24 Runden Riesenrad 🎡

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"Jetzt komm schon!" Energisch ziehen mich meine Freunde zur Hauptbühne.

"Ich mag solche Veranstaltungen aber nicht!" Widerwillig lasse ich mich platzieren und werde zwischen ihnen auf den Zuschauersitzen eingequetscht, damit ich nicht weglaufe. Würde ich nicht. Ich ziehe nur ein düsteres, genervtes Gesicht.

Sie hatten versprochen, dass ich heut alles aussuchen darf, was wir auf der Kirmes machen, und nun muss ich mich zu der einzigen Sache nötigen lassen, die ich nicht machen wollte.

"Das wird super!", freuen sie sich. Das ist mir zu hoch. Was soll daran toll sein, fremden Leuten zuzusehen, wie sie andere fremde Leute kaufen?

Es fängt bereits an, die erste "Auktionsware" wird auf die Bühne geholt. Es ist ein stämmiger Herr um die 40, der sehr stark aussieht. Damen diversen Alters reißen sich um ihm, die freundlich lächelnde Omi vom Obstladen erhält schließlich den Zuschlag.

"Herzlichen Glückwunsch!", jubelt der Auktionator. "Darf ich fragen, was Sie diesen Abend mit dem starken Mann an Ihrer Seite vorhaben?" Er bückt sich und hält ihr das Mikro hin, damit sie nicht extra auf sie Bühne steigen muss.

"Ohh, der junge Mann darf die schweren Kisten in meinem Lager stapeln!"

"Haha, dann wünsche ich viel Spaß!" Da hat er wenigstens eine sinnvolle Aufgabe. Sie hakt ihn bei sich unter, sobald er von der Bühnentreppe hinuntersteigt und führt ihn zu ihrem Geschäft.

Ich seufze. Die nächste Person, die für wohltätige Zwecke versteigert wird, ist eine aufwendig zurechtgemachte Klischeesekretärin. "Oh, wie wär's mit der?", fragt Jiahn links neben mir.

"Ich weiß nicht... bisschen zu alt und ganz schön teuer", entgegnet Yeontae von rechts. Die Gebote gehen immer höher, bis sie offenbar von ihrem Traummann ersteigert wird und ein Date mit ihm bekommt. Schön.

Es folgen noch ein freundlicher Opi, der gut Holz hacken und Rasen mähen kann, und eine Vierzehnjährige, die verspricht, fleißig im Haushalt zu helfen. Will wohl ihr Taschengeld aufbessern. Laut dem Infozettel, den Jiahn mir in die Hand gedrückt hat, bekommen die modernen Sklaven einen Anteil des Verkaufspreises. Da mir so langweilig ist, hab ich den Zettel schon fünfmal gelesen.

"Mann, da ist ja echt gar nichts dabei", meint Jiahn enttäuscht.

"Können wir gehen?", frage ich hoffnungsvoll und setze an aufzustehen. Ich will noch frisch gebackene Minidonuts essen!

"Nein, nein, du bleibst schön hier!" Yeontae drückt mich zurück auf die Bank. "Es werden zehn Leute versteigert und wir sind doch erst bei Nummer vier."

Nummer fünf ist eine märchenlesende Babysitteromi. Hier ist wohl wirklich für jeden was dabei, nur nicht für meine Hyungs. Ich will Knoblauchbrot! Der Duft von dem Stand neben der Bühne weht gerade genau hier rüber. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ich passe nicht mehr wirklich auf, aber die nächsten Leute sind wohl auch nichts. Erst bei Person neun, einer jungen Kellnerin, bieten sie mit. Komisch, die beiden sind doch schwul und stehen außerdem unterschwellig aufeinander?

Moment.

Erst da dämmert es mir. "Oh nein...", flüstere ich und schaue entsetzt zwischen ihnen hin und her. Glücklicherweise gehen die Gebote in utopische Höhen und Jiahn und Yeontae hängen enttäuscht auf ihren Plätzen. Für den Preis eines Kleinwagens geht sie schließlich an den neureichen Unternehmensgründer, von dem meine Mutter immer sagt, dass er entweder schwul oder pervers ist, weil er mit Mitte 30 und Unsummen Kohle auf dem Konto immer noch nicht verheiratet ist.

Ich gehe auch so langsam auf die 30 zu, Jiahn und Yeontae noch eher, aber steinreich ist keiner von uns. Naja, Yeontae hat viel Kohle, aber bei Weitem nicht so viel wie dieser undurchsichtige Firmenbesitzer.

Traurig sehen meine beiden besten Freunde sich an. Ich atme erleichtert aus. Der letzte Angebotene ist ein schlechtgelaunt dreinblickender junger Mann, der sich gar nicht erst die Mühe macht, sich vorzustellen. Er wirft dem Auktionator nur einen eiskalten Blick zu. Irritiert wendet der Auktionator sich der Menge zu und erkundigt sich nach Geboten.

Keiner rührt sich.

Er fragt nochmal nach und versucht, den arroganten Miesepeter schmackhaft zu machen. "Kommt schon, ein starker, schöner, junger Mann, der muss sicher nur erst auftauen, hahaha."

