Kapitel 38

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Die letzten zwei Wochen sind eine kleine Achterbahn der Gefühle. Eigentlich hätte ich mich nach dieser nervenaufreibenden Zeit schon daran gewöhnen müssen, aber dieses Mal sind die Hintergründe definitiv andere. Auf der einen Seite freue ich mich unglaublich, dass das Verhältnis zu meinen Kameraden wieder besser wird, auf der anderen Seite vermisse ich Tim wirklich sehr. Wie gerne möchte ich einfach nur in seinen Armen versinken ... Das Einzige, was mir diesbezüglich Aufschwung verleiht ist die Tatsache, dass das Versteckspiel bald vorbei sein wird. Nur noch etwa sieben Wochen bis zum Abschluss des Potentialfeststellungsverfahrens ...

Es ist Samstagmorgen um 0600 und wir sitzen gerade mit unserer Truppe in der Mensa beim Frühstück. Insgeheim freue ich mich aber auf Morgen, da uns wenigstens ein freier Tag als Verschnaufpause gewährt wird. Ein heimlicher Hoffnungsschimmer lauert in mir, dass ich endlich ein bisschen Zeit mit Tim verbringen kann ... allein! Es reicht mir nämlich überhaupt nicht meinen Freund ab und zu beim Frühstück zu sehen und dass wir uns bloß schmachtende Blicke, oder ein unauffälliges Lächeln zuwerfen. In diesen Momenten tut es verdammt weh nicht einfach rüber gehen zu können, um wenigstens mit ihm zu reden ...

Ben reißt mich jäh aus meinen Gedanken. Eine hitzige Diskussion war zuvor entstanden, weil die vier Jungs und ich uns nicht einigen können, welche Übung Hartmann heute wohl wieder geplant hat. Die Unterhaltung scheint aus Bens Sicht noch nicht beendet zu sein ...

"Was für ein Blödsinn, Paul! Als wenn Hartmann uns schon wieder über den Trainingsplatz jagen würde ... Ich glaube ja, er führt uns heute in die 'Kammer des Schreckens'!"

Ben grinst uns jetzt der Reihe nach an und nickt wohlwollend, wobei Paul nur unberührt mit den Schultern zuckt.

"Ach ja, und was soll das deiner Meinung nach sein?", fragt Max mit hochgezogener Augenbraue.

"Da wartet all das, wovor wir uns fürchten!"

Ben verzieht sein Gesicht zu einem verzerrten Etwas, um seiner These eine möglichst gruselige Atmosphäre zu verleihen. Das gelingt ihm allerdings nicht wirklich gut ... er sieht eher aus, als hätte er Blähungen!

"Also versteckst du dich dort?", frage ich lachend.

"Hast du denn Angst vor mir, El?"

Ich runzle die Stirn und tippe mir scheinbar nachdenklich mit dem Zeigefinger an mein Kinn.

"Lass mich kurz überlegen ... Nein, ich muss dich enttäuschen ... absolut nicht!"

Ein böses Grinsen ziert meine Lippen.

"Schade ... wirklich seeehr schade."

Ben zwinkert mir amüsiert zu.

"Ich befürchte eher, wir verbringen mal wieder einen Tag in einem seiner 'Horrorhäuser'", bemerkte ich mit einem Kopfschütteln und verdrehe genervt die Augen.

"Hey, du brauchst dich gar nicht zu beschweren, Belle! Die letzten Male 'Nacktschnecke' musstest du genau was abgeben? Ach ja, deine Stiefel und dein Barett! Während die kleinen Arschgeigen vor mir immer auf mein knackiges Hinterteil gezielt haben, als meine Hose weg war!"

Max starrt wütend zu Paul und Mike hinüber, die sich pfeifend in eine andere Richtung drehen. Ich muss mich total zusammenreißen, dass ich bei der Vorstellung nicht los pruste vor lachen, aber ein ungewolltes Kichern entfährt mir trotzdem.

"Dafür habe ich mich aber nachher intensiv um deinen süßen Po gekümmert!"

Ben grinst, wie ein Honigkuchenpferd, während Max bloß knallrot anläuft.

"Oh Jungs, bitte", erwidere ich lachend und halte mir schnell mit einem vielsagenden Blick in Richtung Ben die Ohren zu.

Grinsend greift Mike plötzlich über den Tisch, um vorsichtig meine Hände wieder herunter zu nehmen. Er sitzt mir gegenüber und starrt für einen kurzen Augenblick auf seine Finger, die die meinen umgreifen. Bevor ich etwas sagen kann, lässt er abrupt von ihnen ab, als hätte er sich dabei verbrannt. Sein Gesichtsausdruck: schmerzerfüllt.

Es ist jetzt ein Monat vergangen, nachdem mein Kamerad mich so schlimm angegangen hatte, dass mir allein bei dem Gedanken daran schlecht wird. Das Unwohlsein in seiner Nähe ist immer noch präsent, aber inzwischen weniger stark. Wir sind keineswegs mehr beste Freunde, allerdings habe ich keine Angst vor ihm, denn ich weiß, dass ich ihm im Notfall den Arm brechen könnte und auch würde. Den Trick hatte mir nämlich Offizier Schulz beigebracht und obwohl ich zunächst Zweifel wegen des Extratrainings verspürte, fühle ich mich inzwischen stärker denn je!

"Also ich habe ja gestern nach der Übung ein paar Gesprächsfetzen von Schulz und Hartmann mitbekommen. Da ging es eher um Höhe, Wasser und Präzision ..."

Grüblerisch kratzt sich Mike am Kopf, bevor Paul bei seinen Worten auf einmal schneeweiß wird.

"Hey Paul, ist alles okay?", will ich von ihm wissen. Er schüttelt vehement seine rote Lockenpracht.

"Scheiße, Leute! Wisst ihr, was das bedeuten könnte? Der Fallschirmsprung steht an ..."

Unser Kamerad wirkt jetzt schon, als würde er sich jeden Moment übergeben müssen und auch den anderen steht die Begeisterung nicht unbedingt ins Gesicht geschrieben.

**********

Eine Stunde später stehen wir an unserem üblichen Treffpunkt, dem Trainingsplatz. Ein äußerst zufrieden wirkender Offizier Hartmann marschiert vor unserer Gruppe auf und ab. Er lässt uns ausnahmsweise mal nicht lange im Unklaren, bevor er mit einem breiten Grinsen auf den Lippen beginnt den geplanten Ablauf zu erklären.

"Soldaten! Heute steht Ihr erstes, aber bestimmt nicht letztes Freifall-Training an. Die See meint es an diesem tollen November-Tag gut mit uns, heißt: Wir werfen sie über dem Meer ab! Das hat derzeit eine angenehme Badetemperatur von 9 Grad, also schenken wir uns die Einsatzkräfte des DLRG und sie schwimmen die paar Kilometer an Land zurück!"

Hartmann reibt sich zufrieden seine Hände. Fassungslos starren wir zuerst in den dunkelgrauen, bedeckten Himmel, dann in Richtung unseres Offiziers.

"Keine Sorge, ihr Wasserratten, die Fallschirme werden natürlich eingesammelt. Nur Sie halt nicht!"

Ich weiß gar nicht, warum ich jedes Mal aufs Neue überrascht bin, wie abgrundtief hämisch und sadistisch Hartmann sein kann. Das wird mit Sicherheit ein Spaß werden ...

"Im Klartext: Wir üben zunächst die lebensnotwendigen Handgriffe, denn im Meer werden sie sich schnell aus dem Fallschirmgurt befreien müssen und Sie sollten auch das Notverfahren drauf haben! Schließlich haben wir morgen alle frei und etwas Besseres vor, als einen Verlust zu beklagen. Das verdirbt mir den Sonntagsbrunch mit meinen Freunden! Und genau deshalb erwartet Sie die Höchststrafe bei mir, wenn ich mitbekommen sollte, dass sie auch nur eine einzige Sekunde unaufmerksam sind! Wir machen zusätzlich eine Trockenübung im Hängegerüst, aber Ihnen gebührt eine gewisse 'Gnade'. Normalerweise springen Sie zusätzlich zum Schirm mit einer Waffe, der Kampfmittelweste und Ihrem Gepäck, also mit rund 70 Kilo. Das lassen wir beim ersten Mal aus."

Scheinbar zufrieden über diese nette Geste, schaut uns Hartmann erwartungsvoll an.

"Ähhh, danke?", erwidere ich mit einem fragenden Schulterzucken. Der Offizier nickt anerkennend.

"Genau die richtige Einstellung, Janssen! Und jetzt, im Laufschritt Marsch!"

Kurze Zeit später kommen wir vor einer kleinen Halle zum Stehen, wo Offizier Schulz uns bereits erwartet und freundlich begrüßt, während Hartmann nach einem kurzen Handschlag mit seinem Kollegen schon durch die offene Metalltür eilt.

"Guten Morgen, Stabsgefreite. Offizier Hartmann hat Sie wohl darüber informiert, worum sich unser folgendes Training dreht?"

Wir nicken stillschweigend. Paul erweckt erneut den Anschein, als würde er sich gleich übergeben müssen. Leichenblass wischt er sich das dritte Mal den Schweiß von der Stirn. Der Arme! Augenscheinlich ist Höhe nicht unbedingt sein Spezialgebiet. Auch ich bin ein wenig aufgeregt, muss aber automatisch lächeln, als mir einfällt, wie ich neben Tim in dem hohen Freifallturm im Hansa-Park gesessen hatte und er dabei meine Hand umschlossen hielt ... Diese Erinnerung verleiht mir ein kleines Hochgefühl und weckt meine Überzeugung, dass ich genauso gut die heutige Herausforderung bestehen kann!

"Ich garantiere, dass jeder von Ihnen den Sprung mit Bravour meistern wird! Wir werden sie genaustens darauf vorbereiten und wenn jemand Höhenangst hat, kann ich versichern, dass wir auch das in den Griff bekommen!"

Innerlich schmunzelnd folge ich zusammen mit meinen Kameraden dem leise pfeifenden Offizier in den nahezu winzigen Hangar, der auch eine etwas größere Garage sein könnte. Es ist schon ziemlich verrückt, dass Schulz eine ganz andere Sorte Mensch ist, als der 'Fiesling' Hartmann und dass die beiden trotzdem so gut befreundet sind!

**********

Einige Stunden später ist es soweit: Offizier Schulz steht dicht vor mir und prüft ein letztes Mal die vielen Schnüre und Gurte, die sich um meinen Körper spannen.

"Keine Angst, Eleanore. Sie werden das auf jeden Fall super umsetzen", flüstert er mir mit einem Lächeln zu.

"Danke für Ihren Zuspruch, aber das weiß ich", antworte ich strahlend, woraufhin mein Ausbilder laut auflacht und einen der Karabinerhaken an meiner Schulter zurechtzieht.

"So selbstbewusst? Sehr gut! Das ist genau die richtige Einstellung!"

Schulz klopft mir mit einem gewissen Stolz auf meinen Oberarm.

Es dauert nicht lange, bis wir zu siebt hinten in der Propellermaschine sitzen, die als Kurzstrecken-Transportflugzeug eigentlich für die Fallschirmjäger-Ausbildung dient und uns für den Sprung zur Verfügung gestellt wurde. Den Piloten bekommen wir erst gar nicht zu Gesicht. Er ist schon in der Maschine, die jetzt wenige Meter rollt, bis sie sich auch schon vom Boden erhebt. Während des Starts steigt allmählich meine Nervosität, genau wie bei meinen Kameraden. Jeder starrt schweigend vor sich hin. Nur das laute Geräusch der Propeller ist zu hören, bis Hartmann schließlich seine Stimme über die klackernden Laute erhebt:

"Wir sind jetzt gleich an der Stelle für den Absprung angelangt. Es sind bloß ungefähr 500 Meter Höhe über dem Meer, also denken Sie daran, dass der Schirm eine gewisse Zeit braucht, bis er sich öffnet. Geraten Sie nicht in Panik. Atmen und zählen ... So, es geht los! Aufstellung!"

Ich bin ausgerechnet die Erste in der Reihe und überall kribbelt die Aufregung und das Adrenalin in mir. Jetzt, wo die Tür zum Flugzeug tatsächlich offen steht, der starke Wind mir fast die Luft zum Atmen nimmt und unter mir das rauschende, dunkle Meer zu sehen ist, bin ich total nervös. Ich atme tief ein und aus, denn mir ist bewusst, wenn Hartmann das 'Okay' gibt, muss ich sofort springen, ohne Zögern!

Meine Hände krampfhaft um die Seile des Fallschirm gelegt, spüre ich förmlich, wie sich mein Herzschlag beschleunigt und nur noch das wilde Klopfen in meinem Kopf zu existieren scheint.

"SPRUNG!", schreit Hartmann von hinten gegen das Rauschen des Meeres und den Lärm der kleinen Maschine an.

Und ich tue einfach, was er sagt, ohne weiter darüber nachzudenken. Die Überwindung ins 'Nichts' zu gelangen, übergehe ich, indem ich mit einem großen Satz aus dem Flugzeug springe, mein ganzer Körper angespannt vor Angst und Adrenalin zugleich. Aufgeregt ziehe ich bereits an der Leine ...

"2.000, 3.000, 4.000, ...", zähle ich laut und reiße meinen Kopf nach oben, um zu sehen, ob die Kappe aufgegangen ist. Über mir flattert der große, weiße Schirm und ich verspüre eine gewisse Erleichterung, bis mein Blick nach unten gleitet. Ich hätte nicht gedacht, dass sich 500 Meter so hoch anfühlen können!

Vom Sprung bis zum Aufprall in das kalte Nass dauert es jedoch keine zwei Minuten ... Schnell führe ich den Handgriff aus, den wir vorhin bis zum Erbrechen geübt hatten, um mich von dem Gurt zu befreien. Es klemmt! Scheiße!

Das aufgewühlte Meer lässt mich dabei wie ein Spielball unkontrolliert herumtreiben ... unerbittlich ...

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