8. Kapitel

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

In der folgenden halben Stunde- so lange dauerte das Mittagessen im Haus der Hekate- lernte ich Shae und ihren nicht ganz so einfachen Charakter näher kennen.

Sie besaß ein rebellisches Verhalten, welches man ihr zwar von Außen nicht ansah, sich jedoch sehr schnell bemerkbar machte. Sie ging nicht immer mit dem Strom mit, sondern nur dann, wenn es ihr passte.

Sie nahm kein Blatt vor den Mund, erklärte mir, von wem ich mich besser fern hielt und wer in Ordnung war. Hier und da setzte sie noch eine ironische Bemerkung hinzu und brachte mich dadurch zum Grinsen.

Sie war nett zu mir und erinnerte mich dadurch an die Freundin, welche ich nie gehabt hatte. Die Freundin, neben der ich kein exotisches Schoßhündchen war, wie bei Lou. Die Freundin, bei der ich einfach so sein konnte, wie ich war und nicht schweigen musste, damit niemand auf die Idee kam, mich die Schneekönigin vom Dienst zu nennen.

Klar, Lou war meine beste Freundin und sie hatte mich nie eine Schneekönigin genannt, aber Shae war dennoch anders als sie. Shae trug keine Maske, die sie bei Mitschülern beliebt machte. Shae war ehrlich. Gnadenlos ehrlich.

Wie ich das nur innerhalb von dreißig Minuten sagen konnte?

Ich wusste es nicht.

Das war mein Gefühl, tief in mir drinnen. Und diesem Gefühl vertraute ich, da es mich noch nie enttäuscht hatte.

~~~

Nach dem Mittagessen schleifte Shae mich mit auf ihr Zimmer, welches einen Flur über meinem lag.

Nun saß ich auf ihrem Bett an der Kante und betrachtete die Batman-Bettwäsche unter mir. Shae hockte auf ihrem Schreibtischstuhl und drehte sich unaufhörlich um ihre eigene Achse. Ihr schien dabei überhaupt nicht schwindelig zu werden.

Das Zimmer meiner neuen Bekannten war im Gegensatz zu meinem sehr vollgestopft und sehr bunt gestaltet.

Auf der einen Seite des Raumes waren die Wände mit Bandposters und Superhelden-Filmplakaten bedeckt, sodass man kaum ein freies Stück Tapete sehen konnte.

Die andere Hälfte des Zimmers war mit einem großen und richtig echt aussehendem Efeumuster bemalt und Blumentöpfe voller blühender Pflanzen drängten sich die Wand entlang und standen auf der Fensterbank.

"Die Efeuranken habe ich selber gemalt", Shae hielt den Schreibtischstuhl an, sodass sie direkt die Wand ansehen konnte.

Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen: "Ich liebe sie, meine Pflanzen."

Als sie meinen fragenden Blick bemerkte, machte sie bloß eine allumfassende Geste zu der Pflanzenwand hin: "Das ist meine Fähigkeit. Flora. Pflanzen. Ich kann sie wachsen lassen und somit lenken. Und ja, ich male sehr gerne. Das beruhigt meine Nerven. Besonders wenn ich zuvor Kate begegnet bin." Sie verzog das Gesicht.

Ich hatte Kate noch nicht persönlich kennen gelernt, aber nach Shaes Worten schien sie wie Bethany Smith sehr eingebildet und verwöhnt zu sein.

Eben die typische Miss Ich-bin-viel-besser-als-du.

Klischee.

Einfach Klischee.

Ich meine, es muss schließlich an jeder Schule eine solches Mädchen geben, welches sich aufführt, als sei sie eine Prinzessin und die Thronfolgerin von England, und hier war ihr Name eben Kate.

Ich beschloss dennoch innerlich Kate erst mal selber kennen zu lernen und mir ein eigenes Bild von ihr zu machen, wobei mir das bei Shaes abfälligen und sehr detaillierten Beschreibungen über sie sicherlich nicht besonders leicht fallen würde.

In meinem Gehirn blinken jetzt schon die Alarmanlagen los, wenn ich ihren Namen hörte.

"Was ist? Wieso sagst du nichts?", unterbrach Shae meinen Gedankenstrom, "Findest du es etwa lächerlich? Also das Malen und die Pflanzen?"

"Nein, natürlich nicht", verteidigte ich mich schnell, "Ich habe gerade nur an jemanden gedacht."

"An wen denn?", Shae sah mich neugierig an, "An einen Jungen?"

"Jungs-Immun", ich zwinkerte ihr zu.

"Sicherlich nicht mehr lange", Shae kicherte, "So etwas ändert sich ganz schnell hier, wart's nur ab!"

Ich verdrehte bloß die Augen.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich nämlich noch nicht, wie Recht sie haben würde.