Yeontae wirft Jiahn einen vielsagenden Blick zu. Bitte nicht. Zögerlich streckt er die Hand hoch und geht auf das Startgebot, einen symbolischen Kleinstbetrag, ein. Niemand bietet mit. Neiiiiin.

Endlich streckt noch jemand die Hand hoch. Yeontae überbietet denjenigen. Eine junge Frau aus der ersten Reihe macht auch noch mit. Leute, hört auf. Als schließlich niemand mehr bietet, tönt es laut aus den Lautsprechern: "Uuuund verkauft!"

Yeontae und Jiahn springen auf und ziehen mich zur Bühne. "Herzlichen Glückwunsch, Kleiner", feixen sie.

Das passiert grad nicht wirklich. "Das ist nicht euer Ernst!", flüstere ich entsetzt. Sie hätten genauso gut Yeontaes Geld zum Fenster rauswerfen können. Oder es mir in den Briefkasten stecken, da hätte ich mehr davon gehabt. Eingeschüchtert beobachte ich mein "Geschenk", wie er eingeschnappt von der Bühne stolziert. Bei näherer Betrachtung hat er sein sehr schönes Gesicht, aber sein Blick... der ist gruselig, voller Wut, doch zum Glück schaut er nicht mich so an, sondern einen Kerl im Publikum.

"Sei nicht sauer, Schatzi, von dem Geld gehen wir aus!", ruft dieser in unsere Richtung.

Der Kerl neben uns zeigt ihm den Stinkefinger. "Du kannst mich mal, Arschloch!" Dann rauscht er an uns vorbei. Abrupt bleibt er stehen, dreht sich um und keift: "Was?? Kommt ihr jetzt mit oder was?"

Yeontae und Jiahn ziehen die Augenbrauen hoch und schnappen sich ihn. "Hey, wir sind nicht persönlich für deine Laune verantwortlich, also lass sie nicht an uns aus, klar?" Den Rest verstehe ich nicht, aber er guckt wütend und schlägt ihre Hände weg.

"Fasst mich nicht an! Ich mach ja gleich, was er will, ich muss mich nur erst abregen."

Jiahn flüstert ihm noch was zu, woraufhin er schnaubt, anschließend allerdings seine kleinen Finger bei beiden einhakt. Nun sieht er mich erwartungsvoll an. Ich finde ihn sehr unangenehm.

"Komm!" Yeontae zieht mich mit sich, als sie sich in Bewegung setzen. "Meine Mutter kennt ihn, sie meint, sie wird in der Apotheke am liebsten von ihm bedient, weil er immer so nett ist. Also, das wird schon", verspricht er mir leise. Wir stellen uns am Donutstand an, Yeontae kauft mir eine Zwanzigerpackung und zaubert mir ein Strahlen ins Gesicht. Glücklich stopfe ich mir zwei auf einmal in den Mund.

Wir schlendern weiter über den Markt. Yeontae und Jiahn schicken mich mit dem Fremden vorneweg, der stumm neben mir herläuft, und folgen uns auf dem Fuß. "Ähm", sage ich, und er blickt fragend zu mir. "Du... kannst auch gehen, wenn du keine Lust hast..."

"Spinnst du?", fährt er mich an und ich rücke automatisch ein Stück von ihm weg. "Willst du, dass ich Ärger kriege? Laut Auktionsvertrag muss ich den ganzen Abend machen, was du willst, also hast du mich bis Mitternacht an der Backe kleben", grummelt er.

"Toll", erwidere ich deprimiert. Das wird der schlimmste Geburtstag aller Zeiten.

Wir schlurfen weiter Richtung Riesenrad. "Du darfst heut zehn Runden hintereinander fahren!", verkündet Yeontae.

"Wirklich?", freue ich mich.

"Mit ihm." Yeontae zeigt auf den Fremden in unserem Schlepptau. Erschrocken blickt er auf, dann wird seine Miene leicht säuerlich.

"Oh", sage ich. Alleine fahren macht weniger Spaß, Yeontae mag keine Riesenräder und Jiahn wird darin schlecht. Also lassen sie mich mit diesem Griesgram fahren. Ich fasse es nicht.

Immerhin darf ich so oft fahren, wie ich will, und Yeontae zahlt. Er kauft gleich zwölf Fahrten für mich. Und den Kerl.

Da gerade eine Runde vorbei ist, müssen wir nicht lange warten, und steigen in die Gondel mit der goldenen Sieben. Die Donuts darf ich mitnehmen. Finde ich sehr toll! Während die anderen Leute einsteigen und meine Hyungs winken, futtere ich zwei Donuts und bin ein wenig traurig, dass bald nicht mehr viele übrig sind.

"Du fährst gern Riesenrad, was?", fragt der Fremde, der mit verschränkten Armen und überschlagenen Beinen mir gegenüber sitzt. Ich nicke verschüchtert und esse einen weiteren Donut.

"Krass, und du willst jetzt wirklich über zwei Stunden hintereinander fahren?"

Hatte ich vor, ja. Wieder nicke ich. Nicht jeder teilt meine Begeisterung für die tolle Aussicht.

"Okay", meint er und schaut mich weiter an, während ich langsam an meinen Donuts kaue und mich irgendwie unwohl fühle.

"Hey, ich beiße nicht!", verspricht er. Bilde ich mir das ein oder werden sein Blick und seine Stimme gerade sanfter? "Es sei denn, du möchtest das." Jetzt lächelt er sogar verschmitzt. Ich will lieber nicht wissen, wie ich das verstehen soll.

"Ich hab deinen Brüdern versprochen, freundlich zu dir zu sein, also schau nicht so!"

"Ich schau gar nicht", murmele ich und schiebe mir einen weiteren Donut in den Mund. Das sind meine, von denen gebe ich keinen einzigen ab! Zum Glück fragt er nicht danach. Er sieht mich immer noch eindringlich an. "Und das sind gar nicht... meine Brüder." Ich räuspere mich.

Er sagt: "Achso."

Die beiden stehen immer noch unten vorm Riesenrad, ich erkenne sie auch aus der Entfernung. Hoffentlich wird ihnen nicht kalt, aber direkt neben ihnen sind Buden mit warmen Speisen und Heißgetränken.

Betretenes Schweigen breitet sich in der Gondel aus. Noch fünf Donuts.

Sein Blick ist mir unangenehm. Mich beobachtet sonst nie jemand so genau beim Essen. "Hab ich was im Gesicht oder so?", erkundige ich mich unsicher.

"Ja", antwortet er leise. "Soll ich mal?" Er lehnt sich näher und streckt die Hand aus. Ich lehne mich erschrocken nach hinten.

"Du bist putzig", findet er und streicht mir nahe des rechten Mundwinkels über die Wange. "Wie ein scheues Häschen."

Mein Herz rast auch so heftig wie das eines bedrängten Häschens. Was kommt der denn plötzlich so nah?? Ich schiebe ihn vorsichtig weg und er setzt sich wieder ordentlich auf seinen Platz. Er lächelt.

"Du hast immer noch ganz viel Zucker im Gesicht", meint er und leckt sich grinsend den Finger ab. Unerwartet rückt er wieder näher und putzt mich weiter.

"Heyyy", beschwere ich mich und versuche ihn wegzuschieben, doch er ist stärker. "Du bist doch keine Hasenmama!"

Er hält mich fest. "Wäre ich eine, würde ich dich mit der Zunge ablecken."

Ich sage: "Bäh", und er setzt es in die Tat um, wodurch ich erschrocken fiepe und er mich auslacht. So einem seltsamen Typen bin ich noch nie begegnet, dabei ist mein Kumpel aus Malaysia schon echt seltsam. Aber mit dem kann ich wenigstens Spaß haben. Der hier hingegen ist einfach nur seltsam. Erst grantig und nun aufdringlich.

"Du lässt dich ja niedlich ärgern", findet er. Seine Augen strahlen, aber ich schaue weg. Er setzt sich wieder auf seinen Platz. Immerhin ist seine Laune jetzt viel besser als vorhin.

"Was magst du heut noch alles machen?", fragt er nach einiger Zeit der Stille. Ich zucke die Schultern. "Die ganze Zeit Riesenrad fahren?", hakt er weiter nach. "Der Abend ist noch lang." Etwas Herausforderndes liegt in seinem Blick. "Du bist Männern nicht abgeneigt, oder? Sonst wärst du ja nicht mit mir hier." Er streckt die Beine aus, berührt mit dem einen meinen Unterschenkel und fährt an der Innenseite daran hinauf.

Erschrocken presse ich die Schenkel zusammen, um ihn aufzuhalten. "Was soll das denn werden??"

"Nichts. Ich will dich nur aufziehen", lächelt er und zieht sein Bein zurück.

"Außerdem... hast du doch einen Freund... oder?" Oh oh. Ganz falsches Thema. Sein Blick wird wieder wütend. Er schaut weg. Seine Augen glühen förmlich.

"Wohl eher Ex", schnaubt er abfällig. "Das kann er vergessen, dass ich jemals wieder mit ihm ausgehe."

"Tut mir leid", entschuldige ich mich, weil ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll.

"Muss es nicht. Er ist ein Arschloch. Er hätte mich auch gleich auf den Strich schicken können!", regt er sich auf und rudert sogleich wieder zurück: "Tut mir leid. Du kannst ja nichts dafür und ich bin schon wieder drauf und dran dir den Tag zu versauen."

"Naja", winke ich halbherzig ab und seufze dabei.

Er seufzt auch. "Eigentlich kann ich sogar dankbar sein."

"Wieso das?"

"Naja. Kennst du das, wenn man an jemanden glaubt, und sich einredet, dass irgendwann alles besser wird? Aber es wurde nicht besser. Er wird immer schlimmer und wäre das heute nicht gewesen, würde ich immer noch darauf hoffen, dass er ein guter Mensch ist. Er geht mit mir um, als wäre ich ein Gegenstand. Wie eine Sexpuppe, die er in die Ecke setzen oder verleihen kann, wenn er keinen Bock auf mich hat. Das reicht mir jetzt endgültig", vertraut er sich mir an.

Ich nicke nur, in der Hoffnung verständnisvoll auszusehen. Ja, abgesehen davon, dass er gerade sehr traurig schaut, sieht er aus, als wäre er ein begehrter Kerl mit aktivem Sexleben. Dass er das so offen formuliert... meine Ohren werden heiß davon.

