Brutalität

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Auf der dunkelsten aller dunklen Dunkelheiten in Form eines dunklen Balles sitzen sie. Die Introvertierten. Dieser dunkelste aller dunklen Dunkelheitsbälle ist ihre Geheimwaffe gegen jede Form von unerwünschten Individuen: Triefender Sarkasmus und brutale Ehrlichkeit.

Gut, um ehrlich zu sein, ist das eher unser Charakter und keine Geheimwaffe. Aber nach genauer Beobachtung hat sich gezeigt, dass es doch durchaus abschreckend auf jene wirkt, die sich gar nicht mit uns befassen wollen [in ungünstigen Fällen wirkt es allerdings auch auf die Menschen abschreckend, mit denen wir sehr wohl etwas zu tun haben wollen würden]. Um die Theatralik also aufrechtzuerhalten und für einen kurzen Moment so zu tun, als wäre das hier ein neuer Science Fiction Thriller der Spitzenklasse, bezeichnen wir es also nicht als Charakterzug sondern als geheimste aller Geheimwaffen.

Diese geheimste aller Geheimwaffen besitzen Introvertierte aus folgendem Grund [oben genannter fällt ja aus bereits erwähnten Gründen aus]: Sie sehen gar nicht ein, dass Ehrlichkeit Menschen verletzen könnte.

Dazu sei gesagt, dass unser Introvertierter sehr wohl auch verarbeiten muss, was ihm in sein Gesicht geknallt wird. Es ist also nicht so, als wären wir die absoluten Meister im Umgang mit Kritik. Allerdings erkennen Introvertierte am Ende immer, dass die andere Partei durchaus die Wahrheit getroffen hat. Es braucht Überlegung, aber wir erkennen es. Gekränkt fühlt man sich daher eher weniger. Reh im Schockzustand - ja. Beleidigte Leberwurst - eher nein.

Zusätzlich haben wir Introvertierte erkannt, dass man am Ende doch immer am weitesten mit der Wahrheit kommt. Egal worum es geht. Heuchelei ist für den armen, sonderbaren Introvertierten eine Erfindung der Neuzeit, die man besser gleich wieder in den Mülleimer entsorgt hätte. Wenn er sich auf Instagram bewegt und unter Posts Kommentare liest wie: "Hübsche", "Sexy", "Heiß" oder "Schönste Frau/ schönster Mann der Welt" dann betrachtet er meist das Bild und fragt sich, was sie meinen. Denn genau die gleichen Personen schreiben das unter noch mindestens zwanzig weitere Fotografien und im besten Falle kennen sie die abgebildeten nicht einmal. Der Introvertierte findet, dass man doch nicht alle Menschen auf der Welt wunderhübsch finden kann. [Man komme jetzt nicht mit der 'aber jeder ist auf seine ganz eigene Art und Weise schön'-Nummer. Ja es zählen die inneren Werte und ja jeder hat einen anderen Geschmack. ABER AM ENDE HAT DOCH TROTZDEM JEDER SEIN EIGENES SCHÖNHEITSIDEAL. Das ist ja völlig normal. UND DESWEGEN FINDE ICH DOCH TROTZDEM NICHT ALLE MÄDCHEN AUF DER WELT HÜBSCH. Hässlich sind sie natürlich auch nicht immer. ABER MANCHE SIND HALT HÜBSCHER ALS ANDERE.] Für den Introvertierten bedeutet hübsch auch nicht im Umkehrschluss, dass er die Person mag. Meistens ist sogar das Gegenteil der Fall. Für ihn sind schöne Menschen meist zu arrogant. [come back Thema come back]

Ein Beispiel für die Ehrlichkeit eines Introvertierten: Er ist mit einer guten Freundin und einem Kumpel [extrovertiert] unterwegs. Und weil Frauen das so gut drauf haben, fragt sie irgendwann, wie sie denn in diesem neuen Kleid aussieht. Der Kumpel zögert keine Sekunde und antwortet etwa sinngemäß: "wunderschön", "bezaubernd", "gut" oder "Das Kleid ist wie für dich gemacht." Das erfreut die Freundin natürlich. Der Introvertierte allerdings findet, dass in diesem Kleid ihr Hintern viel zu breit aussieht. Und weil er so charmant und mit sozialen Fähigkeiten ausgestattet ist, sagt er das auch in etwa genau so.

Natürlich wäre das jetzt netter gegangen. Es wurde ja auch nie gesagt, dass absolute Ehrlichkeit immer der beste Weg ist. Introvertierte merken oft nicht, dass eine schlichte Veränderung in der Wortwahl die ganze Sache etwas taktvoller hätte wirken lassen. Aber immerhin haben sie die Wahrheit gesagt und müssen sich nicht mehr eine Woche später vorwerfen lassen [wie es dem Kumpel ergeht], dass sie die Freundin nicht gewarnt hätten, dass manch einer das Kleid eventuell nicht ganz so toll findet.

Allerdings ist die Freundin bis dahin erst einmal sauer. Der Introvertierte hat jetzt natürlich wieder aus seinen Fehlern gelernt, denn er möchte nicht unsozial und unhöflich wirken [was die Klischeesuchmaschine ihm allerdings immer wieder an den Kopf wirft].

Die Weiterentwicklung der brutalen Ehrlichkeit ist daher der triefende Sarkasmus, der derart trocken übermittelt wird, dass nur wahre Freunde [und andere Introvertierte] ihn als solches wahrnehmen. Auf Fremde und flüchtige Bekanntschaften wirkt es daher oft als eher skurrile und nicht zu gebrauchende Antwort auf eine Frage. In unserem Beispiel hätte der Introvertierte jetzt also so etwas gesagt wie: "Also ich finde das Kleid GIGANTISCH." Er hat nicht direkt gesagt, dass es dick macht, aber verschwiegen hat er es auch nicht.

Der Introvertierte setzt den Sarkasmus allerdings nicht immer so versteckt ein. Manchmal betont er ihn in galaktischen Maßen, um eine andere Person darauf aufmerksam zu machen, dass beispielsweise ein Gespräch nicht gewünscht oder ein Rat nicht erforderlich ist.

Manchmal benutzt er ihn aber auch einfach nur, weil es ihm Spaß macht.

Und dabei ist Humor etwas, was Introvertierte nach allgemeiner Meinung gar nicht zu besitzen scheinen.

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