10~Ich werde für dich mittanzen, bis du es wieder kannst~10

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~Ich werde für dich mittanzen, bis du es wieder kannst~

Mit meinem Essen platzierte ich mich an einem Tisch und holte mein Handy heraus. Mal schauen, was in der Welt so abging, während ich hier fast vollständig isoliert festsaß.

Jimin hatte einen neuen Beitrag auf Instagram. Man sah ihn, wie er, höchstwahrscheinlich eine selbst entwickelte, Choreografie tanzte. Drunter stand „Für Hoseok. Ich werde für dich mittanzen, bis du es wieder kannst." Ich lächelte traurig. Einerseits berührte es mich, dass er an mich dachte. Andererseits nahm der Gedanke, dass ich niemals wieder so tanzen konnte wie früher, die Oberhand und ich musste ihm recht geben, auch wenn es verdammt weh tat.

Eine Gestalt ließ sich plötzlich laut neben mich fallen und ich blickte schnell auf. Yoongi saß da. Mit einem Glas Wasser. „Ich dachte, du magst mich nicht", bemerkte ich spitz, was ihn nur die Schultern zucken ließ. „Jap, aber mir ist langweilig. Was machst du?" Ich schnaubte kurz auf, dafür war ich also jetzt gut genug.

„Nichts, nichts." Ich legte mein Handy mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch und widmete mich wieder dem meinem Essen.

„Ugh. Ich habe heute noch Tanz-Therapie und gar keinen Bock darauf", beschwerte er sich und trank einen Schluck von seinem Wasser. Ich sagte nichts, sondern starrte nur traurig vor mich hin. Yoongi nahm kurzerhand mein Handy in die Hand und blickte auf den Sperrbildschirm, auf dem ich und Jimin bei einem unserer Trainings abgebildet waren. „Du tanzt?" Ich nickte und hoffte, dass er das Zeichen verstehen würde, doch das tat er nicht.

„Willst du mit mir tauschen? Du gehst zur Tanz-Therapie und ich zu deiner?" Ich schob meinen Rollstuhl ein Stück zurück und deutete auf meine Beine, nun etwas wütend und verletzt. „Wie denn? Glaub mir, ich würde nichts lieber als das." Man konnte deutlich heraushören, dass ich nicht über dieses Thema sprechen wollte, doch Yoongi schien es nicht zu interessieren. „Kannst du mal ein Video von dir zeigen?" Ich seufzte. Musste er noch Salz in die Wunde streuen? Hatte der Junge echt kein Mitgefühl oder wenigstens einen gesunden Menschenverstand?
„Nein." Ohne ein weiters Wort, riss ich ihm mein Telefon aus der Hand, ließ ich ihn stehen und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Er durfte ruhig merken, dass er mich verletzt hatte.

Dort angekommen schluckte ich ein paar Mal und versuchte die Tränen zu unterdrücken, welche im Inbegriff waren aus mir herauszusprudeln.

Vergebens.

Warum hatte er das gesagt? Es war doch offensichtlich, dass ich nicht drüber reden wollte. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und atmete geräuschvoll aus. Warum musste mir das passieren? Es wäre mir lieber gewesen, wenn ich einfach bei dem Unfall gestorben wäre. Dann hätte ich jetzt nicht diese vielen Monate der reinsten seelischen Folter vor mir. Ein großes Haus mit Verrückten, labilen und gefühllosen Menschen. Warum? Was hatte ich getan, dass ich das verdiente? Ich hatte mir nur meinen Traum erfüllen wollen, mehr nicht. War das denn zu viel verlangt?

Plötzlich ging die Tür auf und der Schatten des Minthaarigen zeichnete sich auf dem Boden ab. Ich drehte mich um, immer noch verheult. „Was  zur Hölle willst du?", fuhr ich ihn an.

Er zögerte kurz, bevor er mir antwortete. „Ich wollte mich entschuldigen, dass ich so gefühlskalt war." Von seiner bissigen Art war jetzt nichts mehr übrig. Dafür war ich um so wütender. „Ach, und das soll ich dir jetzt glauben?"

„Ja." Er zuckte die Schultern, schloss die Tür und setzte sich auf mein Bett. „Tut mir leid. Das war echt gemein. Ich weiß wie es ist sein Hobby nicht mehr ausführen zu können."
„Das war nicht mein Hobby." Er schaute mich verwundert an. „Was war es dann?" „Mein Leben. Und ich habe alles verloren, meine ganzen Träume musste ich aufgeben, nur weil ich behindert bin." Meine Trauer hatte sich nun in Wut verwandelt. Nicht auf ihn. Nein, einfach auf das gesamte Leben. „Hör zu, Hoseok. Ich weiß wie es ist." Ich blickte ihn verbissen an. „Ach ja? Was musstest du aufgeben, als du hier hergekommen bist? Du hast noch nicht mal eines deiner Gliedmaße verloren..."

„Oh doch", unterbrach er mich. In seinem Blick lag nun eine Spur Verletztheit. „Nur weil ich äußerlich nichts verloren hat, heißt es nicht, dass mir nicht auch etwas Essenzielles in meinem Leben fehlt. Ich habe mehr verloren, als du dir vorstellen kannst. Es gibt ja immerhin einen Grund, warum ich hier bin."
Er sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.

„Ach und was?" „Das geht dich sehr wenig an." „Na, dann. Und warum bist du dann hergekommen?" Ich war immer noch wütend, dass er so komisch gewesen war.

„Wie gesagt." Er stand wieder auf. „Es tut mir leid." Er lief zur Tür und öffnete sie. Ich wusste, dass wenn ich jetzt nicht sagen würde, er einfach gehen würde. Aber aus irgendeinem Grund wollte ich gerade nicht allein sein.

„Ich verzeihe dir. Tut mir auch leid." Dieses Mal lächelte er, als er sich wieder zu mir drehte. „Ich denke, wir hatten einen etwas holprigen Start. Wollen wir nochmal von vorne anfangen?" Ich war überrascht über sein Angebot, aber ich nahm es doch schließlich an und nickte freudig. „Okay. Hallo, ich bin Min Yoongi." Er hielt mir eine Hand hin und ich schüttelte sie. Dabei bemerkte ich erst, wie knochig sie eigentlich war. Wenn man sie nur ansah, dachte man, er hätte normale Hände, aber sobald man sie berührte, merkte man, wie abgemagert sie waren. „Jung Hoseok." Wir beiden grinsten über diese komische Situation.

„Wie alt bist du eigentlich?", wollte er von mir wissen und setzte sich wieder genau dort auf mein Bett, wo er gerade eben schon gesessen hatte. „Siebzehn. Und du?" „Auch. Hast du Geschwister?" Ich nickte und musste bei den Gedanken an Tae lächeln. „Ja, einen großen Bruder. Er studiert Ernährungswissenschaften etwas weiter weg von Seoul." Er nickte verstehend, war aber anscheinend nicht bereit zu erklären, ob er Geschwister hatte. „Wer war der Typ auf dem Foto gerade eben?" Seine Stimme war nun etwas gefühlvoller, was die Frage auch gleich angenehmer machte. „Das war Jimin, mein bester Freund", erklärte ich und griff wieder zu mein Handy. „Hier, er hat heute ein Video hochgeladen, du kannst es dir anschauen."

„Er ist gut." Er gab mir es wieder und ich nickte. „Ja, das ist er definitiv." Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Jimin war gut, wenn nicht sogar einer der besten. Wenigstens er sollte seinen Traum erfüllen, auch wenn ich es nicht konnte.

„Worüber denkst du nach?" Ich schluckte und schüttelte den Kopf. „Alles gut, ich habe mich nur gefragt, wann meine Therapie anfängt", log ich und griff nach dem Plan.

„Und wie lang noch?" Er stellte sich neben mich und sah mir über die Schulter. „Ich habe noch eine halbe Stunde. Sag mal, haben wir hier eigentlich keine Schule?" Ich blickte zu ihm hoch und er schüttelte den Kopf. „Wir nicht. Es gibt Leute, die haben Schule, aber das sind nur die, die kurz davor sind wieder zu gehen. Der Rest sind die Leute, die ihr ganzes Leben wieder neu strukturieren müssen und da passt Schule denen nicht in den Kram. Aber das ist gut so, wenn du mich fragst, ich hasse Schule." Ich lachte auf. „Wer tut das nicht?" Er grinste mich an. „Jungkook." Ich musterte ihn überrascht. „Was echt? Der gibt sich, aber gar nicht so als wäre er ein Streber."

„Ist er auch nicht. Ich glaube, er mochte sie auch nur, weil er wusste, dass er sich dort beweisen konnte und es dort egal ist, ob er eine schwerwiegende Krankheit hat. Zumindest bis er in Behandlung musste. Der Kleine tut mir leid. Er ist erst 16 und muss schon mit so großer Scheiße zu Recht kommen." Er zuckte die Schultern, wie als wolle damit widerrufen, was er gerade gesagt hatte. „Aber wir haben alle schwere Schicksalsschläge erlitten. Das kannst du schlecht vergleichen." Ich nickte nur. Ich hatte auch Mitleid mit Jungkook, aber gleichzeitig bewunderte ich ihn für sein Durchhaltevermögen. Er war der einzige der Patienten, die ich bis jetzt hier kennengelernt hatte, der viel lächelte. Nicht, dass es hier nur Leute gab, die alle mit einem traurigen Gesicht herumliefen, auf keinen Fall. Nur Jungkook strahlte etwas aus, dass ihn irgendwie glücklicher und auch offener erscheinen ließ. Was es war, wusste ich selbst nicht so genau. „Wie dem auch sei." Yoongi stand auf und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Ich muss mal zur Therapie." Ich nickte und zwang mir ein kleines Lächeln auf. „Viel Spaß." Er lachte ironisch. „Ha! Danke!"

Als ich wieder allein war, fuhr ich zu dem großen Fenster, öffnete es ein bisschen und sah hinaus. Die Sonne schien und ihre Strahlen ließen alles in einem angenehmen Licht erstrahlen. Normalerweise hätte mich das jetzt glücklich gemacht, aber ich musste immer noch das alles hier verarbeiten und da konnte selbst nicht die Sonne helfen, obwohl ich sie eigentlich sehr gerne mochte. Das alles hier war so neu für mich und ich wusste absolut nicht, wie lange ich hier noch bleiben würde. Deshalb war es wohl am besten sich hier schnell einzuleben und ein paar Freuden zu finden, wenn ich die nicht schon hatte.

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