Loch

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Das Schnauben des Ungetüms nährte sich von hinten. Es packte ihre beiden Füße und hielt sie zusammen. Mit der anderen Hand hob das Wesen ein weiteres Seil. Im Nu schlang sich dieses um ihre Beine. Dann ertönte ein metallisches Scheppern. Ein Gefäß, größer als alle Eimer, welche die Frau je gesehen hatte, stand unter ihr. Es war leer.

Das war, als sie das Messer in einer der Pranken der Kreatur erblickte. Es war dick genug, um einem Hasen den Kopf abzuhacken, und auf der Schneide reflektierte sich das kümmerliche Licht einer Kerze, die in einem Kasten von der Decke hing. Sie flackerte wie wild umher. Die Bäuerin hingegen blieb regungslos. Selbst als die Ausgeburt des Abgrunds ihr über den Fersen in die Beine schnitt, bewegte sie sich nicht. Die Klinge öffnete ihre Haut und das Blut lief augenblicklich herab.

Sie spürte, wie es durch ihre Glieder aus dem Körper floss und hörte, wie es in den Eimer tröpfelte, bald schon sprudelte. Ihre Beine zuckten und sie biss in den Knebel. Mittlerweile schüttelte sich ihre untere Hälfte so heftig, dass sie einen Krampf bekommen hatte. Selbst trotz des vielen Stoffes konnte sie ihre eigenen Schmerzensschreie hören. Es waren die grausamsten Laute, die sie je vernommen hatte.

Mit letzter Kraft fasste sie einen Entschluss. Was immer all dies zu bedeuten hatte, sie musste es aufhalten. Die Frau, die ihr zum verwechseln ähnlich aussah, das Metzger-Schwein, dieser gesamte Ort, all dies hatte irgendeinen Sinn. Oder zumindest einen Ablauf. Jenen zu stoppen war ihre letzte Chance.

Unfähig zu fliehen oder nach Hilfe zu rufen, drückte sie den Fuß mit dem abgeknickten Nagel gegen das andere Bein. Sie rieb ihn dagegen um das Bisschen Haut und Fleisch abzureißen, was ihn davon abhielt abzufallen. Sie beeilte sich, da ihre Kraft mit jedem Tropfen Blut den sie verlor, weiter sank. Mit einer letzten qualvollen Bewegung gelang es ihr und der Nagel fiel mit in den Eimer.

Das kurze Gefühl der Befreiung wurde von Schmerzen, wie sie sie nie gespürt hatte abgelöst. Diese durchzogen ihren Körper und sie riss sich zusammen, um sich nicht die Zunge abzubeißen. Ihr Hals und Kiefer schmerzten vor Anspannung, als sie beschloss, loszulassen. Jede Regung verschwand aus ihrem geplagten Körper und schwarze Punkte tänzelten über ihr Sichtfeld. Sie konnte schwören etwas in diesen zu erkennen, doch dann war mit einem Mal alles verschwunden.

Als sie wieder zu sich kam, erschrak sie. Der Tod schien ihr so gewiss gewesen zu sein, dass sie nicht verstand, wie sie weiterhin am Leben sein konnte. Noch weniger wünschte sie sich eben dies. Die Strapazen mussten alsbald ein Ende finden. Wie lange, bis der Wahnsinn sie umfangen würde? Die finale Form der Verzweiflung. Wann war es ihr gewährt ihren letzten Atemzug zu tun?

Ihr Leben lang hatte sie den Moment des Dahinscheidens gefürchtet, doch jetzt auf dem rauen Holz eines harten Tisches, unfähig einen einzigen Muskel anzuspannen, wünschte sie sich nichts sehnlicher. Dann würde sie übergehen in eine andere Welt, ohne Qual und Leiden.

Das ehrliche Knarzen eines Holzbodens war zu vernehmen. Es kündigte einen unerwünschten Besucher an. Einen unabwendbaren Gast, der sich den Weg zu ihr bahnte und zwei große Säcke trug, welche unentwegt ein leises Rieseln von sich gaben. Es mussten Gewürze sein.

Durch ihre halb geöffneten Augen nahm sie wahr, dass sie sich in einer Küche befand. Die Bäuerin wusste, dass sie nicht in einem Albtraum gefangen war. Dafür fühlte sich alles zu real an. Nichts von alldem war mit dem Wissen, welches sie besaß, zu erklären. Es musste etwas Außerweltliches sein, etwas Göttliches.

War dies der Abgrund, das Reich der Unwürdigen und Ungläubigen? Das war nicht möglich. Zeit ihres Lebens hatte sie sich an die heiligen Statuten gehalten und war nie vom Pfad abgekommen. Nie hatte sie gezweifelt. Selbst mit ihrem Wissen über die Nachwelt der Sünder, war ihre Situation nicht zu erklären.

Bei der endlosen Tiefe handelte es sich um einen Ort der Dunkelheit, aus kargem Fels und ohne jedes Leben. Es war ein Loch, in welches die Übel der Welt gelangten, um keinen weiteren Schaden anzurichten. Kein abstruses Folterkabinett. Die Mütter und Väter der Zehn würden die Existenz einer solch schändlichen Sphäre nicht zulassen.

Was hier passierte, war nicht mit ihrem Glauben vereinbar, doch so nah am Ende ihrer Existenz wie jetzt, war es nicht der Moment an diesem zu zweifeln. Was hatte sie noch, außer den Versprechungen aus alten Texten und den hohlen Wörtern betagter Würdenträger?

So schnell wie diese Überlegungen gekommen waren, verschwanden sie wieder und wurden zerschmettert durch die unheilvollen Schritte der abnormen Kreatur. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es in dem Raum, von dem sie bislang nur den Ausgang gesehen hatte - mit furchtsamen Blick auf das Eintreffen des Kochs wartend - begonnen hatte immer heißer zu werden. Ein Feuer knisterte nicht weit von ihr und das Sprudeln von siedendem Wasser kam dazu. Der Raum war in einen feinen Wasserdampf gehüllt.

Das Ungetüm nahm sie sorgsam bei ihren Schultern und schob sie an dem Tisch vorwärts. Dann hob es ein Messer, von der Länge einer Handkante. Es zog ihre Haare an einem Punkt zusammen und setzte an. Mit einer geübten Bewegung hatte der Koch ihr alles abgetrennt, was sie über viele Jahre hatte wachsen lassen, als wäre es das Blattgrün einer Rübe.

Dann drehte es sie auf den Bauch und rückte sie weiter vorwärts, während es eine andere Klinge herausholte. Mittlerweile sah sie über die Tischkante hinweg. Was sich dort unter ihr befand, war für sie nicht zuzuordnen. Es war ein Schacht, von dem nur der Eingang durch die Beleuchtung der Küche zu sehen war. Ihre Haare waren in diesen herabgefallen.

Während das Monster ihr weitaus unsanfter als zuvor alle verbliebenen Stoppeln vom Kopf rasierte und ihr dabei in die Kopfhaut schnitt, gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Ein roter Tropfen fiel an ihr vorbei in das schier endlose Loch. Sie folgte diesem mit ihrem Blick und ein Geruch von Tod und Krankheit kam ihr entgegen.

Der Schacht war augenscheinlich für Abfälle gedacht und zu allen vier Seiten mit Steinziegeln versehen, die ihn stabilisierten. Das Blut verschwand mit weiteren Haaren auf einem unkenntlichen Berg. Dieser türmte sich inmitten des Abgrunds auf und bedeckte alles, bis zu einer gewissen Höhe. An den Seitenwänden erkannte die Frau einen weißen Strich. Es war ein Riss, der in den Stein geschlagen worden war und dessen Inneres zeigte. Lettern waren zu erkennen, welche die Frau keiner ihr bekannten Sprache zuordnete. Vermutlich eine Art Markierung.

Nach näherem Hinsehen entpuppten sich die Symbole als Nummern. Durch den Dorfgelehrten hatte sie das Zählen gelernt, deswegen wusste sie, was die Zeichen bedeuten. Es war eine Vier mit zwei Nullen dahinter.

Mittlerweile tränten ihre Augen. Nicht vom Schmerz, sondern von der Fäulnis, die aus der Tiefe empor trat. Ungeachtet davon fokussierte sie sich weiter auf die schemenhafte Schwärze. In diesem Augenblick trat der Koloss von einem Schweinsdämon einen Schritt zurück und sie bemerkte, dass dessen Silhouette einen Schatten geworfen hatte. Jetzt war es klar, zu erkennen.

Das Loch war gefüllt mit Knochen, Haaren und anderen unappetitlichen Überresten. Es war ihr nicht möglich, zu sagen, welcher dieser Haarschöpfe ihr gehört hatte. Sie lagen alle da in demselben schwarzen Glanz, geschmückt mit bräunlich-weißen Gebeinen darum herum. In einem Moment der Einsicht wurde ihr die Ähnlichkeit klar. Es waren alles ihre Haare.

Stumpfer Schmerz durchfuhr ihren Schädel. Das Stechen schwoll an und als sie erschrocken zurückzuckte, traf sie auf etwas Solides. Eine Wand. Sie öffnete die Augen. Es war dunkel wie in einer sternenlosen Nacht und stiller als an einem Wintermorgen. Die Küche war verschwunden.

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