2 - Interessen

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„Ach nein, sieh einer an. Wenn das nicht unser junger Prinz ist", sagte ich spöttisch und blieb direkt vor ihm stehem. „Na, versteckst du dich mal wieder vor der Welt?"

Für einen Moment rührte er sich nicht, dann hob er leicht seinen Kopf und schaute mit hoch gezogenen Augenbrauen zu mir herüber. Er dachte nicht einmal daran, mir zu antworten. Allein sein Blick sagte: Willst du was Bestimmtes?

Okay, vielleicht hasste ich ihn doch für seinen Charakter.

„Liest du den ganzen Tag nur Bücher? Hast du keine Verpflichtungen?"

„Und du erledigst gerade bitte welche wichtigen Aufgaben?", erwiderte er genervt.

„Ich habe soeben eine Mission von höchster Priorität mit Erfolg abgeschlossen. Ich denke, das ist mehr als du von dir behaupten kannst."

„Herzlichen Glückwunsch", sagte er gelangweilt und widmete sich wieder seiner Lektüre. Aus einer spontanen Eingebung heraus, fischte ich ihm das Buch aus den Händen.

„Hey, was soll das?" Jetzt funkelten seine Augen doch. Na also, geht doch.

Ich grinste.

Ich trat einen Schritt zurück, damit er mir das Buch nicht wieder entreißen konnte. Ich betrachtete den Einband.

Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt. Kann er nicht irgendetwas peinliches lesen? Eine Liebesgeschichte oder etwas Langweiliges über Politik? Von all den Büchern, die sich in unserer Bibliothek befinden musste er sich ausgerechnet dieses aussuchen?

„Du sahst gelangweilt aus. Das Buch gefällt dir nicht, oder?"

Bitte sag ja.

Er beobachtete mich.

„Doch, ich mag das Buch."

Verdammt.

„Warum magst du es?"

„Es ist interessant. Bei uns gibt es nicht so viel wilde Natur, wie bei euch. Ich fand es angebracht mich näher damit zu beschäftigen."

Das waren bestimmt mehr Worte, als ich bisher insgesamt aus seinem Mund gehört hatte. Das verschlug mir für einen Moment die Worte.

„Ihr habt keine Wälder?", fragte ich schließlich nur und biss mir anschließend sofort auf die Zunge. Was sollte das denn? Brauchst du noch mehr Informationen darüber wie schrecklich deine Zukunft sein wird, Law? Klar, los drück nochmal ordentlich in die Wunde, dann geht's dir bestimmt besser!

„Doch", antwortete er langsam. Er schien auch nicht recht zu wissen, was er mit dieser Situation anfangen sollte. Aber dann fuhr er einfach fort: „Wir haben Wälder und sie müssen vor langer Zeit einmal riesig gewesen sein, aber der Großteil wurde bereits abgeholzt und ich denke, dass sie damit nicht aufhören werden bis der letzte Rest verschwunden ist."

Das Bedauern war klar und deutlich in seiner Stimme zu hören. Darauf konnte ich keine hämische Antwort geben. Ich konnte ihm aber auch nicht sagen, wie schrecklich ich diese Vorstellung fand. Also sagte ich gar nichts. Er musterte mich noch einen Moment, blickte auf das Buch in meiner schlaffen Hand und fand dann wieder zu seinem genervten Gesichtsausdruck zurück.

„Kann ich jetzt mein Buch wiederhaben?"

Ich gab es ihm ohne nachzudenken, woraufhin er seine rechte Augenbraue in die Höhe zog.

„Alles klar bei dir, Lawinia?"

Er sah mich misstrauisch an, als ob er einen meiner Streiche dahinter vermutete.

„Natürlich", antwortete ich zu schnell und viel zu hoch. Ich musste hier weg. Ich rauschte so schnell ich konnte ohne rennen zu müssen, den Flur hinunter und versuchte seinen irritierten Blick zu ignorieren, der sich in meinen Rücken bohrte.

Wieso interessierte er sich für so etwas? Das waren meine Interessen! Das war mein Lieblingsbuch! Er hatte kein Recht es zu lesen und dann auch noch zu mögen. Ich wollte keine Gemeinsamkeiten mit ihm haben! Ich wollte ihn hassen. So sehr hassen, dass es mich dazu inspirierte einen Weg aus diesem Schlamassel zu finden. Er saß nur rum und machte gar nichts! Er ließ dieses Schicksal einfach über sich ergehen. Aber ich war nicht wie er. Ich würde kämpfen und alles versuchen und deswegen konnte ich ihn nicht mögen. Kein einziges kleines Bisschen!

Mit hängendem Kopf streifte ich durch unser Fort und wusste nicht so recht wohin ich gehen sollte. Ich hatte meinen Geschichtsunterricht heute versäumt, weil ich Winz gefolgt war, das hieß ich sollte mich nicht in die Nähe meiner Lehrräumlichkeiten wagen. Der Tag hatte so gut angefangen und dann musste Eldin auftauchen und wie immer alles kaputt machen. Noch einen ganzen Monat war er hier und ich drehte nach zwei Wochen schon total durch.

Ich hätte Benson gesucht, aber sein Vater nahm ihn ab und an mit zur Jagd und von dieser würde er noch nicht zurück sein. Benson auf der Jagd, dass ich nicht lache. Der arme Junge konnte keiner Fliege etwas zu leide tun. Ohne Benson und ohne Motivation war ich ein hoffnungsloser Fall. Aber zum Glück gab es einen Ort, der mich immer wieder aufheitern konnte.

Ich schlich mich durch eine Hintertür der Küchen hinaus ins Freie. Ich hatte das schon so oft getan, dass ich mir kaum noch Gedanken darübermachte, erwischt zu werden. Draußen angekommen schlich ich mich im Schatten der Außenwände bis zu den wuchernden Büschen, unter denen ich meine Tarnung versteckt hatte. Ich entnahm meinem gepackten Beutel einen leicht zerschlissenen, sehr unauffälligen Mantel, den ich einer Köchin geklaut hatte. Natürlich hatte ich ihr besseren Ersatz besorgt, als sich der Verlust in den Küchen rumsprach.

Unter dem Mantel konnte ich, an einem grauen Tag wie heute, mein Kleid, meine langen Haare und mein Gesicht bestens verbergen. Ich sah aus wie jede Magd, die zu unsicher war, um gehobenen Hauptes durch die Behausung der königlichen Familie zu schreiten. Ich wand mich gen Osten, in die Richtung der Wälder.

Unser Fort lag auf einem großen Hügel, der aussah wie ein längs aufgeschnittenes Ei. Östlich floss im Tal ein Fluss, der unseren Hügel von dem Berg trennet, der sich weit gen Himmel erstreckte und uns am Morgen das Sonnenlicht stahl. Während unser Hügel kaum Bäume trug, hatte der Berg doch reichlich davon. Bis zur Spitze, so schien es, war er überzogen mit Wäldern.

Ich fühlte mich nirgendwo so geborgen, wie zwischen diesen Buchen, Fichten und Weiden. Ich hatte so viel Zeit meiner Kindheit dort verbracht und auch jetzt versuchte ich so oft rauszukommen wie ich konnte. Benson sagte immer, dafür dass ich meine Kleider so liebte, machte ich sie ziemlich oft in den Wäldern kaputt. Tja, aber ich wäre nicht ich, wenn ich es nicht schaffen würde, eine anständige Prinzessin und Waldläuferin zugleich zu sein. Deswegen hatte ich jetzt auch immer eine Hose dabei.

Eine Holzbrücke führte von unserem Hügel über den Fluss, direkt in den Wald. Diese wurde zwar bewacht, aber mehr aus Angst vor wilden Tieren, als zur Überwachung der überquerenden Menschen. Auf der anderen Seite befanden sich einige Behausungen und Arbeiterhütten, weswegen es nicht auffiel, wenn ich hinüberging. Mit dem Blick stehst auf meine Füße gerichtet, ging ich langsam an den Wachen vorbei, meinen Beutel mit beiden Armen an mich haltend. Das wirkte, als würde ich etwas transportieren. Es war noch etwas früh für den Feierabend.

Auf der anderen Seite angekommen, ging ich zügig tiefer in den Wald, entgegengerichtet der Behausungen. Weit außerhalb der Sichtweite aller Behausungen, entleerte ich meinen Beutel. Ich zog mir die Hose unter meinen Rock. Diesen löste ich erst, als ich sicher war, dass meine Hose richtig saß. Man wusste ja nie. Obenrum löste ich nur die oberste Schicht und zog mir ein schlichtes Hemd über. Ich versteckte alles unter einem Busch und machte mich auf den Weg, zum schönsten Platz meiner Welt.

Ich genoss den Sparziergang durch den Wald. Der Wind fuhr durch die Blätter und ich lauschte dem leisen Konzert. Hier dachte ich an nichts, hier fühlte ich nur. Meine Gedanken hörten auf zu Kreisen. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Ich war da.

Ich kletterte wie gewohnt nach oben, hoch bis zu dem massigen Ast, der sich am Ende spaltete. Vorsichtig brachte ich mich in eine sichere Position und schaute in die Ferne. Die Aussicht war berauschend. Vom Wind angeregt wogen sich die Baumkronen, wie die Wellen im Meer. Zumindest hatte ich eine solche Metapher in einem Buch gelesen.

Von hier aus konnte ich alles sehen. Den Auslauf des Waldes im Tal, den Fluss, der in der Ferne verschwamm, die kleinen Häuser unserer Stadt, die Felder im Hinterland und unser Fort, das hoch über allem herausragte, allem außer dem Berg, der auch noch sein würde wenn alles andere längst Vergangenheit war.

Ich hatte diesen Baum vor langer Zeit gefunden. Schon damals als ich zum ersten Mal hierhergekommen war, wurde mir bereits klar, dass ich, was auch geschehen mochte, mich an diesem Ort immer frei fühlen würde.

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