Wer bist du?

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Hamburg, St. Pauli
12. Dezember 2015

Ich gab ein erleichtertes Stöhnen von mir und ließ mich gegen zwei Uhr morgens mit einem Rauschen in den Ohren und höllisch schmerzenden Gliedern in das weiche, gemütliche Hotelbett in der Nähe der Hamburger Reeperbahn fallen.

Meine Band Plan B hatte ihr letztes Konzert für dieses Jahr heute Abend hinter sich gebracht und wie das an diesen Abenden immer so war, war es noch lauter, extremer und exzessiver gewesen, als ohnehin schon üblich.
Auch nach unserem gelungenen Auftritt war bei meinen Bandkollegen Timi, Stefan und Benni noch lange nicht an Schlaf zu denken gewesen und man hatte mich mit ins Nachtleben auf der Hamburger Reeperbahn geschleppt.

Heute Abend hatte es mich allerdings nach nur wenigen Drinks wieder ins Hotel zurück verschlagen, auch wenn man mich mit aller Kraft zum Bleiben hatte überreden wollen.
Ich fragte mich manchmal wirklich, wie die anderen das schafften, sich bei einem Konzert vollkommen auszupowern und danach trotzdem noch die Energie hatten, um bis in die frühen Morgenstunden hinein zu feiern, auch wenn es dafür natürlich ganz offensichtliche Gründe gab.
Meine Bandkollegen Benni und Stefan zogen oft eine Line nach der anderen und mein bester Freund Tim nahm sowieso, was auch immer ihm gerade angeboten wurde, während ich ganz im Gegenteil chemischen Drogen rein gar nichts abgewinnen konnte.

Bei dem Gedanken an Tim wurde ich plötzlich, wie so oft, nachdenklich und auch ein wenig besorgt, weil ich wusste, auf was er wieder einmal zusteuern würde, jetzt wo die Tour ihr Ende gefunden hatte.
Während Stefan, Benni und ich am Ende einer Tour oft froh waren, wieder zur Ruhe kommen zu können und einen relativ normalen Alltag zu haben, stürzte Tim fast immer in eine tiefe Depression, aus der er manchmal wochenlang nicht mehr raus kam. Man konnte sich eben viel zu sehr an die Aufmerksamkeit der Fans, die einen teilweise wie Götter verehrten, gewöhnen, was besonders für einen Suchtmenschen wie Tim ziemlich schnell gefährlich werden konnte, wenn man dann in ruhigen Phasen wieder in die Realität zurück geworfen wurde.
Ich grübelte noch ein wenig, fiel dann allerdings schnell in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Gegen fünf Uhr am Morgen wurde ich von einem leisen Schluchzen wieder wach, das von Tim kam, mit dem ich mir in Hamburg das Hotelzimmer teilte. Ich war etwas überrascht, dass ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, wie er ins Zimmer gekommen war, da das nach Alkohol- und Drogenkonsum, was mit ziemlicher Sicherheit auch heute der Fall gewesen war, nie leise vonstatten ging.
Ich drehte mich zu ihm um und sah, dass er selbst im Schlaf ganz und gar nicht glücklich aussah.
Ich rückte ein Stück näher zu ihm ran und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter und streichelte diese ein wenig, woraufhin seine Schluchzer etwas leiser wurden.
Bisher hatte ich noch nicht erlebt, dass ein Absturz so schnell kam, doch dieses Jahr war leider auch nicht gerade Tims bestes Jahr gewesen und er hatte viel einstecken müssen.

Obwohl wir uns nun schon knapp sechs Jahre kannten und uns ein ganz besonders tiefes Vertrauen verband, hatte ich trotzdem öfter das Gefühl, Tim kaum zu kennen.
Besonders jetzt, als er so verletzlich vor mir im Hotelbett lag, wurde es mir wieder bewusst, dass es so unendlich viel gab, was ich nicht über meinen besten Freund wusste. Wir sprachen über vieles, was uns so bewegte, jedoch fiel mir oft auf, dass Tim schnell ausweichend wurde, wenn über die Zeit der Kindheit und Jugend geredet wurde. Ab und zu erzählte er zwar schon mal was, aber eben nie so richtig. Ich konnte mir schon denken, dass er es früher nicht einfach gehabt haben muss.
So oft fragte ich mich, was ihn zu dem gemacht hat, was er heute ist.
Und so begann ich plötzlich, auch über meine eigene Vergangenheit nachzudenken.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro