Interview 4 | MargoWendt

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WTSH: Hallo Margo, was hat dich dazu bewogen, dich als Interviewpartnerin anzubieten?

MargoWendt: Ich habe mich angeboten, weil ich das Projekt "100 Days of..." und alles was sich daraus entwickelt hat, als sehr wichtigen Zeitgeist empfinde. Es ist wichtig, den Finger auf Probleme zu legen, damit sich etwas ändert.

WTSH: Danke! Und danke für das Interview. Als eine, so wie ich es verstanden habe, nicht von Rassismus betroffene Frau: was war der Moment, an dem du gemerkt hast, dass du dich stärker mit solchen Themen auseinandersetzen musst?

MargoWendt: Das ist eine gute Frage. Als Polizistin ist Rassismus natürlich schon immer ein Thema gewesen. Allerdings hatte ich den großen Vorteil, dass ich im Einzugsgebiet eines Max-Planck-Institutsaufgewachsen bin. Das heißt, meine Jugendfreunde waren kulturell bunt gemischt, aber alle aus Akademikerhaushalten. Also alle, außer mir. Ich habe damit früh gelernt, dass die Herkunft keinen Rückschluss auf Bildung zulässt, ein Vorurteil, dass mir eigentlich erst als Erwachsene begegnet ist. In der Polizei wurden bereits zu meiner Zeit viele Menschen mit einem Migrationshintergrundeingestellt, das prägt natürlich auch ganz allgemein den Umgang mit nicht-weißen. Man wird regelrecht zusammengeschweißt, unabhängig von der Herkunft. Aber, um auf die Frage zurückzukommen, meine Einstellung zu Rassismus war von Anfang an klar, jedoch wurde ich mit der Geburt meiner Tochter noch aufmerksamer, weil ich dadurch eine noch stärkere Vorbildfunktion erfüllen muss.

WTSH: Ich denke auch, dass der beste Weg Vorurteile aus dem Weg zu räumen, das Kennenlernen von verschiedensten Menschen ist. Wenn wir schon das Thema Erziehung angeschnitten haben: wie beeinflussen Geschlechterrollen deine Erziehung? Und wie gehst du mit bestehenden Vorurteilen und Stereotypen zu marginalisierten Gruppen um?

MargoWendt: Das Erste ist wirklich schwierig. Die Gesellschaft ist sehr strikt. Für Babys gibt es ja kaum neutrale Farben, als ob es dem Kind etwas antun würde, gelb oder grün zu tragen. Und nun arbeite ich gegen die Sozialisierung im Kindergarten. Xy darf das nicht, weil er/sie ein Junge/Mädchen ist... das ist nicht leicht. Im Moment mag sie keine Jungen. Auch der Opa wird abgelehnt, "weil er ja nur ein Herr ist". Sie plant zur Zeit ihre Hochzeit mit dem Papa, dem einzigen guten Herren... Ich versuche in meiner Erziehung als Vorbild zu fungieren. Gelingt nicht immer - ihre Lieblingsfarben sind rosa, pink und orange. Meine wichtigste Regel ist aber, dass wir über alles reden. Das ist nicht immer angenehm (Stichwort: Mama, warum ist der Herr so dick?). Aber ich will nichts tabuisieren. Vor ihrer ersten POC, einem Bub, den wir in der Bücherei getroffen haben, hat sie sich gefürchtet (warum hat er sich angemalt?). Ich habe ihr erklärt, dass sich Menschen nicht nur in Haar- und Augenfarbeunterscheiden können, sondern auch in der Farbe ihrer Haut. Je nachdem, wie viele Warums kommen, steige ich auch tiefer ein. Sie ist neugierig, interessiert sich für alles und wir reden auch für Rollstühle und den Tod. Was als letztes noch dazu kommt ist, dass sie alles ausprobieren darf. Egal ob es Ballett oder Klettern wird. Ihre Beine sind jetzt ziemlich aufgeschlagen. Einerseits tut mir das Leid, andererseits sehe ich aber, dass sie frei spielt.

Für Kinder ab drei empfehle ich auch die zauberhafte Hexe Ella, die sich kindgerecht mit tabuisierten Themen auseinander setzt. (Guy Daniëls, zB Hexenfreund)

WTSH: Das ist schön, dass ihr so offen über alles redet. Stellst du manchmal fest, dass du Vorurteile hast, die sie nicht hat? Und wie ist dein persönliches Verhältnis zu Geschlechterrollen?

MargoWendt: Naja, standardmäßig habe ich Männern gegenüber Vorurteile. :D
Aber abgesehen davon, bin ich ziemlich offen und neugierig. Ich glaube, viele Vorurteile habe ich nicht, da ich versuche Situationen anhand der Stimmungen einzuschätzen und weniger aufgrund des Aussehens. Geschlechterrollen sind so ne Sache. Einerseits ist es ein Fakt, dass es zwischen Männern und Frauen körperliche Unterschiede gibt (Ichbetone hier absichtlich die beiden gegensätzlichen Extremformen "Mann" und "Frau"). ich denke da an Extreme, wie Schwangerschaften und Muskelkraft. Allerdings ist der einzige Job, bei dem ersteres Voraussetzung wäre (Leihmutterschaft) hier verboten und der Unterschied bei letzterem so minimal, dass es einfach nicht wichtig ist. Wenn man sich die Weltrekorde ansieht, sind Männer um Sekunden schneller. Ich wüsste jetzt keinen Beruf, in dem es auf diese Sekunden ankommt. Lange Rede, kurzer Sinn. Es gibt in meinen Augen keinen Beruf, denn eine Frau mit den nötigen allgemeinen Voraussetzungen nicht erfüllen kann. Als Frau in einem "Männerjob" kann ich aber auch sagen, dass es nicht einfach ist. Ansonsten sind typische "Frauenjobs" leider absolut unterbezahlt, dass ist eine Frechheit. Abschließend: bei uns putzt mein Freund, da er mich zu unordentlich findet.

WTSH:Du bist/warst ja lange Polizistin, ich kann mir vorstellen, dass man da auch mit einigen Vorurteilen zu kämpfen hat.

MargoWendt: Mir wurde schon mehrfach gesagt, als Polizistin wäre ich überbezahltgewesen, weil wir ja nichts arbeiten. Bei der Hubschrauberstaffelwurde mir gesagt, dass eine Frau keine Pilotin sein könnte(Blödsinn) und allgemein haben mir Kollegen unterstellt, als Fraubei einem Widerstand nicht helfen zu können. In diesen Zeiten kommtnatürlich immer das Vorurteil dazu, rassistischer Befehlsempfängerzu sein, der nur seinem Gelüsten folgt, andere zu unterdrücken undseine Waffe liebt.

WTSH: Danke für die Einblicke! Wie war denn das Geschlechterverhältnisbei der Polizei? Wieviele Polizisten waren weiblich/männlich/divers? Und wie war es in den Führungspositionen?

MargoWendt: Also, die meisten der älteren Kollegen, also 50+ sind Männer (etwa80/20). Bereits mein Jahrgang bestand zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen und nachfolgende Jahrgänge auch. Ich habe allerdings keine Kollegen kennen gelernt, die divers waren. Frauen sind in der Führungsebene allerdings immer noch unterrepräsentiert. Bei vielen sind die Geschlechterrollen immer noch klassisch verteilt. Die Frau nimmt nach der Elternzeit eine Halbtagsstelle an. Das ist zwar toll für die Familie, allerdings schlecht für die Karriere.

Allerdings habe ich eine Freundin, die als Frau mit Migrationshintergrund(türkische Eltern) im höheren Dienst ist. Es ist also möglich. Allerdings hat sie sich gegen eine Familie entschieden.

WTSH: Wenn wir schon beim Thema sind: wie hast du selbst den Karriere/Familie-Konflikt gelöst? Und wie nimmst du die Reaktion der Gesellschaft darauf wahr?

MargoWendt: Für mich war von Anfang an klar, dass ich eine Familie haben möchte, und auch Zeit mit meinem Kind verbringen will. Ich wollte diesem Konflikt aus dem Weg gehen. Als ich dann zu meinem Freundausgewandert bin, habe ich erst erkannt, dass die Polizei in einigen Bereichen doch fortschrittlicher ist, als man denken könnte. Jeder bekommt das gleiche Gehalt und die Gehälter sind transparent. Es ist kein Problem, nach der Elternzeit mit Teilzeit wieder einzusteigen. Das sieht in den meisten anderen Branchen leider ganz anders aus.

Persönlich gefällt mir weder das deutsche, noch das österreichische Arbeitsklima. Ich bin der Meinung, dass der Fokus auf die Arbeit nicht passt. 40 Stunden in der Woche sind eine Menge. Da bleibt nicht viel Zeit für Kinder. Und es gibt noch nicht viele gute Teilzeitlösungen, schon gar keine mit Führungsverantwortung.

WTSH: Das stimmt. Das System ist in vielen Branchen halt darauf ausgerichtet, dass man mit Teilzeit keine wichtigen Posten bekommt. Danke für das interessante Gespräch und deine Einblicke. Abschließende Frage: was wünschst du dir von whythesterohype? Hast du vllt. auch Themenvorschläge?

MargoWendt: Gerne.:) Ich danke dir auch. Ich fände einen Workshop ganz schön, also vielleicht Unterstützung bei der Charaktergenerierung und so. Ein Charakter wird ja nicht plötzlich divers, nur weil man die Hautfarbe ändert. Es gehört ja noch einiges mehr dazu, dass nicht immer leicht zu "googeln" ist. Auch fände ich es schön, wenn ihr vielleicht eine Art Austausch bzw. Communityrunde machen könntet. Hm, und Themenvorschläge? Meine Großmutter hatte immer das Credo, besonders positives zu betonen, um etwas zu verändern. Sprich, sie hat uns viel gelobt, wenn wir erwünschtes Verhalten gezeigt haben. Es wäre schön, wenn ihr ein paar Erlebnisse zeigen könntet, die euch glücklich gemacht haben. Viele, und da nehm ich mich nicht aus, sind oft verunsichert, weil wir gelernt haben, was falsch ist. Es wäre schön, auch den Fokus auf das "richtige" zu legen. Ich hoffe, ich habe das halbwegs vernünftig rüber gebracht. :D


Interview geführt von alterade, die sich herzlich bei MargoWendt für das schöne Gespräch bedankt!

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