10. Türchen

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„Der Schnee wird immer schlimmer", stellte ich fest und versuchte durch den starken Schneefall draußen irgendetwas zu erkennen. Mittlerweile hatte selbst der Schneedienst aufgegeben, zu versuchen, die Straßen zu räumen, sodass nicht einmal mehr irgendwelche Autos unterwegs waren. Es war kurz nach zwanzig Uhr und ich fühlte mich schon mehr als bereit ins Bett zu gehen, aber bei diesem Wetter konnte ich Asher nicht mit gutem Gewissen rausschicken.

„Wenn du möchtest, kannst du hier übernachten", bot ich ihm also an und deutete auf das Sofa, auf dem er ohnehin schon flackte, als wäre es seins.

Seltsamerweise störte mich seine Anwesenheit nicht, obwohl wir mittlerweile schon vier Stunden in meiner kleinen Wohnung aufeinander saßen. Asher war ein angenehmer Zeitgenosse. Er redete nicht zu viel und wenn dann nur wirklich interessantes und am aller wichtigsten: er brachte mich zum lachen und das sogar scheinbar mühelos.

Auch, dass er sich auf meinem Sofa ausbreitete, als wäre er der einzige, der darauf saß, störte mich kaum.

Asher warf ebenfalls einen prüfenden Blick aus dem Fenster und nickte dann zögerlich, ehe er leise seufzte.

„Wenn das für dich in Ordnung ist."

Ich nickte müde und konnte mir nur knapp ein Gähnen verkneifen. „Ich hole dir eine Decke und ein Kopfkissen."

Als ich wenige Minuten später wieder zurück ins Wohnzimmer trat und Asher darauf hinweisen wollte, dass ich leider nur ein recht kleines Kopfkissen hatte, klingelte im selben Augenblick sein Handy. Der schrille Ton ließ mich verschreckt zusammenzucken und vertrieb etwas meine Müdigkeit. Asher warf mir kurz einen entschuldigenden Blick zu, ehe er das Telefonat annahm und dafür extra vom Sofa aufstand und an das Fenster herantrat, um wohl etwas Privatsphäre zu haben.

Ich wollte meinen Gast nicht belauschen, weshalb ich derweil Decke und Kissen aufs Sofa legte und dann begann den Wohnzimmertisch etwas abzuräumen und die leeren Teetassen und die verbliebenen Plätzchenkrümel zu verräumen. Auch in meiner Küche sorgte ich wieder für Ordnung und spekulierte gleichzeitig, was wir noch essen konnten. Wir hatten noch nichts zu Abend gegessen und aus meinem Hunger heraus schloss ich darauf, dass auch Asher Hunger haben musste, wodurch ich meinen Kühlschrank nach einer Idee durchsuchte.

„Hey, mein Spatz!", hallte plötzlich fröhlich an mein Ohr und lockte damit meine Aufmerksamkeit doch auf Asher und sein Telefonat. „Solltest du nicht schon im Bett liegen?", hinterfragte er mit tadelndem Tonfall und begann auf die Antwort, die wohl darauf folgte, zu lachen.

„Das hab ich doch versprochen. Du gehst morgen noch mit Mama zum Arzt und danach holt Papa dich gleich ab", strahlte Asher und verwirrte mich damit ungemein. Mama? Papa? Telefonierte er mit einem Kind? Seiner vereinfachten Sprache nach zu urteilen war es naheliegend.

„Und jetzt ab ins Bett, damit du morgen fit bist", orderte Asher zwar lachend, aber gleichzeitig mit strengem Unterton. „Ich hab dich auch lieb! Schlaf gut und träum von Papa", verabschiedete Asher sich und lauschte offenbar noch einen Moment, ehe er sein Handy wieder von seinem Ohr entfernte.

