31. März 3091

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14.54 Uhr  Liebes Tagebuch,

Heute ist wieder einer dieser Tage an denen man sich am liebsten einfach nur zusammenkauern und verkriechen möchte. Ein Tag an dem die Grausamkeit der Menschen über allem steht, versteckt hinter einem Vorhang aus schöner Kleidung und einem strahlenden Lächeln. Ich stehe auf dem Marktplatz, schreibe alles nieder, was sich vor mir abspielt. Anders weiß ich nicht, wie ich es am besten beschreiben soll, wenn ich es nicht sofort aufschreibe.  Jedes Jahr am 31. März sehe ich dieses schreckliche Schauspiel. Eine widerliche Demonstration der Macht und der Stärke. Nur dazu da, uns unter Kontrolle zu halten; dafür zu sorgen, dass wir Angst haben. Es ist ein abartiges Bild. Irgendwie unwirklich. Es scheint so grausam, dass es nicht wirkt, wie von dieser Welt; gemacht von Menschen. Soldaten in feinen weißen Uniformen haben ihre Gewehre gesenkt; ein Tunnel; ein Durchgang. Männer, Jungen, Kinder werden hindurch getrieben, wie Vieh auf den Weiden. Zerrissene, schmutzige Kleidung hängt an ihren Körpern und sie haben Dreck im Gesicht. Viele von ihnen sind nicht älter als zehn, einige sogar jünger. Gewaltsam wurden sie her gebracht, ihren Familien entrissen und ihrem Schicksal entgegen gejagt. Heute werden sie sortiert. Sie sehen geschunden und gebrochen aus. Alles hier ist eine Demütigung. Hinter der langen Reihe aus Soldaten wartet auf sie eine Anrichte aus Holz und Metall. Wie eine Bühne erhebt sie sich vor ihnen. Jeder soll sie sehen; soll wissen, wie schlecht es ihnen geht und wie nahe sie vor dem Tod stehen. Wir sollen noch denken, alles hier sei ein Akt der Gnade. Laut ertönt eine Melodie, gespielt von dutzend Männern in schwarzweißen Wracks. Schnell, temperamentvoll, irgendwie magisch, doch ich kenne sie, weiß für was sie steht und ich höre die Wahrheit. Grausamkeit und hämische Freude über zugefügtes Leid, Erbarmunglslosigkeit, Hass und Abscheu. Eine Gefahr, die angekündigt wird durch ein so wunderschönes Lied. Wiehernde Pferde. Das Scheppern einer vergoldeten Kutsche. Stille, wie auf einem Friedhof. Tote reden nicht. Die Tür öffnet sich mit einem leisen Quietschen, das nicht in dir Situation zu passen scheint. Es wirkt so fehl am Platz, wie die fröhliche Musik im Hintergrund. Glänzende goldene Schuhe betreten den extra ausgerollten roten Teppich. Die Umgebung scheint viel viel kälter geworden zu sein. Mindesten zehn Grad weniger sind es. Ein Umhang aus purpurnem Samt hängt schwer über Schultern. Die Krone, eigentlich wunderschön, wirkt fehl auf seinem Kopf. Ein Zeichen der Könige. Ein Zeichen Ehre. Ein Zeichen der Macht. Unser König. Wir alle verneigen uns; fallen auf die Knie, aber nicht aus Ehrerbietung. Nein. Wir haben Todesangst. Wie ein Heerführer an seinen Soldaten kurz vor dem Angriff stolziert er an den Menschen auf dem Pult vorbei. Würde er in den Krieg ziehen, dann würden Worte einer mitreißenden, ermutigenden Rede die Luft erfüllen, aber euer Gnaden hätte nicht den Mut zu kämpfen und nicht den Grips eine Rede zu halten. Er sieht jeden der Männer nur ein paar Sekunden an, dann flüstert er seinem Schreiber etwas zu, der neben ihm her läuft und geht weiter. Abschätzig betrachtet er seine Untertanen. Sein Blick ist selbstgefällig und arrogant. Am anderen Ende der Anrichte geht er hinab und besteigt seine Kutsche.Nicht ein einziges Wort richtet er an uns oder an die Männer, deren Schicksal er gerade besiegelt hat,  Mit der gleichen Melodie, die ihn begrüßt hat wird er verabschiedet und es folgt ein erdrückendes Schweigen. Der Schreiber des Königs tritt vor und macht eine einfache Bewegung mit seiner zierlichen Hand. Ein Gruß, der im Militär geläufig ist. Dann deutet er nacheinander auf ungefähr ein Drittel der Männer hinter ihm. Soldaten kommen und führen sie ab. Im nächsten Jahr werden sie zu ihnen gehören. Ich kann Frauen und Kinder weinen sehen. Sie verlieren Männer, Väter, Brüder, Kinder und sie wissen, dass sie von ihnen nie wieder als die erkannt werden, der sie sind. Die neuen Rekruten werden ihre Vergangenheit aufgeben müssen und vergessen müssen, dass sie Familie hatten oder sie sterben. Es gibt keine andere Wahl mehr für sie. Eine andere Geste folgt. Seit dem Krieg ist es das Zeichen für Freiheit. Man legt den Daumen auf die Handfläche und hält seinen Arm hoch in die Luft. Er deutet auf nur sehr sehr wenige der Wartenden. Meist sind sie alt oder sehr jung. Die Anspannung verschwindet aus ihren Gesichtern und manche brechen sogar zusammen und weinen Freudentränen. Danach kommt die letzte der drei Gesten. Die Hand ist flach und er fährt sich damit über die Kehle. Tod. Mit ausgebreiteten Armen signalisiert er, dass damit alle verbliebenen Männer gemeint sind. Lautes Schluchzen, verzweifelte Schreie, schreckliche Flüche. Die Wut ist überall spürbar. Um mich herum scheint die Luft zu glühen. Flammen züngeln in den Augen der Bürger als Soldaten auf die Bühne marschieren. Genug für jeden übrig gebliebenen Mann. Mit schroffen Bewegungen werden alle, die dem Tod geweiht sind auf die Knie gestoßen. Waffen werden ihnen an den Kopf gehalten. Ich kann in die Augen derer sehen, die gleich zu Mördern werden. Kein Glanz ist mehr in ihnen zu finden. Trüb sind sie, wie eine Pfütze. Matt. Diesen Menschen ist es egal, was sie gleich tun werden. Sie leben damit. Nur einer von ihnen ist anders. Seine Augen glänzen. Wunderschön sind sie. Grün, wie eine wunderschöne Wiese. Nicht solch eine, wie sie es jetzt gibt nachdem der Krieg die Natur zerstört hat. Solch eine, wie es sie gegeben hat. Mit weichem Gras und wunderschönen Blumen. Ich kann das Zittern in seinen Händen sehen als er die Waffe ausrichtet. Er hat sich noch nicht damit abgefunden. Er will nicht töten. Nicht sinnlos. Der Schreiber hebt den Arm. Die Gewehre werden entsichert. Ein Knistern der Anspannung liegt in der Luft und es herrscht Totenstille. Der Arm fällt wieder nach unten. Krach. Wieder Stille. Ich habe gezuckt. Mein Bleistift ist abgebrochen, doch um zu schreiben, was ich gerade direkt vor mir sehe reicht es noch. Der junge Soldat steht noch immer da. Inmitten von Leichen. Sein Gewehr hat er gesenkt. Der Mann vor ihm zittert, aber er lebt. Wütend schreit ihn der dünne Schreiber an, schlägt ihn, doch er sieht einfach weg. Direkt in meine Augen.

Hope

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