16. Schwitzkasten

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Weshalb war Rebecca so unfreundlich? Wer hatte denn wen mit Handschellen fesseln und die Bettspielchen fotografieren wollen? Wer hatte sie aus dem Schlafzimmer verschleppt und in den Schuppen gesperrt? Ich sicherlich nicht.

Ich schob mich durch den Türspalt zu ihr in die Werkstatt und schob von innen den Riegel vor. Rebecca keifte noch immer. Sie sah nicht gesund aus.

„Was willst du hier? Fass mich nicht an! Verdammt, hau ab! Lass mich hier raus, du Freak, sonst hole ich meine Brüder!"

Nicht auch das noch. Das allerletzte Druckmittel wenn gar nichts mehr ging: ich hole meinen großen Bruder. Langweilig!

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und begann auf meinem Brustkorb herum zu trommeln. Ich griff nach ihren Handgelenken und hielt sie fest. Jetzt trat sie mit nackten Füßen gegen mein Schienbein. Rebecca war nicht sehr kräftig. Ich streckte die Arme und hielt sie auf größere Distanz. So hatte ich sie einigermaßen im Griff.

So weit ich mich erinnern konnte war Hausmeister Schecks Werkstatt stets ein leuchtendes Beispiel für Ordnung und Sauberkeit gewesen. Jedes Gerät, jedes Werkzeug hatte seinen festen Platz gehabt und war von ihm nach Gebrauch jedes Mal, ohne Ausnahme, wieder einsortiert worden. Scheck hatte ein Regal für Farbdosen, eines für Nägel und Schrauben, eines für Sägen und eines für allen anderen Kram gehabt. Es gab hier eine Werkbank mit Schraubstock, darüber an der Wand Halterungen mit einer unendlichen Anzahl von Schraubenziehern, Hämmern, Schraubenschlüsseln und Zwingen.

Das Bild welches die Werkstatt mir jetzt bot, hatte nichts mehr mit dem Ort zu tun, den ich kannte. Alle Regalen waren umgekippt, ihre Inhalte über den ganzen Boden verteilt. Holzleisten, Tischlerplatten und Bretter lagen kreuz und quer, wie Mikadostäbchen, übereinander. Es roch nach versengtem Sperrholz und angekokeltem Papier.

Fluchend versuchte Rebecca sich aus meinem Griff zu winden. Die Mauern und die Holztüren waren dick. Ich hoffte inständig, dass keiner der Nachbarn von dem Theater etwas mitbekam und wir die Angelegenheit in Ruhe klären konnten.

Wie hätte ich auch den Zustand der Werkstatt, die abgerissene, nur noch leicht bekleidete junge Frau mit dem irren Blick und den gefletschten Zähnen erklären sollen?

Ich ließ Rebecca kurz los, um die Tür zusätzlich von innen abzuschließen. Dabei fiel sie mich von hinten an und zerkratzte mir den Nacken. Was war schlimmer, ein Feuergeist oder die völlig außer Rand und Band geratene Rebecca? Die Antwort fiel mir nicht schwer.

„Was war das in deinem Schlafzimmer?", schrie sie. „Warum bin ich hier? Guck mich an, und sag mir was hier abgeht ...!"

Normalerweise tat ich so was nicht. Hatte es noch nie getan. Nicht in der Grundschule, wenn es geheißen hatte: in der nächsten Pause 3a gegen 3b, nicht in der Orientierungsstufe wenn die Losung ausgegeben wurde: Jungs gegen Mädchen. Ich hatte mich immer vornehm zurückgehalten, weil ich diese Spielchen einfach nur blöd und überflüssig fand.

Jetzt hatte ich jedoch keine Wahl. Ich drehte mich um, packte Rebecca fester als beabsichtigt an den Oberarmen und hielt sie erneut fest. Dann schlang ich meine Arme um ihren zierlichen Körper und presste sie an mich. Schwitzkasten hatte das bei uns zu Hause geheißen, und für meinen Vater war es jedes Mal ein Freudenfest gewesen, wenn er seinen zehnjährigen Sohn in die Mangel nahm und zappeln ließ bis dieser im Gesicht rot anlief und vor Panik zu schreien begann.

Rebecca erging es ähnlich. Zuerst war sie überrascht und hielt still, dann fing sie erneut an zu zappeln und versuchte sich zu befreien, doch ich hielt sie so dicht an mir, dass sie kaum Bewegungsspielraum hatte.

Jetzt kam der pädagogische und entscheidende Teil der Übung. In ruhigem Ton begann ich auf Rebecca einzureden. „Es ist alles vorbei. Niemand außer uns ist hier!" Und so weiter und so fort.

Rebecca Gesicht war der Tür zugewandt, ich blickte über ihre Schulter in die Werkstatt hinein. Und natürlich entging mir nicht das orangefarbene Glühen am anderen Ende des Raumes, dort wo Scheck eine undefinierbare Konstruktion aufgebaut hatte, die ich von meiner Position aus nicht deuten konnte.

Die Worte halfen. Rebeccas Körper entspannte sich und ihr Kreischen wich einem leisen Wimmern. Ich schickte meiner Mutter Beauty ein stilles Dankeschön, denn während mein Vater mir den Schwitzkasten beibrachte, war sie es gewesen, die mich in kritischen Situationen zu beruhigen wusste. Wenn ich nach einem wilden Alptraum herumschrie, oder mich wieder einmal im Badezimmer eingeschlossen hatte und die Tür nicht aufbekam. Meine Mutter hatte mich stets zurück auf den Boden geholt und mir die Angst genommen, während mein Vater gern den Panikengel gab und in schwierigen Situationen lauter schrie als ich.

Rebecca hatte sich in meinen Armen in ein schlaffes Bündel verwandelt. Ihr Puls war noch immer sehr hoch. Ich spürte ihr Herz an meiner Brust, doch das Schlimmste schien überstanden.

Oder doch nicht? Wieder blickte ich hinüber zu der glühenden Erscheinung, die jetzt fußballgroß, wie eine pulsierende Minisonne in der Ecke schwebte. Feuer-Scheck war also noch immer hier. Was wollte er? Weshalb hatte er Rebecca ausgerechnet hierher gebracht?

Angst verspürte ich kaum. Ganz im Gegenteil. Der Magmaball wirkte beruhigend auf mich, lullte mich ein. Er wirkte freundlich wie ein alter Bekannter. Auch Rebecca drehte sich jetzt um und betrachtete die Erscheinung. Vorsichtshalber umschlang ich sie von hinten. Man konnte ja nie wissen! Doch Rebecca schien viel zu müde und abgekämpft zu sein, als sich noch einmal dagegen aufzubäumen.

Ich entschloss mich spontan zu einer kleinen Ansprache, obwohl ich keine Ahnung hatte ob Geister Ohren besaßen.

„Lieber Hausmeister Scheck. Ich habe sie zu Lebzeiten sehr geschätzt! Sie waren ein umgänglicher und hilfsbereiter Hauswart, freundlich zu Mensch und Tier. Ihre geliebte Frau jedoch haben sie zu Tode erschreckt. Sie haben meine Katze verschluckt und diese junge Frau hier traumatisiert!"

Ich zeigte auf Rebecca.

„Das genügt. Es reicht. Lassen sie es gut sein!"

Feuer-Scheck pulsierte noch immer munter vor sich hin. Waren das zwei Augen in den Glutblasen? Ein Mund, eine Nase? Für einen Moment meinte ich Herrn Schecks Antlitz zu erblicken.

„Durchschreiten sie das Tor. Sie haben es sich verdient. Ich sorge dafür, dass ihre Hirschtasse einen Ehrenplatz in meiner Wohnküche bekommt!"

Und nun? Ich wusste nicht was passieren würde. Gab es eine neue Explosion, erneuten Funkenregen und weitere Brandlöcher? Irgendwo in diesem Verschlag hatte Scheck bestimmt Behältnisse mit Spiritus, Waschbenzin oder Lösemittel gelagert. Ich hatte keinerlei Interesse daran, dass uns all das um die Ohren flog.

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