Eigentlich wollte ich ihn fragen, was er essen wollte, aber als ich ihn beobachtete, wie er noch einen Moment lächelnd auf sein Smartphone sah, blieben mir die Worte irgendwie im Hals stecken. Er sah so glücklich aus, dass seine Freude selbst mir ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

„Papa Asher?", schmunzelte ich, als er sein Handy wieder wegsteckte und erntete damit ein heiseres Lachen.

„Jep, Papa Asher", bestätigte er mir und ließ sich wieder aufs Sofa fallen.

„Hast du Hunger? Ich habe nicht viel da, aber wir wärs mit Nudeln mit Käsesahnesoße?"
Asher sah daraufhin sofort auf und begann energisch zu nicken.

„Ich wollte nichts sagen.", lachte er dann und erhob sich vom Sofa, um zu mir in die Küche zu kommen, „Immerhin lässt du mich schon auf deiner Couch übernachten, aber ich könnte ein ganzes Pferd fressen, so Hunger habe ich." Seine Augen glänzten dabei glücklich und voller Tatendrang fragte er gleich nach, ob er mir helfen konnte.

Während er sich dann um die Nudeln kümmerte, bereitete ich die Soße zu.

„Du hättest also einfach nichts gesagt?", fragte ich, während Asher mit großen Augen den Nudeln beim kochen zu sah.

„Ich hätte es einfach bis morgen früh durchgestanden und hätte dann einen Bäcker geplündert", beichtete er und grinste mich dabei mit einem schelmischen Ausdruck in den Augen an.

„Dass du denkst, dass es hier nichtmal Frühstück gibt, stimmt mich irgendwie traurig. Bin ich so ein schlechter Gastgeber?"

Asher begann daraufhin lauthals zu lachen und schüttelte einfach nur den Kopf.

Wenige Zeit später saßen wir dann an meiner Kücheninsel und schlugen uns die Bäuche voll, während eine angenehme Stille zwischen uns herrschte, die ich dauerhaft überlegte zu brechen. Ich wollte ihn nach Papa Asher fragen und wie es dazu kam, dass er offenbar Vater war, wo er doch anscheinend erst vor kurzem mit Harvey Schluss gemacht hatte.

„Papa Asher also?", tastete ich mich schlussendlich vorsichtig an das Thema heran. Meine Neugier hätte mich wahrscheinlich heute Nacht kein Auge zumachen lassen, wenn ich keine Antwort darauf bekommen hätte, obwohl Asher nur einen Raum weiter auf meinem Sofa lag.

Asher nickte, kaute ruhig zu Ende und lächelte, ehe er mir antwortete.

„Ja, ich habe einen Sohn. Sean. Er ist fünf und ein absoluter Engel." Ein stolzes Lächeln legte sich auf Ashers Lippen, wodurch man ihm deutlich ansah, wie sehr er seinen Sohn liebte.

„Wie kommst du zu einem Sohn? Bist du nicht schwul?", platzte es aus mir heraus, bevor ich über meine Worte nachdenken konnte und biss mir im nächsten Moment auf die Zunge. „Sorry, das war unhöflich", fügte ich kleinlaut hinzu, doch Asher zuckte nur unbeteiligt mit den Schultern.

„Ich bin bi und steh da auch offen dazu und wie ich zu einem Sohn gekommen bin? Naja, ich weiß nicht, ob deine Eltern dir das mit Bienchen und Blümchen erklärt haben, aber das-" „Ich weiß, wie das funktioniert", unterbrach ich ihn gleich kichernd, bevor er noch weiterreden konnte und mir zum Schluss noch die Zeugung seines Sohnes im Detail erzählte.

„Damals im Hei-" Ich stockte, als ich bemerkte, was ich gerade im Begriff war zu sagen. „Ja, ich weiß, wie das funktioniert", bestätigte ich ihm dann lediglich und war froh, als er daraufhin einfach nur nickte.

„Gut, es wäre echt seltsam gewesen, wenn ich dir das erklären müsste", schmunzelte Asher und schob sich wieder eine volle Gabel in den Mund. „Aber um deine Frage zu beantworten", nuschelte er mit vollem Mund und schluckte Gott sei Dank bevor er weiterredete. „Seans Mutter, Sue, war damals meine Freundin. Wir waren gut ein Jahr zusammen, als sie schwanger geworden ist." Asher seufzte. „Sie hat damals ohne mir etwas zu sagen ihre Pille abgesetzt hat und schwups, einmal nicht direkt an das Kondom gedacht und schon hat man so einen Quälgeist." Asher begann zu lachen, was nach dieser Aussage etwas skurril war. Gerade am Telefon hatte er noch so liebevoll mit seinem Sohn geredet, dass das überhaupt nicht zusammenpasste.

„Nein, Spaß", löste er im gleichen Moment noch auf, als er offenbar meinen irritierten Blick gesehen hatte. „Ich liebe meinen Sohn über alles, aber das Verhältnis zwischen Sue und mir ist heute noch immer etwas angespannt." Er zuckte mit den Schultern, als wäre es keine große Sache und begann wieder weiter zu essen.

„Harvey habe ich tatsächlich durch Sean kennengelernt. Er ist sein Erzieher im Kindergarten", erzählte Asher mir dann.

„Kennen und lieben gelernt", schmunzelte ich daraufhin, immerhin waren die beiden ja in einer Beziehung, doch Asher verzog einen kurzen Moment das Gesicht. Wirklich nur ganz kurz, aber mir war es dennoch nicht entgangen.

„Nur kennengelernt?", korrigierte ich meine Worte mit einem deutlichen Fragezeichen am Ende und zog überrascht die Augenbrauen nach oben, als Asher nickte.

„Liebe war da keine. Beziehungsweise– Nein, eigentlich will ich gar nicht über meinen Exfreund reden." Asher schüttelte den Kopf und ich nickte verständnisvoll, obwohl ich beinahe vor Neugier platzte. Es war schon frech, dass er es so anteaserte und dann nicht weiterredete, aber ich konnte gut verstehen, warum er das nicht wollte.
Wir kannten uns immerhin noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden und er war zu Beginn auch noch davon ausgegangen, dass Harvey und ich auf einem Date waren.

„Du würdest mich viel eher interessieren. Wer ist Irwin?", fragte er grinsend und sah mir mit leuchtenden Augen entgegen, als er sich abermals eine vollgeladene Gabel Nudeln in den Rachen schob.

Ich zuckte jedoch nur mit den Schultern. „Ich bin Irwin. Ich arbeite bei einer Bank und... ich besitze meine eigene Wohnung."

Asher sah mir weiterhin abwartend entgegen, bis er offenbar bemerkte, dass nicht mehr mehr von mir kommen würde und richtete sich dann überrascht etwas auf.

„Das wars?"

„Ja." Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. Mehr gab es über mich nicht zu wissen.

Asher verzog unbegeistert das Gesicht und schüttelte leicht den Kopf. „Und du magst keine Plätzchen, aber Karamellkaffee. Du trinkst offenbar einfach nur so lieber Hafermilch, denn so wie du die Käsesahnesoße verputzt, kannst du keine Laktoseintoleranz haben und der Süßigkeitenschüssel auf deinem Wohnzimmertisch nach zu urteilen, bist du generell eher die Naschkatze. Wodurch ich es irgendwie doch etwas beängstigend finde, dass du keine Plätzchen magst, aber gut, jedem das seine. Du wohnst offensichtlich alleine und du hast ziemlich sicher keine Freundin. Und wenn, dann zumindest noch nicht allzu lange. Dabei schließe ich nach deiner Reaktion heute aus, dass du schwul bist, aber vielleicht bi? Und auf den Fotos da ist wahrscheinlich deine Schwester oder Cousine oder so. Außerdem bist du kein großer Koch und dem mageren Inhalt deines Kühlschranks nach auch kein großer Einkäufer. Oh, und du bist kein Fan von Schnee."

„Uh..." Mehr konnte ich im ersten Moment nicht darauf erwidern. Woher wusste er das alles? Konnte er das alles nach den wenigen Stunden, die wir uns nun kannten, einfach so sagen?

Irgendwie gruselig. An wen war ich da nur geraten? Wen hatte ich mir da in die Wohnung geholt?

„Korrekt, oder?", grinste Asher stolz und schob seinen leeren Teller zufrieden von sich.

„Naja... fast."

„Wo lag ich falsch?", fragte er interessiert nach und stützte dafür seine Ellenbogen auf die Tischplatte und lehnte sich ein wenig in meine Richtung.

„Also, ja, ich trinke tatsächlich einfach nur lieber Hafermilch, das stimmt. Und ich habe keine Freundin, das stimmt auch, aber wir kommst du darauf? Woran hast du das festgemacht?", fragte ich irritiert.

Asher begann breit zu grinsen. „An deiner Wohnung sieht man eindeutig, dass es hier keinen weiblichen Einfluss gibt. Keine Zierkissen, keine Dekoration. Du hast nicht einmal Vorhänge. Außerdem ist dein Bad ein richtiges Männerbad. Duschgel für Körper und Haare, nur eine Zahnbürste, weit und breit kein Haargummi oder eine Haarklammer, kein Mülleimer. Soll ich weitermachen?"

Perplex schüttelte ich nur den Kopf. Ich verstand, worauf er hinauswollte.

„Und wie kommst du bitte darauf, dass ich kein großer Koch bin? Das Essen schmeckt doch, oder nicht?"

Das brachte meinen Gast zum lachen und als er grinsend vom Hocker rutschte und ungeniert meine Gewürzschublade aufzog, konnte ich schon fast erahnen, worauf er hinauswollte.

„Jemand, der drei verschiedene Gewürze besitzt, wovon zwei allein schon Salz und Pfeffer sind, kann sich selbst nicht Koch nennen, Irwin."

Seine Ernsthaftigkeit, der man deutlich ansehen konnte, dass er sich das Lachen verkneifen musste, brachte mich zum lachen. Da musste ich ihm tatsächlich Recht geben. Das hatte er wirklich gut beobachtet.

„Ok. Du hast also keine Freundin", fing Asher an und setzte sich wieder zu mir an den Tisch. „Trotzdem schließe ich immer noch aus, dass du schwul bist, deswegen tippe ich auf bi. Zwar würde deine Reaktion heute dagegen sprechen, aber andererseits würde kein Mann einfach so über einen längeren Zeitraum hinweg mit einem anderen Mann Händchen halten." Die Sicherheit in seiner Stimme ließ mich beinahe lügen, nur damit das eingebildete Grinsen von seinen Lippen verschwand, aber gleichzeitig genoss ich es irgendwie mit ihm. Dieses Gespräch war überraschend unterhaltsam, obwohl mir seine Aussage Hitze ins Gesicht lockte, sodass ich mir sicher war, dass meine Wangen rot sein mussten.

„Ja, das stimmt", bestätigte ich ihm also und räusperte mich leise. Ob er von meinen wirren Gedanken heute etwas bemerkt hatte? Konnte er sich vielleicht sogar denken, warum ich ihn so abrupt von mir gestoßen hatte?
Ich schluckte angestrengt. Hoffentlich nicht.

„Da wird sich Harvey freuen", schmunzelte Asher und ließ mich damit irritiert aufsehen. Die Röte war augenblicklich aus meinen Wangen gewichen und ich musste jetzt ziemlich sicher kreidebleich sein, während ich versuchte zu verstehen, warum Asher so von seinem Exfreund redete.

„Harvey ist mein Nachbar", murmelte ich und zog skeptisch die Augenbrauen zusammen. „Nur mein Nachbar", betonte ich.

„Ja, noch", antwortete Asher daraufhin gelassen und begann dann ungefragt den Tisch abzuräumen. „Ich wäre jetzt echt bereit fürs Bett. Du hast nicht zufällig eine unbenutzte Zahnbürste da?"

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