Hast du schon mal über mich nachgedacht - das Mädchen in dem übergroßen Hoodie?

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Achtung! In dieser Geschichte wird sexuelle Gewalt angedeutet. Wer damit nicht zurechtkommt, sollte dieses Kapitel vielleicht lieber überspringen. Übrigens der volle Titel lautete ursprünglich: „Hast du schon mal über mich nachgedacht - das stille Mädchen am Rand in dem übergroßen Hoodie? Allerdings konnte Wattpad diesen langen Titel nicht anerkennen 😅. Ach ja und das ist übrigens das letzte Kapitel für heute. Ich hoffe es hat euch gefallen.

......................................................................Ich schlage meine Augen auf und schaue nach oben an die Decke. Natürlich habe ich wieder nicht geschlafen, dass habe ich schon lange nicht mehr. Ich fixiere den Schmetterling, der direkt über mir an der Decke angebracht ist und versuche alle Gedanken verschwinden zu lassen, um mich in die vertraute Leere fallen zu lassen. Wie eine schützende, warme Decke legt sie sich um mich und schützt mich vor allen äußeren Einflüssen. Ich warte. Warte auf das vertraute Quietschen meiner Zimmertür. Ob er heute wohl kommt? Ob er mir ein weiteres Mal zeigen wird, was die Hölle ist? Angst verspüre ich mittlerweile keine mehr. Ich habe sie begraben, zusammen mit allen Tränen. Es würde mir nichts nützen, denn meine Situation ist aussichtslos. Ich schließe erneut meine Augen und verdränge das unangenehme Gefühl das meine Taubheit zu durchbrechen droht. Leise Schritte auf dem Flur. Er weiß genau welche knarrenden Dielen er auslassen muss, um keine Geräusche zu verursachen, doch ich höre ihn trotzdem. Übelkeit steigt in mir auf und ich kämpfe gegen den Drang an mich wie ein kleines Kind unter meiner Bettdecke zu verstecken, in der irrsinnigen Hoffnung, dass er mich dann in Ruhe lassen würde. Meine Augen lasse ich weiterhin geschlossen; möchte ihn nicht sehen. „Sarah mein Darling“, flüstert er und meine Übelkeit verstärkt sich. „Komm schon, ich weiß, dass du wach bist“. Ich öffne meine Augen immer noch nicht; weigere mich das alles real werden zu lassen. Doch auch so kann ich die Echtheit dieser Situation mit jedem Atemzug spüren. Seine Hände gleiten unter mein Schlafanzugshirt. Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper, so sehr widert mich das Ganze an. Ich kneife meine Augen fester zusammen, denn ich weiß, dass alles Bitten und Betteln nichts bringen würde. Ich habe es versucht, wirklich. Aber nichts konnte ihn dazu bringen etwas zu ändern. Er hat nur über meine erbärmlichen Versuche gelacht. Also lasse ich alles stillschweigend über mich ergehen. Kein Laut kommt über meine Lippen, nicht einmal eine Träne rollt über meine Wange während er sich an mir vergeht. Nachdem er endlich fertig ist, zieht er sich an und verlässt leise das Zimmer. Ich bleibe zurück: Nackt, benutzt und angewidert. Von Scham und Ekel erfüllt rolle ich mich auf meinem Bett zusammen und versuche mich zusammenzuhalten. Ich bin schon zu oft in tausend Teile zersprungen. Aber selbst jetzt, nachdem es vorbei ist und ich voller Selbsthass auf dem Bett liege und erneut den Schmetterling anstarre, erlaube ich es mir nicht zu weinen. Seit fünf Jahren habe ich nicht mehr geweint. Also leide ich still vor mich hin, bis der quälende Schmerz endlich wieder durch die teilnahmslose Taubheit ersetzt wird.

Als ich am nächsten Morgen aufstehe, habe ich die ganze Nacht mal wieder kein einziges Auge zugetan. Mit geübten Handgriffen überschminke ich die tiefen Augenringe und hülle mich in einen weiten Hoodie und eine lockersitzende Jeans. In der Küche mache ich mir als erstes einen Kaffee, um den Tag zu überstehen. Meine Mom sitzt am Küchentisch und ist kaum zu sehen zwischen den ganzen Papieren. Ohne ihren Blick von den Papiern zu heben wünscht sie mir einen Guten Morgen um dann weiter über den zahllosen Zetteln zu brüten. Er ist schon auf der Arbeit, doch trotzdem flüchte ich so schnell wie möglich aus der engen Küche. Meine Mutter bemerkt meine überstürzte Flucht nicht mal, aber etwas anderes habe ich auch nicht von ihr erwartet. Während der Busfahrt halte ich die ganze Zeit über den Blick gesenkt um möglichen Blickkontakten aus dem Weg zu gehen. Ich frage mich, ob mich überhaupt jemand bemerkt und was derjenige über mich denkt. Denkt überhaupt jemand länger als zwei Sekunden über mich nach oder bin ich für sie einfach nur ein stilles Mädchen in einem übergroßem, schwarzen Hoodie? Ich denke viel über andere Menschen nach. Darüber wie sie sich bewegen, wie sich verhalten und aus welchen Gründen sie ihre Entscheidungen fällen. Da gibt es zum Beispiel diesen einen Jungen an meiner Schule, der immer vor seinen Kumpeln mit allen möglichen Dingen angibt. Aber einmal habe ich ihn weinen sehen, weil seine Eltern nicht zu seinen Fußballspielen kommen konnten. Was also will er mit seinen Angebereien kompensieren? Dass seine Eltern ihn mit seinen Geschenken nur kaufen, weil sie keine Zeit für ihn haben? Ich neige dazu Dinge totzuanalysieren, aber ich schaue lieber einmal zu genau hin, als einfach wegzuschauen. Denn das ist was alle bei mir machen. Wegschauen! Mom die sich immer weiter in ihrer Arbeit vergräbt, anstatt zuzugeben, dass in ihren eigenen vier Wänden etwas gewaltig schiefläuft. Meine Mitschüler, die mich lieber behandeln als würde ich nicht existieren, als sich einzugestehen, dass bei einem Mädchen, das sich so abkapselt etwas nicht in Ordnung sein kann. Meine Lehrer die über die blauen Flecken stillschweigend hinwegsehen, weil sie davon ausgehen, dass es nicht ihr Gebiet ist. Ich wünsche mir nur ein einziger Mensch hätte einmal etwas genauer hingesehen und nicht die Augen verschlossen, so wie ich es gestern Abend getan hatte. Ein einziger Mensch hätte schon gereicht, doch jetzt ist es zu spät. Ich denke an das Buch, das an seinem Ehrenplatz neben dem Fotorahmen von meinem richtigen Dad steht. Tote Mädchen lügen nicht. Es ist mein absolutes Lieblingsbuch und in gewissen Punkten kann ich mich in Hannah sehen. Auch ich hatte viele eindeutige Signale gesendet, in der Hoffnung, dass sie irgendjemand deuten würde, doch niemand hatte sich meiner erbarmt, also musste ich mir selber behelfen. Die letzte Nacht würde die allerletzte Nacht gewesen sein in der ich keine Ruhe gefunden hatte und mit tauben Gliedern den Schmetterling angestarrt hatte. Jetzt würde ich meine Ruhe in dem Für immer finden. Der Bus hält und die Türen öffnen sich mit einem leisen Zischen und ich steige aus in der Gewissheit, dass es das letzte Mal sein wird, dass ich hier aussteige und den Belanglosigkeiten anderer Leute lauschen werde. Ich nehme jeden einzelnen meiner Schritte bewusst wahr. Ich bin hypersensibel. Aufmerksam präge ich mir jedes Detail ein. Eine letzte Chance gebe ich meinen Mitschülern noch, nachzufragen. Ich halte mich am Rande des Geschehens; verstecke mich in meinem übergroßen Pulli...

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Das Ende hab ich damals extra offen gelassen. Zum Einen, weil ich selbst nicht wusste ob diese Geschichte ein HappyEnd bekommt und zum anderen damit sich jeder sein eigenes Ende wählen kann...

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