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"Wer zur Hölle glaubt ihr, wer ihr seid?"
Ich lege den Kopf schief.
"Dir auch Hallo, kleiner Bruder. Und herzlichen Glückwunsch."

Ben öffnet den Knopf seines Sakkos und der teure Stoff entspannt sich um seine Schultern.
Seine braunen Locken fliegen im Wind unkontrolliert in seine Augen, doch das hindert ihn nicht daran, uns anzufunkeln.
"Ich habe euch nicht eingeladen. Die Leute reden schon."

Und an Bradyn gewandt, sagt er mit einem bedrohlich tiefen Tonfall, den ich gar nicht von ihm kenne: "Von dir hätte ich wirklich etwas anderes erwartet, Mann. Du hast deine eigene Hochzeit doch erst vor einem Monat abgeblasen!"
Ich trete zwischen ihn und Bradyn.
"Deine Frau hat uns eingeladen. Und ich bin nur hier, um dir alles Gut zu wünschen - und ... bevor du noch ausflippst: Wir sind so gut wie weg."

Meine Mutter greift nach Bens Arm. Sie dreht ihn zu sich und richtet ihm den Kragen.
"Lass gut sein", redet sie leise auf ihn ein.
Mary hat sich mittlerweile genähert und mustert uns abschätzend.
Es ist nicht mehr viel übriggeblieben von der Güte in ihrem Blick, die sie noch am Weihnachtstisch für mich übrig hatte.

Ich nicke ihr zu.
"Der Mittlere", setzt sie an. "Dann ist an den Gerüchten wohl was dran, die man sich hinter vorgehaltener Hand zu flüstert ... Ihr zwei habt also ... angebändelt ..."
Das Zucken ihres Mundwinkels und  die verengten Augen versetzt mir einen Stich in die Brust, einen Schmerz, den ich fast nicht in Worte fassen kann.

Ich spüre wie meine Augen feucht werden und beiße auf meine Wange.
"Ich glaube nicht, dass Sie ein Recht darauf haben, eine Antwort auf Ihre Vermutung zubekommen, aber ja. Es stimmt", sagt Bradyn mit fester Stimme und tritt an meine Seite.
Er legt schützend den Arm um mich und ich lehne mich kaum merklich in seine halbe Umarmung.

"Wir gehen nur noch schnell zur Braut, dann sind wir weg. Es war mir eine Freud", sage ich überspitzt und steuere gemeinsam mit Bradyn, der immer noch den Arm um mich gelegt hat, die Scheune an. Meine Knie fühlen sich an wie Wackelpudding.
Laura in ihrem weit ausladenden Kleid ist nicht zu übersehen. Sie ist umringt von einer Traube aus Menschen, die sich erstaunlich schnell auflöst, als wir näher treten.

"Ihr seid gekommen. Ich habe gehört, ihr seid zu spät gekommen."
Ich drücke meiner Schwägerin einen Kuss auf jede Wange. Ihr Rouge durftet nach Vanille. Ihr Atem nach Alkohol.
"War nicht unsere Schuld", brummt Bradyn und schüttelt ihr kurz Hand.
Ich schmunzele über seine deutliche Geste.

"Ist Tiffany hier?", fragt er dann.
Bei ihrem Namen aus seinem Mund muss ich zusammenzucken, wie auch einige der Umstehenden.
"Nein. Und deine Mutter übrigens auch nicht. Das hätte ich ihnen nicht antun können; darauf zu bestehen, dass sie heute hier sind. Ich bin mir ja nicht sicher, ob dir bewusst ist, was du angerichtet hast, aber -"

Meine Mutter ist zur Stelle und zieht Laura von Bradyn weg.
Als sie rückwärts von uns scheidet, fällt mir auf, dass auf ihrem Kleid kleine Blumen eingestickt sind.
Sie ist wirklich die Prinzessin für einen Tag. Die betrunkene Prinzessin.
Ich werfe Bradyn einen Blick zu. Er steht mit geballten Fäusten vor der Scheunentür und starrt Laura hinterher, die sich jetzt wieder unter die Menge mischt.

Was sollte das? Hat sie uns nur eingeladen, um uns vor allen Anwesenden runterzumachen? Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Sie wirkte so aufrichtig, als sie mit mir telefoniert hat. Natürlich habe ich mir im Vorfeld keine großen Hoffnungen gemacht. Es ist schließlich von vornherein klar gewesen, dass sie aus eigennützigen Motiven gehandelt hat. Ich schiebe ihr angreifendes Verhalten von eben auf den Alkohol, den sie anscheinend bereits in Mengen konsumiert hat.

Ich seufze. Meine Augen liegen immer noch auf Bradyn. Sein Kieferknochen zuckt. Dennoch sieht er immer noch wie der Rockstar aus, für den ich ihn in diesem Moment auch wirklich halte.
Ich spiele an einem meiner Ringe und hacke mich dann bei Bradyn unter.
"Lass uns von hier verschwinden", hauche ich und stoße ihm von der Seite mit meiner Hüfte an.

"Nichts lieber als das", presst er zwischen seinen Zähnen hervor.
Die Sonne begrüßt uns hell und warm, als wir zurück ins Licht treten.
Ich habe es geschafft. Wir haben es geschafft.
Meine Lungen füllen sich mit der feuchten Luft und ich schaue zu Bradyn.

Sein Schwarzes Hemd glänzt in der Sonne.
Unauffällig schaue ich mich nach meinem Vater um.
"Er ist da hinten", sagt Bradyn unberührt und deutet auf einen der langen Tische.
Buschige Augenbrauen ziehen sich zusammen, als der väterliche Blick auf mich fällt; die Enttäuschung der Familie.

Ich löse mich von Bradyns Arm und mache einen Schritt in die Richtung des gebrechlichen Mannes.
Seine Augen liegen auf mir, als er sich schwerfällig auf die Tischplatte stützt und kaum merklich mit dem Kopf schüttelt.
Wie angewurzelt bleibe ich stehen.
Ich kann nicht begreifen, was sich da gerade vor meinen Augen abgespielt hat.

Ich will es nicht begreifen.
Ich akzeptiere es einfach.
"Mica?"
Mila mit ihrer XXL-Sonnenbrille tritt an mich heran.

"Mila."
Hoffnung durchzieht meine Stimme.
"Ihr wollt wieder gehen?"
Ich nicke. Mein Blick landet auf ihrem runden Bauch.
"Ist wahrscheinlich auch besser so. Ich meine, es ist Lauras und Bens großer Tag. Ihr sorgt ganz schön für Gesprächsstoff."

Ich ziehe den Kopf ein.
"Danke. Daran hättest du mich nicht erinnern brauchen."
Sie schmunzelt, wirkt auf mich wie ein anderer Mensch. Wo ist die Mila hin, mit der man sich ganz wunderbar in der Küche unterhalten konnte?
Meine Mutter taucht am Rande meines Sichtfelds auf und läuft auf uns zu.

Ich drehe mich zu Bradyn um, der in einigem Abstand zu uns steht und wartet.
Er gibt mir die Zeit, allein mit meiner Familie zu reden.
"Schicke Ohrringe", meint Mila noch, bevor sie sich abwendet und mich mit meiner Mutter allein lässt. Sie lässt mich allein. Hat mir nicht mehr als das zu sagen.

Mom und ich schweigen uns an und ich betrachte sie immer noch ungläubig, wie sie da steht in ihrem Hosenanzug.
"Ich sagte dir, dass ich Zeit brauche", setzt sie an. "Und ich brauche sie immer noch."
Ich blicke in ihre blauen Augen herab und lächle verbittert. Das hier tut wirklich verdammt weh. Und eigentlich habe ich nicht geplant, diesen Schmerz nach letztem Jahr noch einmal zu durchleben.

"Und ich habe dir gesagt, dass du meine Adresse hast und weißt, wo du mich finden kannst. Und das ist das letzte Mal, dass ich dich daran erinnere. Keine Ahnung, ob du je ernsthaften Gebrauch von diesem Angebot machen willst, aber hiermit nehme ich das hin."
Ich strecke die Arme aus und lasse sie fallen. Beinahe will ich ihre Hand schütteln, um unseren traurigen Packt zu besiegeln.

"Ich werde euch nicht wieder belästigen oder den Namen dieser guten Familie in den Dreck ziehen. Wenn du und Dad nur noch zwei Söhne haben wollt, sei es drum. Ich werde mich jedenfalls nicht für euch ändern. Das wollte ich nur nochmal kommunizieren."
Meine Mutter presst ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Ihre Maske fällt für einen Moment.

"Sagst du gar nichts?"
Ich bemerke ihr zitterndes Kinn, ein Zeichen dafür, dass sie kurz vor den Tränen ist.
Doch die Frau vor mir bleibt stumm.
Resigniert nicke ich. Ich verstehe.

Ein letzter Blick auf ihre Dauerwelle, die sich bei dem Wind kaum bewegt. Ich schenke ihr ein Lächeln zum Abschied.
Laufe die ersten Schritte Richtung Bradyn, Ausgang und Freiheit, rückwärts.
Dann drehe ich mich auf dem Absatz um und laufe zu Bradyn, der mit den Händen in den Taschen noch genau da steht, wo er es eben noch tat. Jetzt trägt auch er seine Sonnenbrille als Schutz vor direkten Einblicken in sein Seelenleben.

"Lass uns von hier verschwinden!"
"Das hast du eben schon gesagt. Meinst du es jetzt ernst?", fragt er ironisch.
Ich ziehe eine Grimasse.
Halte kurz inne und ziehe ihn dann an mich.

Wir küssen uns nicht lange. Ich will mich nur vergewissern, dass seine Lippen noch genauso gut schmecken wie zuvor. Und das tun sie.
Ich lehne mich gegen seinen Körper und greife nach seinen langen Haaren. Ich halte die Luft an und presse meine Lippen noch stärker gegen seinen Mund, der nach salzigen Tränen schmeckt.

Dann löse ich mich von ihm.
"Dieses Mal meine ich es ernst."
Er greift nach meiner Hand und wir drehen der weißen Scheune mit all den Hochzeitsgästen den Rücken zu.
Und in diesem Moment weiß ich, dass ich mich ihnen nie wieder zu wenden werde, wenn sie nicht den ersten Schritt unternehmen würden.

Diese Fase der Unsicherheit, der Nachgiebigkeit und des Versteckspiels, der Schuldgefühle, soll jetzt ein für alle Mal vorbei sein!
Ich lege den Kopf in den Nacken und schaue hoch in den Himmel, während wir mit gleichmäßigen Schritten meine Familie hinter uns lassen.

_________________________
Song: Looking too closely - Fink

Heyhoo :)

Das war's mit den Rogers. Mica hat es endlich getan.

Das "Dieses Mal meine ich es ernst." bedeutet so viel mehr im Kontext, seufz ... bin ich echt Stolz drauf hihi

Kurze Info: Morgen wird es kein Update geben. 

Wir sehen uns am Samstag meine Lieben! :)

All my Love,
Lisa xoxo

P. S. I guess I have to say thank you for 28k!

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