~~~

"Hier gibt es also nur Sommer- und Winterferien?", ich runzelte die Stirn und wusste nicht genau, was ich davon halten sollte.

"Wenn du von der Tatsache absiehst", erklärte Shae, "dass wir hier wirklich keinen besonderen Zwang haben zum Unterricht zu gehen, ist das noch großzügig. Was Frederika dir aber vorhin zum Thema Schule gesagt hat, ist allerdings nur halb richtig. Zu Kontrolle der Kräfte und dem ganzen Magiekram müssen wir hingehen. Es ist schließlich überlebenswichtig. Also zählt Selbstverteidigung und Sport an sich auch zur Pflicht. Manche Fächer kann man nur ab einem bestimmten Alter bekommen, deswegen hat Frederika das vielleicht anders erzählt. Wie alt ist sie noch mal? Zwölf?"

"Dreizehn", verbesserte ich, "Sie wird bald vierzehn."

"Die meisten Kraftkontrollierenden Fächer bekommt man erst ab vierzehn", Shae nickte, "Ist so eine Sicherheitssache mit dem Alter."

Eine Sicherheitssache.

Ich wollte gerade hinterfragen, was genau Schlimmes bei diesem Unterricht passieren könnte, als mein Handy in meiner Hosentasche zu klingeln begann.

Das Blut schoss mir in die Wangen und sie begannen zu brennen, als ich den Namen des Anrufers auf dem Display lesen konnte.

Lou.

Ich hatte nach Frederikas Besuch noch mal in Erwägung gezogen sie anzurufen und mich für mein Verhalten zu entschuldigen, aber dann hatte ich das gelassen, aus dem Grund, dass sie mich sowieso nur über den Tod meines Vaters ausquetschen würde.

"Wer ist das?", Shaes Blick wanderte neugierig auf mein Handy.

"Meine Freundin", erklärte ich knapp

"Die Du-bist-Jungs-Immun-Freundin?"

"Jap. Genau die."

"Wieso gehst du nicht dran?"

"Ich war im letzten Gespräch nicht so besonders nett zu ihr und ich will nicht, dass sie dir hier jetzt das Zimmer voll schreit."

"Na immer her damit", Shae schoss vor wie eine Schlange und schnappte mir das Handy aus der Hand.

Ehe ich mich versehen konnte, hatte sie den Anruf angenommen und auf Lautsprecher geschaltet, dann hielt sie mir wieder das Handy entgegen.

"Carol?", dröhnte Lous Stimme aus dem Handy, "Bitte sag nicht, dass das vorhin dein Ernst war!"

"Was nicht mein Ernst war?", fragte ich und bemerkte, dass meine Stimme sich auf einmal unglaublich rau, wie bei einer Erkältung, anhörte.

"Das mit deinem Dad", beim letzten Wort senkte Lou merklich die Stimme.

"Das ist mein Ernst und nein Lou, ich werde dir darüber jetzt nichts erzählen", ich biss mir auf die Unterlippe.

"Aber bist du dir sicher, dass er wirklich tot ist?"

"Scheiße Lou, ja! Und jetzt sprich mich nicht auf das Thema an!"

"Schon okay", grummelte Lou am anderen Ende der Leitung vor sich hin, "Kannst du jetzt übrigens wieder aus dieser Schule raus?"

Ich merkte, wie meine Wangen noch heißer wurden, als Shae mich mit hochgezogenen Brauen ansah.

"Nein", murmelte ich, "Und selbst wenn ich könnte, ich würde es nicht machen. Es hat einen gewissen Grund, weshalb ich hier bin und das kann ich nicht ändern."

"Aber du bist meine beste Freundin", begann Lou zu jammern, "Was soll ich denn ohne dich machen? Weißt du nicht mehr? BFF? Best Friends Forever?"

Sie spielte damit auf unsere Freundschaftsarmbänder, die wir schon als Kleinkinder angefertigt hatten und immer noch besaßen, sowie auf den Beste-Freundinnen-für-immer-Schwur an- ja, auf solche Ideen konnte man wirklich nur als Achtjährige kommen- und ich musste schlucken.

"Lou", begann ich, "Diese Schule, in der ich bin, ist sehr wichtig für mich. Ich wünschte, es wäre anders, aber das ist es nicht. Ich muss hier bleiben. Wir werden sicherlich noch weiterhin Freunde sein, werden uns bloß nicht mehr so oft sehen und-"

"Und was ist mit mir?", unterbrach Lou mich und ich hörte an ihrer Stimme heraus, dass sie mit den Tränen kämpfte, "Verdammt, du bist so egoistisch Carol! Scheiß doch auf diese verdammte Schule! Wieso musst du dort bleiben? Wieso ist sie dir so wichtig? Wieso ist sie dir wichtiger als ich?"

"Ich... Ich bin doch nicht deine einzige Freundin auf der Welt!"

"Du bist eine Idiotin!", schrie Lous Stimme aus dem Handy heraus, "Du kannst mich nicht einfach im Stich lassen!"

"Jetzt hör mir mal zu!", mischte sich auf einmal Shae mit grimmiger Miene ein, "Lou oder wie immer du heißt! Carol hat verdammt noch mal keine Wahl! Wie wir alle hier! Wir gehören hier hin und daran lässt sich nichts ändern, kapiert?"

"Und wer bist du jetzt?", Lous Stimme hatte sich um keine Spur beruhigt.

"Das Krümelmonster vielleicht?", knurrte Shae und ihre Minzaugen blitzten gefährlich auf.

"Ist das deine neue Freundin, Carol?", zischte Lou, "Hast du dich jetzt mit dem Krümelmonster zusammen gegen mich verschworen?"

Mit dem Krümelmonster gegen sie verschworen?

Wie lächerlich klang das bitte?

Ich wollte gerade den Mund öffnen und etwas erwidern, da knurrte Lou schon: "Auf Wiedersehen, Ms Fury! Entschuldigen kannst du dich später! Ich bin jetzt off! Weg! Was weiß ich!"

Und mit diesen Worten legte sie auf.

Ich seufzte resigniert.

"Es tut mir leid", murmelte Shae bedrückt und ließ den Kopf hängen, "Ich hätte nicht..."

"Schon okay", ich lächelte schwach, "Du wolltest doch nur helfen."

"Aber ich habe alles kaputt gemacht."

"Hast du nicht. So ist Lou eben und vielleicht ist es auch mal gut ihr gezeigt zu haben, dass ich nicht von ihr abhängig bin. Dass ich auch ohne sie klar komme."

"Du kommst locker ohne die klar", Shae legte mir eine Hand auf die Schulter, "Du hast jetzt schließlich mich."

Ich nickte bloß.

Seit ich denken konnte, waren Lou und ich Freundinnen gewesen.

Beste Freundinnen, die sich alles erzählten und so waren, wie Norden und Süden.

So unterschiedlich und doch so unzertrennlich.

Lou war das perfekte, beliebte Mädchen, dass sich für Jungs und Mode interessierte. Genau das Gegenteil von mir und dennoch diejenige, an die ich mich hatte klammern können, wenn es mir schlecht ging.

Ich kannte Lou besser als all ihre anderen Freunde. Ich kannte die Maske, welche sie trug, wenn sie die Schwelle ihres Hauses überschritt und auf die Straße hinaus trat. Welche sie wieder ablegte, kaum dass sie wieder in ihrem Zimmer war.

Aber in den letzten Monaten hatte sich etwas verändert. Die Maske war mit Lous Gesicht verschmolzen und sie war selbstverliebter geworden, hatte ihr perfektes und nicht wahres Ich nicht mehr ablegen können.

Sie hatte sich verändert, genauso wie ich jetzt. Innerhalb von wenigen Stunden.

Ich befeuchtete mit meiner Zunge meine Lippen, dann grinste ich Shae an: "Krümelmonster? Dein Ernst?"

Shae zuckte mit den Schulter und grinste nun ebenfalls.

"Waaas?", sagte sie gedehnt, "Ich mag Kekse!"

Ich lachte auf.

Shae war die Freundin, die ich mir vor wenigen Monaten begonnen hatte zu wünschen, zu erträumen. Shae war anders als Lou. Sie trug keine Maske und würde sicherlich auch nie eine tragen.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro