.ೃ࿐ November 🍂🍂🍂

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Eine Woche später zeigte der November sein hässlichstes Gesicht. Vor, beim und nach dem Training war ich vom Regen durchweicht worden und musste obendrein noch an der Bibliothek vorbei, um zwei reservierte Bücher abzuholen. Außerdem war ich hungrig wie ein junger Wolf. Zusammen reichte das aus, um meine Laune von schlecht auf unterirdisch zu drücken. In dieser Stimmung war ich echt die mieseste Gesellschaft, die man sich wünschen konnte, deswegen wollte ich auch nur heim, raus aus den feuchten Klamotten und ran an eine möglichst große Pizza. Aber daraus sollte wohl nichts werden.

Ich raste zur Bibliothek, hielt im Halteverbot - ich wollte doch ohnehin nur rein und gleich wieder raus - jagte die Treppen hoch und hätte vor der Tür beinahe Beomgyu umgerannt. Der drängte sich unter das schmale Vordach, wie ein zitterndes Fröschlein, die Bücher fest an die Brust gepresst, ohne Schirm, ohne Jacke, ohne alles.

Herrgott, warum stand der Junge in dem dünnen Pulli, zähneklappernd im eisigen Regen?

„Beomgyu?"

Ruckartig sah er auf, umklammerte die Bücher noch fester und zwang ein Lächeln auf sein Gesicht. „H-hi." Seine Lippen bebten.

Kopfschüttelnd packte ich ihn an der Schulter und schob ihn durch die Tür nach drinnen. „Sag mal, was machst du denn da? Du wirst bloß krank."

„D-die haben m-mein Fahrrad v-versteckt un-nd m-meine Jacke geklaut, m-meine M-mütze auch."

Das durfte doch nicht wahr sein! Fluchend drehte ich mich um, spähte hinaus, aber bei dem Sauwetter war es wohl absolut unnötig, herumzulaufen und ein Fahrrad zu suchen, also schob ich ihn nur in eine Ecke und platzierte ihn dort.

„Warte hier, ich muss nur schnell was abholen."

Als ich wenig später zurückkam, stand er brav an Ort und Stelle, also packte ich ihn wieder am Arm und zog ihn mit mir.

„Komm. Ich fahr dich heim", erklärte ich, überging seinen halbgaren Protest mit einem grimmigen Schnauben und nötigte ihn schließlich in meinen Wagen. Rasch stieg ich ebenfalls ein und betrachtete das zitternde Häuflein Elend neben mir.

„Wer hat dein Zeug geklaut?"

„K-keine Ahnung..." Er schlotterte immer noch. „Ein paar v-von den Typen halt ..."

„Basketballteam?"

Beomgyu nickte und zog den Kopf ein.

„Was für Arschgeigen", knurrte ich, wandte mich um und angelte meine Collegejacke von der Rückbank. „Hier." Ich reichte sie ihm. „Zieh die an. Du bist ja klatschnass."

Dankbar schlüpfte Beomgyu in die Jacke, wickelte sie fest um sich und strich sich dann die feuchten Haare aus dem Gesicht. „Danke", hauchte er und schniefte leise. „Schon wieder."

„Ja, allmählich ergibt es ein Muster, oder?"

Eigentlich war es scherzhaft gemeint, aber er zog beschämt den Kopf ein und ich schimpfte mich gedanklich selbst einen Idioten.

„Hast du dein Handy noch oder haben sie dir das auch abgenommen?"

Kopfschütteln. „Hab ich noch", folgte dem kleinlaut.

„Kann ich es mal haben?"

Verdutzt, wie es schien, zog er sein Handy aus der Hosentasche und reichte es mir.

„Wa-? Hey!" Empört ruckte er herum, als ich das Display vor seine Nase hielt, um das Smartphone zu entsperren, doch bis er danach griff, war ich schon in seinen Kontakten.

„Was tust du denn!? Das ge-!"

„Notfallkontakt", erklärte ich, speicherte meinen Namen, meine Nummer ein, bevor ich ihm das Telefon reichte, so dass er es auch sehen konnte. „Für alle Fälle."

Mit offenem Mund starrte Beomgyu mich an und wurde schlagartig so rot, dass ich lachen musste.

„Was? Das ist dir peinlich?"

„Nein!"

„Na also - hättest du mich denn nach meiner Nummer gefragt?"

„Natürlich nicht!", schnappte er und ich schüttelte grinsend den Kopf.

„Eben. Verrätst du mir jetzt, wo du wohnst?"

„Nein!", stieß er wieder entrüstet hervor und ich musterte ihn schief grinsend.

„Und wie soll ich dich dann heimfahren?"

„Ahm ..." Beomgyu blinzelte, einmal, zweimal, dann wandte er sich ab, sackte in sich zusammen und brummelte dumpf seine Adresse.

Kommentarlos startete ich den Wagen und fuhr los.

Bei dem Wetter und um diese Zeit, brauchte ich einmal fast quer durch die Stadt beinahe eine dreiviertel Stunde. Aber wenigstens war es jetzt warm im Wagen und Beomgyu zitterte nicht mehr.

Wir hatten nicht viel gesprochen auf dem Weg, was hauptsächlich daran lag, dass Beomgyu auf all meine Fragen nur sehr wortkarg geantwortet hatte, weswegen ich es irgendwann aufgab, ein Gespräch aufrechterhalten zu wollen. Außerdem war das Schweigen zwischen uns auch nicht wirklich unangenehm. Ein oder zwei Mal sah ich zu ihm hin, ertappte ihn dabei, wie er mich ansah und musste schmunzeln. Und beide Male zog Beomgyu schwach lächelnd den Kopf ein und wandte sich rasch ab.

Schließlich bog ich in die genannte Straße ein und Beomgyu wies ein Stück voraus.

„Du kannst da vorne stehenbleiben."

Also hielt ich an der Straße und sah mich um. „Und wo genau wohnst du nun?"

Beomgyu wies undeutlich in eine Richtung. „Ein Stück die Gasse runter. Da ist ein Gemüseladen. Darüber. Der Eingang ist auf der Rückseite. Man könnte auch von der anderen Seite reinfahren, aber dann musst du um den ganzen Block und ... So ist es einfacher."

„Okay", murmelte ich, blickte die Gasse hinunter und versuchte besagten Laden auszumachen. Die Häuser hier standen dicht an dicht und hatten maximal zwei Stockwerke.

Unterdessen hievte Beomgyu sich umständlich aus meinem Wagen. „Ich würde dich ja fragen, ob du mitkommen willst, ab-"

„Klar, warum nicht", sagte ich, bevor er überhaupt zu Ende gesprochen hatte und nun wurde es echt seltsam. Beomgyu sah mich an, murmelte „oh" und ich kapierte wohl zu spät warum, denn da stand ich schon auf der Straße.

Ah, ich war ein Idiot.

„Das war ... eine Floskel", stellte ich fest und strich mir die Haare aus der Stirn. Gerade kam ich mir wahnsinnig dumm vor.

„Na ja ..." Wie zuvor versteckte sich Beomgyu halb hinter seinem Schutzwall aus Büchern. „Ja. Nein. Ach ... Ich glaube das ist jetzt auch schon egal. Also - willst du mitkommen?"

Ich nickte, immerhin war ich schon ausgestiegen, wie blöd wäre es also gewesen jetzt abzulehnen und schweigend machten wir uns auf den Weg. Nebeneinander zockelten wir an einem Laden für Elektrokleingeräte vorbei, an zwei Obdachlosen, die an der Straßenecke unter einem Baum kauerten, einem Bäcker, einem Friseur, einem Fotogeschäft, einem winzigen Klamottenladen, einem noch winzigeren Café, bis zu dem Gemüsehändler. Der wuselte gerade noch geschäftig in seinem Laden herum, winkte ausgelassen, als er Beomgyu sah und der wiederum winkte lächelnd zurück und blieb stehen. Der alte Mann huschte hinter seinen Tresen und kam dann zur Tür geschossen. Mit einem Wortschwall wurde Beomgyu begrüßt, bekam außerdem eine Tüte in die Hand gedrückt und dann ging es weiter.

„Manchmal helfe ich ihm die Sachen wegräumen, wenn eine neue Lieferung kommt", erklärte er ungefragt. „Dafür kriegen wir immer wieder mal Gemüse geschenkt, das er nicht verkaufen kann. Oder es gibt Essen." Grinsend hielt er die Tüte hoch. Er erzählte das so frei, dass ich mich schon wieder schlecht fühlte. Beomgyu stammte nicht aus einem reichen Elternhaus, auch ohne das alles hier war mir das klar gewesen, aber jetzt verstand ich auch, warum er mein Zuhause auf den ersten Blick als „schön" eingestuft hatte.

Hinter dem Gemüseladen war ein schmaler Durchgang, der bestenfalls mit einem Motorroller befahrbar war und auf der Rückseite führte eine Außentreppe ein Stockwerk höher. Diese sprang er jetzt hinauf, dann ging es einen halb überdachten Flur entlang, der zu drei Türen führte. Beomgyu steuerte die letzte an.

Sie hatte ein veraltetes Bedienfeld für den Türcode und man stolperte über die Schwelle nach kaum einem Quadratmeter Flur eigentlich direkt in die Wohnung.

