3 - "Les coloré"

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Diese Geschichte galt dem Thema "Farben der Gedanken" und ich muss sagen ich bin mit ihr relativ zufrieden auch wenn mir persönlich irgendwas fehlt. Seltsam wenn man bedenkt, dass ich sie selbst geschrieben habe ^^

„Les coloré“

Hastig passiere ich die kleine Gasse an der Williamsstreet. Sehe mich mehrmals um. Höre leises Wimmern, Schreien, Schluchzen. Oder bilde ich es mir ein? Unsicher ziehe ich die schwarzen Ärmel an meinen Armen tiefer und reibe an meinen Handschuhen. Wenn sie es sehen bin ich tot. Oder sie lieben mich. Eines von beiden. Keine Option gefällt mir sonderlich gut, daher laufe ich noch etwas schneller. Vorbei an Schmutz, grauem Blut und Leichen. Das ist nicht England, das ist sein Tod! Wie zu erwarten und doch ganz plötzlich kriecht eine Gestalt zu meinen Füßen. Es ist ein Mann. Er ist furchtbar ergraut und sieht sehr alt aus. Immer und immer wieder sagt er das Wort „Hilf“. „Ich habe selber fast nichts mehr!“, flüstere ich in mich hinein. Sie haben ihm all seine Gedanken genommen. Seine Farben. „Gott verschone mich für meine Gutmütigkeit!“, sage ich zu ihm und seufze. Doch gerade als ich mich herab beugen will um ihm ein Stück meiner Farben zu geben säuselt er etwas Unverständliches und krampft mehrmals hintereinander. Seine ausdrucksleeren, grauen Augen öffnen sich noch einmal auf unnatürliche Art und Weise, bis er sie letztlich schließt und in sich zusammensinkt. „Nein, nein bleib bei mir Freund!“, flehe ich. Aber er war nie mein Freund.

Erleichtert endlich zu Hause zu sein schließe ich die Tür hinter mir und verriegele die Sicherheitsschlösser eins nach dem anderen. Lasse mir Zeit dafür. „Schatz?“, rufe ich die Holztreppe hoch. Stille. „Liebling?“ Mein Ruf wird lauter und bittender. Herr, lass ihr nichts geschehen sein! Eilig stampfe ich die Treppe herauf. „Magdalena?“ Ich rufe immer wieder ihren Namen. Ihren schönen, wunderschönen Namen. Wo ist sie? Ich reiße die Türen auf von jedem Zimmer, aber sie ist nirgends zu finden. „Maggie?“ Kalter Schweiß läuft mir den Nacken entlang und ich höre die hässliche Stimme in meinem Kopf: „Sie ist tot. Du hast sie allein gelassen. Sie ist tot tot tot!“ Bevor ich verzweifelt zusammenbrechen kann öffne ich die Tür von Maggie‘ s Zimmer und da sitzt sie. Sie liegt auf dem Bauch, die Beine angewinkelt und in der Luft fröhlich wackelnd. Ihre Löckchen springen auf ihrer Stirn und sie blättert ahnungslos in ihrem Bilderbuch. „Maggie!“ Erleichtert falle ich auf die Knie. Schwungvoll wirft sie den Kopf in meine Richtung. Wenige Teile einer Sekunde dauert es, bis sie blinzelt und ihre großen Kulleraugen noch größer werden und sich ein strahlendes Lachen über ihrem Gesicht ausbreitet. Ihre kleinen Milchzähne sind weiß und schön. Sie ist schön. Lachend steht sie auf und fällt mir um den Hals. Fest drücke ich sie an mich. Dann halte ich sie kurz auf Abstand und betrachte sie genau. „Da bist du ja Mami!“ Ich lächele. „Ja Schatz, Mami ist da! Ist alles in Ordnung?“ Sie nickt und ihre Locken tanzen Walzer. Die Farben auf ihren Armen und Beinen sehen unverändert aus. Auch ihr Rücken und ihre Schultern weisen nichts Ungewöhnliches auf. Sie sind noch da. Sie sind alle noch da und in Hoffnung streiche ich ihr eine widerspenstige Locke aus der Stirn. „Du bist wunderschön!“

Ich küsse mein kleines Mädchen immer wieder auf die Stirn. „Kommst du wieder?“ Ganz überrumpelt über diese Frage mustere ich ihren Blick. Absolute Ehrlichkeit. „Aber natürlich, Engelchen! Mami kommt wieder!“ Sie zuckt mit den Schultern. „Das hat Daddy auch gesagt!“ Daddy… „Ich verspreche es!“ Sie senkt den Kopf. „Daddy hat es auch versprochen.“ Aber Daddy war kein Lügner. Er war ein Optimist. Ein sterbender Optimist.

„Madison!“, höre ich die schmale Frau auf der anderen Straßenseite hervor pressen. Sie umklammert hilflos und schmerzerfüllt ihren Oberkörper. „Amy, ich komme!“, rufe ich ihr zu und eile zu ihr. Als ich endlich bei ihr bin nehme ich ihr Gesicht in meine Hände und küsse sie auf die Wange. Sofort gewinnt sie etwas an Farbe. „Danke!“ Ihre Kleidung ist zerrissen und schmutzig. Beiläufig linse ich unter mein Jackett. Eine kleine Fläche grüner, glänzender Haut wird gräulich. Ich habe nicht mehr viel! „Danke Maddie!“ Ich nicke wissend. „Bei Gott!“, flüstere ich. Oh ja, bei Gott. „Sie haben dich überfallen?“ Es ist vielmehr eine Aussage. „Ich hatte keine Chance. Es waren wieder diese Handlanger von den Royals. Sie haben mir gerade mal 3cm gelassen. Damit ich sterbe, wenn sie fort sind. Diese Schweine.“ Ich lege meinen Arm um sie. „Komm, lass uns gegen sie kämpfen.“

Routiniert schlage ich die große Karte auf. „Hier, hier, hier und hier!“ Ich weise auf die einzelnen Eingänge des Palastes. Eine Villa ist es schon lange nicht mehr. Sie nennen sich „Les coleurs“. Die Farbenfrohen. Die Verräter, die Diebe, die Bestecher, die Mörder, der Tod; das trifft es um einiges besser! „Und was machen wir mit den Wachen?“, fragt eine der Frauen. „Ich weiß nicht. Können wir es mit ihnen aufnehmen?“ Leises Lachen, spurlos von Sarkasmus. „Ich denke eher nicht!“ Ich zucke mit den Schultern. „Dann müssen wir uns was einfallen lassen!“ Und es wird brillant.

Langsam und unauffällig schreiten wir den großen Platz entlang. Wir sollen starr wirken, wie Untote. Kurz vor dem Ableben. Und der Plan funktioniert. Keiner der Reichen, der „Les coloré“ interessiert sich für uns, sieht unsere Farben. Haben sie versteckt. „Anna? Sind alle da?“ Sie nickt stumm und langsam stoben wir auseinander. Jeder in Richtung eines anderen Einganges. Doch wir fallen immer noch nicht auf. Sind ja Grau. Amy und ich kommen dem 2. Hintereingang näher. „Viel Glück!“, wispert sie. Ich drücke leicht ihren Arm. Die zwei Uniformierten sehen gesund und noch sehr farbig aus. „Guten Morgen!“, grüßen wir sie. Abschätzig blicken sie zu uns herab. „Was wollt ihr?“ Sie tragen große, scharfe Waffen. Bereit eingesetzt zu werden. „Uns verkaufen!“ Anzüglich öffne ich die Knöpfe meines Jacketts. Unbeeindruckt ist zumindest einer der beiden, doch der andere scheint interessiert. „Für wie viel?“, fragt er. Der Uninteressierte verzieht keine Miene. „Verhandelbar!“, lächele ich. „Komm!“, antwortet er und zieht mich hinter einen Pfeiler. Erschrocken starre ich ihn an. „Hier?“ Er nickt. „Traust du dich doch nicht?“ Ich schlucke und versuche professionell zu wirken. Weiß nicht, was ich auf seine Frage antworten soll. Und ich warte auf etwas. Etwas Erlösendes. Doch es geschieht nichts. Jetzt muss ich selber aus der Sache wieder heraus. Plötzlich höre ich einen dumpfen Aufprall. „Was war das?“ Der Soldat dreht sich zum Eingang. Mit Schwung schubse ich ihn gegen den Pfeiler und er sackt stöhnend zusammen. „Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid!“ Herr, warum entschuldige ich mich. Der Idiot hat es wohl mehr als verdient, oder? Hm, um ehrlich zu sein tut er es doch auch nur um zu überleben. Oder? Egal. Ich lasse ihn so verdreht liegen und stürme zu Amy. Die Arme steht völlig hilflos vor der zweiten, bewusstlosen Wache. „Der Herr möge uns beschützen!“, sage ich und nehme sie an der Hand. Gemeinsam betreten wir das Reich der Farben.

Überall schallendes, klirrendes, FALSCHES Lachen. Sie denken sie wären schön, reich und beliebt. Aber sie sind purer Hass. Und Schönheit? Gestohlen! Ich betrachte den ganzen Prunk des Palastes. Fassade, Unehrlich, Grausam! Ich hasse sie. Hasse sie so sehr. Sie werden bezahlen. Werden zurück geben. Oh ja, sie werden. „Wo sind die alle hin?“, fragt Amy. „Ich weiß es nicht. Ich kann sie hören!“, antworte ich. Plötzlich kommen von allen Seiten die anderen Frauen und Mädchen. „Alle da?“, frage ich. Stummes Nicken. „Dann los! Nehmt so viel ihr könnt mit!“ Lautlos bewegen wir uns auf die Türen zu. Das Lachen kommt näher. „Da müssen sie sein!“ Langsam lege ich meine Hand auf die Türklinke. Sehe mich noch einmal um und betrachte die anderen. Gleichzeitig reißen wir die Türen auf und stürmen in die Zimmer. Amy und einige mehr folgen mir und urplötzlich bleiben wir wie erstarrt stehen. Mir bleibt die Luft zum Atmen weg. Das kann nicht sein! Das kann nicht sein! Das kann nicht sein! Eiskalte Gewissheit legt sich um meine Kehle und drückt erbarmungslos zu. Der Raum ist Grau und schäbig. Zentral steht ein Plattenspieler und aus den Lautsprechern tönt immer wieder das monotone Geschnattere, Gelächter, Klirren. Sie haben uns reingelegt. Nein, schlimmer – jemand hat uns verraten! „Raus hier!“, presse ich hervor. „Worauf wartet ihr?“, schreie ich die starren Tölpel an und wir laufen. Aus den anderen Räumen stürmen unsere Verbündeten zusammen. Wieder sammeln wir uns. Geschrei, Gemurmel, Schluchzen. Ich atme mehrmals ein und aus. „Ruhe! Beruhigt euch! Wir müssen uns jetzt konzentrieren!“, fordere ich. Augenblicklich werden sie still. „Wir werden sterben! Sie nehmen uns unsere letzten Gedanken und dann sterben wir. Wie die Geier gieren sie danach!“, heult Amy. „Sei still Amy, das wird nicht passieren!“, fahre ich sie an, werde wütend. Plötzlich hören wir laute Rufe von draußen. „Achtung, hier spricht die Polizei! Sie sind umzingelt!“ Mist. „Bestechliches Volk! Jetzt sind die auch schon auf der Seite der Royals!“, schimpfe ich. „Los, wir müssen einen Ausgang suchen!“, rufe ich und es bedarf keine weitere Aufforderung, dass sie mir folgen sollen. Wir rennen vorbei an weiteren Türen und Gängen. Alle leer. Alle Grau. Alle tot. Verzweifelt, mit dem Tode hadernd drücke ich eine letzte Klinke herab. Und falle in ein Meer aus Farben.

