Nur ein Sommernachtstraum?

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Der Abend war schwül für Ende Juni. Obwohl er die dicke kuschlige Winterdecke schon längst gegen ein dünnes Lacken eingetauscht hatte, war ihm schon den ganzen Abend lang viel zu warm. Auch die kalte Dusche vor etwa einer Stunde hatte ihre Wirkung um Längen verfehlt. Eigentlich hasste er kaltes Wasser, jedoch sah er sich bei den vorherrschenden Temperaturen dazu gezwungen, sich abzukühlen. Mit einem Schlenker seines Zauberstabs schlug er missmutig die Decke zurück und starrte an den hölzernen Baldachin seines Bettes. Die unzähligen Astlöcher kannte er inzwischen längst in- und auswendig. Es langweilte ihn, sie weiterhin zu beobachten, so als würde sich in den nächsten Minuten auch nur irgendetwas an ihrer Anzahl oder Position ändern. Er kannte sowieso jede Schramme dieses Bettes. Die kleine Delle, die am rechten Fußende entstanden war, weil er seinen Besen ungeschickt fallen gelassen hatte. Dabei hatte nicht nur das Bett Schaden genommen. Der klitzekleine rosafarbene Fleck an der Bettkante, den Sirius verschuldet hatte, weil er James eines Abends einen Eimer Farbe über den Kopf kippen musste, als James gerade versucht hatte, einzuschlafen. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Trotz der lustigen Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit hier stöhnte er leise und wälzte sich wieder auf die andere Seite des Bettes. In einem letzten verzweifelten Versuch schloss er die Augen und wartete sehnsüchtig auf den Schlaf. Es hatte wohl wenig Sinn, es weiterhin zu versuchen. Er warf einen kurzen Blick auf die grün leuchtenden Zeiger seines Weckers. Vier Uhr zweiundzwanzig. Mit einem unterdrückten Gähnen setzte er sich auf. Leise, um die anderen nicht zu wecken, hob er seine Beine aus dem Bett. Der Dielenboden unter seinen Füßen knarzte leicht, als er seinen Fuß darauf setzte. Sein Blick flog zu den Anderen. Peter, dessen Bett direkt neben seinem stand, gab hin und wieder leise Schmatz-Geräusche von sich. Ab uns zu flatterten seine Augenlider etwas, jedoch kannte James ihn gut genug, um zu wissen, dass er sich sicher und dauerhaft im Traumland befand. Sein Blick glitt weiter über die vielen Kissen, die neben Remus Bett lagen. Dieser hatte sich vor ein paar Stunden aus Frustration eines seiner mindestens fünfzehn Kopfkissen über die Ohren gezogen, um dem schrecklichen Lärm zu entkommen. Sirius. Die Quelle aller nächtlichen Unruhen schnarchte fröhlich und ungestört vor sich hin. Nicht, dass er Anstalten machte, damit aufzuhören. James grinste leicht. Bestimmte Dinge würden sich wohl nie ändern. Sirius schnarchte seit der ersten Klasse, und das würde er wohl auch bis in alle Ewigkeiten tun. Da James die restlichen verräterischen Dielen gut genug kannte, gelang es ihm, sich nahezu geräuschlos bis zur Tür voran zu schleichen. Vorsichtig drückte er die Türklinke herunter und huschte aus dem Schlafsaal der 6.-Klässler, Nicht ohne noch einen Blick auf die Schlafenden geworfen zu haben. Wieder hoben sich seine Mundwinkel leicht. Nicht viele Zauberer, die er kannte, waren mit dem Glück gesegnet, so gute Freunde zu haben. Er wusste, wie sehr die Drei hinter ihm standen. Sie waren mit ihm bereits durch Dick und Dünn gegangen und das würde sich auch in Zukunft nicht ändern. Er konnte sich noch gut an den Beginn seiner Zeit auf Hogwarts erinnern. Damals hatte er sich Sorgen gemacht, ob er hier gute Freunde finden würde. Das Gespräch mit seiner Mutter damals hatte er noch so klar vor Augen, als sei es gestern gewesen.  

"Und was mache ich, wenn in meinem Jahrgang nur Vollidioten sind?" Schon zum wiederholten Mal packte den Elf-Jährigen ein leichtes Unwohlsein. "Freust du dich denn gar nicht? Ich weiß noch, dass ich damals sehr froh war, endlich von Zuhause wegzukommen." Die Stimme seiner Mutter war sanft, obwohl auch ein Hauch Autorität in ihren Worten mitschwang. Ein fragendes Augenpaar blickte den hinter der Brille versteckten, braunen Augen entgegen. "Doch. Und wie!" Die kindliche Freude leuchtete aus James Worten. "Aber " Er brach ab. Obwohl er schon mehrfach versucht hatte sich Hogwarts vorzustellen, war es ihm nie gelungen. Er kannte die Erzählungen seiner Eltern, aber es gelang ihm nie, sich ein vollständig stimmiges Bild zu machen. Er konnte nicht glauben, dass ein Gebäude gleichzeitig Autorität, Schönheit und Historie verkörpern sollte. "Jamie." Der Junge hob den Kopf und blickte erneut in die aufmerksamen Augen seiner Mutter. "Hast du Angst?", fragte sie sanft. Hätte ein anderer Mensch James gefragt, ob er Angst hätte, hätte er wütend mit dem Fuß aufgestampft und ein entschiedenes NEIN hören lassen. Aber jetzt war es anders. Seine Mutter hatte nicht belustigt geklungen. Sie zog das hier nicht ins Lächerliche. Sie nahm ihren Sohn ernst. "Ja.", krächzte er kleinlaut. "Das ist gut. Ich würde mir Sorgen machen, wenn du keine hättest." Ein warmes Lächeln huschte über Euphemias Gesicht. "Ich hatte auch Angst. Angst hilft uns, Jamie. Sieh es als eine Möglichkeit, einen Ansporn. Ich weiß, dass du gute Freunde finden wirst." Das Lächeln in ihrem Gesicht wurde noch breiter. "Und wenn es nur Vollidioten gibt, findest du vielleicht ein Mädchen, dass keine Vollidiotin ist." James Miene entgleiste. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. "Mum!" entfuhr es ihm entsetzt. Diese sah ihn erst mit einer hochgezogenen Augenbraue herausfordernd an, bevor sie unschuldig mit den Schultern zuckte. Trotz diesem Thema wanderte nun aber auch einer von James Mundwinkeln nach oben.    

Und jetzt? Jetzt konnte er sich keine wahrhaftigeren, ehrlicheren und loyaleren Freunde vorstellen, als diese Drei. Diese Drei Verrückten. Jeder auf seine eigene Art vollkommen durchgeknallt. Sirius war nicht nur ein chronischer Schnarcher, sondern auch chronisch hungrig. Es gab wohl kaum etwas, das ihm nicht schmeckte. Seine Ideen und Witze waren unschlagbar, aber auch er hatte seine Probleme. In den letzten Sommerferien war er mitten in der Nacht vor dem Haus von James Eltern aufgetaucht und hatte ihm erzählt, dass er es keinen Tag länger bei diesen fanatischen Reinblütern aushalten würde, die sich seine Eltern schimpften. Nach mehreren Tassen Tee und einer langen, durchwachten Nacht war er schließlich mit den Sachen, die er bei sich trug, im Haus der Potters eingezogen. Seitdem hatte James keinen Tag mehr ohne ihn verbracht.

Dann war da Peter. Er war ruhig, schloss sich immer mit Freude ihren Streichen an und dachte stets daran, seinen Freunden eine Kleinigkeit aus der Küche von Hogwarts mitzubringen. Ein leises Lachen verließ James Mund. Das kam wohl darauf an, wie man Kleinigkeit definierte.

Und Remus. Ein Schokoladenvielfraß. Absolut bestechlich, wenn man stets einige Tafeln seiner Lieblingsschokolade an einem sehr geheimen Ort aufbewahrte. Er war der absolute Gegensatz zu Sirius und James: Unerbittlich und emsig, was die Schule betraf. Im Hinblick auf die Streiche der Vier war er jedoch nachgiebig und stand Ihnen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Außerdem war er ein unglaublich guter Zuhörer. Das einzige, was den armen Jungen plagte, war sein kleines pelziges Problem, dem die Vier ihre ungewöhnlichen Spitznamen zu verdanken hatten. Wurmschwanz, Moony, Tatze und Krone.

Müde stolperte James nun die Treppen zum Gemeinschaftsraum herunter, diesmal, ohne sich zu bemühen, leise zu sein. Die letzten Stufen nahm er mit nur einem Sprung und sah sich dann verschlafen um. Das Feuer, das den ganzen Raum normalerweise in ein goldenes Leuchten tauchte, war schon fast gänzlich heruntergebrannt. Nur noch die letzten roten Glutreste schimmerten kläglich vor sich hin. Unschlüssig tapste James zu dem Sessel, der am weitesten vom Kamin entfernt war. Diese brütende Hitze hielt doch keiner aus. Er wollte sich schon setzten, als sein Blick glitt über rote Haare, leicht geöffnete rosafarbene Lippen und eine zierliche Gestalt glitt. Lily.

Lily hatte die Sache mit dem Schlafen bereits aufgegeben, bevor sie überhaupt in die Nähe ihrer Bettdecke gekommen war. Obwohl die Mädchen der sechsten Jahrgangsstufe in Sommernächten sämtliche verfügbaren Fenster öffneten, hatte sich die Hitze bereits wenige Minuten, nachdem Lily aus dem Badezimmer spaziert kam, schnell im Raum ausgebreitet. Lilys Augen, die nicht so flink wie sonst über die Zeilen vor ihr flogen, vielen erneut zu. Das Schlimme an der Hitze abends war ja, dass die Müdigkeit einen trotzdem befiel. Nur reichte sie eben nicht aus, um das Gefühl von Schweiß und Unwohlsein zu übertreffen. Mit jeder Nacht, in der sie wieder keinen Schlaf fand, wurde sie ungehaltener. Es gab zwar nicht viel, das sie vollkommen aus der Ruhe bringen konnte, aber mangelnder Schlaf gehörte definitiv dazu. Ein tiefes Seufzen hallte durch den Raum, als ein kleiner Windhauch von draußen eine Seite ihres Buches umblätterte. Obwohl das Seufzen missmutig gedacht war, klang es in ihren Ohren eher willkürlich. Der kurze Windhauch war zwar kühl gewesen, hatte die Temperatur ihres Körpers jedoch auch nur minimal verringert. Während ihre Augen die Zeilen nach der Stelle absuchten, an der sie stehen geblieben war, tasteten ihre Finger müde und orientierungslos über ihr Nachtschränkchen, auf dem ein Glas Wasser stehen sollte. Zuerst spürte sie den hohen Bücherstapel, der sich dort immer türmte. Dann stach etwas, das sich wie ihr Kamm anfühlte, in ihre Finger. Zuletzt strich ihre Hand zögerlich über die neue Dose Lakritzschnapper, die sie erst heute in Hogsmeade gekauft hatte. Ein leises "Lumos" und einen Blick auf ihre Armbanduhr später, wusste sie aber, dass das bereits gestern gewesen war. Abermals anfuhr ihr ein Stöhnen, diesmal aber klang es aber absolut missmutig. Endlich fanden ihre Finger, wonach sie suchte. Besser gesagt fand ihr Handrücken das Glas. Unglücklicherweise hatte sie es sehr nah an die Kante gestellt, wodurch es nun scheppernd auf dem Boden landete. "Mist". Fluchend hievte Lily sich aus dem Bett. Sie hörte, wie Mary, eine ihrer Freundinnen, leise grummelte. Die Umrisse hinter dem roten Vorhang drehten sich um. Dann kehrte die Stille zurück. Flink hatte sie ein Handtuch aus dem Bad geholt und konnte das Wasser aufwischen. Es half nichts. Heute würde sie nicht mehr einschlafen. Da konnte sie genauso gut zurück in den Gemeinschaftsraum gehen und noch etwas lesen oder ein paar Hausaufgaben erledigen. Ihre Füße trugen sie wie von selbst zur Tür hinüber. Sie hörte nur das regelmäßige Atmen ihrer Freundinnen Mary, Marlene, Dorcas und Alice, als sich die Tür leise knarzend öffnete und ihre nackten Füße die Treppen zum Gemeinschaftsraum heruntertapsten. Das Buch in ihrer Hand ließ sie sich in einen der Sessel plumpsen. Natürlich einen, der möglichst weit von Feuer entfernt stand. Trotz der mörderischen Temperaturen und der nächtlichen Stunde sorgten die Hauselfen dafür, dass die Flammen stets ihre Schatten auf die umliegende Sitzgruppe warfen. Schwerfällig hob Lily die Beine, eins nach dem anderen, und legte sie auf eine der Armlehnen, sodass sie quer im Sessel saß. Dank ihrer nicht vorhandenen Größe versank sie jetzt regelrecht in dem bequemen Sessel. Jeder Teil ihres Körpers war von weichem, sanften Stoff umgeben. So musste es sich anfühlen, auf einer Wolke zu sitzen. Das aufgeschlagene Buch rutschte ihr langsam aus den Händen, als ihre Augen zufielen. Das war aber auch einfach zu gemütlich.

James hatte Lily erst heute Abend in Hogsmeade gesehen. Sie und ihre Freundinnen hatten Süßigkeiten, Schulsachen und - für Lily unvermeidlich - Bücher gekauft. Er beobachtete sie oft. Nicht absichtlich. Wenn sie in seiner Nähe war, dann fand sein Blick sie automatisch. Er suchte sie in jeder Menschenmenge, und wenn er sie fand, hellte sich sein Blick auf und der Tag war für ihn gerettet. Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Sie sah so friedlich, so unbeschwert aus, wenn sie schlief. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, und er konnte jeden ihrer Atemzüge hören. Die Haare fielen ihr in welligen Strähnen teils über den Rücken, teils über die Schultern. Ein Paar hatten sich sogar in ihr Gesicht verirrt. Eine davon pustete sie mit jedem Einatmen ein Stück nach oben, und bei jedem Ausatmen sank die Strähne wieder. Der Zopf, in den die Haare ursprünglich mal geflochten waren, hatte wohl nicht sonderlich gut gehalten. Sein Blick glitt über ihr beiges Shirt, unter dem er die Umrisse ihres Körpers ausmachen konnte. Neben dem T-shirt trug sie eine kurze blaue Shorts. Sie war so kurz, dass James schlucken musste. Halb auf, halb neben ihren Beinen lag ein aufgeschlagenes Buch. Lilys Finger, die zwanglos auf ihrem Schoß lagen, mussten es vorher gehalten haben. Einer der Finger markierte immer noch die Seite, auf der sie geendet hatte. James sah sich um. Unentschlossen streifte er im raum umher, bis er auf einem der Tische ein leeres Stück Papier fand. Zögerlich nahm er Lilys Hand und hob sie von dem Buch. Seine Augen lagen auf ihrem Gesicht, als sie ein leises Wimmern von sich gab. Sofort hielt er in seiner Bewegung inne. Als Lily jedoch keine Anstalten machte, aufzuwachen, atmete er erleichtert aus und legte das Blatt Papier zwischen die Seiten an eben die Stelle, an der bis vor kurzem noch Lilys Finger gelegen hatte. Fast geräuschlos deponierte er das Buch auf einem Tisch, der gleich neben dem Sessel stand. Da der Sessel zum Fenster ausgerichtet war, konnte James eine Sternschnuppe sehen, die sich so schnell über den Himmel bewegte, als würde vor jemandem fliehen. Hätte er nur einen Schritt weiter rechts oder links gestanden, wäre ihm die Sternschnuppe sicher entgangen. Sie war so schnell verschwunden, wie sie gekommen war. Er schloss die Augen. Abergläubisch war er nie gewesen. Aber - wenn sich einem schon die Gelegenheit dazu bot- versuchen konnte man es ja wenigstens. Als James seine Augen wieder öffnete, sah er, wie Lily sich bewegte. Eines ihrer Beine war von der Armlehne gerutscht. Sie war kurz davor, den zum Bett umfunktionierten Sessel gänzlich zu verlassen und Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. James dachte nicht nach. Er zögerte nicht lange, sondern schob den einen seiner Arme unter ihren Hals und den anderen unter ihre Kniekehlen. Das warme Gefühl, das sich nun von seinen Armen aus überall ausbreitete, verstärkte sich sogar noch, als er spürte, wie Lily ihr schlafendes Gesicht in seine Halsbeuge drückte. Er konnte ihren Atem an seinem Nacken ausmachen. Wenn überhaupt möglich, kuschelte sie sich noch näher an ihn. Es kam ihm zumindest so vor. Vielleicht wollte er das ja auch. Natürlich wollte er das. Er wollte sie jeden Abend ins Bett bringen. Er wollte jeden Tag mit ihr verbringen und jeden Morgen neben ihr aufwachen. Er wollte sie zu seiner Freundin machen.

