Ein Feuer aus tausend Nachthimmeln

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Imara, Leon und Haru hatten ihre Sachen umsonst gepackt. Denn ganz gleich, wie sehr ich mich auch bemühte, ich schaffte es einfach nicht, meine Kräfte zu nutzen. In den nächsten drei Tagen verbrachte ich jede freie Minute damit, mir meinen Seelenhimmel vorzustellen und auf jede erdenkliche Art zu versuchen, ihn aus meinem Körper zu schleusen.
In meinen Gedanken formte ich einen Teil des Himmels zu einem kleinen Ball, den ich in den Händen hielt, manchmal zerstörte ich ihn, aß ihn, presste ihn in meine Brust, dort, wo mein Herz saß. Manchmal stellte ich mir vor, dass sich der Himmel um mich herum befinden würde, sobald ich die Augen aufschlug. Aber dem war nicht so.
Leon warf mir jedes Mal, wenn er mir begegnete, einen mitleidigen Blick zu. Einmal bot er mir sogar eine Kippe an, die ich dankend annahm. Konnte nicht schaden, sich ein wenig die Lungen zu zerstören, wenn ich sowieso schon gestorben war.
Auch Dreckstück hielt sein Wort und tauchte nicht wieder auf.
„Du hast eine große Menge an magischer Kraft, deshalb dauert es wahrscheinlich länger", erklärte Imara, als ich am dritten Abend in Folge schmollend vor meinem Lieferdienstfraß hockte. „Versuch es einfach weiter", war ihr einziger Tipp. Dann verschwand sie in den Duschraum, um sich aufs Ohr zu legen.
„Ich habe auch ein paar Tage gebraucht", gab Leon zu, der neben mir saß. Was war der denn mit einem Mal so einfühlsam?
„Das ist eine reine Willenssache", versuchte er, mich aufzumuntern. „Vergiss nicht, deine ganze Seele hineinzustecken."
Bei seinen Worten stockte ich.
Gehörte nicht auch Dreckstück zu meiner Seele? Auf eine komische Art und Weise?
Am nächsten Morgen versuchte ich es mit einer neuen Taktik. Auch, wenn ich die Schatten in den hintersten Teil meiner Seele gesperrt hatte. Sie waren noch da. Vielleicht brauchte ich sie.
Dieses Mal war der Himmel in meinem Unterbewusstsein nicht mehr strahlend blau. Hinter den Wolken färbte er sich in Gold-, Rot-, Rosa- und Fliedertöne. Eine Mondsichel hing am Firmament und die ersten Sterne erstrahlten, als es langsam dunkel wurde.
Meine Seele ist nicht immer strahlend hell, dachte ich. Manchmal herrscht in ihr auch tiefste Nacht.
Ich legte meine Hand auf den Bereich zwischen meinen Schulterblättern und spürte, wie die Stelle sowohl in meinen Gedanken als auch auf meiner Haut begann, zu pulsieren. Zuvor war sie immer heiß geworden, doch nun fühlte es sich beinahe kühl an.
In meinen Gedanken umgab mich das Schweigen der Sterne, das sich im Zwischenraum meiner Finger ausbreitete. Es war, als hielte ich das Universum in meiner Handfläche.  Ich zog es aus meiner eigenen Haut. Wie ein zäher Film spannte es sich von meinen Wirbeln bis um meine Fingerspitzen. Immer länger zog ich es, bewegte meinen Arm zurück vor meinen Körper und merkte dabei, dass mein Inneres sich ein wenig leerer anfühlte. Als hätte ich einen kleinen Teil herausgeschnitten.
Ich öffnete die Augen und starrte auf meine Hand.
Eine dunkelblaue Flamme tanzte in meiner Faust. In ihren nachtschwarz umrandeten Zungen spiegelte sich das Leuchten der Sterne wider. Das dunkle Feuer war vollkommen kalt. Ich drehte den Arm und es wirbelte über meine Haut.
Hinter mir erklang ein Klatschen.
„Na also, du hast es geschafft", hörte ich Imaras Stimme. Ich zuckte zusammen und die Flamme erlosch. „Eine ziemlich ungewöhnliche Farbe", kommentierte sie und irgendwas blitzte in ihren Augen auf, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. Dann war ihre gut gelaunte Miene jedoch wieder zurück. „Jetzt musst du lernen, sie aufrecht zu erhalten. Versuch es noch mal." Sie grinste. „Aber dieses Mal ..." Sie zog ihre Waffe aus ihrem Oberschenkel. „ ... greifst du mich an!"
Nickend schloss ich die Augen und stellte mir erneut den Abendhimmel vor, während ich meine Hand auf meinem Rücken platzierte. Dieses Mal klappte es sofort, das Universum glitt aus meiner Haut, hinaus aus meiner Seele, zwischen meine Finger. Erneut betrachtete ich die Flamme voller Faszination, als Imara mit betont gelangweilter Stimmlage nachhakte: „Willst du da nur rumstehen?"
Mein Blick huschte zu ihr. Sie pulte sich mit Sonnenfeuers geschwungener Spitze etwas aus den grün lackierten Fingernägeln. Ich hob zur Antwort die Fäuste vor die Stirn, wobei meine zweite Hand ebenfalls entflammte, als sich meine Fingerknöchel kurz berührten.
Diese Waffe ist perfekt für mich. Die Kickbox AG und mein Taekwondo-Kurs werden mir hierbei helfen. Allerdings ... gegen jemanden mit einem Schwert? Das ist ein unfairer Kampf. Ich muss vorsichtig vorgehen.
Am besten griff ich sie von unten an. Ihre Beine waren das einzige Körperteil, das sie mit ihrem kurzen Schwert nicht durch eine Parade allein schützen konnte.
Ich atmete tief ein, ging in die Hocke, ein Bein abgewinkelt. Uns trennten vielleicht zehn Meter. Imara würde ausreichend Zeit haben zu reagieren. Ich musste sie überraschen.
Ich sprintete los. Dank der Leichtathletik-AG war ich schnell. Während ich rannte, fixierte ich ihre Beine mit meinen Augen. Nicht wegsehen. Näher. Ich holte aus. Nicht den Blick abwenden. Noch näher. Ich würde treffen.
„Na na, kleine Lady", störte Imaras Stimme meine Konzentration. Mein Blick zuckte hoch, als ich nur noch einen Sprung von ihr entfernt war.
Scheiße.
Sie hatte nicht einmal aufgesehen. Nur ein diabolisches Grinsen glitt über ihr Gesicht. Ich wappnete mich schon darauf, gleich eins mit ihrem Schwert übergezogen zu bekommen. Doch stattdessen löste es sich plötzlich in goldene Schlieren auf, die zurück auf ihre Haut huschten. Sie legte den Kopf schief und sah mich endlich an, während meine Faust auf ihr Bein zusteuerte.
„Dachtest du, ich bekämpfe dich mit einer Waffe? Ich wollte mir nur die Nägel säubern. Nicht, dass du dich an Sonnenfeuer die Finger verbrennst." Sie drehte sich zur Seite, mein Schlag traf ins Leere. Wie in Zeitlupe sah ich mich an ihr vorbei zischen. Imara vergrub die Hände in den Taschen ihrer Jeansshorts, drehte sich um die eigene Achse - und trat mir von hinten in den Bauch.
Ich keuchte, als mir der Schmerz die Luft aus den Lungen presste. Kurz wurde mir schwindelig. Ein Stechen fuhr mir durch die Arme, weil mein Flug durch meinen Aufprall auf dem Asphalt endete. Weil ich den Tritt erst noch verarbeiten musste, hatte ich keinen Gedanken daran vertan, mich abzurollen. Ich hustete, als ich Staub einatmete.
„Was ist, ich benutze nicht einmal meine Kräfte und du schaffst es nicht mal, mich zu treffen?!", flüsterte Imara plötzlich viel zu nah an meinem Ohr. Ich rollte mich weg und sprang auf die Füße. Schmerz durchzuckte meine Magengegend und die Flammen auf meiner Haut zitterten. Doch ich stand.
Imara war so schnell bei mir, ich konnte es mit den Augen nicht erfassen. Erst, als ihre Faust bereits kurz vor meinem Gesicht schwebte, verlangsamte sie ihre Bewegungen so stark, dass ich etwas erkennen konnte.
Der Reflex, mich zu ducken, durchzuckte mich und ihre Faust verfehlte mich um Haaresbreite. Vor mir tauchten erneut ihre Beine auf. Als ich abermals zuschlug, sprang Imara in die Luft und drehte sich, um mich am Handgelenk zu packen. Ich verlor den Boden unter den Füßen, als sie mich hochschleuderte und losließ.
Mir wurde schwindelig, alles drehte sich. Hilflos versuchte ich, mich zu orientieren.
Himmel, Schwimmhalle ... meine Augen fanden den Parkplatz und ich erschrak. Ich segelte mehrere Meter hoch durch die Luft. Wie hatte sie mich so hoch werfen können?
Moment. Wo ist sie?
Imara war nirgendwo aufzufinden.
„Und du willst also eine Vollkommene sein, ja?", hörte ich ihre Stimme. Ein Schatten senkte sich über mein Gesicht, während ich hochschaute.
Unmöglich. Wie konnte sie sich über mir befinden?
