Annäherungsversuche

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Oder auch: Radikale, rücksichtslose Attacken mit dem alleinigen Ziel, den Hamsterball zu zerstören und alle wertvolle Energie aus dem Introvertierten zu saugen, ohne auch nur einen Tropfen davon übrig zu lassen. Kurz zusammengefasst: Anschlagversuche mit Tötungsintention. Es handelt sich um ausgeklügelte Mechanismen, die genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt werden, um den größt möglichen Erfolg zu erzielen. Hinterhältige Angriffe die hinter Scheinheiligkeit und einem gefälschten Lächeln versteckt werden. Extrovertierte sind Vampire auf der Jagd.

Damit tut man ihnen jetzt vermutlich Unrecht. Es handelt sich ja nur um ihre Natur.

VAMPIRE HANDELN AUCH NUR NACH IHRER NATUR UND ES FINDET TROTZDEM KEINER GUT!!!!!

Ein Beispiel: Früh morgens. Der Introvertierte schläft nichts weiter ahnend in seinem gemütlichen Bett mit warmer Decke und kuscheligem Kissen. Plötzlich nähern sich polternde Schritte draußen auf dem Flur und die Tür wird erbarmungslos weit aufgerissen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird auch noch ein kräftiges 'Guten Morgen, es ist Aufstehzeit!' hinterher gerufen. Aber natürlich reicht dieser Prozess der Energiegewinnung noch nicht aus. Man möchte den Introvertierten am liebsten ausbluten lassen. Also wuchtet man die Jalousien nach oben, um das ach so wunderschöne, verblendend grelle Tageslicht in den Raum zu verschütten. Das mürrische Grummeln des gequälten Introvertierten wird dabei fälschlicherweise als der Startschuss für gewollte Interaktion verstanden und nicht als letzte Möglichkeit für ein in die Ecke gedrängtes Tier die Gefahr abzuwenden. Man stellt also Fragen und erwartet Antwort. Folter auf höchster Stufe in Perfektion vollendet. Das Letzte, was der Introvertierte vor lauter Energielosigkeit noch herausbringt, ist ein verzweifeltes 'Hau ab, ich komm ja schon.' Natürlich kommt das nicht immer besonders gut an. Manch einer mag es als Morgenmuffligkeit abtun, doch andere fühlen sich tiefst beleidigt und sprechen dann den ganzen Tag nicht mehr mit einem [nicht, dass das für den Introvertierten ein Problem wäre, da sind wir allerdings wieder beim Ratgeber des Anstandes]. Der Extrovertierte verlässt den Raum und gibt noch den Todesstoß: Er lässt die Tür sperrangelweit offen. Beispiel Ende.

Wie man es richtig machen könnte, Variante eins, gerade so vertretbar: Man schleicht leise und unhörbar über den Flur. Die Tür wird geräuschlos aufgeschoben und sofort wieder hinter sich geschlossen. Am Fenster angebrachte Jalousien bleiben unten. Behutsam nähert man sich dem schlafenden Introvertierten und pikst ihn äußerst vorsichtig mit dem Finger an, bis er sich bewegt. Dann ist ein geräuschreduziertes 'Aufstehen es gibt Essen' gestattet. Danach wird der Raum umgehend wieder verlassen und mit der Tür genauso verfahren wie schon beim Betreten der Gemächer.

Wie man es richtig machen könnte, Variante zwei, ziemlich vertretbar: Man kündigt dem Introvertierten in einer für ihn sicheren Situation [gesättigt, wach und vor Energie strotzend] an, wann es am nächsten Morgen Frühstück geben soll und bittet ihn, sich einen Wecker zu stellen. Im Normalfall wird er dies ohne zu zögern tun, da es Vermeidung menschlicher Interaktion in geschwächtem Zustand garantiert. Am darauf folgenden Morgen ist es dann durchaus möglich noch einmal eine Nachricht an den Introvertierten zu verfassen, in der man ihm mitteilt, dass es zum gegebenen Zeitpunkt Essen gibt. Darauf wird er viel freundlicher mit 'Okay' antworten und im Regelfall innerhalb der nächsten fünf Minuten erscheinen.

Wie man es richtig machen könnte, Variante drei, perfekt: Man lässt den Introvertierten einfach in seinem Bett liegen, bis er von selbst auf die Idee kommt, sich in die Bereiche der menschlichen Interaktion zu begeben.

Natürlich ist das Ganze nur eine beispielhafte Darstellung einer möglichen Szenerie, doch im Allgemeinen kann man sagen: Der Introvertierte möchte sich selbst aussuchen können, wann und an wen er seinen gesammelte Energie abgibt. Das Gefühl von Verschwendung in jeder Form bereitet ihm Unbehagen. Selbstverständlich ist damit nicht nur Energieverschwendung gemeint. Auch Geld, das seiner Meinung nach unnötiger Weise ausgegeben wurde, bereitet ihm ein schlechtes Gefühl, selbst wenn es nicht das seine ist. Er ist nicht geizig, aber auf Sinnhaftigkeit bedacht. Zurück jedoch zum Thema: Energieverschwendung. Menschen, die er absolut nicht mag, auch noch Energie zu schenken, in dem er mit ihnen spricht, fügt dem Introvertierten geradezu unerträgliche Schmerzen zu. Aus Anstand wagt er allerdings doch das ein oder andere Gespräch, doch steckt darin keine Tiefgründigkeit und seine Haltung ist so distanziert wie möglich. Sätze sind kurz und prägnant, er sucht nach einer guten Ausrede, das Gespräch schnellstmöglich zu beenden. Small Talk ist für ihn ein Graus. Sinnlos genutzte Energie, denn dabei kommt nichts wertvolles zustande. Tiefgreifende, philosophische Unterhaltungen wären angebrachter, werden aber natürlich nicht mit wildfremden Menschen geführt. Man renne also bitte nicht mit einem lauten 'Na wie läuft's denn so' auf den Lippen auf den Introvertierten zu und erwarte eine freundliche und warmherzige Reaktion. Oberste Regel(n): Störe ihn niemals, wenn er liest. Zwinge ihm kein Gespräch auf. Sei nicht gekränkt, wenn er sich ab und zu zurückzieht und fordere ihn nicht andauernd dazu auf, mit dir irgendwo hinzugehen, wo es ihm nicht gefällt.

Beachtet man diese grundlegenden goldenen Regeln, dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Beispiel: Der Introvertierte betritt den Raum. Lass ihn in Ruhe und warte. Er wird sich voraussichtlich ein Buch nehmen oder einen Computer. Dann wird er sich zu dir auf das Sofa setzten und Voilà: Du befindest dich in seinem Hamsterball und verbringst Zeit mit ihm. Ganz einfach. Introvertierte wollen nicht immer alleine sein, aber sie wollen auch nicht dazu gezwungen werden, etwas in Gesellschaft zu unternehmen. Ja richtig! Wir sind auch soziale Geschöpfe. Nur eben anders.

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