Schallschutz

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"Hallo."

Es vergehen Sekunden.

"Hallo?"

Weitere Sekunden vergehen.

"Haalloo!"

Die Sekunden vergehen energischer.

"HAAAAAAALLLLLLLOOOOOO!!!!"

Endlich nimmt der Introvertierte Notiz von einem schreienden Etwas direkt neben ihm, das versucht hat, gegen seine Kopfhörer anzubrüllen. [hoffnungsloser Fall - mal so ganz nebenbei erwähnt] Der Introvertierte hat das beste Modell eine Kopfhörers, das es derzeit auf dem Markt gibt. Er nennt es 'Schallschutz auf höchstem Niveau'. [übrigens hat er dafür natürlich kein Geld ausgegeben, sonder ganz elegant einen teuren Geburtstagswunsch geäußert] Auf jeden Fall hält er sich damit ungewünschten Small Talk vom Leib, um nicht unnötig Energie aufbringen zu müssen. Spricht ihn nun jemand an, dann hört er es entweder nicht, oder er deutet ganz demonstrativ auf seine Kopfhörer und dreht sich achselzuckend weg.

*Tip tip tip*

Der Introvertierte hat dem schreienden Etwas klargemacht, dass er es nicht hören kann. Für ihn ist das Problem nun gelöst.

Aber natürlich hat der Introvertierte die Kopfhörer nicht nur auf, um Gespräche von sich fern zu halten. Das ist nur ein äußerst positiver Nebeneffekt. Viel wichtiger ist der eigentliche Hauptzweck von Kopfhörern: Musik hören.

'Musik ist mein Leben.' Das sagt vermutlich jedes dritte Insta-Mädl [das mit vierzehn schon so viel Schreckliches erlebt hat und gar nicht mehr weiß, ob sich das Leben noch zu leben lohnt] mindestens einmal am Tag. Die meisten davon spielen irgendein Instrument auf mittlerer Stufe und das einmal die Woche. Dann meinen sie, ohne Musik könnten sie nicht leben.

Das meint der Introvertierte nicht. Aber der Satz trifft auf ihn trotzdem ganz gut zu.

Ein Introvertierter hat nicht einfach nur eine Playlist. Nein. Er hat so an die vierhundertneunundvierzig, um idealerweise jede mögliche Gefühlslage mit Musik abdecken zu können.

Das meine ich ernst.

Ein Introvertierter kann nicht einfach immer wieder die gleiche Musik hören. Das passt nicht immer zu seiner Stimmung. Niemand kann morgens völlig verschlafen die 'Ich bin gerade stink-sauer-Playlist' hören. Oder abends bei extrem ausgeprägter guter Laune die 'Ich habe mittelmäßig gute Laune-Playlist'. Oder sogar noch schlimmer: Die 'Manchmal muss man einfach weinen-Playlist' hören, wenn er sich eigentlich so fühlt, als müsse er immer weinen. Nicht nur manchmal.

Demzufolge kann ein Introvertierter viele wertvolle Stunden seines Lebens äußerst sinnvoll damit verbringen, Millionen von Playlisten zu erstellen, für den Fall, dass ihn genau diese eine spezifische Emotion einmal überkommt.

Allerdings unterliegen diese Playlists einem ständigen Wandel. Oder zumindest müssten sie das. Denn der Introvertierte ist auch schnell einmal von einem Lied schlicht und einfach genervt. Und mit genervt meine ich, er kann es absolut nicht mehr hören, weil es ihm nur noch so dermaßen auf die Dusel geht, dass er es am liebsten töten würde. Und da man ein Lied nicht töten kann, ist der Introvertierte dann so dermaßen frustriert, dass er die 'Ich bin gerade zu Tode frustriert-Playlist' herauskamen muss - und das will niemand.

Also müsste der Introvertierte seine vierhundertneunundvierzig Playlisten regelmäßig darauf überprüfen, dass sie keine Songs enthalten, die ihn - wie auf oben beschriebene Art und Weise - frustrieren.

Das macht er aber nicht.

Er ist schließlich viel zu faul dafür.

Stattdessen erweitert er sein Playlistrepertoire - ständig.

Das führt dazu, dass er nun nicht mehr vierhundertneunundvierzig Playlisten hat, sondern viertausendvierhundertneunundvierzig.

Das nervt ihn übrigens. Und wir wissen alle, was passiert, wenn er genervt ist. ['Ich bin gerade zu Tode frustriert-Playlist'] Um das ebenfalls zu vermeiden, löscht der Introvertierte in einer Nacht und Nebel Aktion seine gesamten Musiksammlungen.

Am nächsten Morgen bricht er dann völlig am Boden zerstört zusammen, weil er doch nun gar nicht mehr weiß, was sein Lieblingslied von vor vier Jahren war. Doch er erholt sich über den Tag hinweg langsam wieder und am Abend findet er sich dann auf seinem Sofa wieder - mit brandneuen, glänzenden und frisch polierten fünfundzwanzig Playlisten.

Was bringt dieses Wissen nun aber dem Besitzer des Introvertierten?

Ganz einfach: Man werfe einen Blick auf die Playlist, die der Introvertierte gerade auf Dauerschleife hört. Daraus kann man auf die aktuelle Gefühlslage, Wünsche, Hoffnungen, Träume und Ängste schließen und seinem Introvertierten so die best mögliche Pflege zukommen lassen.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heu... Warte mal kurz! Da fehlt doch noch was:

Jetzt wurde in diesem Buch so viel über die Probleme von Introvertierten gesprochen, die einfach von der Außenwelt nicht verstanden werden. Aber ausgelassen wurden all jene Probleme der Außenwelt, die wir Introvertierte absolut nicht nachvollziehen können. Da muss doch was getan werden.

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