dämlichen Sprüchen.

„Geh schonmal mit Frisbee in den Garten, du Scherzkeks", fordere ich Duke auf, um das Thema zu wechseln. „Cyrus und ich kommen dann auch gleich."

Da Dukes Mitbewohner Aiden ein Basketballspiel hat und Chico spontan ein Date ergattern konnte, hat mich Duke heute Morgen gefragt, ob er Frisbee mitbringen könne. Cyrus saß in jenem Moment neben mir am Küchentisch und war natürlich sofort Feuer und Flamme für den Border Collie.

Bestimmt wünscht er sich dieses Jahr nichts anderes als einen Hund zu Weihnachten ...

„Ai ai, Captain!", salutiert Duke, ehe er gemeinsam mit Frisbee in Richtung Gartentor verschwindet.

Damit die beiden nicht allzu lange auf mich warten müssen, poltere ich schnell die Treppenstufen zu Cyrus' Zimmer hinauf und klopfe gegen seine Tür. Nachdem keine Antwort folgt, drücke ich die Klinke hinunter und finde meinen Bruder mit Kopfhörern vor seinem Nintendo vor.

„Cy?!", rufe ich seinen Spitznamen.

Erschrocken zuckt er zusammen. Als seine eisblauen Augen auf mir landen, klappt er den Nintendo direkt zu und reißt sich die Kopfhörer aus den Ohren.

„Ist Frisbee schon da?", fragt er mich ganz aufgeregt. Vollgepumpt mit Euphorie läuft er zu der kleinen Kommode, die gegenüber von seinem Bett steht, und öffnet die oberste Schublade. Ein paar Sekunden wühlt er sich durch verschiedene Gegenstände, bis er irgendwann eine Kuscheltier-Frisbee in der Hand hält. Stolz grinst er mich an.

„Darüber wird sich Frisbee bestimmt freuen", mache ich meinem Bruder Mut. „Sie und Duke warten unten im Garten auf dich."

Kaum sind meine Worte verklungen, schlittert Cyrus aus seinem Zimmer und trampelt wenige Atemzüge später so laut wie eine Horde Elefanten die Treppenstufen ins Erdgeschoss hinab.

Oh man. Er ist echt total vernarrt in die Hündin!

Lächelnd, weil es mich freut, dass mein Bruder so glücklich ist, folge ich ihm nach unten. In der Küche angekommen, schnappe ich mir drei Gläser, eine Flasche Wasser und eine Packung Schokoladenkekse und balanciere die Sachen auf einem Tablett nach draußen.

Wie erwartet toben Duke, Cyrus und Frisbee gemeinsam durch den Garten. Es erwärmt mein Herz, ihnen dabei zuzusehen, wie sie lachen und Spaß haben.

Automatisch muss ich daran denken, was für ein toller Vater Duke wäre. Schade, dass er sich aktuell nicht vorstellen kann, Kinder in die Welt zu setzen.

Aber was noch nicht ist, das kann ja noch werden, richtig?

Vermutlich könnte ich den Dreien ewig dabei zuschauen, wie sie über die Rasenfläche flitzen, aber da Duke aus einem ganz bestimmten Grund hergekommen ist, rufe ich ihn nach einigen Minuten zu mir.

„Genug gespielt, Duke! Es wird Zeit, das Tanzbein zu schwingen!"

Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass mich Duke hört, doch natürlich fällt ihm nichts Besseres ein, als mich zu ignorieren.

„Na warte", murmele ich leise. Mit vor der Brust verschränkten Armen stapfe ich auf den Rasen, wo ich beinahe von Frisbee und Cyrus umgerannt werde.

„Man, Harly!", meckert mein kleiner Bruder sofort in meine Richtung. „Du stehst voll im Weg!"

Ich schnaube. „Wenn Duke endlich mal seinen Hintern auf die Terrasse bewegen würde, müsste ich auch nicht im Weg stehen!", erwidere ich genervt.

Da Duke keine Anstalten macht, sich von Frisbee und Cyrus zu trennen, kämpfe ich mich bis zu dem Basketballkorb durch, unter dem er steht. Sobald ich bei ihm angekommen bin, richten sich seine stahlgrauen Augen wie Blitze auf mich.

„Ist etwas?", fragt er mich unschuldig.

Es kostet mich meine ganze Selbstbeherrschung, ruhig zu bleiben und Duke nicht an die Gurgel zu springen. Wie er andere Menschen - insbesondere mich - provozieren kann, weiß er ganz genau.

„Wir haben eine Verabredung auf der Tanzfläche, Freundchen!"

Dukes Lächeln fällt und weicht einem unzufriedenen Gesichtsausdruck. „Och nö", mault er. „Muss das wirklich sein? Lass mich noch ein paar Minuten mit Frisbee und Cyrus spielen, okay?"

In diesem Moment erinnert mich Duke an ein kleines Kind, denn er hat seine Unterlippe über die Oberlippe geschoben und schaut mich flehend aus seinen Sturmaugen, in denen gerade nur noch ein lauer Sommerwind weht, an. Auch seine Stimme, die sonst rau und stark klingt, schrillt mindestens drei Oktaven zu hoch in meinen Ohren wider.

„Nein!", lasse ich Dukes Hoffnung wie eine Seifenblase zerplatzen. „Erst die Pflicht, dann das Vergnügen."

Kaum sind meine Worte zum Himmel emporgestiegen, zupft ein freches Grinsen an Dukes Mundwinkeln. Er tritt zwei große Schritte auf mich zu, sodass er unmittelbar vor mir steht und sich unsere Nasenspitzen minimal berühren.

Direkt muss ich schwer schlucken.

Hitze steigt in mir auf und verbreitet sich wie ein Lauffeuer in meinem ganzen Körper. Der Qualm kämpft sich bis zu meinem Kopf hinauf, nistet sich dort wie ein Bienenschwarm ein und hält meine Gedanken hinter Gitterstäben aus Rauchsäulen gefangen.

Mein Fokus liegt nun einzig und allein auf Duke.

Es fühlt sich so an, als würde nicht nur die Zeit, sondern auch die Welt stehenbleiben.

„Vergnügen?", haucht Duke so leise gegen meine Lippen, dass sich eine Gänsehaut auf meinen Armen ausbreitet. „Wie genau definierst du denn Vergnügen, Harlow?"

Ich öffne meinen Mund und möchte etwas sagen, doch mein Hals ist staubtrocken, sodass kein einziger Laut meiner Kehle entflieht.

Die Flammen, die in meinen Knochen lodern, werden größer und heißer.

Wie in Zeitlupe hebt Duke seine Hand zu meinem Mund, um dann mit seinem Zeigefinger die Konturen meiner Lippen nachzufahren. Seine Augen sprühen währenddessen Funken und lassen mich in einem Meer aus Leidenschaft untergehen.

Nur noch wenige Zentimeter trennen unsere Lippen voneinander.

Das Verlangen wächst und bringt mich beinahe um den Verstand.

Ein paar Sekunden kämpfe ich noch mit mir selbst, ehe ich aufgebe und mich Duke entgegenbeuge. Kurz bevor sich unsere Lippen endlich miteinander vereinen können, lässt mich ein lauter Schrei zusammenzucken.

„Achtung!", kreischt Cyrus so hysterisch, dass sich ein Blitz der Panik durch mein Herz bohrt.

Intuitiv springe ich einen Schritt zur Seite und gehe damit gerade noch rechtzeitig einem Frisbee-Attentat aus dem Weg.

„Upps", murmelt Cyrus schuldbewusst. „Mit Basketbällen kann ich irgendwie besser zielen als mit Frisbeescheiben."

Völlig verdattert schaue ich auf das Flugobjekt, das ungefähr drei Meter hinter mir im Blumenbeet gelandet ist. Es dauert auch gar nicht lange und schon kommt Frisbee angeflitzt, um sich die Scheibe unter den Nagel zu reißen.

Das ist mein Hinweis, um mich endlich aus meiner Schockstarre zu lösen und Duke auf die Terrasse zu schleifen. Die Tatsache, dass ich schon wieder schwach geworden bin und Duke geküsst hätte, wenn mir Cyrus nicht in die Quere gekommen wäre, verdränge ich bewusst.

„So ..." Ich fahre mir nervös mit der Hand durch die Haare. Obwohl Duke einfach nur neben mir steht und nichts sagt, bebt mein Körper vor lauter Aufregung.

Wie zum Teufel soll ich ihm Standardtänze beibringen, wenn ich die ganze Zeit an seine Lippen denken muss?

Verdammt! Dieses Feuer zwischen uns kann ich gerade echt nicht gebrauchen!

„Ähm, also dann ...", stammele ich überfordert. „Lass uns anfangen, ja?"

Dukes Augen fressen sich wie Parasiten durch meine Haut. „Womit denn?"

„Walzer", presse ich angestrengt hervor.

Eigentlich rechne ich damit, dass Duke die Schritte kennt, weshalb mich sein „Keine Ahnung, wie das geht" ein bisschen aus dem Konzept bringt.

Jeder Mensch kann den Wiener Walzer tanzen, oder?

Da Duke wie immer etwas Besonderes sein möchte und eine Ausnahme bilden muss, stelle ich mich neben ihn, um ihm die Schrittreihenfolge zu erklären.

„Eigentlich ist der Wiener Walzer total einfach", versuche ich Duke Mut zu machen. „Na ja, zumindest der Grundschritt."

Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, wie Duke nickt. Zum Glück scheint er sich gerade auf meine Worte zu konzentrieren und nicht über die Vergnügen-Frage nachzudenken.

„Mit dem rechten Fuß machst du einen kleinen Schritt zur Seite. Dann ziehst du den linken Fuß heran und pendelst nach." Im Einklang mit meinen Worten führe ich die entsprechenden Bewegungen aus. Duke tut es mir gleich.

„Sehr gut. Jetzt wiederholen wir das Ganze mit links. Also: Linker Fuß zur Seite, rechten Fuß heranziehen und nachpendeln." Erneut zeige ich Duke, wie er die Schritte auszuführen hat.

Da es sich um einen simplen Grundschritt handelt, muss Duke die Bewegungen nur ein paar Mal durchführen, bis er sie perfekt beherrscht.

„Gut!", lobe ich ihn. „Wollen wir es mal zusammen versuchen?"

„Meinetwegen ..."

Begleitet von meinem rasenden Herzen verschränke ich meine rechte Hand mit der von Duke und lege die andere auf seiner linken Schulter ab.

Wir sind uns so nahe, dass ich seinen Duft nach Meersalz und Kiefernadeln inhalieren kann und die winzigen schwarzen Sprenkel in seiner Iris erkenne.

Obwohl sich Duke voll und ganz auf die Tanzschritte zu konzentrieren versucht, wabert eine Mischung aus Begierde, Leidenschaft und Sehnsucht durch seine Augen.

Genauso wie ich würde er sich am liebsten auf meine Lippen stürzen und alles andere vergessen.

„Du ... Du musst möglichst kleine Schritte machen und ähm ... Lass den Oberkörper und die Ar-Arme ruhig. Nicht mitschunkeln!", stottere ich überfordert.

Duke nickt und schaut mir dabei so tief in die Seele, dass mir schwindelig wird. Automatisch kralle ich mich stärker an seiner Schulter fest.

‚Reiß dich gefälligst zusammen, Harlow!', ermahne ich mich selbst - nicht, dass wir uns gleich vor den Augen meines Bruders wie wilde Tiere bespringen.

Ein paar Sekunden atme ich noch tief durch und versuche mich auf meinen rhythmischen Herzschlag zu konzentrieren.

„Nochmal von vorne! Fünf, sechs, sieben, acht!"

