Dichten und Zeichnen

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Lillys p.o.v.

Zusammen hatten Olivia und ich es uns auf meinem Bett bequem gemacht. Ich mit einem Block vor mir und sie mit ihrem Zeichenblock.
Ich wusste gar nicht, wo ich anfangen sollte.
Mein Bleistift schwebte nur über dem Papier.
Da war so viel in mir, dass ich nicht wusste, was ich zuerst aufs Papier bringen sollte.
Was beschäftigte mich am meisten?

Anscheinend wusste mein Inneres das sehr genau, sodass ich nicht länger darüber nachdenken musste, denn kurz darauf hatte ich die Bleistiftmine schon aufs Blatt gesetzt und fing an zu schreiben.
Wieder schien es, als flossen die Worte nur so aus mir heraus.

Herz verschenkt, Vertrauen geschenkt,
All die Mauern für dich gesenkt,
War es falsch? Hab ich einen Fehler gemacht?
Denn am Ende hast du über mein Geschenk ja nur gelacht.

Mit dem dunklem Prinzen hast du dich verbündet,
Hast es mir nicht gesagt, es nicht verkündet,
Sondern verborgen, heimlich vor mir versteckt,
Wolltest nicht, dass der Schmerz ist geweckt.

Aber die Wahrheit kommt immer ans Licht,
Wusstest du das etwa nicht?
Man kann nichts für immer verstecken,
Irgendwann wird jeder die Wahrheit entdecken.

So auch ich, und wie! Hab dich auf frischer Tat ertappt,
Die Emotionen in mir sind wie Wellen über mich geschwappt,
Ein Tsunami aus Schmerz bricht über mir zusammen,
Begräbt mich unter seinen Massen, ich kann ihm nicht standhalten, kann den Schmerz kaum fassen,
Zu schwer ist er, zu endgültig, nicht einmal die berechtigte Wut lässt er entflammen.

Was soll ich tun? Mein Herz, zerbrochen liegt es da,
Siehst du es nicht auf dem Boden liegen?
Aus ihm die Blutstränen werden nie versiegen,
Und doch wird es immer sein für dich da.

Ich kann es nicht ertragen, nicht den Schmerz,
Der zerfleischt mein Herz!
Nicht die Trauer, die erdrückt mein Herz!
Ich bestehe nur noch aus Schmerz...

Ich kann nicht mehr, renne weg,
Fliehe vor all den schrecklichen Gefühlen,
Will gar nichts mehr fühlen!
Ich haue ab, renne weg,
So wie ich es schon immer hab gemacht....

Doch das bringt nichts, das hab ich nun verstanden,
Meine Gefühle, meine Vergangenheit gehören zu mir,
Sie sind hier, wo ich bin, sie werden immer sein bei mir,
Selbst wenn ich werde auf Hawaii landen.

Doch dann kam der Nebel, der mich einhüllte in tröstende Umarmung,
Kalt und taub umhüllt er mein Herz,
Nimmt ihn nicht, aber verhüllt ihn doch vor mir, den Schmerz,
Erleichtert lasse ich mich sinken in diese neblige Umarmung.

Leider ist dies keine Lösung,
Der Nebel, er bekommt Risse,
Doch statt Erlösung,
Kommt nur der Schmerz, der mir schenkt schmerzliche Bisse.

Sag mir, wird es nun für immer so sein?
Werde ich nie wieder glücklich werden, nie wieder rein?
Sag mir, wie wird es sein?
Oder interessiert dich das nicht, interessiert das kein Schwein?

Ich nahm den Stift vom Papier.
Blickte auf die Zeilen, die ich niedergeschrieben hatte.
Mein Innenleben, schwarz auf weiß.
Immer wieder versetzte es mich in Staunen, was jedes Mal geschah, wenn ich den Stift für ein Gedicht auf ein Blatt Papier setzte.

Es schien fast wie Magie, dass ich meine Gefühle in Worte packen konnte.
Wenn ich so darüber nachdachte, gab es diese Magie oft im Leben.
Auch das, was Olivia tat, war doch ein Stück weit wie Magie.
Die Fähigkeit, Situationen und Gefühle auf Papier zu bannen....ist das nicht eine ganz eigene Form der Magie?

Apropos Zeichnen....ich war gespannt, wie weit Olivia schon war.
Während ich mich ans Kopfende meines Bettes gesetzt hatte, die Beine angezogen und den Block auf den Knien abgestützt, hatte Olivia sich lang auf dem Bett ausgestreckt, mit dem Kopf auf dem Fußende und die Füße in die Luft gestreckt lag sie da.

Also legte ich meinen Block und Stift beiseite und krabbelte zu ihr.
"Zeig Mal.", sagte ich.

Doch sofort machte sie ihren Zeichenblock zu, bevor ich auch nur irgendetwas hätte erkennen können.
"Erst wenn's fertig ist!", sagte sie.
"Oder würdest du mir ein unvollständiges Gedicht zeigen wollen?"

"Ja.", erwiderte ich, als wäre das selbstverständlich.
"Darf ich es jetzt sehen?"

Sie verdrehte allerdings nur die Augen.
Ich seufzte. "Ein Versuch war's wert."

Sie zuckte mit den Achseln.
"Wahrscheinlich."

Sie sah mich nur an und machte keine Anstalten, weiterzuzeichnen.
Mann, sie meinte es echt ernst.

Ich seufzte wieder.
"Ich glaub, ich geh runter und trink was. Soll ich dir was mit hochnehmen?"

Kurz dachte Olivia nach.
"Ja, nimm mir bitte eine Cola mit."

Ich nickte und ging dann vom Bett.
Vielleicht war es nur Einbildung, aber ich schwöre, ich hörte das Kratzen eines Bleistifts auf Papier, sobald ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.

Wieder verdrehte ich die Augen.
Dann ging ich runter.
Es war ungewohnt, dass alles so still war. Normalerweise war immer irgendjemand da.
Hatte ich wirklich so einen schlechten Eindruck gemacht, dass alle mir hatten ein wenig Ruhe gönnen wollen?
Gott, ich wollte gar nicht daran denken. Was mussten sie jetzt von mir denken?
Bestimmt, dass ich mega schwach war.
Verdammt. Das kotzte mich an.

In der Küche unten angekommen, holte ich mir ein Glas aus dem Schrank und goss mir Leitungswasser hinein.
In Deutschland zumindest war das gesund und günstig.
Während ich trank, ließ ich den Blick durch die Küche wandern.
Dabei fiel er auf den ziemlich neuen Backofen, der sogar eine Digitalanzeige mit der Uhrzeit besaß.
Es war 12:37 Uhr.
Zuerst dachte ich mir nichts dabei, sondern ließ meinen Blick einfach weiterwandern.

Doch plötzlich fiel es mir siedend heiß ein.
Erschrocken huschte mein Blick zurück zur Digitalanzeige des Ofens.
Jetzt war es 12:38 Uhr.
Scheiße. Damien. Er hatte gestern gesagt, ich hatte bis morgen Mittag Zeit. Sprich, bis heute Mittag.
Aber ich war nicht in der Schule. Und seine Handynummer hatte ich auch nicht. Konnte sie nicht einmal bekommen, Ben hatte sein Handy nämlich in der Schule mit dabei.
Fuck, fuck, fuck.

Für einen Moment stand ich einfach nur so da, von Grauen erfüllt.
Dann holte ich tief Luft und beruhigte mich.
Nicht in Panik verfallen, beschwor ich mich selbst.
Denn wenn man in Panik verfällt, ist so gut wie alles verloren.

Also, ich musste nachdenken.
Ich konnte Damien nicht von hier aus erreichen. Sobald ich von dem Rudel abgehauen war, war auch meine telepathische Verbindung abgebrochen.
Zwar könnte ich Ben telepathisch erreichen, aber erstens wollte ich das nicht und zweitens würde er mir die Nummer wahrscheinlich sowieso nicht geben.
In die Schule gehen und Damien suchen? Ich würde Ben begegnen müssen. Und so ungern ich es mir eingestand, aber dazu war ich noch nicht bereit.
Davon abgesehen, was garantierte mir, dass ich Damien fand?
Nein, das fiel also flach.
Okay, denk nach, denk nach, Lilly, was könntest du noch tun?

Mir fiel einfach nichts ein.
Und die Uhr am Backofen zeigte bereits 12:42 Uhr an.
In Rot blinkte die Anzeige immer wieder auf und setzte mich langsam aber sicher unter Druck.

Plötzlich hörte ich Schritte. Olivia kam.
Was wollte sie denn? Hatte sie Angst, dass ich mich an meinem Wasser lautlos verschluckt und dann lautlos erstickt war?
Okay, ich sollte nicht so genervt davon sein, wahrscheinlich machte sie sich nur Sorgen, aber Gott, selbst das kotzte mich gerade an.

Da war sie auch schon in der Küche.
"Hey, wie lange brauchst du denn zum Wassertrinken? Ich warte schon gefühlt eine Ewigkeit auf meine Cola.", sagte sie nur, um dann zum Kühlschrank zu gehen und sich eine rauszuholen.
Verwirrt blinzelte ich. Könnte es sein....? Aber nein, wir hatten uns erst heute ein wenig angenähert.
Sie konnte doch nicht bereits so schnell wissen, dass man besser nicht mitfühlend und besorgt mit mir umging, weil mich das nur auf die Palme brachte, oder?

Während ich mich das noch fragte, hatte sie bereits die Cola rausgeholt, den Kühlschrank wieder geschlossen, und öffnete nun den Verschluss der Cola.
Dann drehte sie sich zu mir um und sah mich fragend an.

"Was ist los?", fragte sie und nahm dann einen Schluck von ihrer Cola.

Nachdenklich betrachtete ich sie.
Normalerweise hätte ich jetzt sowas gesagt sie: "Alles gut, was soll sein?", aber irgendwie....nun ja, Ria hatte gemeint, ich sollte mir Hilfe holen.
Und klar es war schwer, aber ich wollte doch stark sein, oder?

Also schob ich jeden falschen Stolz beiseite und sagte:
"Ich habe ein Problem."

Sofort ließ Olivia die Flasche Cola sinken und sah mich aufmerksam an.
Nun, darauf konnte man sich bei ihr wenigstens verlassen: sie hörte immer zu.

Schnell erzählte ich ihr von Victoria und ihrem neuesten Schwarm Damien, wie ich mit eben diesem gesprochen hatte und dass ich nun irgendwie an seine Handynummer gelangen musste.
Ganz geschweige denn von dem Grund, den ich mir noch überlegen sollte, warum er sich von Victoria fernhalten sollte. Doch das war allein meine Sache.

Nachdem ich geendet hatte, blinzelte Olivia erst einmal.
Dann runzelte sie nachdenklich die Stirn.
"Hmmm.", machte sie, während sie sich mit dem Rücken an den Kühlschrank lehnte.
Schließlich leuchteten ihre Augen auf.
"Ich hab's!", rief sie aus.
"Ich kann Alessandro sagen, er soll Bens Handy klauen und uns dann Damien's Nummer durchgeben! Na, was sagst du dazu?"

Ich dachte nach. Es war keine schlechte Idee. Klar, es könnte schwierig werden und war nicht ganz ohne Risiko, aber immer noch besser als nichts.
Warum war ich nur nicht darauf gekommen? Nun, jedenfalls bewies mir das, dass Hilfe wohl doch nicht so schlecht war, wie ich immer gedacht hatte.

"Das hört sich gut an.", sagte ich schließlich und nickte ihr auffordernd zu.
Gleich darauf sprach sie wohl in Gedanken mit Alessandro, denn ihr Blick war leicht entrückt.

"OK, er macht's.", verkündete sie dann.
"Jetzt müssen wir wohl nur ein bisschen warten."

Wir tranken unsere Getränke und gingen wieder nach oben.
Ich wollte wieder dichten, aber irgendwie wollte es nicht fließen. Zu viele Gedanken machte ich mir darum, was ich Damien schließlich anbieten sollte.
Er wusste, dass ich einen Mate hatte.
Er wusste eigentlich alles Wichtige.
Was könnte ich ihm nur geben?
Verdammt, es wollte mir einfach nichts einfallen.

Keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann schlug Olivia ihren Zeichenblock zu, nahm ihr Handy, tippte etwas und streckte es mir dann entgegen.
"Hier. Damiens Nummer."

Einerseits war ich erleichtert. Andererseits...irgendwie hatte ich ein mulmiges Gefühl.
"Danke.", erwiderte ich schließlich und nahm es in die Hand.

Es war als hielte ich eine gefährliche Bombe in der Hand. So fühlte es sich zumindest an.
Ich seufzte. Es brachte ja nichts, das alles vor mir herzuschieben.
Schließlich nahm ich mein Handy, aus dem noch immer Rockmusik schallte und gab Damiens Nummer ein.
Ich speicherte ihn spontan unter "Schwarzer Teufel" ab.

Dann öffnete ich einen Chat auf WhatsApp und fing mit schwerem Herzen an zu schreiben. Denn letztendlich gab es nur eins, das ich ihm anbieten konnte und das niemandem wehtun würde außer mir selbst.

Hey, ich bin's, Lilly. Hier ist der Deal: ich verbringe Zeit mit dir und du hältst dich von Victoria fern.

Es waren nur wenige Worte und doch las ich sie bestimmt um die zehn Mal durch, bevor ich die Nachricht abschickte.

Ich musste nicht lange auf eine Antwort warten.
Sie kam sofort.

Hört sich gut an. Zumindest wenn du mit "Zeit" jeden Tag 2h meinst ;)

Blinzelnd starrte ich auf die Antwort.
Was für ein Idiot. Ich würde vielleicht Zeit mit ihm verbringen, aber ganz bestimmt nicht so viel, dass ich reif für einen Selbstmord war.

Einen Tag die Woche. Und zwar 1h an diesem Tag. Nicht mehr und nicht weniger.

Wieder kam die Antwort schnell.
Ts ts ts. So wenig? Ist dir meine Gesellschaft etwa so wenig wert? Das schmerzt mich jetzt aber schon ein wenig :(

Ich schnaubte nur. Ja genau. Und mich schmerzte es, ihn heute nicht sehen zu können. Pff. Ich freut mich jetzt schon auf mehr Zeit mit ihm. Nicht.

Nicht mehr und nicht weniger.

Schrieb ich ihm einfach zurück, ohne groß darauf einzugehen, wie sehr mein Unwille, Zeit mit ihm zu verbringen, ihn doch schmerzte.

Es dauerte ein wenig, dann schrieb er:

1h jeden Tag die Woche.

Ich biss die Zähne zusammen. Keinesfalls würde ich jeden Tag mit ihm verbringen. Fuck, das würde mich umbringen.

1h an 2 Tagen die Woche.

Antwortete ich.
Tja. So verhandelten wir hin und her, bis es schließlich so stand:
Ich würde jeden verdammten Schultag, an verdammten fünf Tagen die Woche, eine Stunde mit ihm verbringen.

Und das Beste war: das Ganze hatte ich mir selbst eingebrockt.
So langsam fragte ich mich echt, ob Victoria das überhaupt wert war.
Andererseits...war es nicht jeder Mensch wert, vor so jemandem wie Damien gerettet zu werden?

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