"Aber genug von mir. Jetzt bin ich das losgeworden, jetzt geht es mir deutlich besser! Und nochmal sorry für die miese Laune." Sein Blick ist plötzlich so warm und so durchdringend.

Ich schaue auf meinen letzten Donut und nicke erneut. "Jetzt weiß ich ja, was los war, also schon gut. Und schön, wenn es dir besser geht."

Er nickt auch. "Ich kotze mich bei dir so aus, dabei kenne ich nicht einmal deinen Namen."

"Ähm. Hyunuk."

"Freut mich, Hyunuk. Ich bin Inho!"

"Okay, Inho."

Er lächelt. Wenn er so freundlich guckt und nichts macht, ist er ja recht sympathisch. "Du bist immer noch bezuckert", erzählt er mir und deutet auf sein Kinn. Ich wische mir meines ab. Er deutet noch auf seine Wangen und macht nachdenklich "hmmm", weil ich wohl nicht alles erwische. "Soll ich nochmal?", bietet er an und lehnt sich unmerklich vor.

"Ähm."

"Hast du ein Taschentuch oder so?"

"Ähm?"

Er nimmt mir die fettige Serviette aus der Hand und tupft mit einer noch sauberen Stelle auf meiner Wange herum. "Hmmm. Ich kann dich auch nochmal ablecken", lacht er.

"Schon gut", sage ich, lecke meinen Finger an und rubbele angetrockneten, fettigen Zucker aus meinem Mundwinkel. Meine Hände sind ganz klebrig und mein Gesicht ebenso.

"Aber du bist so süß", findet Inho. "Selbst ohne Zucker."

"Du bist ganz schön..." Ich komme nicht auf das richtige Wort.

"Offensiv?", bietet er an.

"Aufdringlich trifft es eher."

"Och." Er zieht eine leichte Schmollschnute, lächelt dann aber wieder. Wie er hier sitzt ist schon sexy, in seiner engen schwarzen Hose und endlos lang wirkenden Beinen. Dazu noch der selbstbewusste, aufrechte Oberkörper und erst recht der aufreizende Blick... und ich hingegen, eingeschüchtert und alles von oben bis unten bekrümelt wie ein Kleinkind. Trotzdem flirtet er mit mir. Irgendwas muss er wohl an mir finden.

Ich räuspere mich. "Yeontae meinte, du arbeitest in einer Apotheke?"

"Äh, ja?"

"Ich hätte gedacht, du bist Model oder so."

Das freut ihn offensichtlich sehr. Sein Lächeln wird noch strahlender. Ich glaub, ich verlieb mich grad. Das kommt aber plötzlich! Schnell schaue ich weg.

"Ich hab mal 'nen Schönheitswettbewerb gewonnen", verrät er.

"Glaub ich dir sofort."

"Du siehst aber auch toll aus."

"Ach naja... aber danke", winke ich ab.

"Sag bloß, das sagt dir sonst niemand?", fragt er überrascht.

"Ähm. Eher weniger."

"Dann sag ich dir das jetzt! Du hast wunderschöne Augen, und perfekte Lippen, und deine Haare sehen sehr weich aus, perfekt zum durchwuscheln."

"Oh? Danke?" Inho macht mich ganz verlegen.

"Den Rest hab ich mir noch nicht so genau angucken können... eben weil deine Augen so schön sind."

"Ok?" Ich weiß überhaupt nicht, wie ich mit diesen Komplimenten umgehen soll, und werfe einen unsicheren Blick auf ihn.

"Und da hast du noch Zucker." Inho streckt die Hand aus und lehnt sich vor, in diesem Moment ruckelt die Gondel, weil die etwa vierte Runde anfängt. Ich hab nicht mitgezählt.

"Huch!" Erschrocken hält er sich fest, die eine Hand landet an meinem Hals, die andere an meinem Knie.

"Alles okay?", frage ich und Inho nickt. Er lehnt sich noch weiter vor und schaut mich fragend an. Eh ich mich fragen kann, wieso er so nah ist, schließt er die Augen. Automatisch mache ich das auch und spüre kurz seine weichen Lippen auf meinen. Es ist magisch!

Dann rückt er leider weg. Ich spüre seinen Blick auf mir. "Du kannst die Augen wieder aufmachen", sagt er leise.

"Aber vielleicht träume ich."

"Mh", macht er und schweigt kurz, eh er fragt: "Soll ich dich nochmal küssen?"

Unmerklich nicke ich.

Ich spüre Inhos Gesicht einen kurzen Moment lang direkt vor mir, eh er unsere Lippen wieder verbindet. Sanft drücken wir sie gegeneinander. Ein leises, schmatzendes Geräusch ertönt, als wir uns voneinander lösen. Das war doch nicht etwa schon alles?

"Mehr", hauche ich leise und spüre im selben Moment seine Lippen erneut auf meinen. Leider dauert auch dieser Kuss nur kurz an.

