1000 Ideen °✨° So. 6.12.2020

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Beeindruckend, was frische Ideen und Motivation aus einem total übernächtigten Wrack machen können. Eigentlich sollte ich nach zwei Stunden Schlaf auf allen Vieren kriechen. Stattdessen habe ich fast die ganze Nacht Ideen ausgespuckt, mögliche Kunden recherchiert, Werbung skizziert – und mich immer wieder mit geschlossenen Augen auf die Atmosphäre am Laufsteg, das Gefühl auf dem roten Teppich, die Zufriedenheit nach einer ausdrucksstark abgedrehten Szene erinnert.

Wenn ein Kulturmanager ein Theater oder eine Filmproduktion leitet - was braucht der dann? Nicht nur Schauspieler oder Models, die ihr Handwerk verstehen. Ein Kulturmanager braucht für egal was vor allem: Aufmerksamkeit. Sprich: Werbung, die bei Sponsoren das Gefühl auslöst, eine seriöse Sache zu unterstützen, die bei Technikern und Backstage-Mitarbeitern das Bedürfnis weckt, unsichtbar an einer ganz großen Sache mitzuarbeiten, die bei den Mitwirkenden, bei den Stars den Kitzel erzeugt, diese neue Herausforderung zu meistern.

Und DAVON verstehe ich was!

Um 5.00 Uhr bin ich ins Bett gefallen, habe davon geträumt, was für Menschen ich brauche, um das umzusetzen, und habe dann um 7.00 Uhr wieder senkrecht im Bett gestanden.

Eine Stunde später sitze ich an Papas Schreibtisch in seinem Büro, und mein Geist fliegt. Schon bevor ich zu Hause gestartet bin, hatte ich Woosung und meine Sekretärin gebeten, heute Vormittag für zwei Stunden ins Büro zu kommen, obwohl Sonntag ist. Außerdem hatte ich die Frau um einige Unterlagen gebeten. Und jetzt sitze ich hier und sehe mir an, welche Branchen, welche Stile, welche Zielgruppen unsere Druckerei bisher bedient hat.

Dann schmeiße ich mich ins Internet und recherchiere, wie moderne Werbung in diesen Branchen heute aussieht. Ich sehe manches, was mich unmittelbar anspricht – und noch viel, viel mehr, was ich unattraktiv, nicht zielgerichtet oder einfach grottenschlecht finde. Und genau diese Kunden picke ich mir raus. Als Chen Woosung schließlich in meinem Büro auftaucht, um mir guten Morgen zu sagen, drücke ich ihn gleich in den Stuhl vor meinem Schreibtisch und bombardiere ihn mit Fragen.

„Sehe ich das richtig, dass wir bisher immer fertige Dateien zum Drucken bekommen haben – aber die eigentliche Werbekampagne, das eigentliche Buch oder was auch immer hat vorher jemand anderes geschrieben, entworfen, irgendwie gemacht?"
„Ja – ganz genau. Wir sind eine Druckerei. Die Autoren, Fotographen, Graphikdesigner und Werbetexter sitzen schon vorher an der Sache."
Ich kratze mich am Kopf – die Antwort kam mir zu schnell ...

„O.K. - pass auf. Ich erkläre dir, was ich heute Nacht gemacht habe. Statt zu schlafen."
„Komisch. Warum hab ich das gewusst? Du siehst total fertig aus und bist gleichzeitig völlig euphorisch. Nu spucks schon aus."

„Du und Papa, ihr habt ein solides, klassisch arbeitendes Unternehmen aufgezogen und am Markt gesattlet. Dein Nachfolger Rim Jong-Yul hat versucht, was ganz anderes zu machen, hat dabei aber die einen Kunden verschreckt und die anderen nicht binden können. Da ist als erstes die Frage: an welcher Stelle hat er unsere Kunden nicht verstanden, dass sie so abgesprungen sind?
Ich möchte ein Unternehmen leiten, dass für Glaubwürdigkeit steht – und dafür, dass die Kunden spüren, dass ich meine Geschäftsinteressen mit ihren Bedürfnissen, Ideen und Zielen verbinde. Wir haben darüber vor ein paar Tagen schon mal geredet im Zusammenhang mit Patrick."

„Wer ist Patrick?"
„Der Ire, der Kneipenwirt. Er hat mir gestern den finalen Kick gegeben. Er hat jetzt kapiert, wer ich bin, weil ich mich mit einer typischen Model-Taehyung-Bewegung verraten habe. Und dann sagte er mir:'Wenn man erst einmal mit so viel Selbstbewusstsein auftritt und diese Gelassenheit ausstrahlt, dann hat man schon halb gewonnen.'"

„Klingt gut. Aber was heißt das für die Druckerei?"
„Dass ich nicht versuchen sollte, dich oder Papa zu ersetzen. Ich sollte ich sein und meine Stärken in die Waagschale schmeißen, um die Firma zu retten. Und das, was ich nicht kann, sollte ich andere machen lassen. Denen ich vertraue."

„Klingt auch gut. Was ist es, was du wirklich kannst?"
„Schauspielern, gewinnen, überzeugen, Sicherheit ausstrahlen, Zwischentöne wahrnehmen, freundlich und hilfsbereit sein. - Und: wissen, was Kulturschaffende brauchen, denken, fühlen und wollen. Ich möchte versuchen, die Kompetenzen unserer Druckerei zu verbinden mit meinen Kompetenzen, die ich im kulturellen Zusammenhang gewonnen habe."

Chen Woosung schaut mich lange nachdenklich an.
„Heißt das, dass du doch nicht zurück willst zu den sicheren städtischen Aufträgen?"
„Nein, das heißt es nicht. Aber es heißt wohl, dass ich mit den öffentlichen Kultureinrichtungen anfangen will. Und erst jetzt wird mir bewusst, dass ich, wenn ich das konsequent durchziehen will ..."
„... auch die Graphik- und Designseite der Aufträge selbst machen musst. Wolltest du das sagen?"

Autsch! Wenn er das so trocken und sachlich ausspricht, dann klingt es wie die nächste verdammte Seifenblase, die mich endgültig in den Ruin treiben wird, sobald sie platzt. Denn ich bin auch kein Graphiker und kein Designer und kein Fotograf. Dazu bräuchte ich neue Leute, die auch wieder Gehalt kosten. Und die meine Vision mittragen. Die also nicht die schlechtesten sein dürfen. Hab ich mich heute Nacht total verrannt?
„Warum lässt du dich von mir sofort wieder verunsichern? Du hast vollkommen recht, auch ich fände es total spannend, die Druckerei mittelfristig in diese Richtung zu führen. Und wenn du all diese Leute einstellen würdest, könntest du sogar tatsächlich zurück auf den Laufsteg und auf die Leinwand. Du müsstest das nur geduldiger, feinfühliger und langsamer angehen als Rim Jong-Yul."

„Ähm. ..."
Er lächelt mich an.
„Du hast grade laut gedacht. Nein, das ist keine Seifenblase. Das ist eine Vision. Das ist die innere Haltung, die du brauchst, um das hier wie auch immer zu schaffen. Also zeig mir doch mal, was du heute Nacht alles so getrieben hast."

Mein Herz schlägt so schnell, als hätte ich grade einen Marathon gelaufen.
„Du ... du glaubst, das könnte gehen? Ich ... habe nach allem gesucht, was Kunst schafft. Theater, Museen, Galerien, Buchillustratoren, freie Künstler, Grafikdesigner, Orchester und Chöre, Schauspieler und kleine Entertainments. Ich habe mir immer wieder die Fragen gestellt: was bewerben sie, wie bewerben sie es, wie wirkt das auf mich, wie müsste das sein, damit ich es ansprechend finde? Ich habe sehr deutlich gesehen, dass jeder etwas anderes vermitteln will und darum andere Werbung braucht. Ich habe bei manchen Homepages auf der Stelle eine Idee gehabt, wie das sehr viel besser aussehen könnte. Oder vor Ehrfurcht nur noch gestaunt, wenn etwas bei mir eine besonders positive Wirkung erzielen konnte."

„Wenn du so strahlst, Junge, dann hast du es wirklich schon fast geschafft. Zeig mir, was du alles gefunden hast. Erklär mir, welche Schritte dir schon selbst eingefallen sind, lass uns zusammen rausfinden, welche Voraussetzungen wir schaffen müssen, damit dieser Kurs gelingt. Dieser Patrick hat recht. Denn du bist heute zwar furchtbar müde. Aber so aufrecht, wie du da hinter DEINEM Schreibtisch sitzt, mit leuchtenden Augen und dem Mut zu neuen Wegen, so hast du es tatsächlich schon halb geschafft. Voraussetzung ist allerdings, dass du dann etwas ausgeruhter bist, wenn es gilt, langen Atem zu beweisen ..."

Wir lachen uns an und machen uns an die Arbeit. Ich mag den Humor dieses Mannes. Als allererstes müssen wir uns allerdings einem sehr ernsten Thema zuwenden – der Entlassung von Rim Jong-Yul. Wir beraten lange und bitten ihn dann einfach dazu. Sonntag her oder hin – für uns gibt es grade keine Zeit zu verlieren. Ich habe mich entschieden, mit offenen Karten zu spielen und ihm ganz brutal zu offerieren, was er wie angerichtet hat. Wie eng es jetzt ist. Und von seiner Reaktion hängt es dann ab, ob er bleiben kann oder gehen wird ...

Eine Dreiviertelstunde später steht auch mein jetziger Manager in meinem Büro, mit sehr verunsicherter Miene und angespannter Haltung. Ich schildere ihm meine Eindrücke, Woosung steuert die nackten und ziemlich brutalen Fakten bei. Erst wehrt der Mann sich und versucht, sich rauszureden. Dann gibt er klein bei und lässt sich auf die von ihm verursachten Probleme ein. Irgendwann dämmert es in seinem Gesicht.

„Das heißt, ... dass ich grade mehr verdiene als Sie?"
„Ja genau. Wobei das nicht schwer ist. Mein Penthaus wandert zur Zeit auf die Konten der Angestellten, und ich esse grade meinen Jaguar auf."
Er senkt den Kopf, und ich lasse ihm die Zeit nachzudenken. Irgendwann zückt er sein Handy. Dann hebt er den Kopf.
„Ich kann etwa vier Monate ohne Gehalt durchkommen. Wenn ich meine Wohnung verkaufe, über ein halbes Jahr. Ich verstehe zwar immer noch nicht, WAS ich falsch gemacht habe, aber ich verstehe vollkommen, dass ich mich verrannt habe und versuchen sollte, etwas dazu beizutragen, das Ende abzuwenden. Was muss ich lernen, damit ich tatsächlich eine Hilfe sein kann?"

Woosung und ich schauen uns an und führen nur mit Blicken einen stummen Dialog.
Wollen wir das überhaupt? Kann er lernen, was er braucht? Kann er soweit umdenken, dass er uns tatsächlich von Nutzen ist? ...
Wenn er tatsächlich von Nutzen ist, dann ist das Angebot, ohne Gehalt dazuzulernen und sich auf alles einzulassen, eigentlich nicht schlecht. Ich nicke Woosung zu und gebe ihm damit das Zeichen, dass er entscheiden soll. Auch in seinen Augen sehe ich Einverständnis, also werden wir es wagen.

„Das ist ein faires Angebot. Ich frage Sie also direkt, ob Sie sich auf Folgendes einlassen können: Sie erhalten drei Monate unbezahlten Urlaub und dazu einen Praktikantenvertrag, der sie sozial absichert. Dazu bekommen Sie die Garantie, dass wir Ihnen spätestens nach zwei Monaten sagen, ob Sie hier hinterher noch einen Job haben oder nicht. Dann können Sie sich gegebenenfalls rechtzeitig nach einem anderen Job umsehen. Wir wollen Sie nicht in ein privates finanzielles Loch fallen lassen.
In diesen drei Monaten sind Sie meine rechte Hand und lernen von der Pieke auf, wie ich diesen Job verstehe. Wir fangen an mit der Buchhaltung und arbeiten uns dann durch alle Bereiche durch. Können Sie damit leben? Antworten Sie nicht jetzt, denken Sie bis morgen darüber nach."
Seltsam. Der Mann wird weiß wie die Wand, nickt und geht stumm zur Tür raus. Wir schauen uns an.

„Ich glaub nicht dran, aber die Chance für ihn ist fair."
„Na, warts ab, mein Junge. Er hat viel zu verlieren. Und viel zu gewinnen. Da ist nämlich noch was. Und er weiß jetzt, dass ich das weiß. Es liegt nun an ihm, ob er seinen Betrug beichtet, und du ihn vielleicht rauswirfst, oder ob er das nicht beichtet und ich ihn dann garantiert rausschmeiße."
„Sein ... WAS???"
„Du hast richtig gehört, mein Junge. Es fehlt Geld, das NICHT in seinem schwarzen Loch hier IN der Firma versickert ist. Er hat Geld beiseite geschafft."

Ich bin einfach sprachlos. Mein sofortiger Impuls ist, ihn achtkantig rauszuwerfen und anzuzeigen. Aber als ich den Mund aufmache, bremst mich Woosung gleich wieder.
„Warts ab, Taehyung. Er hat einen Tag Zeit. Das reicht für eine moralische Entscheidung. Und dann sehen wir weiter."

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6.12.2020    -    14.1.2021

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