Ihre Faust krachte in meine Schulter und schickte mich auf direktem Weg zurück zur Erde, wo ich mit dem Rücken zuerst aufprallte.
Dieses Mal wurde mir tatsächlich schwarz vor Augen. Ich spürte nicht einmal einen richtigen Schmerz, alles fühlte sich taub an. Imaras nächster Tritt erinnerte mich aber daran, dass ich durchaus noch ein Schmerzempfinden besaß. Ich keuchte auf und rollte mich schützend auf den Bauch. Mittlerweile fühlte sich mein Körper an, als wollte er zerbersten. Mir war schlecht, mein Hals brannte, als hätte ich seit Tagen nichts getrunken. Ich wurde hier einfach nur nach Strich und Faden verprügelt, das war alles!
Imaras Schuhe tauchten vor meinem Gesicht auf, bevor sie in die Hocke ging. Ich schaute zu ihr hoch. Ihr Grinsen war verschwunden, stattdessen presste sie die Lippen zusammen. „Wenn das alles ist, was du kannst, dann wird man dich in Caelus töten, verstehst du das nicht?" Ihre Hand schnellte vor und verkrallte sich in meinen Haaren. Ich schrie auf, als Imara meinen Kopf hoch riss. „In deiner Lage bist du für sie entweder von Nutzen oder eine Gefahr! Sie werden dich töten, wenn du dich nicht als Lucera beweist!"
„Was redest du da?", heulte ich. Diese kranke Sadistin!
Ich wünschte, ich hätte die Kraft ihr meine Faust ins Gesicht zu rammen!
Aber meine Flammen waren längst erloschen.
„Ich hab es dir doch schon erklärt: Du bist eine Hülle für Schatten und Lichter gleichermaßen, weil deine Seele besonders rein ist. Das wird ihnen Angst machen!", donnerte sie. Ihre Miene war eisenhart. In ihren Augen erkannte ich keinen Funken Amüsement mehr, keine Milde, keine Gnade. „Wenn du nicht stärker wirst, um ihnen zu nutzen, dann haben sie keine Wahl, als dich als Risiko zu betrachten. Als jemanden, der von einem Schatten besetzt werden und seine Kräfte nutzen kann", behauptete sie nun leiser.
Mir wurde heiß vor Wut. Sogar meine Schmerzen rückten ein wenig in den Hintergrund. „Ich bin doch nicht nur ein verfickte Tupperdose für einen von euch!", brüllte ich sie an, was etwas in ihr zu wecken schien.
„Ach nicht?" In ihren Augen blitzte es auf. „Aber wie willst du dich dagegen wehren, wenn ich dich zu meiner Tupperdose mache?! Was willst du dagegen machen?", wiederholte sie und kam meinem Gesicht so nah, dass unsere Nasenspitzen sich beinahe berührten. „Wenn du dich nicht wehren kannst, ist deine Meinung, sind deine Wünsche und Ansichten wertlos", flüsterte sie und drückte im Anschluss meinen Kopf auf den Asphalt.
„Fuck!", stieß ich aus, weil ich das Gefühl hatte, mein Kiefer wollte brechen.
„Steh auf!", zischte Imara und zog meinen Kopf hoch, nur um ihn im nächsten Moment wieder auf den Boden zu schmettern. Ich schrie, Sterne tanzten vor meinen Augen. „Steh auf und kämpfe!" Wieder zog sie mich hoch. Nein, nicht noch mal. Aber Imara hatte kein Erbarmen. Als mein Kiefer dieses Mal auf den Boden traf, splitterte etwas. Knochen, wurde mir noch klar, bevor der Schmerz meine Sinne vernebelte. „Du wirst jetzt nicht gehen ...", hörte ich Imara noch flüstern, da lag ihre Hand schon an meinem Kinn. Wärme durchflutete mich und zeitgleich die grausame Kälte der Gewissheit: Sie heilte mich, um mich weiter zu foltern.
Ich riss die Augen auf und schnellte hoch. Als wir uns voneinander lösten, setzten meine Kieferschmerzen wieder ein, jedoch deutlich abgeschwächt. Dafür taumelte ich, als mein restlicher Körper protestierte. Mir tat alles weh, mein Bauch mein Rücken, mein Kopf. Meine Knie schlotterten und ich schwankte. Mein Magen rebellierte und ich musste mich plötzlich übergeben. Ich wischte mir die Galle mit einem Ärmel ab und schaute wieder hoch.
„Du kannst erstaunlich schnell wieder stehen", gab sie zu. „Aber viel ausgehalten hast du nicht. Alles in allem eine Enttäuschung."
„Lass mich in Frieden, du Fotze!", zischte ich. Vielleicht nicht gerade eine gute Idee in meine Situation, sie zu beleidigen.
Da war es wieder, das überhebliche Grinsen. Am liebsten wollte ich es ihr aus dem Gesicht schlagen.
„Entfessle deine Flammen, damit du überhaupt eine Chance hast. Ein Treffer und ich höre auf."
Keuchend starrte ich sie an. War das alles nur ein Spiel für sie?
„Na? Nicht? Gut, dann greife ich dich eben so an. Und wenn du das Bewusstsein verlierst, heile ich dich, bis du das machst, was ich dir sage",, kündigte sie an. Im nächsten Moment war sie wieder verschwunden.
Zu schnell!, durchzuckte es meinen Kopf. Wieder der exakt gleiche Schlag wie beim ersten Mal. Ihre Faust tauchte vor meinen Augen auf, wie in Zeitlupe sauste sie auf meine Stirn zu.
Wenn sie alles wiederholte, musste ich meine Taktik womöglich ändern.
Ich wich zur Seite aus und dachte an den Taekwondo-Unterricht. Eine Hand an den Schlagarm, mit der anderen die Träger ihres Sailormoon-Tops greifen. Und dann ihren eigenen Schwung nutzen, um sie zu Fall zu bringen. Ich schleuderte sie seitlich an mir vorbei und es schien, als hätte ich sie für einen winzigen Moment überrascht. Doch als ihr Gesicht an mir vorbeizog, verbreiterte sich ihr Grinsen.
„Vergiss nicht meinen zweiten Arm", hauchte sie und versetzte mir einen Stoß mit dem Ellbogen, der mich stolpern ließ.
Imara rollte sich ab und schnellte sofort auf mich los, als sie wieder auf den Beinen war.
Sie ist wirklich kein Mensch mehr! Ich habe keine Chance, wenn ich meine Kräfte nicht nutze.
Ich griff mit einer Hand zwischen meine Schulterblätter und schaffte es, die dunklen Flammen zu entfachen, bevor sie mich erneut mit Schlägen traktieren konnte. Als sie erkannte, was ich vorhatte, wechselte sie die Taktik und attackierte mich unten mit einem weiten Tritt. „Du musst stärker werden", sagte sie ihr Mantra auf. Ich konnte nicht ausweichen, sie war viel schneller. Nein. „Wenn du schwach bist, hat deine Meinung keinerlei Gewicht!", wiederholte sie.
Meine Hand schnellte vor. Mit den Augen verfolgte ich die Bewegung ihres Beins. Ihr Fuß prallte mit einer solchen Wucht in meine Handfläche, dass es erneut knackte und der Schmerz mich aufjaulen ließ.
Doch ich wich nicht zurück, umschloss ihr Bein, nutzte den Schwung, um ihren Körper an mir vorbeizuschieben.
„Ein Griff?", flüsterte sie mit geweiteten Augen.
„Nicht das, was du denkst", erwiderte ich und ließ den Funken des schwarzen Feuers auf meine zweite Hand überspringen, ohne ihr Bein loszulassen.
Imaras Überraschung wich einem anerkennenden Pfeifen. Doch dann erlangte sie die Kontrolle zurück über ihren Fuß. Sie drehte sich ein wenig ein, um den Schwung rauszunehmen und wollte gerade ansetzen, um sich mit einem Tritt aus meinem Griff zu befreien. In dem Augenblick schlug ich zu. Meine Faust traf sie seitlich des Knies. Eine perfekte Stelle für einen Angriff.
Das schwarze Feuer flackerte auf, schrumpfte dann kurz - nur um im Anschluss über Imaras Bein zu wallen wie eine Stichflamme.
„Fuck!", fluchte sie, bevor sie sich losriss.
Schwarze Brandblasen bildeten sich auf ihrer Haut, nachdem die Flamme verpuffte und auch zwischen meinen Fingern erlosch. Ihre Kleidung blieb jedoch gänzlich unversehrt.
„Du hast es geschafft", flüsterte sie und konnte den Blick nicht von ihrem verbrannten Bein abwenden. „Du hast mich getroffen!" Zu meiner Überraschung zeichnete sich echte Freude auf ihrem Gesicht ab, als sie mich endlich anschaute. Nein, Verzückung! Ihre Augen leuchteten vor Aufregung!
„Du bist doch total geisteskrank!", krächzte ich noch, dann gaben meine Beine nach. Sofort war Imara an meiner Seite und fing mich auf.
„Unglaublich", hörte ich sie noch murmeln, bevor ihre Hände über meine Haut wanderten und sie Wärme in meinen Körper fließen ließ.

Was glaubt ihr, wer aus der Gruppe ist der Stärkste? :P

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