Gemeinsam machen Duke und ich einen Schritt zur Seite und pendeln nach. Unsere Blicke sind wie Spinnennetze ineinander verwoben und lösen ein angenehmes Prickeln unter meiner Haut aus.

Duke hat mich fest im Griff und weiß ganz genau, was er tun muss.

Langsam bewegen wir uns zu der anderen Seite und pendeln auch dieses Mal wieder nach.

Den Vorgang wiederholen wir so lange, bis mich Dukes stahlgraue Augen irgendwann so sehr aus dem Konzept bringen, dass ich ihm aus Versehen auf den linken Fuß trete.

„Sorry", krächze ich peinlich berührt. Duke winkt meinen Fehltritt zum Glück nur mit einem Lächeln ab.

Fast zweieinhalb Stunden üben wir den Wiener Walzer samt außenseitlichem Wechsel und der Linksdrehung. Zu Beginn tanzen wir ohne Musik, doch nach einiger Zeit begleitet uns die britische Band Simply Red mit dem Lied If you don't know me by now.

Ich genieße es, Duke so nahe zu sein, mich von seinen strahlenden Augen in eine andere Welt entführen zu lassen und gemeinsam mit ihm zu tanzen.

Keine Ahnung, warum Liana Duke als einen Elefanten bezeichnet hat, denn er ist ein hervorragender Tänzer. Er lernt die Schritte schnell, weiß genau, wie er mich durch den Tanz führen muss und hat ein gutes Takt- und Rhythmusgefühl.

Am liebsten würde ich gar nicht mehr aufhören, gemeinsam mit Duke das Tanzbein zu schwingen, doch ein lautes Donnergrollen zwingt mich schließlich dazu, von ihm abzulassen. Noch in derselben Sekunde kommen Cyrus und Frisbee zu uns auf die Terrasse geeilt und flüchten somit vor den dicken Regentropfen, die nun aus den Wolken fallen.

Automatisch muss ich an die Worte meiner Großmutter denken, die sie mir vor einigen Monaten mit auf den Weg gegeben hat.

„Achte darauf, dass dein zukünftiger Partner wetterfeste Kleidung trägt, meine liebste Harlow. Er soll mit dir im Sonnenschein lachen, im Wind dein Schutzschild sein und dir im Nebel Licht spenden. Vor allem aber soll er gemeinsam mit dir im Regen tanzen!"

Ich spüre, wie mein Herz kurz stehenbleibt, nur um gleich darauf doppelt so schnell weiterzuschlagen.

Voller Entschlossenheit richten sich meine Augen auf Duke.

Jetzt wird sich entscheiden, ob er wirklich so gut zu mir passt, wie ich denke.

„Darf ich um diesen allerletzten Tanz bitten, Duke?"

Für ein paar Sekunden wirkt mein Gegenüber verunsichert und scheint nicht richtig zu verstehen, was ich mit meiner Frage bezwecken möchte, doch dann lichtet sich der Nebel endlich. Ein breites Grinsen, das seinen Augen Leben und Energie einhaucht, zupft an Dukes Mundwinkeln.

„Nichts lieber als das!" Im Einklang mit seinen Worten verflechtet Duke unsere Finger miteinander und zieht mich danach in den strömenden Regen.

Binnen weniger Wimpernschläge sind wir komplett durchnässt, doch das könnte uns beiden gerade nicht weniger egal sein.

Wir spüren, wie sich unsere Körper dem Prasseln der Regentropfen hingeben und wie unsere Herzen zu einer Einheit der Liebe verschmelzen.

Im Hintergrund höre ich Frisbee bellen und Cyrus irgendetwas rufen. Blitze zucken über den Horizont und werden von lauten Donnerschlägen untermalt.

Ich blende alles um mich herum aus und fokussiere mich einzig und allein auf Duke.

„Fünf, sechs, sieben, acht", zählt er leise an, bevor er gemeinsam mit mir im Regen tanzt - so, wie ich es mir schon immer gewünscht habe.

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