"Ich rück ran, ja?", sagt Inho leise und setzt sich mit auf meine Seite der Gondel, wodurch sie in leichte Schieflage gerät. Diesmal lege ich meine Hand an sein Kinn und halte ihn fest, um einen längeren Kuss zu bekommen. Vorsichtig fängt Inho an seine weichen, dicken Lippen zu bewegen. Ich schwebe auf Wolken! Ich will gar nicht mehr aufhören, doch er lächelt in den Kuss hinein und löst ihn mit einem wohligen Seufzen. Anschließend lehnt er sich an mich und legt seinen Kopf auf meiner Schulter ab. Seine Hand, die auf meinem Oberschenkel gelandet ist, bewegt sich zu meinen im Schoß verschränkten Händen.

"Oh", fällt mir auf, "die sind klebrig!" Inho ignoriert die Warnung und schiebt seine Finger dazwischen. Ich halte sie fest.

"Können wir ja nachher waschen." Lächelnd haucht er mir ein Küsschen auf den Hals. Er muss mich echt toll finden, wenn er mich küsst, obwohl wir uns kaum kennen... oder? Jedenfalls fühle ich mich sehr geehrt. Mein Bauch ist ganz warm und kribbelig davon.

"Ist das okay so? Oder wieder zu aufdringlich?"

"Nein, jetzt gefällt mir das", lächle ich. Inho freut es.

"Du bekommst heut das schönste Date aller Zeiten!", verspricht er.

"Klingt toll." Ich neige mich zu ihm und hebe sanft sein Kinn an für einen weiteren Kuss. Diesmal beendet er ihn nicht, sondern lässt sich so lange küssen, wie ich will. Und ich will sehr lange.

Wir werden erst unterbrochen, als jemand an die Gondel klopft. "Jungs, ihr habt noch zwei Runden."

"Was, schon?" Inho scheint nicht minder überrascht als ich.

"Wow, okay... ich hab noch gar nicht richtig rausgeguckt!" Dabei ist die Aussicht beim Riesenradfahren doch das Beste!

"Kannst du ja jetzt noch", meint Inho.

"Ich kann dich auch weiter küssen und später nochmal mit dir fahren?", schlage ich vor. Er lächelt, lehnt sich näher und schließt erwartungsvoll die Augen.

Die zwei Runden sind ganz schön kurz.

Das Grinsen auf seinem Gesicht sieht genauso breit aus wie meines sich anfühlt, als wir aussteigen und zu meinen Hyungs schlendern.

"Sagt mal... warum hat eure Gondel so gewackelt?", will Jiahn mit hochgezogenen Augenbrauen wissen.

"Ähm. Sex?", antworte ich und Inho schaut mich lachend an. Ich hab darauf gehofft, dass er es lustig findet. Er drückt meine Hand, die er festhält.

Jiahn schüttelt ungläubig den Kopf und Yeontae übergeht meinen Kommentar. "Was möchtest du jetzt machen?", erkundigt er sich.

"Ich möchte, dass ihr endlich auf ein Date geht."

Sogleich laufen beide rot an.

"Mein Date läuft super und wehe, eures nicht!", ermahne ich die beiden Älteren. Wird Zeit, dass sie es endlich hinbekommen, sich nicht mehr nur heimlich anzuschmachten.

"Halt, warte", hält Yeontae mich auf, zückt sein Portemonnaie und drückt mir einige Scheine in die Hand.

"Dankeschön, Hyung! Und ihr amüsiert euch auch schön, ja?"

Unter zusammengepressten Zähnen nuschelt er etwas, das ich nicht verstehe. Inho bedankt sich auch noch bei ihm und wünscht viel Spaß. Dann dampfen wir ab. Bei einem Blick zurück sehe ich, dass sie nah beieinander stehen und offenbar verlegen überlegen, was sie gemeinsam unternehmen.

Ich weiß schon, was ich will, und führe Inho zielstrebig zu einem der Essensstände. Das Knoblauchbrot hier sieht noch viel leckerer aus als das neben der Hauptbühne! "Stört dich Knoblauch?", frage ich anstandshalber nach und erhalte ein: "Nö, ist doch lecker."

Sehr schön! Wir stehen auch gar nicht lange an. Ich bestelle zwei verschieden belegte Brote, die wir uns teilen, und zwei Tassen Honigwein. Der wärmt die Hände und den Bauch. Inho schmeckt's. Mir auch.

"Du magst Essen, oder?", stellt er mit halbvollem Mund fest.

Ich nicke und beiße von seinem Brot ab. Essen ist toll.

"Was magst du noch?"

Ich zucke die Schultern und kaue.

"Ich mag Musik. Ich singe gern. Und tanze gern. Aber das mach ich jetzt nicht vor, beim Essen. Später vielleicht", erzählt er mir.

Wieder nicke ich und schlucke dann. "Ich mag Dramas. Goblin fand ich toll."

"Ohhh, das hab ich auch gesehen! Magst du so Romanzen?"

"Ja", gebe ich zu. Manche finden sowas schwul. Lustig, ich bin gar nicht schwul. Hetero auch nicht, irgendwas dazwischen, aber was genau war in meinem bisherigen Leben irrelevant, deswegen hab ich da nie drüber nachgedacht.

Inho lächelt und trinkt einen Schluck Wein. "My Love From The Star ist auch schön", meint er.

"Ja, äh... Moment. Ich glaub, das hab ich nur bis Folge vier gesehen, weil man ab der fünften bezahlen musste."

"Wir können das gern schauen, das läuft noch auf Netflix."

"Ja, echt?"

"Ja, gerne. Bei einem anderen Date vielleicht? Ich kann dich ja mal zu mir einladen."

"Das wär toll!" Nicht nur wegen der Serie. Sondern wegen Inho. Er ist so freundlich und hat ein schönes Lächeln und ich möchte ihn sehr gerne näher kennenlernen. An die Küsse denke ich lieber erst später, sonst kribbelt mein Bauch zu heftig.

"Gibst du mir deine Nummer?"

"Klar!" Ich putze meine Hand an der Serviette ab und tippe die Nummer in sein Handy ein.

"Dankeschön! Ich würd gern noch was mit den Verantwortlichen von der Auktion klären, wenn das okay ist?"

"Ja, klar."

"Super." Er tippt auf seinem Display herum. Vielleicht schreibt er eine Mail. Ich füttere ihn nebenbei mit Knoblauchbrot. "Meinst du, dort ist jetzt noch jemand?", überlegt er und blickt stirnrunzelnd auf.

"Wo?"

"An der Bühne?"

"Wir können gern nachschauen gehen."

"Das wär schön."

Sobald wir aufgegessen haben, machen wir uns auf den Weg. An einem Zuckerwattestand lege ich einen Zwischenstopp ein, um die leeren Tassen abzugeben. Außerdem kaufe ich eine ganz große Portion rosa Zuckerwatte, die wir uns teilen. Inho futtert mir glücklich lächelnd aus der Hand.

"Hey, was soll das? Ich ruf schon dreimal und du ignorierst mich!" Ein fies dreinblickender Kerl baut sich vor uns auf. Ich glaub, ich weiß, wer das ist.

"Wenn du uns bitte entschuldigst. Wir haben ein Date", sage ich höflich und wende mich ab.

Der Typ schnaubt wütend. "Was fällt dir ein? Das ist MEIN Freund!"

"Seit heute nicht mehr", meint Inho kühl.

"Wann Schluss ist, bestimme ich! Du kommst jetzt mit zu mir", verlangt sein Ex erbost.

"Das Date geht noch eine Weile und DU warst derjenige, der mich verkauft hat", erinnert Inho ihn bissig.

"Für Geld machst du alles, nicht wahr, du Hure?", spuckt er und geht Inho an den Kragen, der empört aufschreit und sich loszureißen versucht.

"Sicherheitsdienst!", brülle ich laut und winke den drei uniformierten Personen, die gerade ihre Quarkbällchen an einem Stehtisch in Sichtweite genießen. Sie lassen sie sofort stehen und eilen zu Hilfe. Es sind Streifenpolizisten, als sie angerannt kommen, erkenne ich die Aufschrift auf ihren Schusswesten.

Unterdessen lässt Inhos Ex erschrocken los.

"Der aggressive Mann da hat meinen Freund angegriffen", teile ich den Polizeibeamten mit, die sich ihm von rechts und links nähern. Er schlägt wild um sich, was dazu führt, dass sie seine Hände hinter seinem Rücken festhalten und ihn zu Boden zwingen.

"Pfoten weg, ihr Arschgesichter! Ich lass mich doch nicht wie einen Kriminellen behandeln!", zetert er.

"Dann benimm dich nicht wie einer", sagt Inho ruhig, doch in seiner Stimme schwingt Wut mit.

Zwei führen den Kerl ab und der dritte Polizist nimmt Inhos Personalien auf und stellt ein paar kurze Fragen. "Das ist mein Ex, der nicht versteht, dass Schluss ist. Er ist schon öfter handgreiflich geworden", erklärt Inho.

"Wollen Sie ihn anzeigen?"

"Das kommt drauf an, ob er mich ab jetzt in Ruhe lässt oder nicht."

"Wir melden uns bei Ihnen wegen eventueller Rückfragen, falls nicht, können Sie in der Hauptstelle anrufen und ihn nachträglich anzeigen. Er erhält in jedem Fall ein Bußgeld wegen Beamtenbeleidigung."

Inhos Mundwinkel zucken nach oben. Ich wittere dezente Schadenfreude. "Und die Schläge?"

"Sowas wertet das Gericht üblicherweise als Verteidigung und nicht als absichtlichen Angriff, das ist somit keine Straftat."

"Na gut. Vielleicht besser so. Am Ende hat er es noch auf Hyunuk abgesehen, wenn er eine zu hohe Strafe bekommt."

"Sollte er erneut auffällig werden, melden Sie sich."

"Mache ich!", verspricht Inho. Der Beamte verabschiedet sich und geht seine übrigen Quarkbällchen holen.

Inho atmet tief durch. "Sowas Unangenehmes. Tut mir sehr leid!"

"Schon gut. Alles okay bei dir? Was Süßes nach der Aufregung?" Ich halte ihm den Zuckerwattestab hin und stelle fest, dass der sehr kläglich aussieht. Der Rest Zuckerwatte ist inzwischen durch die Luftfeuchtigkeit klebrig und krümelig geworden. Inho lächelt trotzdem.

"Ja, gerne", sagt er, lehnt sich näher und küsst mich. Genüsslich leckt er dabei meine Lippen ab. "Wirklich sehr süß!", findet er und macht mich ganz verlegen. Er nimmt meine Hand und lächelt vor sich hin, während wir weiterlaufen. Unsere Finger sind auch klebrig. Ich vertilge den kleinen Happen kristalline Zuckerwatte und entsorge den Holzstab im Mülleimer.

An der Bühne ist aktuell kaum jemand, nur einige rastende Rentner auf den Publikumsbänken. "Ach Mist", meint Inho und sieht sich um. Zeitgleich entdecken wir eine Person mit einem Organisator-Shirt und steuern auf sie zu. Inho unterhält sich mit der jungen Dame und erhält die Info, es in der Touristen-Info oder im Rathaus zu versuchen.

"Ja gut, danke."

"Dann auf zum Rathaus?", frage ich. Die Info ist direkt daneben.

"Wenn das okay ist? Dein Date hast du dir bestimmt anders vorgestellt."

Ich zucke lächelnd die Schultern. "Ich hab mir gar nichts vorgestellt. Solange wir noch paar leckere Snacks kaufen und später nochmal Riesenrad fahren, ist mir alles recht."

"Okay, schön!"

Das Rathaus hat sicherlich schon geschlossen, aber die Touristen-Info hat heut bis 21 Uhr geöffnet. Wir schaffen es noch rechtzeitig hin. Während ich die Postkarten begutachten darf, diskutiert Inho mit der Angestellten am Infotresen. Holografische Karten sind ganz schön teuer.

Mit niedergeschlagenem Gesicht tritt Inho an mich heran. "Kann man nichts machen außer warten. Eine Mail an die offizielle Stelle hab ich ja schon geschrieben, nun müssen die das nur noch bearbeiten. Ich wollte, dass die mir das Geld auszahlen und nicht ihm. Er hat mich mit seiner Kontonummer dort angemeldet, aber immerhin arbeite ich dafür und nicht er... nicht, dass es wirklich Arbeit wäre..." Er schenkt mir ein warmes Lächeln, das ich erwidere.

"Ich finde auch, dass das Geld dir zusteht und nicht diesem... diesem..."

"Arschloch?", hilft Inho mir auf die Sprünge.

"Ich hatte nach einem höflicherem Wort gesucht, aber das verdient er wahrscheinlich gar nicht."

"Eher nicht", bestätigt er. "Ich muss übrigens aufs Klo und die schließen hier gleich, dann muss man draußen auf die ekligen mobilen Klos..."

"Ahja, ich auch! Lass uns schnell hier gehen." Dort können wir uns auch endlich gründlich die Hände und Gesichter waschen. Handtücher sind leider alle. Gut, dass ich noch saubere Servietten vom Knoblauchbrotstand einstecken habe.

"Hat er dich wirklich geschlagen?", frage ich leise.

Inho lächelt, aber nur mit den Mundwinkeln, der Rest seines Gesichts lächelt nicht mit. Es ist ein eher bekümmernder Anblick. "Lass uns nicht mehr über ihn reden. Ich bin froh, wenn ich nie wieder von ihm höre."

"Das tut mir leid", sage ich und streiche ihm sanft über den Arm.

"Schon gut. Beim ersten Mal war ich zu geschockt um zurückzuschlagen, aber beim zweiten Mal hab ich ihm ordentlich eine gepfeffert. Da haben wir uns richtig geprügelt und nachher hat er mich eine Woche ignoriert, weil er der Meinung war, ich hätte nicht das Recht, ihm Konter zu bieten. Das Schlimmste war aber, dass ich ihm irgendwann fast geglaubt hätte, dass ich weniger wert wäre als er", erzählt er mir dann doch. "Du musst nichts dazu sagen. Ich weiß, dass ich genauso viel wert bin wie jeder andere Mensch."

Ich nicke. "Und er hat heut eins auf die Mütze bekommen dafür, dass er dich nicht anständig behandelt hat."

"Ja", lächelt er. "Karma ist wohl doch noch zu was gut. So. Lass uns gehen. Ist bestimmt schon nach neun." Er wirft einen Blick auf sein Handy, um die Uhrzeit zu prüfen, und schmunzelt. Es ist eins nach neun, das wird wohl noch im Rahmen sein.

"Hast du dir das gut überlegt? So einen wie mich findest du nie wieder", liest er im Gehen vor und lacht. "Das war der Plan. So einen will ich nie wieder." Ohne die Nachricht seines Ex zu beantworten steckt er es wieder ein.

Die Straße zwischen Hauptbühne und Rathaus sind wir schon mehrmals langgelaufen, aber in den Nebengassen waren wir noch nicht. Daher klappern wir jetzt dort die Stände ab. Ich kaufe ihm ein kleines Plüschentchen, das einen genauso intensiven Blick hat wie er. Er findet es putzig und verstaut es lachend in der Brusttasche seiner Jacke. Seine Nase ist leicht gerötet, deshalb besorge ich uns heißen Punsch und erspiele ihm anschließend beim Dart eine goldene Rose. Das schindet ordentlich Eindruck. Nach meiner Nummer hat er zwar schon gefragt und geknutscht haben wir auch schon, aber ihm noch mehr zu imponieren kann nicht schaden.

Mit stolzem Lächeln schlendert er neben mir her. Es ist sehr spät, als wir wieder auf dem Hauptmarkt ankommen. Meine Hyungs haben mir geschrieben, dass sie sich auf den Heimweg machen wollen, genauer gesagt zu Yeontae nach Hause. Ihr Date scheint gut gelaufen zu sein. Ich schreibe, dass ich noch mit Inho unterwegs bin. Genaueres erzählen wir uns morgen.

"Meinst du, das Riesenrad hat noch auf?", überlegt er.

Ich weiß natürlich Bescheid. "Eigentlich fährt das bis zwei Uhr."

"Oh schön! Willst du so lange fahren?"

"Das Date geht allerdings nur bis Mitternacht", erinnere ich ihn.

Er lächelt. "Willst du es denn schon beenden?"

"Eigentlich nicht", grinse ich.

"Dann lass uns nochmal fahren!"

Einige Buden haben schon geschlossen, aber wir können noch frische Donuts holen und spazieren dann zum Riesenrad. Ich kaufe wieder zwei Zwölferkarten. Nachts mit all den Lichtern ist die Aussicht besonders schön. Inho sitzt neben mir und lauscht meinem Geschwafel über die Sehenswürdigkeiten der Stadt.

"Heut gibt es Feuerwerk, oder?", meint er zwischendurch.

"Ja, genau."

"Magst du das im Riesenrad angucken?"

"Ja, da sieht man es am besten, oder?"

Er zeigt nach links in Richtung des riesigen Einkaufscenters, das obendrüber noch Büros hat. Es ist etliche Meter höher als das Riesenrad. "Dort arbeite ich. Ich hab Zugang zum Dach."

Ich schaue auf die Uhr. Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht. "Schaffen wir das?"

"Ich denke schon."

"Dann lösen wir die restlichen Runden später ein." Wir steigen aus, sobald wir unten sind und machen uns auf den Weg. In weiser Voraussicht kaufe ich zwei warme Wollmützen an einem der letzten Stände, an denen wir vorbeikommen, und sammle dadurch offenbar noch ein paar Pluspunkte bei Inho, der mich strahlend ansieht.

Es ist seltsam, spätnachts ein dunkles Gebäude zu betreten. Nur die Notbeleuchtung ist an. Im Fahrstuhl ist es aber hell. Vom grellen Licht kneife ich die Augen zusammen. Wir fahren nach ganz oben und müssen dann noch eine Treppe hoch. Am Tastenfeld neben der Tür gibt Inho einen Code ein, dann geht die Tür auf und kalter Wind weht uns entgegen. "Huuuh, ist das frisch!", stellt Inho fest. Ich reiche ihm eine der Mützen und setze mir die andere auf.

Das metallene Geländer ist kalt. An Handschuhe habe ich leider nicht gedacht. Die Hände tief in den Taschen vergraben stehen wir nebeneinander und schauen in die Nacht. "Die Aussicht ist wirklich schön."

"Ja", bestätigt Inho. Er zeigt in die Ferne. "Da drüben müsste das Feuerwerk losgehen."

"Mhm."

Er lehnt den Kopf an meine Schulter und sieht zu mir hoch. Diesen Blick kenne ich langsam. Er will mich küssen. Lächelnd neige ich mein Gesicht und genieße seine weichen Lippen, die sich sanft an meine schmiegen. Viel zu kurz.

"Wir haben doch ein ähnliches Jackenmodell", meint er dann und öffnet seinen Reißverschluss. Dabei ist es doch viel zu kalt. An meiner Jacke macht er sich auch zu schaffen und ich bin zu verwundert um ihn aufzuhalten.

Nun hakt er die linke Seite seines Reißverschluss in die rechte von meinem ein und zieht ihn hoch. Er windet den Arm aus seinem Ärmel und macht noch die andere Seite zu. Wir sind jetzt ein Jackenungetüm mit zwei Köpfen, drei Armen und vier Beinen. Wir sind uns so nahe. Ich spüre die Wärme, die seine Brust abstrahlt.

Damit es unten nicht reinzieht, mache ich den Bund beider Jacken mit dem Gummizug enger, wobei ich durch Inhos Nähe abgelenkt bin. Seine Hand liegt auf meiner Brust und er so riecht gut. Nach Knoblauch und Zucker und Donuts und Inho. Ich mag seinen Geruch.

Die restlichen Arme ziehen wir auch noch ins Innere, was durch die Enge etwas umständlich ist. Doch schließlich haben wir es geschafft und stehen engumschlungen an der Brüstung.

"Das gefällt mir", murmelt Inho an meinem Hals.

"Mir auch."

Er schmiegt sich in meine Halsbeuge und linst unter meinem Kinn hindurch, als das Feuerwerk losgeht. Es sieht wirklich fantastisch von hier oben aus.

Ich spüre seinen warmen Atem an meiner Kehle und seinen Herzschlag an meiner Brust. Ich halte ihn ganz fest.

"Inho", sage ich leise.

"Mhm?"

"Das ist wirklich das schönste Date. Danke dafür."

"Und ich danke dir. Für mich war es ebenso schön."

"Ist, nicht war", schmunzele ich. "Es ist noch nicht zu Ende."

An meinem Hals spüre ich Inhos Lächeln. "Nein. Lass uns nach dem Feuerwerk noch Riesenrad fahren!"

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