Kapitel 24: Ein Leben für ein Leben

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Die Dame in dem dunklen Gewand legte den Zeigefinger auf ihre Lippen, als ich völlig fassungslos den Mund öffnete, doch es war keineswegs notwendig, mich vom Schreien abzuhalten – meine Kehle war wie zugeschnürt. Anstelle von Wiedersehensfreude rumorte Angst in meinem Magen. Eiskalte Furcht machte sich in meinem Körper breit, die jede noch so kleine Zelle in mir erschaudern ließ.

»Liva«, sprach Olita meinen Namen aus und lächelte beruhigend, »endlich.«

Ich brachte noch immer kein einziges Wort über die Lippen. Was ging hier vor? Was meinte sie mit »endlich«?

Die Frau die schon vor Monaten hätte verstorben sein sollen, trat einen Schritt auf mich zu und blinzelte mich monoton an. »Du musst mit mir kommen, Liva – schnell.«

Fragen schwirrten in meinem Kopf herum, ein loses Bündel an Worten, die sich in all meiner Furcht kaum in Sätze einordnen ließen. Ich verschränkte abweisend die Arme und wich ein wenig vor ihr zurück. »Was hat das zu bedeuten, Olita?«, fragte ich mit bebender Stimme, »ich dachte du bist tot!Wie hast du das Feuer überlebt? Du warst gefangen als das Haus in Flammen aufgegangen ist – das ist unmöglich.«

Ich erschauderte bei dem Gedanken daran. Hatte ich Halluzinationen? War das irgendein übler Trick oder ein Zauber? Olita schüttelte bedächtig den Kopf und blinzelte mich aus leeren Augen an. »Und dennoch bin ich am Leben, wie du siehst. Auch wenn ich mir manchmal wünschte, ich wäre an jenem schicksalhaften Tag verendet.«

Sie seufzte tief, räusperte sich ein paar Mal und verringerte dann den Abstand zwischen uns beiden wieder, wobei sie mir mit einem traurigen Ausdruck in den Augen die Hände auf die Schultern legte. »Du warst immer ein so nettes Mädchen – damals als alles noch in Ordnung war.« Ihre Augen verengten sich ein wenig. »Du hast dich nie unterkriegen lassen, egal wie hart die Zeiten waren und du hast stets für deine Familie gesorgt.« Ihre Stimme wurde ein wenig spitzer als sie hinzufügte: »Für deine Mutter warst du wohl ein echter Schatz.«

Da wo eben noch Angst in mir gewesen war, war auf einmal nichts als Schmerz. »Rede nicht von meiner Mutter«, sagte ich durch zusammengebissene Zähne, »ich war ihr nie wichtig – aber das ist mir auch egal. Ich habe sie verlassen und sie bedeutet mir nichts mehr.«

Ich wusste dass das nicht wahr war. Dass ich mich selbst anlog. Ich spürte es mit jeder Sekunde mehr, in der ich mit den Tränen kämpfte. Und Olita wusste es wahrscheinlich genauso.

Ihre Lippen zuckten vor Belustigung und sie nickte langsam. Sie ließ mir Zeit, wartete geduldig bis ich mich beruhigt hatte und ihr wieder in die Augen sah. »Nun«, sagte sie gedehnt, »ich werde deine Mutter nicht aus dem Spiel lassen, ich bin nämlich wegen ihr gekommen.«

Ich atmete hörbar auf. Wegen Nania? »Was hast du noch mit Mutter zu tun? Hat sie dich etwa aus dem Feuer gerettet?« Hoffnung glomm in mir auf. Wenn das so war dann würde ich ihr vielleicht doch noch verzeihen können und ich wünschte mir im Moment nichts mehr, als das.

Olita stimmte mir weder zu, noch widersprach sie mir. Stattdessen blinzelte sie mich nachdenklich an. »Du bist ungeduldiger als ich dachte«, bemerkte sie.

Sie seufzte tief und sah mich fest an. »Deine Mutter ist nicht bei mir, und das war sie auch nie. Ich habe lediglich einen Brief von ihr, den sie für dich geschrieben hat.«

Ihr Blick verdunkelte sich. »Sie ist in Gefahr.«

Bevor ich etwas einwerfen konnte, zog sie ein Schreiben aus ihrem Mantel und hielt es mir hin. Zögernd nahm ich es entgegen. Das Papier bestand aus dickem Pergament mit groben Fasern und einer gelblichen Verfärbung. In schwarzer Tinte waren einige Buchstaben auf das Blatt gekritzelt. Anscheinend hatte es die Verfasserin eilig gehabt – keine Zeit um den Brief leserlich zu machen, weshalb ich die Buchstaben nur mühevoll entziffern konnte. Besorgt ließ ich meine Finger über die vielen Tintenkleckse streichen, die das Schreiben umrandeten. Was zum Teufel war mit Mutter geschehen? Ich meinte ihre Stimme in meinem Kopf zu hören, als ich anfing zu lesen.

Liva, meine liebe Tochter.

Es tut mir so leid was geschehen ist, es tut mir so leid dass ich dir diesen Brief schreiben muss und dass ich dich nach all dem, was ich getan habe um Hilfe bitten muss.

Das war eindeutig Nanias Handschrift! Ich atmete hörbar aus, als ich weiterlas.

Sie haben mich. Riamos und sein ganzes Gefolge. Olita hat sie zu mir geführt nachdem dieses kleine blonde Mädchen sie aus dem Feuer gerettet hat. Sie haben mich in ihre Festung gebracht. Es ist so schrecklich hier! Sie schlagen mich, lassen mich hungern und sie wollen keine Ruhe geben ehe du entweder freiwillig kommst oder tot bist! Sie werden alles zerstören, was dir lieb ist, Liva solange du am Leben bist. Du musst mit Olita mitgehen und dich ihnen stellen, sonst sind sie nicht nur mein Ende sondern das Ende von allem was dir je etwas bedeutet hat!

Deine Mama

Langsam ließ ich den Brief sinken. Fassungslos und entsetzt gleichermaßen. Wenn das stimmte dann hatte ich Riamos bei weitem unterschätzt. Dann musste ich entweder sterben oder mich einem gesamten erzürnten Volk stellen. Ich schluckte schwer und sah Olita mit leeren Augen an. »Wie konntest du uns nur so verraten?«, fragte ich tonlos.

Olita blinzelte mich reuevoll an und flüsterte: »Nania hat mir keine andere Wahl gelassen, als sie mich in eurem brennenden Haus eingeschlossen hat.« Ihre Augen bekamen etwas Bitteres. »Dabei wollte ich euch doch nur retten. Aber sie hat mich dem Tod ausgesetzt.«

Sie atmete einmal tief durch und straffte dann ein wenig die Schultern. »Ich dachte ich würde sterben – ich habe mein Ende schon vor mir gesehen. Greifbar nah war es.«

Traurig schüttelte sie den Kopf. »Doch dann kam eine alte Bekannte von mir. Ich wollte sie nicht wiedersehen. Ich hatte sie mit meiner Vergangenheit für immer hinter mir lassen wollen.«

»Ein kleines blondes Mädchen«, flüsterte ich nachdenklich.

»Mevena heißt sie«, meinte Olita mit einem Nicken und sofort wurde ich hellhörig. »Du kennst Mevena?«

Olita blinzelte betrübt. »Manchmal wünschte ich, ich hätte sie nie kennengelernt. Mevena verlangt nämlich für alles was sie tut eine harte Gegenleistung. Sie war diejenige, die mich aus dem Feuer gerettet hat, doch ich muss im Gegenzug dafür für sie arbeiten.«

Verwirrt starrte ich sie an. Hatte Mevena mir nicht erzählt dass ihre Familie mit König Cifan zusammenarbeitete? Warum hatte sie dann Nania zu dessen Erzfeind, Prinz Riamos gebracht?

Olita schien so langsam die Geduld für weitere Erklärungen auszugehen. Sie warf einige hektische Blicke um sich, die meisten davon fielen auf die Zimmertür. »Wir müssen gehen«, knurrte sie und griff nach meinem Handgelenk, ich entzog es ihr jedoch reflexartig.

Mit zornverengten Augen starrte ich ihr ins Gesicht. »Ohne mich.«

Olita erwiderte meinen finsteren Blick. »Du musst aber mit mir kommen. Falls du dich an deiner Mutter rächen willst – sie hat deinen Zorn nicht verdient.« Ihre Augen wurden immer bohrender als sie bedrohlich auf mich zurückte. »Du meinst sie für etwas bestrafen zu müssen, was sie nie getan hat?«

Ich antwortete nicht drauf. Ich wollte nicht darauf antworten.

Ein verbittertes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Lass mich dir eins sagen Liva. Du bist deiner Mutter ähnlicher als du denkst.«

Kalter Schmerz zog sich durch meine Brust und machte mir das Atmen schwer, doch Olita redete unbeirrt weiter. »Ihr hattet beide Angst – panische Angst. Und am allermeisten wolltet ihr eure Familie beschützten. Schade nur dass ihr erbärmliche Versager seid.«

Am liebsten würde ich ihr all den Hohn aus dem Gesicht prügeln, doch mein Körper war wie erstarrt. »Eure lächerlichen Hoffnungen und Ängste haben euch so weit gebracht, dass ihr bereit wart zu morden.«

Ihre Augen wurden immer kälter und vorwurfsvoller. »Doch was dich von deiner Mutter unterscheidet, Liva, sind zwei Dinge: Nania hat niemandem geschadet, niemanden ums Leben gebracht – du schon.«

Ich wollte etwas einwerfen, etwas erwidern, doch sie fuhr mit schneidender Stimme fort: »Zweitens: Trotz allem muss deine Mutter hart für ihre Fehler bezahlen während du widerliches Miststück in Ruhm und Reichtum lebst mit einer lächerlichen Krone auf dem Kopf, die dich glauben lässt du wärst perfekt und sündenfrei während du deine Mutter als den Grund allen Übels ansiehst.«

Ich war mir nun sicher dass in meinem Gesicht purer Hass stand. Wie konnte sie es wagen, mir so etwas an den Kopf zu werfen nachdem sie uns verraten hatte!

Olita lächelte gutmütig. »Hab ich Recht?«

Wieder sagte ich nichts dazu. Ich fragte mich nur warum ich dieser Frau mein Leben lang vertraut hatte. »Ich werde nicht mitgehen«, erwiderte ich kalt.

Ich erwartete Zorn von ihr doch sie blieb ganz ruhig. Ihr Lächeln wurde breiter als sie sich wieder ihre Kapuze über den Kopf zog, die ihr halbes Gesicht beschattete. »Wie du meinst. Sie werden Nania jeden Tag ein Stücken mehr das Leben aushauchen – bis du sie irgendwann nicht mehr retten kannst.«

Sie schritt zur Tür und öffnete sie, wobei diese ein wenig quietschte. »Wann genau das ist kann ich dir nicht sagen, nur dass es schnell gehen wird.«

Sie hielt kurz inne und drehte sich dann doch nochmal zu mir um. »Falls du deine Meinung ändern solltest – du findest mich in Talis, in einer kleinen Festung nahe des Waldes.«

Mit diesen Worten verschwand sie durch die Tür und kehrte nicht mehr zurück. Ich presste die Lippen zusammen, um ihr nicht hinterherzurufen auch wenn ich mit jeder Sekunde mehr realisierte, dass ich damit das Todesurteil meiner Mutter unterschrieb – und das eines gesamten Reiches.

***

Nachdenklich lehnte ich am Fenster und starrte in die tosenden Wellen, die tief unter mir gegen die Schlossmauern schlugen, ganz so als wollen sie sich einen Weg in den Palast bahnen. Mit zittrigen Fingern hielt ich das raue Pergamentpapier fest, das Olita mir dagelassen hatte. Es war der einzige Beweis dafür, dass sie überhaupt erschienen war und ich mir das ganze nicht nur eingebildet hatte. Die Worte waren wahr und so greifbar nah, dass alles in mir danach schrie, sie einfach aus dem Fenster zu werfen in das stürmische Gewässer. Wie gerne ich sie dort einfach zergehen lassen würde, mit den Wellen zerfließen sodass nichts mehr davon übrig blieb. Doch ich durfte nicht einfach die Augen vor dem verschließen, was meinetwegen geschah. Ganze Siedlungen wurden wegen mir niedergebrannt, Menschen wurden ermordet, gefangen genommen, misshandelt. Und eine von diesen Menschen war meine Mutter. Sie war der Geisel, der mich zu Riamos führen sollte.

Ich las den Brief immer und immer wieder, über Stunden hinweg während in meinem Kopf eine gähnende Leere herrschte. Immer wieder ging ich beide Möglichkeiten durch, die ich wählen konnte. Entweder mich Riamos zu stellen oder zuzusehen wie alles um mich herum vernichtet wurde. Eine andere Alternative gab es nicht. Ich konnte mich wenn schon selbst umbringen, doch dann konnte ich genauso gut in Riamos' Festung einmarschieren und mich von ihm ermorden lassen.

Ich seufzte tief und starrte in die Ferne. Gewitterwolken hatten sich über den Mond geschoben, das einzige Licht ging von Blitzen aus, die die Nacht durchzuckten.

Auf einmal hörte ich den Schrei einer Eule. Ich bekam große Augen. Hatte ich mich verhört? Was machte eine Eule bei dem Unwetter über dem Meer? Ich vernahm die gleichmäßigen Laute von heftigem Flügelschlagen, ehe ich eine weiße, grazile Gestalt sah, die auf mich zusteuerte. Mein Herz pochte vor Aufregung. Ich kannte diese Eule. War das nicht die, die in der Höhle auf meinem Arm gelandet war? Nun kämpfte sie sich kreischend durch den Sturm, triefend nass doch mit Augen die starr vor Entschlossenheit waren. Ich trat einen Schritt zurück als sie mit einem letzten Schrei und ausgestreckten Klauen auf dem Fensterbrett landete. Erstaunt und fassungslos zugleich blinzelte ich sie an. Meine kleine Freundin gab einige aufgeregte Laute von sich und lief ungeduldig auf dem Fenstersims auf und ab. Immer wieder schlug die Fenstertür gegen ihren Körper. Schnell scheuchte ich sie ins Rauminnere und schloss das Fenster. »Hallo, Kleine«, begrüßte ich sie und streckte zögerlich eine Hand nach ihr aus. Die Eule wurde daraufhin ganz still und stupste nun ebenfalls zaghaft meine Finger mit dem Schnabel an. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. »Na, hast du mich vermisst?«

Ich drehte mich um, auf der Suche nach einem Handtuch, oder zumindest nach etwas, mit dem ich sie abtrocknen konnte. Ich fand zwar kein Handtuch aber immerhin eine braune Felldecke, die zum Abtrocknen wohl genauso gut geeignet war. Die Schleiereule machte ein paar unsichere Schritte rückwärts als ich mit dem Fellberg im Arm auf sie zutrat, ließ sich dann aber doch vorsichtig abtupfen. Als ich fertig war schlug sie zu meiner Überraschung mit den Flügeln, sodass sie sich in die Luft erhob. Auf einmal rauschte sie durch das Zimmer. Ich unterdrückte einen Aufschrei und rannte ihr keuchend nach. »Hey, was machst du da?«

Die Eule kreiste über einen Kleiderständer, der einen dunklen Umhang trug. Ich wusste zwar dass Eulen keine intelligenten Tiere waren, dennoch hatte ich das Gefühl dass sie mir etwas sagen wollte. Sie flog immer wieder zu mir, dann zu dem Kleiderständer und dann wieder zurück. Der Umhang erinnerte mich ein wenig an Olita und an ihr Gewandt, das sie getragen hatte. Blinzelnd sah ich zu meiner flügelschlagenden Besucherin auf. »Es geht um sie, nicht wahr?«

Endlich flog die Eule weiter, was meine Annahme bestätigte. Erneut rauschte sie durch mein Schlafzimmer und ich rannte ihr nach. Sie kramte in einigen Regalen und kehrte schließlich mit drei neuen Gegenständen zu mir zurück: Einem leeren Papier, einem Füller... Ich schluckte schwer, als ich den dritten Gegenstand sah. Und einem Messer, dachte ich und ein Klos bildete sich in meinem Hals. Die Schleiereule landete auf meinem Schreibtisch und forderte mich somit auf, neben ihr Platz zu nehmen. Ich setzte mich zögernd auf den vergoldeten Stuhl und starrte ihr in die gelben Augen. Meine Gedanken wirbelten. Was wollte sie mir mitteilen? Ich sollte offenbar einen Brief schreiben, doch an wen? Ich glaubte zwar nicht dass mich die Eule verstehen würde, dennoch sprach ich meine Gedanken aus. »Wer ist der Adressant?«

Sofort erhob sich das Tier wieder und flog durch den Raum. In mir zog sich etwas zusammen, als sie erneut über den Umhang kreiste. Olita also.

Ich starrte wieder auf das Messer, dann auf die Eule. »Soll sie mich ermorden?« Meine Freundin flog zu mir zurück, doch diesmal war ihre einzige Antwort ein ruhiges Blinzeln. Aus grellgelben Augen musterte sie mich, die wie zwei Monde aussahen. Ich musste wohl selbst darauf kommen. Nachdenklich betrachtete ich die scharfe Klinge des Messers, die im Licht der zuckenden Blitze silbern glänzte.

»Riamos möchte meinen Tod«, überlegte ich laut, »erst dann werden die Attacken ein Ende nehmen.«

Ich hielt inne und überlegte weiter. »Mich ihm stellen, kann ich nicht, sterben möchte ich nicht. Wie ich dennoch Frieden bekomme...«

Ich zuckte zusammen, als sich ein Gedanke in meinem Kopf formte der wie der Schlüssel aller Probleme wirkte aber mir dennoch Angst bereitete. »Er muss mich für tot halten.«

Gedankenverloren blickte ich der Eule wieder in die ruhigen gelben Augen. »Bring mich in dein Zuhause und gib Olita den Brief, den ich gleich schreiben werde. Ich möchte nie wieder zurückkehren. Ich will eine Ophuna werden und dort unten mein Leben zu Ende leben während jeder in Sellatas denken soll, ich wäre tot.«

Ich tunkte den Füller in ein Glas voll schwarzer Tinte und schrieb so schnell, dass der Füller auf dem Pergament ein kratzendes Geräusch verursachte und kleine Tintenspritzer hinterließ.

Liebe Olita,

ich habe einen Vorschlag für dich, der uns beiden einen Vorteil verschaffen könnte. Ich lebe weiter und du wirst wahrscheinlich deine Freiheit zurückbekommen.

Es gibt schon seit Generationen eine Sorte von Menschen, die außer der Königsfamilie keiner kennt. Sie leben in einer unterirdischen Höhle und wurden noch nie entdeckt. Ich möchte einer dieser Menschen werden.

Und was dich betrifft: Du sollst vorgeben, mich ermordet zu haben, daraufhin könnt ihr überall nach mir suchen – ihr werdet mich niemals finden.

Wenn du dich als Grund meines Todes ausgibst dann wirst du dafür sicherlich reich belohnt werden, daher solltest du auf mich hören. Ich gebe dir meine Krone sowie ein Messer mit meinem Blut mit.

Liva.

Ich atmete einmal tief durch, dann legte ich mir die Klinge an den Arm und schnitt einmal kräftig zu. Schmerz durchzuckte meinen Körper, sowie kalte Angst als mein Blut auf das Parkett tropfte. Das Messer verfärbte sich dunkelrot. Ich schmierte einen Teil des Blutes an meiner Krone ab, dann rollte ich den Brief zusammen und reichte alle drei Gegenstände der Eule. Diese schloss sogleich ihre Klauen darum und flatterte zum Fenster. Ich sah ihr noch einmal fest in die Augen. »Bring sie zu Olita.«

Damit öffnete ich das Fenster und sah meiner Freundin dabei zu, wie sie entschlossen davonflog – und inmitten eines Sturms verschwand, der sie binnen weniger Sekunden verschluckt hatte.

Ich machte auf dem Absatz kehrt und rannte mit rasendem Herzen ins hintere Gebäude des Schlosses. Ohne zu zögern drang ich in Cifans Gemächer ein und suchte mir einen Weg durch etliche goldbeschlagene Flure, die vor Reichtum und Pracht nur so strahlten, bis ich endlich dort ankam, wo ich hinwollte: Vor Cifans Schlafgemach. Ich atmete einmal tief durch und verdrängte jegliche Sorgen und Zweifel, die sich nun in mir bemerkbar machten. Was konnte schon passieren, was schlimmer war als der Untergang eines gesamten Reiches?

Als ich die Tür öffnete, wäre ich vor Überraschung fast wieder nach draußen geflüchtet doch die Angst vor Olitas Drohungen hielten mich an Ort und Stelle fest. Cifan lag nicht wie erwartet in seinem Bett. Er war wach, zu dieser Uhrzeit noch.

So wie ich stand er am Fenster und starrte in das Unwetter. Zögernd trat ich auf ihn zu. Er hatte mich noch nicht bemerkt und ich wollte ihn nicht erschrecken. Die Königin schlief tief und fest wie ein Grab, während er hellwach nach draußen blickte.

Ich stellte mich unsicher neben ihn und hob erst die Stimme als Cifan den Kopf zu mir umdrehte und mich aus seinen grünen Augen musterte. »Euer Majestät«, flüsterte ich und versuchte meine Stimme dabei so fest wie möglich klingen zu lassen. »Ich möchte eine Ophuna werden.«

Cifan wirkte noch immer nicht überrascht oder irritiert von meinem Wunsch. Er blinzelte nur und meinte mit einem anerkennenden Nicken: »Schlaues Mädchen.«

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