Die Lehrer

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Das einzige Geräusch, das das Lehrerzimmer erfüllte, war das Rödeln der Kaffeemaschine. Alle schwiegen betreten und schauten in der Gegend herum, als sähen sie die Einrichtung des Lehrerzimmers zum ersten Mal.

„Offensichtlich fühlt sich niemand angesprochen und niemand verantwortlich", sagte eine Lehrerin schließlich. „Aber ist nicht gerade das das Problem? Egal, was unter den Kindern abläuft, niemand von uns fühlt sich dafür verantwortlich. Sind ja nur Kinderscherze, denken wir uns. Das klären die schon unter sich. Aber oft sind diese Scherze von Spaß weit entfernt und das ist uns allen eigentlich klar. Die Tragödie jetzt beweist es und spätestens jetzt müssen wir einsehen, dass wir etwas ändern müssen."

„Wie stellen Sie sich das vor?", erwiderte eine andere Lehrerin, die nachdenklich einen Bleistift zwischen ihren Fingern kreisen ließ. „Sollen wir die Schüler auf Schritt und Tritt beobachten und uns in jede kleine Streitigkeit gleich einmischen?"

„Natürlich nicht. Aber bei David handelte es sich offenbar nicht mehr um kleine Streitigkeiten. Niemand bringt sich um, weil man ihm das Pausenbrot klaut." Wieder breitete sich Schweigen im Lehrerzimmer aus. Niemand wusste, was er sagen sollte und niemand wollte sich eine Schuld eingestehen.

„Ich glaube nicht, dass das in unserer Macht liegt", wandte eine weitere Lehrerin vorsichtig ein. „Wir kriegen doch viel zu wenig mit von den Streitigkeiten zwischen den Kindern. Vieles spielt sich auf dem Schulhof ab oder vor und nach dem Unterricht. Das liegt nicht mehr in unserem Rahmen."

„Es gibt Pausenaufsichten", erwiderte die erste Lehrerin scharf, doch der Sportlehrer sprach sich für letztere Kollegin aus. Sagte, dass wohl keiner von ihnen etwas hätte ändern können. Da meldete sich die Klassenlehrerin von Davids Klasse zu Wort. Die, die dabei gewesen war, als der Klasse die schreckliche Nachricht überbracht worden war und die das Gespräch verfolgt hatte, das daraufhin zwischen den Kindern entbrannt war.

„Dass gerade Sie das sagen, verwundert mich, lieber Kollege", warf sie ein. „Ich hab heute Morgen von Davids Mitschülern mitbekommen, dass der Junge gerade in Ihrem Unterricht ziemlich stark gemobbt wurde. Dass ihm mit einem Ball vermutlich die Nase gebrochen wurde und Sie nichts unternommen haben."

„Sowas passiert, wenn man sich sportlich betätigt. Nicht, dass Sie davon eine Ahnung hätten." Der Sportlehrer ließ seinen Blick den Körper der Klassenlehrerin hinabgleiten, ehe er ihn abwandte. Empört schnappte die Klassenlehrerin nach Luft.

„Kein Grund, gleich persönlich zu werden!", mahnte ihn eine andere Kollegin, aber der Sportlehrer schüttelte nur uneinsichtig den Kopf.

„Es war wohl ziemlich offensichtlich, dass das keine normale Sportverletzung war", sagte die Klassenlehrerin in strengem Ton. „Mir ist außerdem schon des Öfteren zu Ohren gekommen, dass Sie bei Prügeleien unter den Schülern nicht eingeschritten sind. Finden Sie, dass sich das mal jemand näher ansehen sollte?"

„Beruhigen Sie sich mal wieder! Das sind Jungs, die müssen sich mal ein wenig Raufen um zu echten Männern zu werden. Ist doch nichts dabei. Ich verstehe diese ganze Diskussion hier sowieso nicht. David hätte einfach zurückschlagen sollen, dann wäre alles nie so weit gekommen. Aber dank unserer heutigen Schwächlingspädagogik hat er sich lieber das Leben genommen, das haben wir jetzt davon." Der Sportlehrer lehnte sich mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurück, während um ihn herum mehrere Lehrer aufgestanden waren.

„Ich denke eher, dass das Problem bei Ihrer Draufhaupädagogik ansetzt", erwiderte die Lehrerin, die die Diskussion in Gang gebracht hatte mit ruhiger, sachlicher Stimme. „Es hat Gründe, dass wir heute nicht mehr vom Rohrstock Gebrauch machen und genau so hat es Gründe, warum wir unsere Schüler zu schützen versuchen. Zeiten ändern sich und dieser Unsinn, dass Männer nicht weinen und keine Schwäche zeigen dürfen, war noch nie richtig. Jeder hat Gefühle und zu ihnen zu stehen ist ein viel größeres Zeichen von Stärke, als Unnahbarkeit. Lassen Sie mich raten, Sie denken auch, David sei an seiner Situation selbst schuld gewesen. Immerhin war er homosexuell." Jetzt sprang auch der Sportlehrer auf und hieb dabei mit seiner Faust auf den Tisch, sodass die sich darauf befindlichen Kaffeetassen einen Satz machten.

„Was erlauben Sie sich eigentlich?"

„Ist es nicht so?", hakte sie erneut nach und hob das Kinn. Es war deutlich, dass der Ausbruch des Sportlehrers sie nicht eingeschüchtert hatte.

„Leute wie Sie sind Schuld an der Situation, in der David sich befand. Sie erziehen die Kinder zu weinerlichen Waschlappen, die nicht in der Lage sind sich selbst zu verteidigen und auch mal etwas einstecken zu können. Das sind Kinder, da ging es noch nie zimperlich zu. Erinnern Sie sich nicht mehr an Ihre eigenen Schulzeit?"

„Oh doch, das tue ich. Zu gut. Ich hätte mir damals einen Ansprechpartner gewünscht. Doch wäre ich mit meinen Problemen zu meinen Lehrern gegangen, hätte die genau reagiert, wie Sie es jetzt tun. Sind doch nur Kindereien und ich solle mich gefälligst selbst darum kümmern. Vielleicht hätten sie mich noch dafür bestraft, so, wie meine Eltern es getan haben." Der Sportlehrer schwieg nun, aber ein anderer Lehrer schaltete sich an seiner Stelle ein.

„Liebe Kollegin, Sie müssen aber doch zugeben, dass es nicht der schlauste Schritt von David war, sich zu outen. Es hat Gründe, dass Homosexualität verpönt ist. Es ist eben nichts Normales." Fast jeder im Lehrerzimmer hielt die Luft an.

„Ich weiß nicht in welcher Zeit Sie leben, werter Kollege, aber heutzutage ist Homosexualität in unserer Gesellschaft anerkannt. Leider immer noch nicht in allen Kreisen, wie man Ihnen sehen kann." Die Lehrerin schüttelte den Kopf. Der Lehrer hob beschwichtigend die Hände und versuchte, mit ruhiger Stimme auf sie einzuwirken.

„Sie, als verheiratete Frau mit Kindern, müssen doch zugeben, dass Homosexualität nichts Normales ist. Sie trägt nicht zur Erhaltung unserer Gesellschaft bei und auch in der Bibel wird sie nicht anerkannt."

„Sie irren sich. In der Bibel ist nirgends die Rede davon, dass Homosexuelle nicht heiraten sollten", mischte sich eine weitere Lehrerin ein, die bisher schweigend am Aktenschrank gelehnt hatte. Dankbar lächelte ihr erstere Lehrerin zu.

„Damit wäre eines Ihrer Argumente entkräftet. Ihr zweites Argument, bei dem Sie auf mein Privatleben eingehen, ist leider auch nicht korrekt. Sie haben Recht, ich habe Kinder. Einen Sohn und eine Tochter, zwei wundervolle Kinder. Aber ich bin nicht verheiratet. Ich lebe in einer eingetragenen Partnerschaft. Mit einer Frau." Daraufhin fehlten dem Lehrer erstmal die Worte. Auch kein anderer sagte etwas. Dann begannen ein paar Frauen zu klatschen, bis es immer mehr wurden und schließlich fast das ganze Lehrerzimmer klatschte. Ein Kollege klopfte der Diskussionsgewinnerin auf die Schulter.

„Sie haben gerade den Grundstein für alles Weitere gelegt und uns gezeigt, wie wichtig es ist, den Mund aufzumachen und gegen Intoleranz einzustehen." Er warf dem Lehrer, der gegen Homosexuelle zu sein schien, einen Blick zu. „Sie hatten von Anfang an Recht. Wir sollten uns bemühen mehr auf die Schüler zu achten und einzuschreiten, wenn die Scherze aus dem Ruder laufen."

„Es ist immer noch nicht geklärt, wie wir das machen wollen", merkte eine andere Kollegin an.

„Jeder von uns sollte verstärkt darauf achten, was zwischen den Schülern geschieht und wie darauf reagiert wird. Wir alle sind Menschen mit Gefühlen und Erfahrungen, ich denke, wir können erkennen, wenn jemand sich sichtlich unwohl oder bedrängt fühlt. Außerdem ist ein offenes Ohr für die Schüler wichtig. Sie müssen das Gefühl haben, mit jedem Problem zu uns kommen zu können, ohne verurteilt zu werden." Die Diskussiongewinnerin blickte in die Runde und einige nickten zustimmend.

„Das klingt nach einem guten Anfang", meinte jemand. Erneutes zustimmendes Nicken.

„Aber das Wichtigste", hängte die Lehrerin noch an, „ist, dass wir die Intoleranz aus unserer eigenen Reihen vertreiben." Sie sah sowohl den Sportlehrer an, wie auch den Kollegen an, der Homosexualität als etwas Unnormales ansah. Beide wichen ihrem Blick aus, aber sie erwiderten nichts. „Homosexualität ist etwas vollkommen Normales. Außerdem darf jeder Junge so emotional und sensibel sein, wie er es nun mal ist. Es gibt genug Rüpel da draußen, aber wir brauchen auch Männer für die Posten, die Köpfchen und Einfühlungsvermögen voraussetzen. Das ist es, was unsere Gesellschaft voranbringt."


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