~Sixtynine~

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Meine Füße trugen mich über den Flur, die Treppe nach unten und aus dem Verbindungshaus raus. Völlig desorientiert lief ich über den Rasen und es war, als würden erst jetzt all die Ereignisse der letzten Stunde auf mich niederprasseln.

Als würde mein Verstand erst jetzt realisieren, was für schreckliche Dinge passiert waren.

Meine Sicht verschwomm und die heißen Tränen liefen meine Wange herab, während ich immer weiter lief. Ganz so als könnte ich vor den Erinnerungen davonlaufen.

Immer wieder kamen mir die schrecklichen Bilder in den Kopf und ich schluchzte laut auf, ehe mein Magen zu rebellieren begann. Ein flaues Gefühl entstand in meinem Bauch. An einem Baum lehnend, drehte sich mein Magen immer mehr und ich konnte nicht vermeiden, dass ich mich übergab.

Am liebsten hätte ich auch meine gesamten Erinnerungen mit heraus gewürgt.

Mein Bauch schien sich etwas beruhigt zu haben, aber mein Kopf schwirrte noch immer, weshalb ich weiterging und so weit wie möglich wegwollte. Ich wollte der grausamen Realität einfach entfliehen.

Meine Umgebung nahm ich überhaupt nicht wahr. Alles vor meinen Augen war verschwommen und in meinen Ohren rauschte es, als wäre mein Kopf unter Wasser.

Erst als ein lautes Hupen ertönte, nahm ich das grelle Scheinwerferlicht wahr. Ich hörte quietschende Reifen und starrte, wie ein Reh auf das mir immer näherkommende Auto.

Ich kniff meine Augen fest zusammen und nahm den Geruch von verbrannten Gummi wahr, während das Quietschen zu einem lauten Piepsen in meinen Ohren wurde. Vollkommen regungslos verharrte ich so und wartete nur auf den erlösenden Aufprall.

Sky's Anruf hatte mich in absolute Alarmbereitschaft versetzt. Sie rief mich nicht an, weil sie meine Stimme hören wollte. Es musste etwas vorgefallen sein, dessen war ich mir absolut sicher. Sie klang verweint und jeder Versuch sie noch einmal zu erreichen war zwecklos.

Ich ließ Raya also einfach in meinem Büro stehen und machte mich auf den Weg zur Sky's Uni. Es passte mir in dem Moment nicht, aber ich hatte ihr versprochen, auf sie aufzupassen. Wenn die Russen es anscheinend nicht schafften sie im Blick zu behalten, musste ich mich eben selbst darum kümmern.

Raya würde vermutlich sauer sein, weil ich sie einfach stehenließ, nach so langer Zeit, die wir uns nicht gesehen hatten. Aber sie konnte mir nie lange böse sein. Ein paar nette Worte und paar Küsschen meinerseits und sie würde sich von ganz allein wieder beruhigen.

Ich ging zügig zu meinem Auto, stieg ein und startete es umgehend. Während ich die Tiefgarage mit viel zu hoher Geschwindigkeit verließ, versuchte ich weiterhin auf Sky's Handy anzurufen. Allerdings ging jedes Mal nach mehreren Freizeichen ihre Mailbox ran.

Es nervte mich tierisch.  Wütend umschloss ich das Lenkrad fester, sodass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Der Verkehr war zu der Zeit ziemlich dicht und nur langsam kam ich voran.

Der Weg von meiner Firma war wesentlich weiter, als von meinem Penthouse. Und als auch jede Ampel rot war, glaubte ich, das Universum wollte mich auf den Arm nehmen.

Unruhig trommelte ich auf mein Lenkrad, während ich wartete, dass das Lichtsignal auf Grün umschaltete. Plötzlich ertönte ein Geräusch von der Freisprechanlage, die mir signalisierte, dass ich einen Anruf bekam. Mit dem Blick auf das Navi sah ich, dass es Raya war.

„Raya, was ist denn noch?", fragte ich und bemerkte selbst meinen unfreundlichen Ton.

„Du warst so schnell weg. Ich wollte nur wissen, ob du nochmal wiederkommst." Genervt rollte ich mit den Augen. Momentan hatte ich wirklich wichtigere Probleme!

„Nein, aber wir verschieben das, versprochen", sagte ich und hoffte sie damit milde zu stimmen.

„Ich melde mich die Tage bei dir."

„Okay. Wir könnten Essen gehen und danach noch etwas trinken", schlug sie vor.

„Alles, was du willst, Raya", entgegnete ich mit einem Lächeln. „Wir hören uns."

Ich wollte bereits auflegen, als sie jedoch meinen Namen eilig sagte und ich abwartete. „Ich fand es wirklich schön."

„Ich auch", stimmte ich zu, ehe wir das Gespräch endgültig beendeten. Das Wiedersehen mit ihr passte aktuell nicht in meine Pläne, aber dennoch war ich froh, dass sie sich nach so langer Zeit wieder gemeldet hatte. Ich merkte erst im Nachhinein, wie sehr ihr sie wirklich vermisst hatte.

Sky würde ich vorerst nichts sagen, denn ich konnte es bei ihr nicht einschätzen, wie sie es auffassen würde.

Der Verkehr legte sich allmählich, je weiter ich mich dem Stadtzentrum entfernte. Das war vermutlich der einzige Vorteil daran, dass die Universität von Boston am Stadtrand war.

Ich drückte das Gaspedal durch, als sich der Verkehr fast vollständig aufgelöst hatte. Nur wenige Minuten später sah ich bereits das große Universitätgebäude in der Ferne.

Abermals überkam mich ein ungutes Gefühl. Ich musste gestehen, dass mir bei dem ersten Telefonat mit Sky nichts auffiel. Zu sehr war ich von Raya abgelenkt. Doch durchdachte ich das Ganze nochmal, verhielt sich Sky bereits dort seltsam.

Sie klang traurig und brauchte mich allem Anschein nach. Doch ich hatte es nicht erkannt!

Warum war mir das nicht schon zu dem Zeitpunkt aufgefallen?

Aber als Sky das zweite Mal anrief, erkannte ich ganz deutlich das Weinen aus ihrer Stimme heraus. Und da sie mich so offensichtlich anlog, bedeutete es, sie verheimlichte mir etwas.

Dies wiederum konnte nichts Gutes sein!

„Fuck!" Frustriert schlug ich mit der Hand auf das Lenkrad, als ich mitten auf der Straße eine Person erblickte. Ich bremste umgehend und versuchte mein viel zu schnelles Auto zum Stehen zu bringen.

Die Räder blockierten und quietschten laut, wodurch die Person ihren Kopf hob und ich erkannte, dass es Sky war. Sie starrte vollkommen desorientiert mein auf sie zukommendes Auto an.

Warum blieb sie einfach stehen?

Ich konnte nicht ausweichen, da die Straße zu eng war. Daher blieb mir nur die Option noch mehr zu bremsen. Kurz bevor mein Auto mit Sky kollidierte, stoppte das Fahrzeug. Eilig öffnete ich die Tür und stieg aus. Mir fiel sofort das ganze Blut auf ihrem Kleid und ihren Händen auf, welches mein Herz zum Rasen brachte.

„Bist du verletzt?", fragte ich besorgt und umfasste ihren Arm, um sie an diesem zu mir herumzudrehen. Sie blickte starr auf meine Brust und es wirkte, als wäre sie geistig überhaupt nicht anwesend. Das Blut schien bereits älter zu sein, da es schon trocken war.

„Sky! Was ist passiert?", fragte ich nochmals fordernder. Behutsam umschloss ich ihre Wangen und hob ihren Kopf. Ihre Augen wirkten leer und es fehlte ihnen jeglicher Glanz.

„Bringst du mich einfach nach Hause?" Ihre Stimme klang rau und brüchig. Kraftlos ließ sie ihren Kopf gegen meine Brust fallen und ich umschloss mit meinen Armen ihren zitternden Körper.

„Ja."

Ich wusste, dass sie damit nicht ihr Wohnheimzimmer meinte, sondern mein Penthouse. Auch wenn ich noch immer nicht wusste, was vorgefallen war, konnte ich mir denken, wer für ihren Zustand verantwortlich war.

Und ganz plötzlich schoss es mir in den Kopf, warum Raya bei mir im Büro vollkommen unverhofft aufgekreuzt war. Wir waren vor fünf Jahren nicht im Guten auseinander gegangen und ich war wirklich so blöd und dachte, dass sie von sich aus auf mich zukommen würde.

Dabei war sie nur eine russische Marionette, um mich abzulenken!

Ich nahm Sky und setzte sie in das Auto, wobei sie sich nur erschöpft auf dem Autositz zusammenrollte und ihre Augen geschlossen hielt. Sie zitterte noch immer, weshalb ich mein Jackett auszog und es ihr auf ihren Körper legte. Behutsam schnallte ich sie noch an, ehe auch ich einstieg und den Motor startete.

Am liebsten hätte ich kräftig an ihr gerüttelt um so all ihre Informationen aus ihr herauszubekommen. Doch ich würde auch woanders Antworten bekommen.

Ich fuhr langsam an, allerdings hatte ich nicht vor auf direktem Weg nach Hause zu fahren. Stattdessen wollte ich noch eine Runde um das Universitätsgelände fahren.

„Ob sie sie umgebracht haben?", hörte ich Sky wispern und versteifte mich umgehend.

„Wer bringt wen um?", fragte ich, obwohl ich wusste, dass sie nur von den russischen Clowns sprechen konnte.

„Die Russen, Mary."

Für einen Bruchteil der Sekunde schloss ich meine Augen, um tief durchzuatmen. Was hatten sie nur wieder angestellt?

„Sie haben sie ... und Kirill hat ..." Die Worte flossen vollkommen durcheinander und unverständlich aus Sky heraus, während sie verzweifelt schluchzte.

„Ganz gleich, was passiert ist. Du bist jetzt in Sicherheit und ich lasse nie wieder zu, dass du solches Leid mitansehen musst!"

Mein Blick schweifte kurz zu ihr herüber, allerdings hatte sie die Augen geschlossen und auch ihre Atmung war flacher. Ich ging davon aus, dass sie vor lauter Erschöpfung eingeschlafen war.

Mit geringer Geschwindigkeit fuhr ich weiter an der Universität vorbei, als hinter mir in der Ferne plötzlich Blaues und rotes Licht flackerte.

„Super", grummelte ich und sah, wie einige Studenten auf die Straße liefen und wild mit den Armen fuchtelten, um dem Rettungsdienst zu signalisieren, wo deren Hilfe erbeten war.

Ich beschleunigte und sah auf der gegenüberliegenden Straßenseite drei Gestalten, welche ich sogar aus zehn Kilometer Entfernung identifizieren könnte. Einen Arm legte ich vor Sky, ehe ich scharf bremste und das Auto hastig wendete.

Die drei konnten sich auf etwas gefasst machen!

***

Meine Augen fühlten sich viel zu schwer, als dass ich sie hätte offen halten können. Dennoch spürte ich, Yonathan's Arm um meinen Körper und wie das Auto ruckartig drehte.

Mein Hirn war allerdings zu sehr damit beschäftigt alles verdrängen zu wollen, weshalb es mir vermutlich sogar egal gewesen wäre, hätte das Auto sich überschlagen.

Ich hörte, wie eine Autotür geöffnet wurde und kurz darauf hörte ich bereits eine laute, russische Diskussion. Nur langsam öffnete ich ein Auge und erblickte den breiten Rücken von Yonathan.

Wie in Trance schaute ich denen beim gestikulieren zu, hörte jedoch keineswegs hin. Ich verstand die russische Sprache ohnehin nicht.

Ich schaute auf und plötzlich musterte mich ein grünes Augenpaar. Kirill grinste schief an Yonathan vorbei, der bereits wieder in das Auto stieg.

„Pass auf sie auf, Jascha!"

***

Als ich das nächste Mal erwachte, waren wir bereits in der Tiefgarage von Yonathan's Zuhause. Er hatte seine Hand sanft an meiner Wange und versuchte mich zu wecken.

„Sky." Ich blinzelte einige Male, ehe ich mich abrupt aufsetzte und mein Herz schmerzlich zu Rasen begann. All diese Bilder in meinem Kopf waren Realität und kein böser Traum!

„Ganz ruhig. Ich bringe dich ins Bett", hauchte Yonathan, als er mich abschnallte, seinen Arm unter meine Beine schob und mich behutsam hochhob.

Ich war nicht in der Lage etwas zu sagen, oder mich zu regen, weshalb ich meinen Kopf nur an seine Brust schmiegte und erneut in die grausame Hölle meiner Träume glitt.

***

„Hallo Sky", ertönte die ältere Stimme des Mannes, der mich seit meinem Einzug im Kinderheim jeden Tag besuchte.

Ich saß in meiner Ecke. Meine Hose war dreckig und hatte an den Knien Löcher. Mit meinem Finger zog ich an einem losen Faden.

„Wie geht es dir heute?" Nur flüchtig schaute ich auf und zuckte mit den Schultern.

„Magst du mir erzählen, was du heute schon gemacht hast?", fragte der Mann weiter. Es nervte mich, dass er, obwohl er nie eine Antwort von mir bekam, immer wieder kam und mich mit Fragen löcherte.

„Warum sollte ich es dir sagen?", fragte ich ihn zum ersten Mal. Meine Stimme war kratzig und klang überhaupt nicht nach mir selbst.

„Du kannst mir vertrauen." Mein Blick schweifte abermals zu ihm und ich sah seinen perfekten Anzug an. Mein Dad sagte immer: traue nie Menschen im Anzug!

„Ich weiß nicht mal wie du heißt", stellte ich leise fest und senkte meinen Blick.

„Mein Name ist etwas komplizierter, aber du darfst mich gern Jascha nennen." Ungläubig schaute ich auf und direkt in das helle Blau seiner Augen.

„Das aber ein komischer Name", stellte ich mit gekräuselter Nase fest.

„Das ist die russische Form von Jakob."

Ich schreckte aus dem Traum auf und runzelte meine Stirn. Alles vermischte sich in meinem Kopf und ich wusste nicht, was Realität und was Traum war.

Hatte ich es nur geträumt, dass Kirill zu Yonathan Jascha gesagt hatte? War es einfach ein Streich meines Unterbewusstseins?

Hatte der Mann damals im Heim blaue Augen? Oder war es ebenso nur eine Einbildung? Ich konnte mich nicht mehr erinnern!

„Princess, was ist los?", fragte Yonathan mit seiner verschlafenen, rauen Stimme, weshalb ich mich ruckartig zu ihm drehte.

„Warum hat Kirill dich Jascha genannt?", fragte ich geradeheraus.

„Wann?" Yonathan setzte sich auf und sah mich mit völlig verwirrter Miene an.

„Vorhin, an der Uni." Ich schaute ihn in die Augen und mein Chaos im Kopf wurde immer größer, weshalb ich meine Schläfen festhielt. „Er sagte: Pass auf sie auf, Jascha."

Yonathan stützte sich auf seine Hand und legte seinen Kopf auf meine Schulter, um mich mit einem Ausdruck von Mitleid zu mustern. 

„Warum sollte irgendwer mich Jascha nennen?", fragte er noch immer sichtlich überfordert. Ich seufzte und schloss meine Augen.

„Tut mir leid. Ich habe schlecht geträumt", sagte ich, als ich einsehen musste, dass mein Traum nur reine Fantasie meines Unterbewusstseins war.

Yonathan zog mich in seine Arme und gemeinsam legten wir uns wieder hin.

„Es ist alles gut", hauchte Yonathan und strich beruhigend über meinen Rücken.

„Ich werde immer da sein, wenn du mich brauchst."

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