Kapitel 34

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„Wenn das hier funktionieren soll, dann musst du ehrlich zu mir sein", begrüßt mich Ephraim, als ich ihm die Tür zu meinem und Prudences Zimmer öffne. Noch als ich gestern zurückgekommen bin und ihr erzählt habe, dass Ephraim heute vorbeikommen möchte, hat sie sich mit Chadwick verabredet, um uns Freiraum zu geben. Ich habe die Neugier in ihrem Blick deutlich gesehen, aber ich denke, dass sie mich nicht mit Fragen bedrängen wollte. Manchmal vergesse ich, wie verrückt Ephraim und ich auf andere Leute wirken müssen, wenn wir unsere Nerven in der Öffentlichkeit verlieren. „Implizierst du, dass ich dich anlüge?", frage ich und schließe dir Tür hinter ihm schwungvoll, wobei ich mein Gesicht ein wenig verziehe. Ich hätte nicht so irrational handeln und meine Schultern zerstören sollen, denn jetzt schmerz jede kleinste Bewegung. Aber im Nachhinein ist man bekanntlich immer klüger. „Nein. Aber du verheimlichst mir gerne Informationen, die wichtig sind." Ich gebe mir Mühe, einen neutralen Gesichtsausdruck zu bewahren. „Ich denke nicht, dass ich weiß, wovon du sprichst."

Ephraim zieht eine Augenbraue in die Höhe und lehnt sich an meinen Schreibtisch, während er mich ansieht. Auch ich lasse mir die Zeit, ihn zu betrachten. In seinem dunkelblauen Pullover, welchen er über dem gewöhnlichen Hemd der Schuluniform trägt, und den simplen schwarzen Stoffhosen, sieht er wundervoll aus. Dabei muss ich gar nicht von seinen Haaren beginnen, die so ordentlich gekämmt sind, dass ich am liebsten mit meinen Händen durch sie fahren und sie verwuscheln würde. Oder von seinen Augen, die von dem Rahmen seiner Brille betont werden. „Willst du wissen, was ich denke, Helena?" Helena. „Ich denke, dass ich die ganze Zeit so sehr auf mich selbst geachtet habe, dass mir einige grundlegende Dinge entfallen sind." Ephraim stößt sich von der Tischplatte ab und bleibt direkt vor mir stehen. „Beispielsweise habe ich mir nicht überlegt, wieso dich dieser Drohbrief nicht interessiert hat. Zuerst habe ich geglaubt, dass das daran liegt, dass du vielleicht wirklich nichts zu verlieren hast oder dass du einfach weniger panisch bist als ich, aber mittlerweile stehen die Dinge anders. Denn ich kenne dich ja. Und dann bleiben nur noch zwei Varianten übrig, wie es in der Wirklichkeit sein könnte. Entweder du hast den Brief selbst geschrieben – aber das vermute ich nicht. Also kann es nur noch sein, dass du selbst auch einen erhalten hast. Vielleicht auch mehrere, aber du warst auf jeden Fall die erste Empfängerin dieser Briefe, denn sonst hätte wenigstens ein wenig Panik in dir sein sollen. Das lag nicht daran, dass du glaubst, du hättest nichts zu verlieren."

Ich schlucke tief und meide seinen Blick. Ich bin zwar überrascht, dass ihm das alles auffällt, aber ehrlich gesagt reden wir hier von Ephraim. Gibt es irgendetwas, was diesem Kerl nicht auffällt? Und wie soll bitte ich auf diese Aussage reagieren? „Okay", murmle ich etwas gedankenverloren. Es ist schwierig zu sagen, was er von mir hören möchte. „Helena", ermahnt er mich. Seine Stimme klingt wie Musik in meinen Ohren und er hebt mein Kinn sanft mit seinen Fingern an. „Bitte sei ehrlich zu mir. Ich denke, dass wir die ganzen Geheimnisse und Halbwahrheiten langsam hinter uns haben sollten." Seine Hand bleibt auf meiner Wange liegen und ich atme tief ein. Es sollte mir nicht so schwerfallen, ehrlich zu ihm zu sein. Nach dem ganzen Wahnsinn, den wir in diesem Jahr hinter uns haben, sollte das meine letzte Sorge sein. Aber ich bin es so gewohnt, meine Probleme selbst zu lösen und mich selbst um meinen Kram zu kümmern, dass ich nicht anders kann, als zu zögern. Ich kann die Gewohnheit nicht abstellen, dass ich ihm nicht vertrauen kann, dass es immer etwas gibt, wovor man sich fürchten sollte. „Helena, bitte, sag etwas. Zeig mir die Briefe", flüstert er beinahe erstickt. Seine Augen schwimmen in Leid und Unsicherheit und ich verziehe das Gesicht. Dann nicke ich langsam. Wie schlimm soll es denn werden?

„Okay", räuspere ich mich. Ich hole die Umschläge aus meiner Schublade, und meide Ephraims Blick, als ich sie in seine Hand lege. „Du hast so viele davon erhalten?", möchte er etwas atemlos wissen. „Himmel, Helena, wieso hast du nichts gesagt?" Ich zucke mit den Schultern. „Die meisten sind ziemlich harmlos. Ich geh mal aufs Klo. Du kannst sie währenddessen lesen."

Ich entkomme seinem prüfenden Blick so schnell es geht und klatsche mir im Badezimmer eine kalte Ladung Wasser ins Gesicht. Ich muss eigentlich gar nicht aufs Klo, aber die Sorge in Ephraims Blick geht mir unter die Haut und ich denke nicht, dass ich dem jemals entkommen könnte. Es ist verrückt, dass er mich damit viel mehr berührt als mit jeder Beleidigung, die wir uns in den letzten Jahren an den Kopf geworfen haben. Ich warte einige Minuten und kehre erst wieder zu ihm zurück, als ich mir sicher bin, dass er alle Briefe gelesen haben muss. Tatsächlich hat er es sich auf meinem Bett bequem gemacht. Er liegt quer auf seinem Rücken, die Füße auf dem Boden abgestellt, während er einen Arm über seine Stirn gelegt hat und in der anderen den kleinen Briefstapel hält. Seine Augen finden meine, sobald ich einen Fuß über die Türschwelle setze und er sieht mich forschend an, ehe er sich auf einem Ellbogen abstützt. „Da war auch noch eine Weihnachtseinladung mit dabei, Helena", informiert er mich. Ich gebe mir Mühe, mein Gesicht nicht zu verziehen. Wie konnte ich das nur vergessen? „Muss ein Zufall gewesen sein", bringe ich hervor und nähere mich ihm langsam, um ihm den Brief abnehmen zu können. Aber Ephraim rührt sich nicht von der Stelle. „Helena", ermahnt er mich stattdessen leise. „Der Brief war gar nicht geöffnet, aber datiert. Du hast ihn vor Monaten erhalten." Ich zucke hilflos mit den Schultern. „Ich muss ihn wohl vergessen haben."

Ephraim steht auf und ich mache einen Schritt zurück. „Du musst mich nicht anlügen, Tinkerbell. Ich bin mir bewusst, wie solche Dinge laufen. Ich kenne dich. Was hat es damit auf sich?", fragt er. Ich reibe mir über das Gesicht, unsicher, wie ich reagieren soll. Ich habe noch nie jemandem etwas über meine Familie erzählt. Ich habe noch nie zugegeben, was geschehen ist und wieso ich nicht nach Hause gehen kann. Es ist schwierig, diese Dinge offen zuzugeben, wenn ich mir so gewohnt bin, alles totzuschweigen. „Nicht so viel. Ich komme einfach nicht wirklich mit meiner Mutter zurecht", erkläre ich also vage. Vielleicht lässt er es damit vom Henker. Aber natürlich irre ich mich damit. „Was soll das bedeuten?" Und so fliegt alles über den Haufen, was ich mir jemals selbst beigebracht habe – alles, was mir meine Mutter verboten hat zu tun. Für einige Momente ist es so schwer sich an all die Gründe für unsere Geheimniskrämerei zu erinnern. Wieso verstecke ich die dreckigen Geschichten meiner Familie noch immer? Es ist nicht so, dass ich dafür ins Gefängnis kommen könnte. Ich habe diese Sachen schließlich nicht angestellt. Ich habe sie nur immer totgeschwiegen. Ich bin volljährig, also kann sie mich auch nicht mehr in ein Heim stecken. Sie kann mich nicht rauswerfen, oder mir den Geldhahn abdrehen, weil sie mir bereits einen millionenschweren Betrag auf mein Konto überwiesen hat. Wieso zur Hölle stehe ich also da, und kann mich nicht dazu bringen, die Worte auszusprechen?

„Wir haben ein schwieriges Verhältnis. Seit der Trennung meiner Eltern sind eine Menge Dinge zwischen uns geschehen und manchmal bringe ich es nicht über mich, darüber hinwegzusehen", sage ich ausweichend. Ich erwähne dabei keine der Narben, die mir über die Jahre hinzugefügt wurden, weder psychisch noch physisch. „Du könntest Weihnachten dann vielleicht bei deinem Vater verbringen?", schlägt Ephraim vor, weil er zu merken scheint, dass ich noch nicht bereit bin, darüber zu reden. Es ist absurd, wie leicht er zu erkennen scheint, was in mir vorgeht und was er mir zu sagen braucht, damit ich mich nicht mehr so bedrängt und schwitzig fühle, weil diese unerklärliche Loyalität in meine Knochen geritzt ist. Nicht, dass sie verdient wäre. Kein Geld der Welt könnte den Schaden heilreden, die ich zuhause erfahren habe. Kein Pflaster der Welt ist mächtig genug für eine derartige Heilung.

Ich schüttle den Kopf. „Nein, das geht nicht. Wes und er verbringen Weihnachten auch da. Es ist eine riesige Party, bei der es immer wieder um denselben Unsinn geht: Status, hübsche Kleider, Schlaufen, Smokings, teurer Champagner und Menschen, die so betrunken sind, wenn die Uhr zwölf Uhr schlägt, dass sie sich oftmals das fünf-Sterne Essen aus dem Magen würgen." Ephraims Blick verdunkelt sich und er presst die Lippen zusammen. „Wenn es wirklich so schlimm ist, könnte ich dich begleiten", schlägt er vorsichtig vor. Ich bin mir sicher, dass er nicht weiß, was er tut, aber mein Magen überschlägt sich trotzdem und ich kann nicht verhindern, dass sich ein trauriges Lächeln auf meine Lippen schleicht. „Es ist schlimm genug, dass ich eingeladen bin. Aber dass ich gehe und dich gleich auch noch mitnehme? Keine Chance. Egal wie unterschiedlich wir auch sind und wie wenig wir miteinander auskommen, das würde ich dir nicht antun."

Ephraim legt seinen Kopf schief und verschränkt die Arme vor der Brust, während er mit den Zähnen an seiner Lippe zieht. „So schlecht kommen wir in letzter Zeit gar nicht miteinander aus", sagt er leise. Sein Tonfall ist rau und ich kann nicht verhindern, dass sich eine Gänsehaut auf meinen Armen ausbreitet. Zum Glück wird sie von meinem Hemd versteckt. „Nein", gebe ich zu. Auch wenn wir in letzter Zeit gestritten haben, war es anders als früher. Es ging nicht mehr darum, ihm eins auszuwischen oder dafür zu sorgen, dass die andere Person mit den tieferen Wunden davonläuft. Es ging um uns. Das tut es noch immer, vor allem wenn er so nah vor mir steht und mir in die Seele blickt, während ich nicht einschätzen kann, was in ihm vorgeht. „Mach dir keine Sorgen, Ephraim. Ich gehe ohnehin nicht hin." Ich presse die Lippen zusammen und zucke mit den Schultern. „Ich war schon eine Weile nicht da", füge ich hinzu. „Du hast Weihnachten allein verbracht?", fragt er überrascht. Sein Unterton ist emotionsgeladen, aber ich kann nicht genau einordnen, was er damit aussagen möchte. „Nein, ich war...mit Mathilda und ihrer Familie." Mehr braucht es gar nicht, dass die Luft wieder aus meinen Lungen gewichen ist und ich für einen Moment nicht mehr richtig atmen kann. Gott, es ist so unfair, dass das alles geschehen ist. Dass nicht ein einziges Jahr – nicht ein einziger Tag – in meinem Leben normal sein kann. Oder auch nur schon erträglich.

„Dann komm zu mir", sagt er schließlich. „Ich werde dir zeigen, wie besinnlich gefeiert wird und was du mit diesen schönen Lippen machen kannst, statt mich zu beleidigen." Ich kann noch immer nicht atmen. Nur ist es jetzt so, dass ich beinahe hyperventilliere, als Ephraim sich von der Tischplatte abstößt und mein Kinn mit seinen Fingern anhebt, damit ich ihm in die Augen sehen kann. Was ein fataler Fehler ist, denn ihr Glanz und das Funkeln in ihnen ist unverfehlbar. Die Lust und der Hunger in ihnen, während seine Hitze in mich übergeht und ein Feuer in mir entfacht. „Ich habe dich nicht beleidigt", bringe ich nur hervor, statt auf seine eigentliche Aussage einzugehen. Ein raues, leises Lachen entweicht seiner Kehle. „Nein, aber darin bist du normalerweise so gut, Birkshire. Also, was sagst du?"

Er meint das ernst, realisiere ich. Und ich habe keine Ahnung, wie ich das überleben sollte. „Meine Familie ist offen, weißt du. Sie würden sich freuen, wenn ich jemanden mit nach Hause nehmen würde." „Selbst wenn ich diese Person bin?", frage ich im Flüsterton, weil meine Stimme nicht zu mehr fähig ist, wenn er mich so zärtlich ansieht, als könnte er mir die Welt zu Füssen legen. „Vor allem, wenn du diese Person bist. Also, was sagst du?" Ich weiß, dass die Antwort Nein sein sollte. Dass ich mich nicht einmischen sollte, weil es eine Familienfeier ist. Dass ich mich aus seinen Angelegenheiten raushalten sollte. Aber ich kann mein Herz nicht dazu bewegen, dasselbe zu glauben. Und ich kann nicht stoppen, dass das Wort meinen Mund verlässt, ehe mein Verstand folgen kann. „Okay."




Unnnd ein weiteres nettes Kapitel 😍 langsam ist das echt rekordverdächtig hihi

Wie wird Weihnachten für Helena wohl laufen bei Ephraim 🎄?

Sind die beiden süß?

Es kommt später noch ein weiteres Kapitel, also bis dann

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