Wo Liebe ist, gibt es keine Logik

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Irgendwo in einem Wald bei Bielefeld
15. Dezember 2015

Das damals im Theater war natürlich nicht das einzige Mal gewesen, dass Maya mich tief verletzt hatte. Als ich gerade dazu kommen wollte, mir das schlimmste Erlebnis im Bezug auf sie wieder in Erinnerung zu rufen, wurde ich durch das Vibrieren meines Handys aus meinen Gedanken gerissen. Froh um diese Ablenkung, zog ich es aus meiner Jeans und öffnete die Nachricht, die von einer meiner Mitbewohnerinnen aus Berlin kam.

Ina, 15. Dezember, 14:14: Hi Luke, langsam reicht es uns. Deine Schlampe kreuzt hier seit vier Tagen auf und sucht dich. Sogar mitten in der Nacht!
Ich, 15. Dezember, 14:15: Hallo erstmal, schön von dir zu hören... Von was für einer Schlampe redest du, bitte?
Ina, 15. Dezember, 14:17: Na von welcher wohl?
Ich, 15. Dezember, 14:17: Ich hab keine Ahnung, sprich.
Ina, 15. Dezember, 14:18: Maya.

Fassungslos starrte ich den Bildschirm meines Smartphones an und konnte fühlen, wie mein Herz einen kurzen Moment stehen blieb. Wie konnte das sein? Sechs Jahre war es her, dass sie aus meinem Leben verschwunden war. Sechs Jahre, in denen ich nichts von ihr gesehen, geschweige denn gehört hatte.

Ich, 15. Dezember, 14:18: Nee, oder? Krass, ich hab gerade an sie gedacht. Das kann doch nicht sein. Bist du dir sicher, dass sie es war?
Ina, 15. Dezember, 14:19: Ist ja jetzt auch kein großer Zufall, weil du immer an die Hure denkst. Ich bin mir sicher, Tania ist sich sicher. Wir kennen sie doch, hast sie uns doch damals drei Wochen lang aufgedrängt. Sie ist zwar fetter und älter geworden, aber eindeutig noch zu erkennen.
Ich, 15. Dezember, 14:19: Ja und? Hat sie gesagt, was sie will?
Ina, 15. Dezember, 14:19: Nur, dass sie zu dir will und der Rest ginge uns nicht an. Was sollen wir ihr sagen, wenn sie wieder kommt?
Ich, 15. Dezember, 14:20: Keine Ahnung, schickt sie einfach weg.
Ina, 15. Dezember, 14:20: Wann kommsten wieder?
Ich, 15. Dezember, 14:21: Übermorgen oder Freitag. Grüß Tania. Freu mich schon auf euch :-*
Ina, 15. Dezember, 14:22: Sie grüßt zurück. Wir freuen uns auch :-*

„Timi!"
„Oh der feine Herr redet auch mal wieder", gab mir dieser grinsend zur Antwort.
„Was?"
„Alter ich hab dich vorhin drei mal was gefragt und du hast mich einfach ignoriert."
„Sorry, war in Gedanken. Ina hat geschrieben. Maya ist in Berlin und sucht mich."
„Oh, na dann hast du ja endlich einen Grund zu mir nach Bielefeld zu ziehen, Mäuschen."
„Timi, ich zieh niemals nach Bielefeld. Hör auf mit dem Quatsch und sag mir lieber, was Maya von mir will."
„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie war irgendwo ganz am anderen Ende der Welt, war einsam und hat alles verloren was sie hatte. Dann hat sie in einem jahrelangen Selbstfindungsprozess endlich erkannt, was im Leben wichtig ist und ihr ist aufgefallen, dass sie nur durch dich die wahre Erfüllung erfahren kann. Darum hat sie alle ihre Sachen gepackt, ist nach Deutschland geflogen und sucht dich, damit ihr gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten könnt."
„Ha ha."
Timi kam näher und legte mir versöhnlich einen Arm um die Schulter. „Nee im Ernst. Was sie will, kann nichts Gutes sein. Ignoriere das einfach. Sag deinen scharfen Mitbewohnerinnen, sie sollen Maya sagen, dass du nicht mehr hier wohnst oder sonst irgendwas. Triff dich auf keinen Fall mit ihr. Bestimmt will sie nur irgendwelche Vorteile durch dich, oder Geld."
„Timi, so ist sie nicht."
„Wie ist sie dann?"
„Sie ist ein guter Mensch. Ich habe sie damals einfach überfordert mit meinem Liebesgeständnis, da ich halt eher so wie ein kleiner Bruder für sie war und damit konnte sie nicht umgehen."
„Da hast du mir aber auch schon andere Sachen erzählt."
„Ja aber nur weil ich da sauer war. Sie ist wirklich ein guter Mensch. Und ich werde auch mit ihr reden, falls sie nochmal kommt."
„Och Lukas, nee. Mach das nicht."
„Ich bin jetzt älter und nicht mehr so leicht zu verarschen, sollten ihre Absichten wirklich keine guten sein. Ich rede ganz sachlich mit ihr. Vielleicht will sie ja auch einfach nur mal Hallo sagen, weil sie wegen, keine Ahnung was, in Berlin ist und dann geht sie wieder."
„Und was bringt dir das dann?"

Darauf hatte ich keine Antwort mehr. Timi seufzte und steckte mir eine Zigarette zwischen die Lippen. „Da, deine wöchentliche Stresszigarette. Die brauchst du jetzt."
„Danke. Trotz allem glaube ich, dass ich sie nehmen würde, wenn sie mich wollte. Wie kann das sein, dass man jemandem so lange nachhängt, mit dem man nicht mal zusammen war? Den man über ein halbes Jahrzehnt nicht mal mehr gesehen oder gesprochen hat?"
„Wo Liebe ist, gibt es keine Logik. Das ist manchmal auch gut so."


Bielefeld, Tims Haus
15. Dezember 2015

Erschöpft vom stundenlangen Spaziergang chillten Lukas und ich am späten Abend vor dem Fernseher. Elias schlief schon seit einigen Stunden und wir schauten uns ein paar schlechte Horrorfilme an, die eher lustig als erschreckend waren.
„Schon irgendwie amüsant, was die Frauen mit uns machen, oder?", fragte er mich nach einer ganzen Weile.
„Was soll daran amüsant sein?"
„Na wie wir hier sitzen, zwei Männer, zwei gebrochene Herzen. Keiner guckt doch wirklich den Film. Du weißt was ich denke, ich weiß, was du denkst."
„Und gemeinsam gucken wir uns die Zombie-Apokalypse an, um uns fadenscheinig von dem Chaos in unseren geschundenen Seelen abzulenken. Los, Lukas, reich mir die Hand, damit ich dich festhalten kann, wenn du vom Rand dieser grausamen Welt fällst."
Wir sahen uns kurz an und dann brachen wir in lautes Lachen aus.
„Alter, du bist so fertig. Ich bin fertig. Wir sind fertig."
„Fuck. Ja das sind wir. Man Lukas, wenn ich dich nicht hätte, wäre mein Leben um einiges trauriger."
„Geht mir genau so, Timi."
„Ich frage mich oft, was aus mir geworden wäre, wenn ich dich früher kennengelernt hätte."
„Naja, wir gehen einfach mal davon aus, dass wir hundert werden, dann haben wir noch über siebzig Jahre vor uns, um das alles aufzuholen."
„Das klingt doch nach einem guten Plan."

Die Stunden vergingen und wir erwischten tatsächlich noch einen Film, der ziemlich gut war. Besonders viel bekam ich allerdings nicht davon mit, da ich so extrem müde wurde, dass mir immer wieder die Augen zufielen. Lukas stieß mich ständig an und meinte, ich würde richtig was verpassen. Irgendwann ließ er das aber aufgrund mangelnden Erfolges bleiben und ich begann zu träumen. Was ich diesmal träumte, war schlimmer als das, was da in meinem Wohnzimmer über den Bildschirm flimmerte. Nur, dass es diesmal kein Traum über irgendwelche unwirklichen Dinge war. In dieser Nacht erlebte ich meinen ganz persönlichen Alptraum erneut. Den Alptraum eines jeden Vaters, der im Juli real geworden war.

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