Die Aufführung

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Lillys p.o.v.

Langsam festigte sich wieder eine Routine. Morgens mit Ben im Bett aufwachen - unglaublich, wie sehr ich das vermisst hatte! Und bisher hatte ich auch nur zwei Flashbacks überstehen müssen. Aber auf die Couch würde ich Ben nie wieder verbannen -, dann gemeinsames Frühstück, Schule, danach Treffen mit Damien und manchmal ging Ben noch zu einem Freund, Niklas hieß er, wenn ich mich Recht erinnerte.

Das war auch noch so eine Sache.
Anscheinend war die Liste abgehängt worden, sodass sich Ben nicht hatte streichen können.
Nun trat er zusammen mit Niklas auf.
Tja....wie es aussah, hatte ich also doch etwas Gutes gemacht, oder nicht?
Zwar spielte er nicht Gitarre, aber er sang.
Lenkte sich ab. Das konnte ihm nur guttun.

So verging die Zeit und die Sommerferien näherten sich.
Tja. Wäre eigentlich alles entspannt gewesen. Wenn nicht eine Sache noch wäre....

Ich hatte es schon ganz vergessen - wer könnte es mir auch verdenken bei dem ganzen Trubel? - aber Olivia hatte nach einem geeigneten Psychotherapeuten gesucht, nach einem, der ein Werwolf war.
Und wie sie mir am Donnerstag mitgeteilt hatte, hatte sie einen gefunden.
Vielleicht hätte ich mich darüber freuen sollen, schließlich würde eine Therapie helfen...na ja, hoffte ich zumindest.
Mit der Zeit hatte sich in mir die Gewissheit ausgebreitet, dass wohl gar nichts mehr helfen würde...
Aber ich konnte es ja versuchen. Ich würde es versuchen. Für Ben.

Also bin ich dorthin gegangen.
Und naja...es war komisch.
Da war so ein Typ, der mich Sachen fragte. Und natürlich sollte ich darauf antworten, aber Mann, ich kannte den Typen nicht.
Er war ein Fremder. Und ja, ich weiß, Schweigepflicht und so, aber trotzdem war es nicht gerade einfach.
Ich musste mich schon bei Olivia überwinden und die kannte ich.

Aber wie er immer sagte: nichts geschieht über Nacht. Eine Therapie braucht Zeit. Ungefähr so, wie wenn man einmal ein Workout gemacht hatte und erwartete danach ein Sixpack zu haben.
So funktionierte der Körper nicht. Und der Verstand tickte da anscheinend ähnlich.

Und so ging ich also weiterhin zu Herr Wendel und wartete auf Ergebnisse.
Ben und Olivia waren da eine große Hilfe, denn auch wenn Herr Wendel immer betonte, dass es Zeit brauchte, hatte ich große Erwartungen.
Und war dann natürlich ziemlich enttäuscht, wenn diese Erwartungen nicht Realität wurden.
Ich hätte wahrscheinlich schon längst aufgegeben, wären nicht mein Mate und meine beste Freundin - denn das war Liv nun - da, um mich aufzubauen.

Schließlich kam einer der letzten Schultage und wir wurden alle in die Aula zitiert, um dem Musikwettbewerb zu lauschen.
Den, für den sich Ben eingetragen hatte.
Ich war schon mega gespannt auf seine Stimme.
Na ja, zwar kannte ich sie ja schon, aber seine Singstimme stand schließlich noch auf einem anderen Blatt geschrieben.

Den Anlass entsprechend hatte ich ein hübsches Kleid angezogen, das ein Stück weit über den Knien aufhörte.
War ziemlich luftig und passte so auch zu dem heißen Wetter.
Man merkte schon richtig, dass die Sommerferien nahten.

Die Aula war groß, aber dennoch nicht groß genug für alle, weshalb noch ein paar auf den Gängen draußen standen und dort lauschten.
Entsprechend war die Aula zum Platzen voll und das Stimmengemurmel ziemlich hoch.
Ich hatte mich mit Ellbogeneinsatz nach ganz vorne gedrängt, um einen guten Blick auf Ben haben zu können, wenn er dann schließlich auf der Bühne stand.

Aber als alles aufgebaut war und alle Checks gemacht wurden, kam zuerst der Direktor, der eine kleine Ansprache hielt.

"Herzlich willkommen, liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Musikwettbewerb heute! Es freut mich, dass sich so viele freiwillig gemeldet haben, heute aufzutreten, bitte ein kleiner Applaus für Maria Schmidt, Linus Ondel, ...."

Und so zählte er viele Namen auf, die ich sowieso gleich vergaß, außer natürlich den meines Schatzes: Ben Schäfer.
Er sprach noch kurz darüber, dass dies ein toller Abschluss des Jahres sei und über die Bedeutung von Musik, die Entfaltung der Jugendlichen, blablabla, ich wollte Ben endlich singen hören!

Schließlich kündigte er dann die erste Person an, die drei Songs sang und sie auf dem Piano spielte.
Sie war nicht schlecht, keineswegs, aber ich war dennoch voller Ungeduld und Neugierde auf Ben.
Er war mit Niklas der Letzte.
Endlich kamen die beiden lächelnd auf die Bühne und Ben stellte sich ans Mikro, während Niklas sich ans Piano setzte.
Ich hatte allerdings nur Augen für meinen attraktiven Mate vorne.
Und auch er sah mich lächelnd an, als würden die vielen anderen Menschen im Raum gar nicht existieren und er nur für mich sprechen.

"Hey, Leute, ich hoffe, ihr habt noch nicht genug, denn jetzt kommen der Rocksong "Song on Fire" von Nickelback, dann hat Niklas hier einen Song für seine Liebste geschrieben und komponiert und da konnte ich dann schließlich auch nicht widerstehen und hab dasselbe für meine Freundin getan."
Mit einem Zwinkern sah Ben mich lächelnd an.

Ich realisierte das Gesagte erst, als ich ein paar verträumte Mädchenseufzer vernahm und Pfiffe hörte.

Hatte ich richtig gehört? Ben hatte einen Song geschrieben? Extra für mich?
Ich konnte das nicht glauben. Ich meine, einen Song, für mich? Und dann wollte er den noch vor der ganzen Schule spielen? Ich verdiente so etwas doch gar nicht. Und trotzdem weitete sich mein Herz vor Liebe und mir stockte der Atem vor gespannter Vorfreude.

Aber gleichzeitig erfüllte mich Nervosität.
Ich war doch gar nicht gut genug für einen Song. Was gab es da zu schreiben? Und wie sollte ich reagieren?
Verdammt, was war denn nur mit mir los?, schalt ich mich gleich daraufhin.
Sonst war ich doch auch nicht so. Aber er hatte einen Song für mich geschrieben....

Meine Gedanken wurden von den ersten Klängen des Klaviers unterbrochen.
Natürlich war es nicht das Gleiche wie E-Gitarre und Schlagzeug, aber Niklas spielte dennoch deren Stimmen auf dem Klavier. Und dann war da noch Bens Stimme.
Als er die ersten Wörter sang...mein Herz blieb stehen, ohne Witz.
Ich hatte nie gewusst, dass das in ihm steckte.

Schon bei den ersten Tönen war es um mich geschehen. Ich hatte mich gerade unsterblich in Bens Stimme verliebt.
Er hatte zwar nicht eine typische Rockerstimme, aber da kam er nahe dran.
Aber nicht nur das: in seiner Stimme lag so viel Gefühl...als wüsste er genau, wovon dieser Text sprach, als hätte er dasselbe genau so erlebt.
Und wer wusste schon, vielleicht war es genau so?
Denn Ben sang davon, wie er einen Song schrieb für seine Liebste...für mich.

Während des ganzes Songs blickte er mich an und ließ diese wunderbar ausdrucksstarke Stimme ertönen.
Und ich....Gott, ich hing an seinen Lippen, als würde es mein Untergang bedeuten, wenn ich auch nur ein einziges Wort verpasste.

Als der Song schließlich endete, verspürte ich fast schon Traurigkeit.
Doch dann ging es auch schon weiter.
Allerdings gab Ben das Mikrofon nun Niklas und nahm sich ein neues von jemandem, der es ihm brachte.

"Für meine Freundin!", rief Niklas, befestigte das Mikro an dem Ständer neben dem Piano und schlug in die Tasten.
Es war ein sanftes Liebeslied. Niklas Stimme war nicht so toll wie Bens, aber auch nicht schlecht.
Manche Parts übernahm Ben und es hörte sich sehr schön an.

Und dann....dann drohte mein Herz wirklich stehen zu bleiben, als das Lied endete und Ben ins Mikro sprach, während er mir von der Bühne aus tief in die Augen sah.

"Und nun das Lied "Waiting for you" für meine Liebste, für meine Freundin, die gleichzeitig auch meine beste Freundin ist, wie ein Kumpel für mich, aber noch so viel mehr...deshalb wundert euch nicht, wenn das Wort "Mate" im Text auftaucht."
Zwinkernd sah Ben mich wieder an, aber die Worte waren an alle adressiert.

Und mir blieb der Atem im Hals stecken.
Mate...
Das hatte er geschickt eingefädelt. Denn klar, für jeden anderen war es Englisch und bedeutete "Kumpel".
Aber für uns Werwölfe bedeutete es die Welt.
Als meine Lunge anfing zu brennen, schnappte ich hastig nach Luft, bevor ich noch erstickte.

Wäre ein ziemlich blöder Augenblick jetzt, denn Bens Lied wollte ich unbedingt hören.
Auch wenn ich gleichzeitig ein bisschen Angst davor verspürte.
Was hatte er für mich geschrieben?
Und war ich es überhaupt wert, dass man einen Song für mich schrieb?
Da waren sie wieder, die alt vertrauten Zweifel.
Mein Therapeut Herr Wendel sagte, es sei ganz normal, dass sie mich noch manchmal überkamen und auch wenn ich Rückschläge erlitt, sollte ich mir keine Sorgen machen.

Aber Mann...das war so einfach gesagt.
Aber gerade jetzt....bevor ich mir weitere Gedanken machen konnte, ertönte die Melodie.
So süß und zart. Langsam und so....traurig.
So wie unsere Geschichte es war. Traurig.
Er hatte noch keinen Ton gesungen und doch berührte mich diese Melodie mitten im Herzen.

Weil das Lied für mich bestimmt war?
Ich wusste es nicht.
Ich wusste nur, dass es mich berühren würde. Ob ich wollte oder nicht.
Hier war kein Platz für Masken mehr. Nicht wenn Ben ein Lied für mich sang.
Er würde die Empfindungen direkt von meinem Gesicht ablesen können.
Aber dieses eine Mal....dieses eine Mal war es mir egal.
Ich wollte, dass er alles sah.

Und dann begann er zu singen.
Und mein Herz wurde ganz weit, nahm diese Worte in sich auf. Ich konnte uns beinahe vor meinem inneren Auge sehen, während er diese Zeilen sang.

I love you so much,

Ich musste schlucken bei diesem Geständnis. Plötzlich spürte ich Tränen in den Augen. Dabei hatte er es mir ja schon gesagt, aber es noch einmal zu hören, so voller Liebe und vor allen anderen....das bedeutete mir so unglaublich viel.

I don't only wanna touch
You
I wanna know you
And not only your mask

Meine Maske. Die noch ein wenig Distanz zu uns darstellte. Dabei ließ ich sie in seiner Gegenwart viel weniger aufblitzen als bei jedem anderen. Würde ich sie allerdings jemals vor ihm abnehmen können?

Tell me, will you ever accept me?
Someday?
How long do I have to wait?
For you, my mate

Ich musste wieder schlucken, denn ich wusste, worauf er anspielte. Noch hatte ich ihn nicht vollständig akzeptiert. Und das quälte ihn. Wenn er nur wüsste, dass es auch mich selbst so sehr quälte....

You walk there so perfectly
And I stand here,
Watching you pretending to be somebody else

Irgendwann würde ich ich selbst sein. Weil er mich so weit gebracht hatte. Wo wäre ich jetzt nur ohne ihn?

Tell me, will you ever accept me?
Someday?
How long do I have to wait?
For you, my mate

Ja, würde ich am liebsten antworten. Ja, das werde ich. Und je mehr Worte er sang, desto größer wurde das Verlangen in mir, es endlich wahr werden zu lassen. Unsere Geschichte endlich mit einem Happy End zu versehen, so kitschig es auch sein mochte.

You hide all of your secrets so well,
I wonder, will you ever tell
'cause though you're here by my side
it seems as if you hide

Die Traurigkeit in seiner Stimme...die war da wegen mir. Ich hatte ihn traurig gemacht. Plötzlich wurde mir leicht übel. Was, wenn das immer wieder passierte? Wenn ich gar nicht anders konnte? Wenn für uns kein Happy End bestimmt war?

Tell me, will you ever accept me?
Someday?
How long do I have to wait?
For you, my mate

Plötzlich kriegte ich kaum noch Luft. Das Atmen wurde mir schwer und es war, als bemerkte ich erst jetzt die vielen anderen Menschen um mich herum, die den Raum so stickig machten, so eng, ich hatte kaum Platz....
Ich bekam eine Panikattacke.
Dabei hatte ich so lange schon keine mehr gehabt. Ich hatte wirklich geglaubt, diese Zeiten wären vorbei...

Ich musste hier raus.
Musste weg von Ben, von diesem Lied....
Von dieser Liebe in seinem Blick.
Würde ich ihr je würdig sein?
Würde ich es schaffen?
Würde ich ihn jemals akzeptieren? Oder doch nur quälen?

So viele drängende Fragen, unbequeme Fragen, die meine Brust zuzuschnüren schienen...
Ich musste hier raus.
Musste hier weg. Es war zu eng, zu stickig, zu viel. Keine Luft kam in meine Lungen, so sehr ich es auch versuchte. Aber es schien, als würde ich zwar atmen, aber keinen Sauerstoff.
Ich muss hier weg.

Und das tat ich dann auch.
Mit flatterndem Kleid ergriff ich die Flucht.
Rannte weg.
Denn letztendlich tat ich das doch immer.

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