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„Isa oder Bella, ich muss dich mal was fragen."

Ich wische mir mit dem Handrücken den Milchbart über der Lippe weg und nicke. „Schieß los."

Wir sitzen barfuß am See, sind gerade aufgestanden und lassen die Füße im Wasser baumeln, während wir Butterbrote essen und Milch trinken.

„Es gibt da...ein paar Sachen", setzt er vorsichtig an. Wartend sehe ich ihn an, aber er spricht nicht weiter.

„Was für Sachen?", hake ich nach.

Ihm fällt es sichtlich schwer, darüber zu reden. Das merke ich ihm an. „Na ja, du hast doch gestern gesagt, ich sollte hierüber ein Buch schreiben. Über unsere Reise, richtig?"

„Jaaah?"

David kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Es gibt ein paar Dinge, die ich gerne...die ich gerne machen würde."

Langsam klingelt es bei mir. Eine Gänsehaut überkommt mich und meine Nase beginnt zu kribbeln, aber ich lasse nicht zu, dass mir Tränen in die Augen steigen und blinzele schnell. „Du meinst, Dinge die du gerne noch machen würdest. Bevor-"

„Genau", schneidet er mir das Wort ab. „Ich will keine bescheuerte Liste, weil ich noch nicht sterbe, da bin ich mir – sagen wir – zu fünfundachtzig Prozent sicher. Aber ich hab mir ein bisschen was vorgenommen. Weil dieser scheiß Tumor mir klargemacht hat, dass ich einiges aufzuholen und zu erledigen habe. Ich weiß, dass ich nicht alles schaffen werde, aber ich glaube, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt ist, damit anzufangen."

Prüfend mustere ich ihn und kaue nachdenklich auf der Innenseite meiner Lippe. Ich weiß nicht, ob ich ihm das abkaufen kann. Dieses „Ich sterbe noch nicht". Und da er sich dessen nicht mal zu neunzig Prozent sicher ist, glaubt er es vermutlich nicht mal selbst so recht.

Egal. Ich hab gesagt, dass ich dabei bin. Ich hab gesagt, dass ich ihn nicht im Stich lasse. Und wenn er nun vorhat, in Las Vegas zu heiraten, sich ein Tattoo auf die Stirn stechen zu lassen oder auf den höchsten Berg der Welt zu klettern, dann werde ich ihn nicht davon abhalten. Obwohl ich Bergsteigen hasse.

„Das war zu früh, oder?"

Das Gesicht unbeeindruckt verziehend schüttele ich den Kopf. „Wir haben uns wie lange gekannt, als du mir gesagt hast, dass du Krebs hast? Das Tempo bin ich mittlerweile gewohnt."

Erleichtert nickt er und sieht über den See hinweg. „Ich will etwas schaffen, Isa."

Überrascht sehe ich ihn an. „Du willst etwas schaffen? So was wie ein Baby?"

Lachend winkt er ab. „Himmel nein, ich bin zu fünfzehn Prozent am verrecken. Das will ich meinem Kind nicht antun."

„Du stirbst nicht", sage ich entschieden und plötzlich bin ich viel überzeugter davon als er. Zumindest klinge ich so.

„Ja, ich weiß", sagt er leise.

„Was meinst du dann?", frage ich, um zu verhindern, dass wir in ein seltsames, trauriges Schweigen abrutschen.

„Ich will ein Buch schreiben. Ich glaube, das will ich wirklich."

Ich hebe meine Hand, er gibt mir wortlos einen High Five. „Das unterstütze ich."

„Ein Baby hättest du nicht unterstützt?", fragt er grinsend.

„Kommt drauf an, inwieweit ich in die Zeugung involviert gewesen wäre."

Er zuckt mit den Schultern. „Da gäbe es viele Möglichkeiten."

Spielerisch boxe ich ihn in die Seite. „Ich will noch kein Kind. Ich bin selbst noch eins."

Grinsend nickt er, doch plötzlich verzieht er das Gesicht und schließt die Augen.

„Alles okay?", frage ich besorgt.

„Ja", murmelt er. „Nicht so schlimm. Kannst du mir meine Tabletten aus dem Zelt holen?"

Beginnt es schon jetzt? Die Zeit, in der es schlechter wird? In der es ihm langsam beschissener geht? Die Zeit, in der immer mehr schmerzhafte Tage dazukommen?

Als ich mich aufrichte und zum Zelt haste, stolpere ich fast über meine eigenen Füße.

„Reicht eine?", rufe ich, meine Stimme zittert Gott sei Dank nur ein ganz kleines bisschen.

Es geht ihm gut. Er stirbt nicht. Es geht ihm gut, Isa.

„Ja", antwortet er seltsam dumpf. Fahrig greife ich nach einer Flasche Wasser, klettere aus dem Zelt und eile zurück zu ihm. Er schluckt die Pille ohne weiteres, dann lässt er sich auf den Boden sinken und überkreuzt seine Unterarme über Stirn und Augen.

Hilflos lege ich meine Hand auf sein Knie und warte.


David verschläft den halben Tag. Am späten Nachmittag wacht er auf, blinzelt einen Moment verwirrt und dann stöhnt er leise auf.

„Wie spät ist es", fragt er, seine Stimme kratzt.

Ich sehe auf mein Handy. „Fünf."

Er neigt den Kopf in meine Richtung und schenkt mir einen entschuldigenden Blick. „Du hast die ganze Zeit neben mir gesessen, oder?"

Unsicher nicke ich. Nur einmal bin ich aufgestanden, weil ich pinkeln musste und selbst in dieser kurzen Zeit hatte ich furchtbare Angst, dass irgendwas passiert. Dabei hat er ja nur geschlafen.

„Das Zeug macht mich immer extrem müde. Hätte ich dir sagen sollen, entschuldige bitte."

„Macht nichts", lüge ich. Es war nicht schlimm, dass er mir das nicht gesagt hat und es war auch nicht schlimm, dass diese Medikamente ihn schläfrig machen. Ehrlich gesagt habe ich, als ich vom Pinkeln zurückgekommen bin, den Beipackzettel mitgenommen und da stand gleich zu Beginn der aufgelisteten Nebenwirkungen, dass das Zeug ruhigstellt, ermüdet und benommen macht.

Aber es war schlimm, weil ich nichts tun konnte. Weil ich ihm nicht helfen konnte. Und das werde ich auch in Zukunft nicht können, wenn es ihm wieder schlecht geht oder wenn er irgendwann...

Ich kann ihm den Scheißkrebs nicht abnehmen, so sehr ich mir das auch wünsche, obwohl wir uns erst seit wenigen Tagen wieder gefunden haben.

„Du hast dich erschreckt, oder?", fragt er. Wieder nicke ich, weil ich einen Frosch im Hals habe, der einfach nicht weggehen will.

Er macht Anstalten, sich aufsetzen zu wollen, entscheidet sich aber schnell um und legt stattdessen eine Hand auf meinen Oberschenkel. Ich hoffe, dass meine Berührung ihm vorhin auch ein bisschen helfen konnte. Genau so, wie seine es jetzt kann.

Bis zum Abend nickt David noch ein paar Mal ein. Ich kümmere mich um unser Abendessen, das heute aus über dem Feuer, das ich erstaunlicherweise ebenfalls alleine zustande bringe, erwärmten Dosen-Ravioli besteht. Meine Papa würde vermutlich weinend die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber ich kann damit leben und als David aufwacht und ich ihm eine Schüssel mit viel Käse bringe, wirkt auch er zufrieden.

Er isst nicht viel, aber er isst. Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich ihn verstohlen von der Seite beobachte. Dann richte ich meinen Blick schnell wieder auf die Nudeln, weil ich genau weiß, dass er das merkt.

„Irgendwie war der Tag heute ziemlich für' n Arsch", bemerkt er nach einer Weile, in der das einzige Geräusch das Knistern des Feuers und unser Kauen war.

„Macht nichts", lächele ich, obwohl mir immer noch nicht zum Lächeln zumute ist.

Er stupst mich mit seiner Schulter an. „Du hast das toll gemacht."

Schulterzuckend spüre ich, wie ich rot werde. Sieht man zum Glück nicht in dem spärlichen Licht. „Gab ja nicht viel, was ich hätte tun können."

Ernst sieht er mich an. „Du bist geblieben, Bella. Du bist nicht weg gelaufen, du hast mir mein Zeug geholt und ich weiß ganz genau, dass du keine Sekunde von meiner Seite gewichen bist, sofern das möglich war." Ein kleines Lächeln hebt seinen einen Wundwinkel an. „Du hast mich nicht allein gelassen."

Überfordert mit so viel Lob streiche ich mir meine Haare aus der Stirn, ziehe meine Knie an die Brust und lege mein Kinn auf ihnen ab. „Gern geschehen", sage ich und erstaunlicherweise war das diesmal keine Lüge.

Ich war gern an seiner Seite. Etwas anderes wäre für mich gar nicht in Frage gekommen.

Davids Hand legt sich kurz auf meinen Rücken, wo er kurz über meinen Pulli streicht, als wüsste er nicht, was er sonst tun soll. Als würde er sich nicht trauen, mich an sich zu ziehen und zu umarmen.

„Nimms mir nicht übel, aber ich bin heute zu nichts mehr zu gebrauchen. Ich geh nochmal schnell pinkeln und geh dann schlafen, okay?"


Als ich aufwache, ist es mitten in der Nacht. Das Feuer glüht nur noch leise vor sich hin und mir ist kalt. Ich muss hier draußen eingeschlafen sein. Gähnend rappele ich mich auf, schleppe mich zum Zelt und ziehe leise den Reißverschluss auf.

Mir bleibt fast das Herz stehen, als ich Davids leeren Schlafsack sehe.

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