Sandra begann laut zu lesen:

„Alle 100 Jahre sucht der Prinz der Drachen das Dragoniheart. Ein roter herzförmiger Edelstein. Er dient dem Prinzen der Drachen dazu, sich in einen Menschen zu verwandeln und mit einer schönen Jungfrau ein Kind zu zeugen , das nach der Geburt zu einem Drachen wird. Ein Jahr verbringt er mit der Dame seiner Wahl. Da viele der Frauen die Niederkunft nicht überstehen und sich Panik im Volke verbreitete, beschlossen wir, das Juwel zu suchen und zu verbergen. Der Drache hat nur einen Monat Zeit, das Herz zu finden. Dadurch hatten wir lange Zeit Frieden. Das Herz ist im Berg Renation versteckt. Ich befürchte, dass uns diese Tat einmal zum Verhängnis wird." Der Rest war kaum noch zu entziffern. Mit weichen Beinen setzte sie sich wieder in ihren Sessel und nahm ihre Lektüre wieder auf. Wenn der Magicus das gleiche Buch in der Hand hielte wie sie - das wäre doch ein sehr abenteuerlicher Zufall.

„Der Drache sucht nach dem Herz und sicher weiß er, dass Eure Vorfahren es versteckt haben. Oder er will das wir ihm suchen helfen", erklärte er und ging in Richtung Tür. Beatrice wurde von tiefer Furcht ergriffen. Ein Drache suchte die Burg und ihre Bewohner heim? Nichts würde sie noch einen Tag länger in diesen Gemäuern halten. Gegen die Widerworte und das Gezetere des Kräuterweibes, welches mit wehendem Rock hinter ihr her wuselte, schritt sie mit Schmerzen im Bein die Treppen hinunter. Den ersten aufgeregten Diener, dem sie begegnete, wies sie an, ihre Stute vor den Wagen spannen zu lassen. Sie würde abreisen.

Die Kutsche stand schon kurz darauf für sie bereit. Ihr Gepäck war eilig von ihren Zofen in Truhen gepackt und im Wagen verstaut worden, sie führte nicht viel Kleider mit sich. Flammenherz, ihre Fuchsstute wieherte zur Begrüßung. Jedes Mal, wenn Beatrice sie sah erinnerte sie sich an das große Feuer, in dem sie alles verlor. Fünf Jahre war dies nun her. Mit 16 Jahre wurde sie mit ihrem geliebten Johannes verheiratete. Sie war glücklich mit dem Leben auf dem Hof. Doch das Glück währte nicht lange. Zwei Jahre später schlug während eines schrecklichen Gewitters ein Blitz in den Stall ein und setzte ihn in Brand. Johannes rettete die Tiere aus dem Stall und kam dabei um. Sie musste alles verkaufen nur ihr Pferd war ihr geblieben.

Ein weiterer Schluck kalten Tees rann Sandras Kehle hinab. Arme Beatrice. Ihr wurde wirklich ein schlimmes Schicksal zuteil.

Zur gleichen Zeit suchte die Prinzessin Serafina eine Zofe und eine Gesandte, welche die Männer, die ihr eine Heirat antrugen, ob ihres Ansinnens testen sollte. Da Beatrice Nichts mehr hatte, nahm sie die Stellung an und wurde so die Vertraute der Prinzessin. Sie bedauerte es, ihr immer schlechte Nachrichten zu bringen. Verletzt und mit zweifach schlechten Nachrichten im Gepäck fuhr sie zurück ins Schloss ihrer Prinzessin. Nicht ahnend, dass ihrer Herrin noch ein schlimmeres Schicksal zuteil werden würde.

Einen ganzen Tag und eine ganze Nacht dauerte die Reise. Was Jean wohl gedacht hatte, als er erfuhr, dass seine Gespielin das Schloss verlassen hatte? Es hatte keine Abschiedsworte zwischen ihnen gegeben, zu eilig war die junge Frau aufgebrochen und zu beschäftigt war der Herzog mit dem Angriff des Drachens gewesen.

Beatrice nahm die Kette ab, für sie nur ein Beweis seines verstorbenen Ansinnens. Sie hatte schon viele solche Männer enttarnt. Sie waren alle nur hinter der Stellung sowie dem Reichtum der Prinzessin her. Über mögliche Folgen ihrer strategischen Schäferstündchen machte sich Beatrice keine Sorgen. Der Medicus hatte ihr mitgeteilt dass sie vielleicht nie Kinder würde gebären können. Das kam ihr nur zugute, denn der Mann, mit dem sie eine Familie gründen wollte, lag unter der Erde.

Serafina erwartete sie bereits. Als sie das Bein ihrer Vertrauten sah und ihren traurigen Gesichtsausdruck rief sie sofort nach Hilfe. Denn das Bein hatte die Reise nicht gut überstanden und wieder stark zu bluten angefangen. Bevor Beatrice ohnmächtig wurde, reichte sie ihrer Herrin die Kette als Beweis, dass sie wieder einen Heuchler enttarnt hatte.