„Oh wow!“ Zu mehr sind wir alle nicht im Stande. Überall hängen Farben. Sie sind eingepackt in durchsichtige Folien, Gläser und Kisten. Auch die Wände sind voll von ihnen. Sie ziehen sich wie ein Regenbogen durch die Struktur des Zimmers und vergeben ewig wehrenden Glanz. „Schließt ab!“, flüstere ich. Umgeworfen von der Schönheit der Gedanken begutachten wir sie. „Das ist abartig!“, kommt es irgendwann über meine Lippen. „Da draußen sterben Leute, weil ihre Gedanken gestohlen werden und diese reichen Schnösel bunkern sie im Überfluss!“ Ich muss würgen. „Das ist krank. So krank!“, antwortet mir jemand. „Los, geben wir denen, die noch eine Chance haben alles zurück!“, flüstere ich. Doch jeder hat es gehört. In Eile öffnen wir die Fenster und machen uns daran die Folien zu öffnen und Gläser. Sofort verschmilzt ein Teil der Gedanken mit unserer Haut. Das Grün auf meinen Armen belebt mich. Das Violett macht meinen Kopf frei. Blau beruhigt mich und Gelb lässt mich strahlen. Uns alle. Fühle mich gereinigt und belebt. Frisch. „Und jetzt? Wie sollen wir die Farben raus bringen?“, fragt Amy. Und ich denke nur an die Locken von Maggie. „Lassen wir die Gedanken tanzen!“ Und dann fassen wir uns an den Händen. Tanzen zu zweit, zu dritt, zu viert, mit mehreren oder drehen alleine unsere Pirouetten. Die dabei aufgewühlten Gedanken fliegen umher und finden den Weg hinaus ins triste, gestohlene London und berauscht es wie auf Drogen. Ein Tanz der Farben, des Lebens, der Unsterblichkeit. Denn wir werden ewig leben.

Obwohl wir gerade mal wenige Minuten in dem Raum der Farben sind kommt es mir vor als wären Jahre vergangen. Wir liegen flach auf dem Boden, atmen laut laut laut. Leise kichert Amy in sich hinein. „Warum kommt die Polizei nicht?“, fragt sie glucksend. „Vielleicht sind sie ja tot.“, zucke ich mit den Schultern. „Alles Leichen. Verräter.“ Wir müssen alle lachen. Sie haben es verdient, verdammt. Herr, vergib mir meine Gedanken! Und plötzlich höre ich etwas in der Stille. Tapsige Schritte. Nackte Füße auf kalten Fliesen. Sie kommen näher. Langsam setze ich mich auf. Vorsichtig geht die Tür auf. „Maggie!“, flüstere ich. Sie steht noch vor der Tür und sie ist so unglaublich schön. Ihr Gesicht ist erfüllt von leichter Röte und ihre Locken strahlen bunt. Sie lacht laut auf als sie mich sieht. Doch immer noch steht sie in vor dem Zimmer und ehe ich sie zu mir rufen kann geschieht es. Ein lauter Knall ertönt und etwas stößt sich in Maggie‘ s Seite. Der Aufprall ist zu groß, als das sie sich auf den kleinen Beinen halten kann und sie wird fort geschleudert. Schreiend springe ich auf und stürme zu ihr. Sie liegt auf dem Flur, um sie herum eine bunte Flüssigkeit. Herr, beschütze sie! Bitte, lass sie nicht sterben. Ihr Blut wechselt stetig die Farbe. „Mami?“, fragt sie keuchend. „Alles wird gut Schatz! Keine Angst!“ Sie schüttelt den Kopf. Das Blut saugt sich in ihre Locken. „Du hast versprochen wieder zu kommen!“ Ich nicke immer und immer wieder und drücke sie an mich. „Ich bin da Engelchen, ich bin da!“, flüstere ich. „Wir brauchen einen Arzt!“, schreie ich laut, nach Hilfe flehend. Doch es ist zu spät. Denn es ertönt ein zweiter Knall und ich spüre den erst glühend heißen und dann erkaltenden Schmerz in meinem Rücken. Trotzdem lasse ich sie nicht los. „Mami ist da!“, schlucke ich und spüre wie mir etwas Warmes die Kehle herab läuft. „Mami ist da!“, stöhne ich und merke, wie alles leiser wird. Nur Maggie‘ s Stimme ist von Bedeutung. Ich drücke sie fest an mich und sinke in die Farben unseres Blutes. Unserer Gedanken. Sie strömen aus uns heraus. Wir werden sterben. Oh Herr, ich habe es für das Volk getan, aber warum meine kleine süße Maggie? Ich verfluche meinen Glauben, meine Hoffnung, mein Dasein und beginne zu singen für Maggie. „Twinkle twinkle, little star. How I wonder what you are!“ Sie kichert leise. “Sing weiter Mami!”, fordert sie schläfrig. “Up above the world so high, like a diamond in the sky.” Ihr süßes Lachen wird leiser und leiser und mir wird immer kälter. „Twinkle twinkle little star, how I wonder what you are!“

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro