Mit eher mäßigem Erfolg versuchte sich Jin durch die Massen von Menschen im Club zu drängen. Sein Ziel waren die Toiletten, aber die schienen Meilen entfernt zu sein.

Wiederholt verfluchte er an diesem Abend Ken und Sandeul, von denen er Letzteren schon seit einer knappen Stunde nicht mehr gesehen hatte. Der Verräter hatte einfach Seokjins Plan geklaut und sich aus dem Staub gemacht.

Als Jin endlich an den Toiletten ankam, seufzte er erleichtert und begab sich sofort an eines der Waschbecken. Hier drinnen war die Temperatur gefühlt zehn Grad kälter, aber wenigstens dröhnte ihm hier die Musik nicht so sehr in den Ohren. Die beiden Männer zu seiner rechten konnten sich auch unterhalten, ohne sich gegenseitig anzuschreien.

Als Seokjin in den großen Spiegel sah, war er positiv überrascht von sich selbst. Er war hundemüde und durch den Alkohol hatte er schon einen leichten Tunnelblick. Eigentlich hatte er erwartet nicht mehr ganz so gut auszusehen wie sonst (natürlich immernoch hübscher als der Großteil des Clubs), aber sein Gesicht sah nicht anders aus, wie vor ein paar Stunden, als er noch nüchtern war.

Er zog eine Augenbraue hoch. Es war wirklich verwunderlich, dass man ihm nicht Mal die Müdigkeit ansah, aber beschweren würde er sich darüber ganz sicher nicht.

Allerdings gab es doch etwas worüber er sich beschweren konnte, sobald er wieder zurück zur Bar ging. Den ganzen Abend über hatte er mit Ken und Sandeul dort gesessen, bis der älteste von ihnen irgendwohin verschwunden war und bis jetzt nicht zurück gekehrt war. Auch Ken hatte sich vor kurzem auf die Tanzfläche verzogen, aber Jin war sitzen geblieben, weil er nunmal nicht wirklich Talent zum Tanzen hatte. Und jetzt wo er von der Toilette zurück kam, saß da auf seinem Platz jemand anderes. Ein Mann. Ne, das ging gar nicht.

„Hey Mister, das ist mein Platz, also würde ich sie freundlich bitten zu gehen.“, sagte er gerade heraus. Er sah es ja gar nicht ein seinem Platz jemand anderen zu überlassen, nur weil er kurz weg war. Dieser Dieb schien das allerdings anders zu sehen, denn er warf Jin einfach nur einen abschätzenden ich zu.

„Nope.“, gab er einfach nur von sich. Demonstrativ wand er den Blick ab und nahm einen Schluck von seinem Getränk, was Jins Gemütszustand ziemlich aufheizte. Was fiel dem ein? Aber bevor er was erwidern konnte, hatte der andere schon wieder den Mund aufgemacht.

„Weg gegangen, Platz vergangen.“
Wie alt war der, sechs? Seokjin fühlte sich zurückversetzt in die Zeit im Kindergarten. Der Typ hatte das so trocken gesagt, dass Seokjin keine Zweifel hatte, dass er es ernst meinte. Leider musste er aber zugeben, dass es ihn irgendwie auch belustigte, denn der Kerl vor ihm strahlte einfach eine gewisse Männlichkeit aus, benahm sich aber wie ein Kind. Tolle Kombination. Mit den gestylten Blonden Haaren, dem rot-weiß kariertem Hemd und der durchlöcherten Jeans sah er eigentlich Recht jung aus, aber Seokjin schätzte ihn nicht viel jünger als sich selbst.

„Fertig mit starren?“

Huh? Seokjin blinzelte verwirrt in das Gesicht seine Gegenübers. Hatte er gestarrt? „Und jetzt zieh Leine.“

„Vergiss es.“. Die Antwort kam instinktiv. Seokjin sah es einfach nicht ein dem Kerl seinen Platz zu überlassen. Da er Jin aber eindeutig nicht hier haben wollte, setzte er sich kurzerhand auf den Platz genau neben den Typen. Das Spiel konnten auch zwei spielen.

„Ey ne, ich brauch keine Diva als Trink Kumpanen.“, motzte der Typ, stand aber nicht auf und gab den Platz frei. Wahrscheinlich war ihm dann die Diva doch lieber, denn als Jin seinen Blick über die Bar gleiten ließ, sah er mehr Besoffene alte Säcke. Er konnte verstehen warum sein Platz dran glauben musste, er hätte sich auch nicht gerne neben den Mann an der Ecke gesetzt, der die ganze Zeit versuchte die junge Frau neben sich zu betatschen. Trotzdem würde er den Platz nicht diesem Blödmann überlassen.

„Ich denke mit der Diva musst du jetzt leben. Kannst dir ja auch einfach 'nen anderen Platz suchen.“

„Vergiss es.“, machte er Seokjin nach und schüttelte den Kopf. Was Jin ziemlich überraschte, sobald der Barkeeper ihm die nächste Flasche Cheongju hinstellte, hob sein neuer Sitznachbar sein eigenes Getränk.

„Dann hoch die Gläser.“

Jin lächelte. Vielleicht war der Kerl ja gar nicht so schlecht. Trinken allein war sowieso langweilig und da seine Freunde ihn sitzen gelassen hatten, kam der Blonde eigentlich gerade Rechtzeitig. Er hob ebenfalls sein Glas.

„Geon-Bae!“