Das erste, was sie bemerkte, war die Wärme um sie herum. Sie wusste nicht, warum sie sie nicht als unangenehm empfand. Eigentlich hätte die Hitze der letzten tage dafür sorgen sollen, dass sie diese Wärme hasste. Aber irgendwie war Lily angenehm warm. Es war mehr ein wohliges Gefühl, das sich in ihrer Brust ausbreitete. Erst jetzt merkte sie, dass die Wärme um sie herum nicht von dem Sessel oder ihrem Bett ausgehen konnte. Sie spürte plötzlich die warme Haut an ihren Kniekehlen und an ihren Hals. Überhaupt war es überall warm. Auch an ihrem Gesicht. Schlaftrunken öffnete sie die Augen und sah nichts. Nur schwarz. Verwirrt hob sie den Kopf und blickte in das verwunderte Gesicht von James Potter. "Was...?" Ihre Augen wurden riesig, als sie verstand, in welcher Situation sie sich gerade befand. Auch James Augen weiteten sich, als er feststellte, dass Lily wach war. "Lily!", entfuhr es ihm heftiger als gewollt. "Ich..". Er wollte sich wirklich erklären. In der Position und mit dem Körperkontakt zu Lily, mit dem Kribbeln, das durch alle seiner Glieder fuhr, brachte er beim besten Willen nicht mehr als ein unverständliches Stammeln heraus. "James?" Lilys fragende Stimme holte ihn aus seinen Gedanken. "Lässt du mich bitte runter?" Diesmal klangen ihre Worte fordernder. "Äh... ja" "Tut mir Leid.", setzte er hinzu, als er versuchte, sein langes Zögern als bloße Überraschung zu tarnen. Dass er in Wahrheit gezögert hatte, weil er von ihrer engelsgleichen Stimme, ihrer Nähe und der Tatsache, dass er sie am liebsten bis in alle Ewigkeiten so halten wollte, abgelenkt war, verschwieg er. "Danke.", flüsterte Lily, als sie wieder festen Boden unter ihren Füßen spürte. Sie war etwas überfordert mit der Situation. Normalerweise hielt sie zu James mindestens zwei Meter Abstand. Ihm jetzt plötzlich und unerwartet so nah zu sein, überwältigte sie irgendwie. Ihre Hände suchten die Kette, die Alice ihr vor drei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte und welche sie seitdem keinen Tag abgenommen hatte. Nervös spielten ihre Finger mit dem Anhänger. Auch James war unsicher. Seine Hand huschte, kaum dass Lilys Füße den Boden berührt hatten, zu seinen Haaren. Fahrig verwuschelte er sie auf die altbekannte Weise, die Lily jedes Mal wieder in den Wahnsinn treib. Normalerweise. Jetzt war sie so neben der Spur, dass sie nicht mal ein Augenrollen zustande brachte. "Tut mir Leid.", hörte James sich sagen. Er räusperte sich, um die Unsicherheit seiner Stimme loszuwerden. "Ich wollte... Ich wollte nur nicht, dass du hier schlafen musst." Verlegen lächelte er sie an. "Die Sessel sind auf Dauer echt ungemütlich." Lily gluckste. Sie hatte nicht erwartet, dass er sich dafür entschuldigen würde. Dass er das nun schon zum zweiten Mal tat, überraschte sie nicht minder. "Ähm.. danke.", stammelte sie. "Ich schätze, ich hätte morgen echt Rückenschmerzen gehabt, wenn ich hier geschlafen hätte." "Danke." Sie wiederholte ihr Dankeschön, weil sie sich nicht ganz sicher war, ob er das erste gehört hatte. Er starrte nämlich schon die ganze Zeit an ihr vorbei. "Ist da was?", wollte Lily wissen und drehte sich erwartungsvoll um. Aber sie konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. "Was...?" Lilys Frage riss James erneut aus seinen Gedanken. Irgendwie war sein Gehirn gerade an der Stelle stecken geblieben, an der er Lilys Atem an seinem Hals gespürt hatte. Um nicht wie ein vollkommener Trottel zu wirken, tat er so, als würde er eine Mücke verjagen. "Blöde Blutsauger", brummelte er hinterher, um Lily nicht im Unklaren zu lassen. "Oh. danke". Am Liebsten würde Lily sich heute selbst verfluchen. Fiel ihr vielleicht auch noch ein anderes Wort als Danke ein? "Es war echt nett von dir, dass du mich... " Ja wohin eigentlich? "...ins Bett bringen wolltest?", setzte sie schließlich hinzu. "Gern." Nett? Lily Evans fand etwas, das James Potter tat nett? In seinem Kopf drehten sich die Gedanken unablässig im Kreis. Sie fand ihn nett. Lily Evans fand ihn NETT! "Wollen wir uns setzten?", fragte James in Ermangelung einer besseren Antwort und deutete auf das Sofa vor dem Kamin. Zu Lilys Überraschung war er diesmal schon fast ganz heruntergebrannt. Man konnte nur noch die letzten Reste der Glut darin rot glimmen sehen. Mit unbeholfenen Schritten folgte Lily James Anweisung. Kurz darauf saß sie etwas steif neben ihm. Beide empfanden das Schweigen als unangenehm, und beide wollten anfangen zu sprechen. Allerdings fingen sie so beide gleichzeitig an, was James ein Prusten entlockte und Lily ein kleines Lächeln entlockte. "Fang du an.", meinte sie schmunzelnd. "Okay. Also.. Ich konnte nicht einschlafen. Weil es so warm ist. Und dann bin ich hier runtergekommen, weil ich dachte, dass ich dann ja ich genauso gut hier noch irgendwas machen könnte. Oder dass es hier unten vielleicht kühler ist. Dann hab ich dich gesehen und...ja.", beendete James seine Erzählung. Das verstehende Nicken, das von Lily kam, beruhigte ihn. "War bei mir ähnlich. Ich konnte auch nicht schlafen und wollte noch Lesen. Ich schätze, ich bin irgendwann eingeschlafen." Mit einem Schulterzucken sah sie James an, dessen Hand sich schon wieder auf den Weg zu seinen Haaren gemacht hatte. Sie rollte mit den Augen. "Warum machst du das eigentlich immer?" Interessiert folgte sie seiner Hand, die mitten in der Bewegung innehielt, als Lilys Worte zu ihm durchdrangen. "Was?" "Das mit deinen Haaren." "Du verwuschelst sie ständig. Willst du ernsthaft, dass sie die ganze Zeit aussehen, als seist du grad vom Besen gestiegen?" Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. "Nö. Ich schätze, das mach ich halt, wenn ich... müde bin." Das Wort müde war zwar nicht das erste gewesen, das ihm in den Sinn gekommen war, es war aber deutlich besser, als Lily die Wahrheit zu sagen. "Dann bist da aber ziemlich oft...müde.", ergänzte Lily. Die Ungläubigkeit war deutlich zu hören. "Äh...ja. Bekomm halt wenig Schlaf ab, wenn ein Schnarcher neben einem schläft." Lily hob irritiert den Kopf. "Schnarcher? Remus schnarcht?" "Nö. Aber Sirius. Ich weiß nicht, welche Wälder der nachts immer fällt, aber so oft, wie der schnarcht, hat er sicher schon den ganzen Regenwald abgeholzt." Er lachte über seinen lahmen Witz. Zu seiner Überraschung sah er auch auf Lilys Lippen ein zartes Lächeln. "Verstehe. Meine Schwester schnarcht auch. Früher musste ich mir mit ihr ein Zimmer teilen. Das war... grausam." Bei dem Gedanken schüttelte sie sich leicht. "Ich hab mich ständig darüber beschwert, dass meine Schwester schnarcht. Irgendwann muss es meinem Vater so gereicht haben, dass er angefangen hat, den Speicher auszubauen. Jetzt habe ich mein eigenes Zimmer." Lily grinste bei der Erinnerung. James sah den aufkeimenden Schalk in Lilys Augen. "Ich hoffe, der Freund deiner Schwester hat einen tiefen Schlaf." Aus zahlreichen belauschten Gesprächen von mit Lily ihren Freundinnen oder Remus wusste er, dass Lilys Schwester Petunia hieß, ein Jahr älter war als Lily und schon seit ein paar Jahren einen Freund hatte. Nur an den Namen konnte er sich nicht mehr erinnern. "Ich hoffe - Wie heißt er noch mal? Vencel?- hat Ohrenstöpsel." "Fast.", Lily lachte leise. "Vernon. Aber woher weißt du das?", fragte sie ungläubig. "Ich weiß noch ganz andere Sachen über dich!" Neckend sah James zu ihr herüber. Ihre Augen funkelten. Er konnte nicht ausmachen, ob vor Überraschung oder etwas anderem, aber im Moment war ihm das auch relativ egal. Hauptsache er konnte dieses unbändige Glück, diese Freude, die Lily immer versprühte, darin sehen. "So? Was weißt du denn sonst noch über mich?" "Ist das eine Fangfrage?" Statt zu antworten, sah Lily ihn nur weiter frech an. Mit einem schiefen Lächeln antwortete er schließlich: "Herausforderung angenommen, Evans." Er überlegte ein paar Sekunden. "Ich weiß, dass du Lily Rosemary Evans heißt, 17 Jahre alt bist und am 30. Januar Geburtstag hast. Ich weiß, dass du wahnsinnig klug bist und deswegen keinen Finger rühren müsstest, um die Prüfungen zu bestehen, es aber trotzdem tust, weil es dir Spaß macht. Ich weiß, dass du noch viel mutiger als klug sein musst, um nach Gryffindor gekommen zu sein. Außerdem bist du eine der besten Vertrauensschülerinnen, die Hogwarts je gesehen hat. Ich weiß, dass du nie zulassen würdest, dass jemandem Unrecht geschieht. Ich weiß, dass du dich immer für Gerechtigkeit einsetzt, auch wenn es nicht um dich geht." James Gedanken huschten in die Vergangenheit.

Die Erinnerung an diesen Nachmittag am See lies ihn Seufzen. Das war wirklich nicht seine Sternstunde gewesen. Er wagte es nicht, Lily anzusehen. Diese hingegen starrte ihn an, als hätte sie soeben zum ersten Mal in ihrem Leben einen Menschen gesehen. "Ich weiß, dass du den Geruch von Pfefferminze hasst. Ich weiß, dass du Zitronenmelisse liebst und lieber einen ganzen Bund Pfefferminze essen würdest, als Blumen geschenkt zu bekommen. Dann... weiß ich noch, dass du eine Schwester hast, die Petunia heißt. Und dass du ihren Freund Vencel"- James unterbrach sich und schenkte Lily ein schelmisches Grinsen-"nicht magst. Ich weiß, dass deine Eltern beide Muggel sind. Ich weiß nicht ganz genau, was sie beruflich machen, aber ich glaube, es war so etwas Ähnliches wie Heiler. Nur eben in Muggel-form." Erst jetzt bemerkte James, wie entgeistert Lily ihn ansah. "Alles in Ordnung?", vergewisserte James sich. Lily schluckte schwer. "Ja. Nur...hätte ich nicht gedacht, dass du so viel über mich weißt. Also... ich meine...wir kennen uns ja nicht so wirklich gut und " Sie unterbrach sich, weil sie nicht mehr wusste, was sie sagen sollte. "Das war noch nicht alles!" "Oh Gott, bitte!" Lily hob abwehrend die Hände. "Ich hab's verstanden, James, du musst nicht noch mehr erzählen!" Der Schwarzhaarige stockte. "James?", wollte er verblüfft wissen. "Ja oder hast du was dagegen? Ist dir 'Potter' lieber?" "Merlin, nein! Nur weil... du hast mich jahrelang gehasst und jetzt sitzen wir hier, unterhalten uns wie normale Menschen und dann nennst du mich James? Wer bist und was hast du mit Lily Evans gemacht?" Obwohl es nicht einer von James besten Witzen war, lachte Lily. "Weiß nicht. Vielleicht ist die echte oben im Schlafsaal und schläft. Wahrscheinlich habe ich in Wahrheit meinen Körper verlassen und das einzige, was mich mit ihm noch verbindet, ist die Müdigkeit." Nun konnte auch James sich das Lachen nicht mehr verkneifen. "Dann solltest du vielleicht zurück ins Bett gehen. Nur damit dein Körper nicht zulange vom Geist getrennt ist. Ich habe gehört, nach einer gewissen Zeit kann man sonst nicht mehr zurück." "Na, wer hat dir denn sowas erzählt. Muss ein ganz schöner Dummkopf gewesen sein. Ich kann nämlich jederzeit zurück." James grinste noch etwas mehr. Das hier machte Spaß. In diesem Mädchen steckte noch viel mehr Humor, als er gedacht hatte. "Das würde ich nicht so laut sagen. Es war der kopflose Nick - Verzeihung - ich meine natürlich Sir Nicolas. Ich weiß nicht genau, was er nachts so treibt, aber so weit ich weiß, schlafen Gespenster nur sehr wenig..." Lily bemerkte, wie viel Spaß es machte, mit ihm zu scherzen. Auch wenn das hier - was natürlich nur an der späten Stunde lag- nicht wirklich tiefgreifend war, hatte sie doch Spaß daran. Es war zwar kindisch und lächerlich, aber sobald sie James Blick sah, der ihr schelmisch entgegen grinste, wusste sie, dass das hier richtig war. Bevor sei es unterdrücken konnte, entkam ihr ein weiteres Gähnen. "Ich denke, ich sollte wirklich ins Bett gehen. Wenn du willst, können wir ja morgen früh weiter reden." James gluckste. Was war das denn? Ein Friedensangebot? "Heißt das, du... hättest nichts dagegen, wenn wir nochmal von vorne anfangen?" Ein irritierter Blick traf ihn. "Von vorne?" "Na, von Anfang an eben. Ohne Vorurteile und so." Lilys müder Kopf schüttelte sich von selbst, was James Augen zum Leuchten brachte. "Gut, dann...Hi." Er hielt ihr die Hand hin. "Ich bin James Potter." Lily lächelte schläfrig, nahm seine Hand aber in ihre und schüttelte sie. "Freut mich. Lily. Lily Evans."

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Hallöchen zusammen!

Ja, mich gibt's auch noch... An dieser Stelle möchte ich ein Dankeschön an eine gute Freundin aussprechen, die den Text Korrektur gelesen hat. Vielen Dank! Dadurch ist er meiner Meinung nach noch deutlich besser geworden!

Bis Bald

LilyLuna

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