„Mom! Bin da!", rief er und fast sofort hörte man als Antwort darauf: „Ah - Gott sei Dank!" Dann kam eine überraschend junge Frau um die Ecke, hielt kurz erstaunt inne, als sie mich sah, wandte sich dann aber sofort lächelnd Beomgyu zu.

„Oh gut, du hast Essen dabei, deine Schwester muss auch noch essen, aber bitte - kein Süßkram mehr, okay Schatz?"

„Hm", machte er nur, nickte, wurde auf den Scheitel geküsst.

„Tut mir leid, wenn das unhöflich ist ..." Das galt wohl mir, denn sie strich mir im Vorübergehen über den Arm. „... aber ich muss leider sofort los. Meine Schicht fängt in zehn Minuten an."

Beomgyu grinste und schob sie an. „Schon gut, Mom, los, geh. Wir kommen klar."

Dafür bekam er noch einen Kuss auf den Scheitel und weg war sie.

„Meine Mutter", erklärte Beomgyu schief grinsend und mit einem Schulterzucken. „Und bestimmt findet sie dich ganz toll." Er lachte, trat in den Wohnraum und huschte zu einem Laufgitter, hinter dem ein Kleinkind mit einem schiefen Haarpinsel auf dem Kopf fröhlich quietschend auf und ab hüpfte.

„Und Boa", sagte er, hob das Mädchen dabei heraus und drehte sich zu mir um. „Meine Schwester. Sag: Hi Yeonjun ..."

Das Mädchen blubberte ein begeistertes „Chuchu!" und ruderte wie wild auf seinem Arm.

„Also schön, dann - willst du vielleicht mit uns essen?" Beomgyu hielt die Tüte hoch und kniff ein Auge zu. „Ich tippe auf Reis und Gemüse."

„Klingt prima", stimmte ich zu, mein Magen knurrte außerdem auffordernd und Beomgyu prustete leise. Er stellte seine Schwester auf die Beine, die sofort davonzischte und packte das Essen aus, um es in die Mikrowelle zu befördern. Unterdessen schepperte es hinter uns lautstark, offenbar war Boa ein Energiebündel.

„Wie alt ist sie?", fragte ich.

Beomgyu schaufelte Reis und Gemüse in zwei Schalen und eine kleine Plastikschüssel.

„Gerade zwei geworden. Und bevor du fragst, ja, sie ist meine richtige Schwester, ja, meine Mom ist echt so jung und nein, der Unfall war glaube ich eher ich." Er drehte sich um, die Augenbrauen erhoben, aber ich schüttelte nur den Kopf.

„Ich wollte nicht ..."

„Schon gut. Geht schneller, wenn ich es so zusammenfasse und ist auch nicht wirklich eine spannende Geschichte. Aber die meisten sind schockiert, wenn sie entweder von mir oder von Boa erfahren. Immerhin liegen da 20 Jahre dazwischen." Mit einem Nicken beorderte Beomgyu mich an den niedrigen Tisch und verteilte Löffel sowie Getränkedosen für uns beide.

Ich fragte nicht, wie alt seine Mutter war, war mir aber ziemlich sicher, dass sie noch keine 40 Jahre alt war. Den Rest konnte man sich ausrechnen.

„Und dein Dad?", fragte ich stattdessen.

Beomgyu zuckte die Schultern. „Hab ich seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen. Ging morgens aus dem Haus, wie immer und kam nie wieder."

„Tut mir leid", murmelte ich betroffen, aber wieder schüttelte er nur den Kopf.

„Mir nicht." Er sah mich an. „Aber das ist auch keine besonders tolle Geschichte."

„Dann reden wir über etwas anderes."

Er schmunzelte, drückte Boa den Löffel in die Hand und schob sie zu ihrem Teller. „Okay", meint er dabei. „Dann ... Wie kommt ein Typ wie du auf ein Skateboard?"

„Hey! War das eine Beleidigung?"

„Ein Kompliment!" behauptete Beomgyu, prustete dann aber leise los.

„Warum glaube ich dir nicht?"

„Keine Ahnung", er schnappte immer noch giggelnd nach Luft. „Dabei bin ich sonst so ein Ass im Lügen." Sagte er und wir brachen beide in Gelächter aus.

Schlussendlich saßen wir auf dem Boden, was es bei meinen Eltern schon seit Jahren nicht mehr gab und ich nur von meinen Großeltern kannte, futterten, quatschten, lachten. Auf dem kleinen Fernseher in der Ecke liefen irgendwelche Cartoons und zwischen uns panschte Boa vergnügt in ihrem Essen herum.

Es war einfach, aber es war schön und ich wusste nicht, wann ich zuletzt so viel gelacht hatte.

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