6. Juni 3091

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

7.46 Uhr  An Amalie,

Wie konntest du? Was ist denn in dich gefahren? Als Lijah, Lui und ich hierher kamen, dachte ich, du wärst eine weise Frau, die mehr Erfahrung im Leben hat, als jeder andere sonst. Ich werfe dir nicht vor, dass du nicht mehr weißt, wer du bist nachdem dein Sohn gestorben ist, aber ein unschuldiges kleines Mädchen einfach von sich zu stoßen, ist schrecklicher als alles, was du mit Worten wieder gut machen könntest. Mir wurde verboten dich noch einmal zu besuchen, da dein Zustand noch immer nicht stabil ist, aber hätte ich vorher mit Hannah gesprochen, dann hätte ich dich damit konfrontiert und vertrau mir: sobald es dir besser geht, werde ich eine Antwort verlangen; eine Rechtfertigung von mir aus; irgendetwas, das zeigt, dass sie dir nicht so vollkommen egal ist, wie es auf mich wirkt. Es gibt keinen Grund, der es weniger schlimm machen würde, aber ich will sehen, dass du kein so herzloses Wesen bist, wie es jetzt auf mich scheint. Wer weiß noch davon? Außer Hannah und mir meine ich. Eigentlich ist das egal. Kannst du nicht verstehen, wie im Stich gelassen sie sich fühlt? Sie ist fünf!! Ihr Leben lang hätte sie Hilfe gebraucht. Hilfe von jemandem, der dazu verpflichtet ist, sich um sie zu kümmern, aber was machst du? Du fängst an mit dem Widerstand und vergisst, dass du jemals eine Tochter hattest. Als sie auf dich zu kommt, um einfach bei dir zu sein, lachst du sie aus und stößt sie wieder von dir. Wovor hast du Angst? Sie ist ein kleines Kind, was kann sie an sich haben, dass du dich so vor ihr fürchtest? Und du willst die Anführerin der Jäger sein. Wie willst du dich denn um hunderte von Menschen kümmern, wenn du dich nicht einmal um deine eigenen Kinder richtig kümmern kannst. Du bist für das Schicksal von so vielen Menschen verantwortlich und unfähig, die Mutter eines Kindes zu sein. Wie soll ich dir jemals vertrauen. Man verlangt von uns, dass wir unser Leben und das meines Kindes in deine Hände legen, aber warum solltest du mit dieser Last besser zurechtkommen? Du brauchst Hilfe. Dringend. Hast du selbst eine Mutter gehabt, so wie ich sie hatte? Weißt du wie sich Geborgenheit anfühlt? Ich weiß noch genau, wie sicher ich mich gefühlt habe, wenn meine Mutter nachts an meinem Bett gesessen hat, nachdem ich schreiend von einem Alptraum erwacht bin. Sie hat mir über den Kopf gestreichelt und ganz leise gesungen, damit ich vergessen konnte, was ich gesehen hab. Nur deshalb konnte ich wieder einschlafen. Mir war bewusst, dass sie mich vor allem Bösen auf dieser Welt beschützen würde, solange es in ihrer Macht ist. Oder ein anderes Mal, als ich mit dem Roller gestürzt bin und mir mein Knie aufgeschrammt hatte. Ich kann noch heute ihre warmen Hände auf meiner Haut spüren, als sie mir den Verband angelegt hat mit etwas Eis die Verletzung gekühlt hat. Auch an dem Tag an dem ich zum ersten Mal in die Schule gehen sollte, war sie für mich da. Ich hatte so schreckliche Angst davor, alleine hineinzugehen und mich vielleicht zu verlaufen. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, nahm sie meine Hand und wir gingen zusammen hinein. Bis zur Tür meines Klassenzimmers hat sie mich begleitet und mich Nachmittags auch wieder genau dort abgeholt. Es war ihr egal, dass sie andere Kinder und die Lehrer komisch anstarrten. Sie hatte nur Augen für mich. Wenn sie mich umarmt hat, dann fühlte ich mich beschützt; so als könnte mir und ihr nie etwas Schlimmes zustoßen, wenn wir nur zusammen sind. Ihre Stimme kann ich heute noch hören, wie sie war, als sie mich gefragt hat, wie es mir denn gefallen hat. Der Tag war gar nicht so schrecklich geworden, wie ich gedacht hatte, aber besser angefühlt hat es sich, wieder bei ihr zu sein und wieder nach Hause zu fahren. Jeden Tag hat sie mich bis zur Tür gebracht und abgeholt, bis ich irgendwann mutig genug war, alleine zu gehen und auch an diesem Tag wartete sie vor der Schule, bis sie wusste, dass ich nicht mehr zurückkommen würde,  um mich doch von ihr begleiten zu lassen. Selbst an dem Tag an dem sie starb, war sie nur darauf aus gewesen mich zu beschützen. Ich weiß noch, wie ich sie in meinen Armen gehalten habe und sie angefleht habe, bei mir zu bleiben. Ihre Schmerzen müssen schrecklich gewesen sein, doch sie hat mich angesehen und gelächelt. Das warme Lächeln, das ich so gut kannte. Das letzte, was sie zu mir gesagt hat, war, dass sie mich liebt und dass ich jetzt gehen muss. Ich habe mich geweigert und geweint, aber sie hat ganz leise geflüstert: "Ich bin immer für dich da. Immer, wenn du Mut hast, weißt du, dass ich bei dir bin." Dieser Tag war der schlimmste in meinem Leben, aber dennoch ist er mehr wert als alles andere auf dieser Welt. Ich hatte eine Mutter, die mich geliebt hat, die mir geholfen hat und die mich niemals im Stich gelassen hat, wenn ich sie gebraucht habe. Sie hat etwas bleibendes hinterlassen, auch wenn es stets mit Trauer verbunden sein wird. Es ist da. Erinnerungen an längst vergangene Tage voller Glück, Freude und Geborgenheit. Du hast sie gekannt und du hattest selbst eine Mutter, du weißt also, was ich meine und wovon ich hier spreche. All das verwährst du deiner eigenen Tochter. Wie soll sie jemals selbst Kinder haben, wenn sie nicht weiß, wie man sich als Kind fühlt. Es macht jemanden kaputt, wenn man zu schnell erwachsen werden muss. Ein wichtiger Teil des Lebens ist wie ausradiert. Als Kind soll man in Ruhe und in Sicherheit die Welt kennen und begreifen lernen. Ich habe gesehen, was eine gestohlene Kindheit aus einem macht. Man kann sie einem nie wieder zurückgeben. Nach langer Zeit kann sie vielleicht wieder jemandem vertrauen, aber ein Kind sein, kann sie nie mehr. Du hast ihr das genommen, was das Liebevolle in einem Menschen ausmacht. Eine Entschuldigung von dir kann nichts mehr ungeschehen oder wieder gut machen, aber es ist das Mindeste, was du für sie tun kannst und das Mindeste, was ich von dir erwarte.

Hope

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro