4- "Hörst du das auch?"

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✥✥✥ 

 Wir ließen Sebassi keine Zeit, um zu bemerken, dass ihm ein Schlüssel fehlte. Das Knarzen unserer Zellentüren klang wie ein Warnruf in meinen Ohren, als wir im Halbdunkel des Gewölbes zu den Lichtschächten huschten. Kühle Luft von der Straße schwappte zu uns herunter und sandte eine Gänsehaut über meine Arme.

„Eigentlich müssten Gitter verhindern, dass irgendjemand durch die Öffnungen ins Innere des Hauses kommt", erklärte Calean gedämpft, einen prüfenden Blick den Schacht hinauf werfend, „Aber wenn das Mädchen es herunter geschafft hat-..."
Er ließ den Satz unvollendet in der Luft hängen und lief stattdessen zu der benachbarten Lücke in der Wand hinunter und besah sie sich genauer.

Selbst im flackernden Licht der einzelnen Kerze, die man uns hiergelassen hatte, sah ich seine Gehirnzellen arbeiten. Er hatte die Lippen fest aufeinandergepresst, als er von einer Wandöffnung zur Nächsten lief.

„Was ist das Problem?" Unruhig verlagerte ich das Gewicht von einem Fuß auf den anderen und wieder zurück. Ich wollte hier raus. Die Erinnerungen an Garcy, rüttelten an meinem selbstgefertigten Gefängnis und drohten mich jeden Moment einzuholen. Die Möglichkeit, sie bald wiederzusehen, hatte sie aufgeweckt und bestärkt. Auch wenn ich meine Konzentration mehr brauchte denn je.
Wir wollten nicht vor lauter Nervosität das ganze Haus schweben lassen. Also noch nicht...

„In der Trainingshalle hatte es acht Lichtschächte gegeben." Caleans Schritte wurden mit jedem Schacht, den der ablief, energischer. Seine Laune fiel und ich sah dabei zu, wie er über seine eigenen Hoffnungen stolperte.

„Und?"

Er schoss einen verärgerten Blick über seine Schulter, da er vergessen hatte, dass mir diese Begriffe nicht unbedingt etwas sagten.
„Hier unten sind nur fünf. Das heißt drei Stück reichen nicht bis zu uns hinunter."

Aber der mit dem kaputten Gitter schon. Calean hatte schließlich exakt das überprüft, als er mich mittags mit dem Wunschdompteur alleine hatte streiten lassen. Was nur bedeuten konnte...
„Du weißt nicht, welcher der Richtige ist."

Ärger huschte über seine kantigen Züge, aber er nickte.
„Und ich kann von hier unten nicht gegen den Nachthimmel sehen, wem ein Gitter fehlt." Geschlagen ließ sich Calean gegen eine der erdigen Wände sacken und fuhr sich durch die braunen Haare.

Ich biss mir auf die Unterlippe. Wir konnten nicht aufhören. Die Chance, das Sebassi seinen Schlüssel noch einmal ‚verlieren' würde, war nicht existent. Und wenn er herausfand, dass ich ihn gestohlen hatte, würden wir nie wieder aus den Zellen gelassen.
„Fein", ich baute mich vor Calean auf, „Zwischen uns und der Trainingshalle liegen noch die Lagerräume. Ich hebe uns einfach auf ihre Höhe hoch und wir sehen, ob du von dort aus erkennst, welcher der kaputte Schacht ist."

Seine grauen Augen hielten meinen Blick gerade so lange, dass mir seine Worte wieder zurück in den Sinn kamen. ‚Ich könnte dich küssen.'
Mehr brauchte es auch nicht, dass die Hitze in meine Wangen zurückkehrte und ich eilig von ihm weg stolperte, ehe er jeden Buchstaben in meinem Gesicht las. Konzentration!

„Gut." Er stieß sich von der Wand ab, als wisse er von nichts.
„Dann lasse ich dir freie Transport-Weg-Wahl." Mit einer spöttischen Verbeugung deutete er auf die fünf identischen Löcher in der Wand.

„Wie großzügig." Lächelnd lief ich auf das in der Mitte zu und sah nach oben. Glatte Wände würden es unmöglich machen, ohne meine Kräfte da hochzukommen, wo ich bereits die Sterne im winterlichen Himmel blinken sah.

Mit einem leisen Seufzen lockerte ich den eisernen Griff um die Schwerkraft und ließ sie widerwillig los. Sofort hob sich der Staub zu meinen Füßen in die Luft. Meine Haare in einen Zopf bindend, stieg ich in die Öffnung.
„Bleib dicht bei mir. Ich will meinen Radius nicht so weit erweitern müssen, dass es noch jemandem auffällt." (Oder er ein Körperteil verlor.)

„Darauf kannst du wetten", murrte Calean hinter mir und half mir ein Stück nach oben, damit ich mich in dem schmalen Schacht festklemmen konnte, „Ich habe keine Lust zwei Mal an einem Tag aus größerer Höhe zu fallen."

Den Rücken und die Füße gegen die kalten Wände gepresst, robbten wir nach oben. Dank meiner Fähigkeit war es nicht so schwer, wie es aussah, aber das schleifende Geräusch unserer Bewegung hallte laut durch den Gang, dass ich jedes Mal die Zähne zusammenbiss. Wir würden das ganze Haus wecken, bei dem Krach.

Selbst wenn wir langsamer wurden- und wir waren zu langsam für meine angespannten Nerven- grenzte es für mich an ein Wunder, dass niemand nachgesehen kam, was hier vor sich ging.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir das nächste Loch in unserem Schacht, das, wie zu erwarten, in die Lagerräume führten. Keine Kerze erhellte die verteilten Kisten und Koffer, die jemand wahllos übereinandergestapelt hatte. Sie erhoben sich bis zur Decke und erschufen ein förmliches Labyrinth, aus dessen Inneren leise Stimmen wisperten.

Meine Nackenhaare stellten sich bei ihren unverständlichen Worten auf und ich drängte mich näher an Calean heran, der damit kämpfte ebenfalls aus dem Schacht zu klettern.
Als er sich endlich aufgerichtet hatte, musterte er die Aneinanderreihung von Lichtschächten genauso ärgerlich wie Miss Kent die schlechte Mitarbeit von Garcy.

„Und? Was sagt dein rechnerisches Genie über unsere Ausbruchschancen?", versuchte ich, ihn aus seiner Beobachtung zu locken.

„Dass Fünf plus zwei Neue leider nicht Acht ergibt."

„Das heißt, du weißt es immer noch nicht?" Ich war verlockt, einen merkwürdig zusammengeflickten Ball in Richtung des Kisten-Labyrinths zu kicken, beherrschte mich im letzten Moment aber.
Das konnte doch nicht wahr sein. Ich wollte einfach nur hier raus. Das hier war nicht Tenur oder sonst irgendein Hoch-Sicherheits-Zirkus.

Im Hintergrund schwoll das Flüstern an, als hätten sie mein wortloses Flehen gehört, doch ich verstärkte lediglich meine Bemühungen es zu ignorieren. Was auch immer hinter diesen Koffern lauerte, es war nicht mein Freund.
Trotzdem drehte ich mich um.
„Hörst du das auch?"

Ein Schatten huschte über Caleans Züge.
„Geh da nicht rein. Egal, was sie zu dir sagen."

„Ich verstehe überhaupt nichts. Wa- was sagen sie denn zu dir?" Unruhig sah ich von der Dunkelheit zu dem angespannten Jungen neben mir und wieder zurück. Hielt der Zirkusdirektor Irrlichter hier unten?

„Ich höre die Stimmen meiner Schwestern." Und damit marschierte er zu einer Öffnung herüber und tippte gegen den dunklen Holzrahmen. „Ich denke, es ist der hier, aber um sicher zu gehen, sollten wir in die Trainingshalle."

Ich verzog das Gesicht. Das war keine gute Idee. Einen letzten Blick hinter mich werfend, folgte ich ihm.
„Wenn uns jemand sieht..."

„Es ist mitten in der Nacht", hielt er dagegen.

Das änderte nichts daran, dass es zu riskant war. Wenn um diese Uhrzeit jemand unterwegs war, dann dort oben.
„Ich könnte uns auch bis ganz nach oben klettern lassen und wenn das nicht der richtige Schacht ist, können wir immer noch zurück in die Trainingshalle", versuchte ich es halbherzig, doch es wurde sofort offensichtlich, dass Calean seinen Entschluss gefasst hatte.

„Das dauert zu lange und wäre zu laut."

Und da hatte er leider recht. Wir schabten wie eine Horde Grabmule durch diesen engen Gang und in den glatten Wänden hallten jedes Atemgeräusch wider, dass asthmatische Rachegeister neidisch wurden. Niemand schlief bei so viel Lärm.

Ergeben folgte ich Calean in besagten Schacht und setzte unseren Klettergang fort.
Wenigstens meine Kräfte schienen keine Sekunde zu ermüden. Tatsächlich hatte ich eher den Eindruck, dass sie mit jedem Meter, den wir weiter nach oben kamen, stärker an meinen Zügeln rüttelten.
Ich wusste zwar nicht, warum mein Urinstinkt es für passend hielt, uns wie einen Korken nach oben zu schießen, aber ich entschied mich dennoch dagegen.

„Hier, nimm meine Hand." Nach einer weiteren nervenaufreibenden Ewigkeit zog Calean mich das letzte Stück aus dem Loch.

Hier oben war es wärmer. Die Trainingshalle war großteilig in Dunkelheit gehüllt, bis auf ein oder zwei Kerzen, die am Eingang flackerten. Ihre Größe und mein fehlendes Auge, machten es unmöglich, sicher zu sagen, ob sich einer der Schatten auch bewegte.

Unruhig drehte ich mich in jede Richtung, aber kein Geräusch, außer Caleans Schritte auf dem Parkett, drang an meine Ohren.
Hatten wir niemanden geweckt? Konnte es so einfach sein?

Calean kauerte vor dem Schacht, den wir verlassen hatten und unterdrückte ein genervtes Stöhnen. „Ist das nicht...?"

„Es wäre der richtige Schacht gewesen. Obwohl es einfachere Wege rausgegeben hätte, wenn ihr einen Nachtspaziergang geplant habt", antwortete jemand hinter uns.

Ich wäre nahezu Kopf voraus in die nächste Öffnung gesprungen, so sehr erschreckte ich mich vor Iza Nacat. Bei den Todessängerinnen, das durfte nicht wahr sein. Wie viel Glück benötigte man für einen erfolgreichen Ausbruch?

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"Doppelupdate? Irgendjemand? Oder geht es allen gut?" - Die freundlichen Stimmen aus dem Kisten-Labyrinth.

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